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lonischen Kodex bereits Meinungsverschiedenheiten sich zeigen, ist bei der Schwierigkeit der Entzifferung und der Deutung leicht erklärlich.

Die auf dem gewaltigen Block vereinigten Rechtssätze repräsentieren sowohl das privatrechtliche Gesetzbuch von Babylon, wie seinen Code pénal; auch etwas Beamtenrecht ist aufgenommen; dazu treten zahlreiche Taxen. Man hat es daher bereits etwas schwunghaft als Corpus juris bezeichnet.

Immerhin ist es kein ganz erschöpfendes Babylonisches Landesrecht; insbesondere ist auch die Gerichtsverfassung und Prozessordnung mehr vorausgesetzt als geregelt; nur aus gelegentlich eingestreuten Andeutungen lässt sich die Art der Rechtspflege rekonstruieren. 19

Die einzelnen Artikel sind nicht ganz zusammenhanglos durcheinander gewürfelt. Einzelne grosse Gruppen heben sich scharf heraus. Doch würde man ein streng logisches System, wie es unsere modernen Gesetzbücher bieten, vergebens suchen; selbst das Privat- und Strafrecht sind nicht von einander getrennt.20

Und wie ein wirkliches System, so fehlt auch die Aufstellung allgemeiner, abstrakter Prinzipien. In kasuistischer Weise werden vielmehr bestimmte Tatbestände, „typische Fälle aus der Rechtspraxis" 21 genau umschrieben unter Angabe der Folgen, die sie nach sich ziehen.

Es geschieht dies in der bekannten Art:

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Wenn jemand das und das tut, so soll das und das eintreten“, in jener Art, die in jener Art, die uns ebensowohl im alten.

19 Zu weit geht Dareste S. 7: „l'organisation judiciaire, la procédure civile et criminelle n'y sont décrites nulle part;" vgl. dagegen Jeremias S. 29 u. 30. Zu eng auch die Überschrift bei Scheil S. 11 „Code des lois (Droit privé)".

20 Vgl. über die Systematik Jeremias S. 8, der doch etwas zu ungünstig urteilt; richtig Schmersahl in Deutsche Juristenzeitung VII S. 111 ff. in einer gewissen, aber wenig strengen Ordnung“.

21 Jeremias S. 12 n. 1.

Testament, wie in den römischen zwölf Tafeln, in den Volksrechten der Germanen und in den heutigen Strafgesetzbüchern begegnet.22 Normen dagegen in jenem juristischen Sinne, den wir diesem Worte seit Binding beizulegen pflegen, reine Befehle also des Gesetzgebers, so wie sie in kurzer imperativischer und unerreichter Form die zehn Gebote aufweisen,23 wird man im Codex Hammurabi ganz vergebens suchen.

Die Sprache unserer Inschrift ist kurz, im allgemeinen klar und juristisch ziemlich genau.24

Welchen Anteil der König selbst an seiner Kodifikation gehabt, ob er nur der Gesetzgeber oder auch der Gesetzesverfasser gewesen, lässt sich in keiner Weise bestimmen.25 Ebenso wenig vermögen wir die Grenzlinien zu ziehen, wo neue Satzung älteres Gewohnheitsrecht abändert oder ergänzt.26

Das aber dürfen wir bestimmt annehmen, dass dieses älteste Gesetzbuch nicht zugleich auch das älteste Recht Babylons gewesen; denn, wie das Kulturbild, das die Inschrift Hammurabis uns entrollt, ein in Handel und Handwerk, in Landwirtschaft, Deich-, Kanal- und Schiffsbau weit vorgerücktes Volk aufweist, ein Volk mit Kaufleuten, Ärzten, Tierärzten und Architekten, Kommissionären und Lagerhaltern, so zeigt uns auch das Recht, das dieser Kodex uns aufzeichnet, trotz aller seiner blutigen Härten doch eine Stufe der Entwickelung, die andere Völker erst nach langem historisch nachweisbarem Ringen erreicht haben, eine Stufe, hinter der zahllose Naturvölker der Erde noch heute weit, weit zurückstehen.

Und diese Stufe des Rechts kann nichts Primitives sein!

22 Vgl. Delitzsch I, S. 28; Dareste S. 7.

23 Vgl. Binding, Handbuch des Strafrechts I, S. 159.

24 So treffend Schmersahl a. a. O.

25 Jeremias S. nimmt seinen geistigen Einfluss an.

26 Jeremias S. 12 n. 1 meint, dass die Rechtssammlung ganz wahrscheinlich aus wichtigen Entscheidungen, aus den Annalen der Richter entstanden sei.

Wie die Natur, so macht auch das Recht keinen Sprung. Es wächst, entwickelt sich und ändert sich mit der Kultur; es hat Jugend und Alter, und so manches Institut stirbt gänzlich ab. Oder, um mit den Worten Kohlers 27 zu sprechen: „Das Recht baut sich... auf auf der Grundlage der Kultur; ... indem es aus der vergangenen Kultur stammt, hilft es, einer künftigen Kultur den Boden zu bereiten...... Jedes Recht ist ein Oedipus, der seinen Vater tötet und mit seiner Mutter ein neues Geschlecht erzeugt."

Hammurabi hat sein Gesetzbuch selbst vervielfältigen lassen; in Susa sind bereits die Bruchstücke eines zweiten Exemplars gefunden worden; ein drittes soll im Tempel Esagila zu Babylon aufgestellt gewesen sein.28

Und dieser Kodex hat mit gewissen gesetzlichen und gewohnheitsrechtlichen Abänderungen 29 viele Jahrhunderte lang im ganzen babylonischen Königreich in Kraft gestanden.

Aus einer grossen Menge auf uns gekommener rechtsgeschäftlicher Keilschrift-Urkunden ersehen wir die Anwendung Hammurabischer Rechtsformeln in der Praxis.30

Bis in die neubabylonische Zeit hinein lassen sich die Spuren des Kodex Hammurabi verfolgen. Auch durch die Perser ist das babylonische Recht recipiert worden.31

Bei dem grossen Umfang unseres Rechtsdenkmals muss ich es mir versagen, auf alle uns erhaltenen 247 Artikel in dieser Stunde näher einzugehen; dagegen möchte ich ver

27 Kohler, Encycl. der Rechtswissenschaft 6. Aufl. 1902, S. 5 u. 6. 28 Jeremias S. 6. Vgl. auch Scheil S. 12. Über die durch Asurbanipal gefertigten, in sumerischer Sprache mit assyrischen Einschiebseln verfassten Abschriften von Formeln, die unserm Rechtsdenkmal entlehnt sind, vgl. Dareste S. 32.

29 Jeremias S. 6.

30 Dareste S. 14 n. 1 bemerkt, dass 12 der erhaltenen Artikel des Codex sich in den von Meissner publizierten Urkunden wiederfinden. 31 Kohler in Z. f. vgl. Rechtsw. III, S. 205, Kohler u. Peiser, III S. 6.

nur mit einem einzigen Mann verheiratet sein. Besteht aber auch Reziprozität? Darf der Mann bei Hammurabi auch nur eine einzige Frau heiraten? Dareste bejaht die Frage und entscheidet sich also für die Monogamie, Jeremias dagegen verneint sie, erklärt die alt-babylonische Ehe also für polygamisch.41 Es muss Regel und Ausnahme unterschieden werden. Der Regel nach kann der Mann bloss42 eine einzige legitime Ehefrau (rabîtu) haben. Nur für den Fall der Kinderlosigkeit darf er eine Nebenfrau (shugetu) sich nehmen (§ 145); auch darf anscheinend nur13 in diesem Fall der Kinderlosigkeit die Hauptfrau ihm ihre Magd zum Weibe geben11 (§ 144). Auf die analoge israelitische Sitte, auf Sarah und Hagar, Rahel und Bilha ist oft hingewiesen worden.

44

Dass auch die Germanen nicht ausnahmslos in Monogamie lebten, dass vielmehr die Vornehmsten - die Aristokratie pflegt ja die alten Rechtssitten am festesten zu bewahren45 — zuweilen in Vielweiberei lebten, ist von Tacitus und noch Jahrhunderte später für die merovingische Königsfamilie und Pippin von Heristall bezeugt.46

41 Dareste S. 19, Jeremias S. 13.

42 Der Fall der Erkrankung (§ 148) führt wohl nicht zur Bigamie, sondern zur Lösung der ersten Ehe mit dem Recht der Erkrankten auf Beisitz und Unterhalt. Vgl. Jeremias S. 11 und unten bei Note 129. 43 So auch Winkler S. 25 n. 1 zu § 144; anscheinend a. M. Jeremias S. 13.

44 Schenkt diese ihm Kinder, darf er keine weitere Nebenfrau mehr erwerben. Vgl. aber auch Meissner S. 14: „Die Vielweiberei war schon damals bekannt und beliebt. So wird z. B. erzählt, dass oft ein Mann zwei Schwestern heiratet; daneben halten viele Männer, denen es ihre Mittel erlaubten, auch noch einige Kebsweiber, die zumeist dem Sklavenstande entstammten. Der Verkehr zwischen den verschiedenen Frauen war geregelt, Streit war verboten". Vgl. S. 6: „Die Sklavin war gewöhnlich die Nebenfrau ihres Gebieters." S. 148: „Die Polygamie war übrigens auch in Assyrien bei dem gewöhnlichen Volk noch im Gebrauch."

45 Wilutzky S. 189 n. 6, S. 195 und an vielen anderen Stellen. 46 Brunner, Die uneheliche Vaterschaft, Z. f. R.-G. 30, S. 2 ff. Schröder S. 71 u. 110 n. 31. Vgl. auch Wilutzky S. 194 ff. über die Nordgermanen.

Die babylonische Nebenfrau steht der Hauptfrau im Range nicht gleich (§ 145); doch ist die von der Hauptfrau dem Manne zum Weibe gegebene Magd, falls sie dem Manne Kinder schenkt, bei Wohlverhalten nicht als Sklavin anzusehen und darf nicht, wie eine solche, verkauft werden; nur wenn sie ihrer Herrin sich gleichstellt - der Fall Hagar drängt sich sofort Ihrer Erinnerung auf nur dann soll der Herr sie zur Sklavenschaft tun und unter die Mägde rechnen". Es geschah dies in Babylon wahrscheinlicherweise unter Scherung des Stirnhaars oder unter Einschneidung eines Merkmals.47

Umgekehrt steigt die Nebenfrau zu voller Freiheit auf, sobald der Mann ihre Kinder durch die Worte „meine Söhne" legitimiert (§ 170); aber auch ohne jene ausdrückliche Anerkennung ihrer Kinder wird sie bei ihres Mannes Tode frei, eine Bestimmung, die nebst etlichen andern von dem freiheitsfreundlichen Geiste des Codex Hammurabi ein ehrenvolles Zeugnis ablegt und unter unter den Freilassungsgründen der deutschen Volksrechte uns nicht begegnet.48

Ehehindernisse finden sich nur in geringer Zahl.49

Gar nicht heiratsfähig sind die sogen. Gottesschwestern (Nin-an) d. h. die Gott geweihten Jungfrauen (§ 110) und die Hetären (§§ 110, 178 und 180).49a Sodann ergibt sich aus den schweren und meist blutigen Strafandrohungen, die das

47 Vgl. §§ 146 u. 147, auch § 227 und die Urkunde bei Winkler S. 25 n. 1, auch S. 22 n. 3. Dareste S. 19 nimmt an, dass une marque au front" angebracht wird. Vergl. auch unten n. 119.

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48 Erwerb der Stellung der Ehefrau seitens der Sklavin durch Geburt eines Kindes begegnet auch im altarabischen Recht. Vgl. Wilutzky S. 153 n. 1.

49 Fehlen der väterlichen Zustimmung hat wenigstens nach späteren Zeugnissen die Ehe gehindert und nur ein Konkubinat entstehen lassen (Kohler-Peiser, II S. 7--9); in Hammurabis Zeit war wohl der Vater der eigentliche Kontrahent; vgl. unten bei n. 62.

49a Winkler S. 20 n. 2 und S. 30 n. 3, Jeremias S. 16.

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