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Codex, von dem Diodor berichtet,3 ist bisher leider noch immer nicht aufgefunden; die sonstigen ehrwürdigen Gesetzessammlungen des Altertums1 aber, die auf uns gekommen sind, selbst Indiens und des kretischen Gortyns Gesetze und die 12 Tafeln Roms sind um viele Jahrhunderte jünger als jene älteste Gesetzessammlung des Pentateuchs.

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Und doch lebte über ein Jahrtausend vor deren Entstehung, etwa ums Jahr 2250 vor Christus, der im Kampfe um Babel und Bibel jüngst so vielgenannte H a m murabi, der sechste babylonische König der I. Dynastie, ein hervorragend tüchtiger und begabter Herrscher, der Einiger und Mehrer seines Reichs, das er 55 Jahre lang kraftvoll beherrscht hat, die Sonne von Babylon“, der „König der Gerechtigkeit“, wie er sich selbst nannte, der „Literaturkönig des alten Babylon", wie ihn ein neuerer Schriftsteller bezeichnet.

Aus zahlreichen Einzelheiten hatte die assyrologische Forschung bereits früher geschlossen, dass der Begründer der babylonischen Staatseinheit seinem Volke auch die Rechtseinheit gegeben haben müsse.7 Insbesondere wurde dies aus einer Anzahl von Tontäfelchen gefolgert, die man in den letzten 40 Jahren gefunden und als Bruchstücke jener grossen Bibliothek erkannt hatte, welche der assyrische König Asurbanipal, der

3 Dareste in Nouvelle Revue Historique de droit français et étranger, XXVII, 1903, S. 33.

4 Ebendas.

5 Jeremias S. 8 n. 2 konstatiert, dass die von Schrader bewirkte Gleichstellung von Amraphel, König von Sinear (I Mos. 14, 1) mit Hammurabi heute kaum mehr bestritten wird. Vgl. auch Winkler, Die Gesetze Hammurabis in „Der alte Orient" IV, Heft 4, 1903 S. 7.

6 Jeremias S. 8. Vgl. über Hammurabi auch Winkler S. 6, Meissner, Beiträge zum altbabylon. Privatrecht 1893, S. 4.

7 Delitzsch, Babel und Bibel, Ein Vortrag S. 25 und zweiter Vortrag S. 24. Über zwei andere kleinere Bruchstücke des Codex Hammurabi aus neubabylonischer Zeit vgl. Winkler S. 7.

Sardanapal der Griechen, 1600 Jahre nach Hammurabi anlegen liess.8

Die Forschung hatte es geschlossen, doch die Gesetzsammlung selbst besass man nicht.

Und ähnlich wie vor sechsundfünfzig Jahren die astronomische Wissenschaft den hohen Triumph feierte, den durch Leverriers Rechnung bestimmten Planeten nahe an der bezeichneten Himmelsstelle in Wirklichkeit aufzufinden, so war es in der jüngsten Gegenwart der Archäologie beschieden, die vermutete Gesetzsammlung Hammurabis „in unanfechtbarer Echtheit" zu Tage zu fördern, wenn auch nicht aus den Trümmern von Babylon selbst, so doch in Susa, welches im 3. Jahrtausend völlig zum babylonischen Machtbereich gehört hat. 10

Dort, auf dem grossen Ruinenhügel der Hauptstadt des altpersischen Reichs, glückte es vor 16 Monaten, um die Wende der Jahre 1901/02, einer französischen Expedition, aus dem Schutte der Akropolis die drei gewaltigen Bruchstücke eines Dioritblocks von 2 1/4 Metern auszugraben, auf welchen sich die Gesetze Hammurabis in Keilschrift sorgsam eingegraben fanden.

An der Spitze der Inschrift befindet sich das seither oft reproduzierte schöne Basrelief, auf welchem Hammurabi in aufrechter Haltung mit dem Ausdruck gespannten Zuhörens vom Orakel- und Sonnengotte, dem vor ihm tronenden und mit der vierstufigen Krone geschmückten Schamasch, die Rechtsbelehrung empfängt. Zwei Strahlenbüschel gehen von den Schultern des Gottes aus; in der Rechten hält er einen Schreibgriffel, das Symbol der Weisheit, und einen kreisförmigen Gegenstand, der vielleicht als Sinnbild der Zeit aufzufassen ist.11

8 Kohler, Zeitschrift für vgl. Rechtsw. III, S. 203; Jeremias S. 6; Delitzsch I S. 60.

9 Jeremias S. 45.

10 Winkler S. 5.

11 Jeremias S. 5 n. 3.

Dem eigentlichen Inhalt geht ein längerer Prolog voraus, in welchem der König als „Sonne von Babylon" nicht nur seine Macht und seine Verdienste preist, sondern insbesondere auch seine göttliche Mission betont, „dem Lande Rechtsschutz zu teil werden zu lassen", „den Schlechten und Bösen zu vernichten, damit der Starke dem Schwachen nicht schade." Derselbe Gedanke kehrt noch ausführlicher in dem umfangreichen Epilog wieder. „Dass der Starke," sagt Hammurabi wörtlich, dem Schwachen nicht schade, um Witwen und Waisen zu sichern, um das Recht des Landes zu sprechen, die Streitfragen zu entscheiden, die Schäden zu heilen, (habe ich) in Babylon meine kostbaren Worte auf meinen Denkstein geschrieben, vor meinem Bildnisse, als des Königs der Gerechtigkeit aufgestellt."

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Und an einer anderen Stelle des Epilogs preist er die durch die Gesetzes-Aufzeichnung herbeigeführte Rechtssicherheit in den für einen alt-asiatischen Eroberer bewunderungswürdigen Worten: Der Bedrückte, der eine (Rechts)-Sache hat, soll vor mein Bildnis als König der Gerechtigkeit kommen, die Inschrift lesen, meine kostbaren Worte vernehmen, die Inschrift soll ihm seine Sache zeigen, sein Recht soll er sehen, sein Herz froh werden, (so dass er sagt): „Hammurabi ist ein Herr, der wie ein Vater für die Untertanen ist."

Welch wohlmeinende Tendenz für einen orientalischen Gesetzgeber vor 4 Jahrtausenden! Die starke Dosis Selbstverherrlichunga erscheint daneben völlig harmlos. Was haben doch auch noch die schwülstigen Einleitungen der römischen Kaiserinstitutionen und Novellen 12 und nun gar die rhetorischen Arengen der westgotischen Königsgesetze an legislativer Selbstberühmung fertig gebracht! 13

1la Oettli, Der Kampf um Bibel und Babel, 4. Aufl., S. 36. 12 Man denke nur an die Eingänge der beiden Konstitutionen Deo auctore und Tanta C. I 17.

13 Brunner, D. Rechtsgeschichte I S. 331 und Dahn, Westgotische Studien S. 305 und 310 ff.

Der Epilog schliesst mit den schwersten Verfluchungen jeder Abänderung von Gesetz und Denkmal. 14 Das hat nun freilich nicht hindern können, dass fünf Zeilen der Inschrift weggemeisselt worden sind.

Vermutlich hatte jener siegreiche Elamiterkönig ShutrukNachunte, der unser Rechtsdenkmal über ein Jahrtausend nach seiner Entstehung vom Sonnentempel Ebabbara zu Sippar, wo es wohl ursprünglich gestanden, mit anderer Kriegsbeute nach Susa hatte schleppen lassen, die Absicht, die Lücke mit seinem Eroberungsvermerk zu versehen. 15

Infolge dieser Lücke fehlen uns leider etwa 35 Artikel des eigentlichen Gesetzesinhalts; drei derselben finden sich jedoch wahrscheinlich kopiert in den vorhin erwähnten Täfelchen aus der Bibliothek Asurbanipals.16 Die Zahl der uns im Original erhaltenen Gesetzesartikel beträgt glücklicherweise noch immer 247.

Dieser einzigartige" Fund hat sofort die Aufmerksamkeit der ganzen gebildeten Welt in hohem Masse auf sich gelenkt.

Eine ganze assyrologische und theologische HammurabiLiteratur ist in wenigen Monaten emporgeschossen. Zum erstenmal übersetzt und erklärt wurde unser Rechtsdenkma 1 durch den gelehrten Dominikaner Pater V. Scheil, 17 der, Professor der Assyrologie an der Ecole pratique des Hautes

14 Vgl. über Verfluchungen in chaldäischen Urkunden Kohler, Shakespeare vor dem Forum der Jurisprudenz S. 64 und in Ztschr. III S. 206; Kohler u. Peiser, Aus dem babylonischen Rechtsleben II, 1891, S. 25, IV, 1898 S. 49 ff., auch Kohlers Excurs p. XLI zu Peiser, Babylonische Verträge des Berliner Museums, 1890 S. 47.

15 Winkler S. 5, Jeremias S. 5 u. 6, Delitzsch II S. 24. Oder sollten etwa diese Zeilen Bestimmungen enthalten haben, die später aufgehoben worden sind?

16 Winkler S. 18 ff.

17 V. Scheil, O. P., Délégation en Perse. Mémoires publiés sous la direction de M. J. de Morgan, tome IV. Paris 1902. Vgl. oben n. 7.

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Etudes, die von J. de Morgan geleitete französische Expedition nach Persien begleitet hatte.

Eine zweite und zwar deutsche annotierte Übersetzung lieferte in diesem Jahre Dr. Hugo Winkler; 18 sie will „nur den Gedankeninhalt in allgemein verständlicher Ausdrucksweise wiedergeben, nicht die Ideenverbindungen mit modern-juristischer Terminologie herstellen".

Allmählich beginnt auch die Jurisprudenz sich mit dem eminenten Rechtsdenkmale zu beschäftigen.

Voran steht die Abhandlung des bedeutenden französischen Rechtshistorikers R. Dareste in der von ihm geleiteten Nouvelle Revue hist. de droit français et étranger, dessen Auslegung freilich nicht in allen Punkten als unanfechtbar erscheint.

Eine gedrängte Skizze brachte auch die deutsche JuristenZeitung aus der Feder eines preussischen Praktikers, des Amtsgerichtsrates Schmersa hl.

Eine juristische Arbeit und zwar eine tüchtige juristische Arbeit ist auch die soeben erschienene Schrift eines sächsischen Pfarrers, des Dr. Johannes Jeremias in Gottleuba, die unter dem Titel „Moses und Hammurabi" das israelitische Bundesbuch und die Thora mit dem Gesetzes block von Susa in guter Systematik und prägnanter Kürze in Parallele stellt.

Eine eingehende Bearbeitung ist endlich, wie ich höre, vorbereitet von zwei der bedeutendsten Kenner des babylonischen Rechts, die sich schon wiederholt zur Erklärung juristischer Keilschriftfunde literarisch verbündet haben; es sind dies der Assyrologe F. E. Peiser und der geniale, auf so vielen Gebieten der Jurisprudenz gleich schaffenskräftige Prof. Kohler in Berlin.

Dass unter den Übersetzern und Auslegern unseres baby

18 Jeremias S. 6 bezeichnet die Übersetzung als „musterhaft“, auch treffe sie in rechtlicher Beziehung meist mit genialem Blick das Sichere". Einzelnes scheint gleichwohl nicht unbedenklich, vgl. z. B. unten bei n. 61.

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