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die Rede sein soll 151), so entspricht eben auch dies einer Anschauungsweise, für die 'der ganze Schäferstand eigentlich nichts als eine angenehme Erdichtung' ist, 'die Liebe durch eine bezaubernde Gegend, wo man ihr Gehör gibt, und durch den anmuthigsten Müssiggang von der Welt noch mehr zu heben, und angenehmer abzubilden' (S. 54 f. Anm.).

3. Der eigentliche Gegenstand der Schäferpoesie. Für die Beantwortung der Frage nach den positiven Grundlagen der im Natürlichen' geübten Kritik gibt die Satire den eben mitgetheilten wichtigen Satz an die Hand. Zu ihm gesellt sich eine gleichzeitige Schlegelsche Briefstelle: 'In den Schäfergedichten bin ich mit den Herrn von Fontenelle und Herrn St. M[ard] in seinen Réflexions sur la Poesie etc. einig. Ich glaube, dass die Schäferwelt ebenso wie die Verwandlungswelt, die Feenwelt u. a. eine bloss poetische Welt ist, und dass Standespersonen sich so wenig als Bauern in dieselbe schicken. 152)

Eine eingehendere Entwickelung und Begründung dieser Ansichten hat Schlegel aber erst einige Jahre später im Anhang zur 1. Auflage seiner Übersetzung von Batteux Les beaux arts réduits à un même principe (Paris 1746) 153) zu geben unternommen. Seicht und tändelnd, wie das ganze Buch, hatte das einschlägige Kapitel 154) des Batteux in ein paar flüchtigen Phrasen Landlust und Liebe als wesent

151) Vgl. S. 71 Anm. 90. 100 f. Anm.

152) Pottelwitz an Bodmer 30. Juli 1746: Litter. Pamphlete S. 92. 153) Batteux, Professor der Redekunst an dem königlichen Collegio von Navarra, Einschränkung der schönen Künste auf Einen einzigen Grundsatz, aus dem Französischen übersetzt, und mit einem Anhange einiger eignen Abhandlungen versehen. Leipzig 1751 (Exemplar auf der Königl. Öffentl. Bibliothek zu Dresden: Aesth. 214). Die zugänglichere 2. Aufl. von 1759 (vgl. Anm. 25) ist in diesem Abschnitt herangezogen, soweit sie mit den Anschauungen der ersten übereinstimmt; im übrigen vgl. unten Abschnitt 5. Die 3. Ausgabe (2 Bde. Leipzig 1770), in welcher Schlegel die alten Anschauungen festhält, kommt für uns nicht mehr in Betracht.

154) Es ist das 8. des 3. Theils: S. 224-27 der 1. Aufl. Bei Schlegel: S. 201-204. 2 S. 181-183.

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liches Thema des Schäfergedichtes bezeichnet und dem bukolischen Dichter einen Mittelweg zwischen allzu simpler und zwischen preciös pointirter Manier vorgeschrieben. Dem gegenüber findet Schlegels Abhandlung: 'Von dem eigentlichen Gegenstande des Schäfergedichts' 155) ihren Schwerpunkt in der strengen Auseinanderhaltung von 'Gedichten vom Landleben' und eigentlichen 'Schäfergedichten', die als nicht bloss dem Grade sondern der Art nach verschieden einander entgegengestellt sind.

Zu der ersteren Gattung wird Opitzens Zlatna, Vielguet und Lob des Feldlebens wie die zweite Epode des Horaz gerechnet (später Gessners 'Wunsch'): also Vertreter jener Entwickelungsstufe des Idylls, die wir eingangs als beschreibendes Lob der Landlust bezeichneten; nur kennt Schlegel Fischart nicht und denkt ebenso wenig an Haller oder E. v. Kleist. In den Gedichten dieser Art findet er eine bloss 'ausbessernde' Wiedergabe der gegebenen Wirklichkeit (d. h. Nachahmung im Sinne des Batteuxschen 'imiter la belle nature' und der unendlich tieferen Ausführungen E. Schlegels) am Platze: denn ein Gedicht vom Landleben 'besteht grösstentheils nur in sinnlichen Gemählden, die die Entgegenstellung der Bilder des Stadtlebens noch mehr hebt.'156)

Dagegen spielt nun die eigentliche Schäferdichtung nicht auf dem Boden des realen Lebens, ist kein idealisirendes Abbild der wirklichen Welt, vielmehr 'nicht sowohl eine Nachschilderung als eine Schöpfung. Ihr Arkadien ist nicht eine Gegend unsrer Welt, die mit aller der Vollkomenheit ausgeschmückt worden, deren sie fähig war. Die Schäferwelt gehört eben so, wie die Feyenwelt, wie die Verwandlungswelt Ovids unter die bloss möglichen, denen nur ein glücklicher Einfall der Einbildungskraft ihre Wirklichkeit gegeben hat'. 157) Er beruft sich dabei auf das Beispiel der guten' Schäferdichter wie auf das ästhetische

155) 1 S. 391-408. 2 S. 460-517 (Von dem eigentlichen Gegenstande der Schäfer poesie').

156) 1 S. 39; vgl. 2 S. 472.

157) S. 392 f.

Vierteljahrschrift für Litteraturgeschichte II

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Gefühl: läge für die ersteren das Object der Nachahmung thatsächlich im realen Leben, so müsste gegen sie der Vorwurf schwerer Verletzung der Wahrscheinlichkeit erhoben werden, und doch lehre das Wohlgefallen, mit dem uns ihre Schöpfungen trotz der erstaunlichen Unähnlichkeit zwischen den wirklichen Landleuten und den poetischen Schäfern erfüllen, dass der Geschmack eine solche Ähnlichkeit gar nicht verlange, vielmehr die Nachahmung nach einem anderen bloss idealischen Muster beurtheile. 158) So macht Schlegel mit dem Begriff möglicher Welten, den Gottsched nur für die Fabel fest zu halten vermocht, für das Schäfergedicht Ernst. Wie die Schweizer betrachtet er ihre Darstellung gleichfalls als eine Nachahmung, wobei Stoff- und Stilfrage wunderlich verquickt wird: die poetische Welt ist im Unterschiede von jener Art der Nachahmung, die die Vorzüge verschiedener Exemplare einer Gattung in einem einzigen concentrirt, ein aus heterogenen Bestandtheilen entstandenes einheitliches Ganzes, wie es in dieser Zusammensetzung in der Wirklichkeit nirgends vorkommt. Der gebildetere Städter hat feinere und 'wohlanständigere' Empfindungen als der Dörfler, aber diese werden durch das Geräusch und die Laster des Stadtlebens vielfach gehemmt und erstickt; der Bauer hat sich noch die alte Einfalt der Sitten bewahrt und geniesst die Annehmlichkeiten des Landaufenthaltes, aber Mangel an Bildung und schwere Arbeit schliessen sein Gefühlsleben in die Schranken natürlicher Grobheit. Aufgabe des Poeten ist demnach: die Schattenseiten des städtischen Lebens wie die verletzenden Züge des bäurischen Wesens gleichmässig von seiner Darstellung fern zu halten und so durch Vereinigung des Angenehmen, das hier wie dort nun allein noch übrig bleibt, 'die angenehmsten Empfindungen auf die angenehmste Weise' abzubilden. 159)

Schärfer noch werden diese Gegensätze in der 2. Auflage erfasst: der Ekloge eignet lyrische Handlung, dem Landgedicht epische Schilderung. Das Landgedicht ent

158) 1 S. 396. 2 S. 486 f.

159) 1 S. 398. 2 S. 495. 472.

spricht dem Landschaftsstück: Handlung und Personen fehlen darin; die Ekloge gehört zur Historienmalerey der Poesie': die Büsche und Bäche, Heerden und Auen sind nur das Zufällige, 'bloss die Ausschmückung des Theaters'. Das Landgedicht ist Lehrgedicht; die Ekloge berührt sich mit Oper und Ode. 160)

Die 'angenehmsten Empfindungen' nun sind die 'sanften' einer glückseligen Unschuldswelt. Leidenschaft, die die Seele schmerzvoll bewegen könnte, bleibt ausgeschlossen, und darnach bestimmt sich auch der Charakter der Handlung, welche diese Empfindungen zum Ausdruck bringen soll. Hatte noch vor nicht zu langer Zeit der Engländer J. Gay (1688-1732) ein Schäfertrauerspiel Dione 161) geliefert, so schreckt Schlegel vor Heroismus und Tragik in dieser Gattung zurück; ja er erklärt später mit deutlicher Spitze gegen Gottsched, der in der 4. Ausgabe der Critischen Dichtkunst die Verwicklung zu einer Forderung für das Schäferspiel erhoben hatte 162), der Geist dürfe nicht einmal durch eine solche in Ungewissheit versetzt werden: diese wäre für die sanften Empfindungen eine 'allzupeinliche Lage' (2. Aufl. S. 488). Und weil er seinen schäferlichen Musterknaben weder wirkliche Vergehungen noch auch blosse Ungereimtheiten zumuthen mag, gehören komische Handlungen ebenso wenig in diese poetische Welt.

Es ergibt sich so als zusammenfassende Definition der Schäferdichtung: 'Ihr wesentlicher Inhalt sind die sanften Empfindungen eines glückseligen Lebens, die vermittelst einer einfachen, weder heroischen, noch lächerlichen, sondern natürlichen Handlung entwickelt werden; und in der für sie gehörigen Scene, in der reizenden Scene der Natur, aufgestellet werden'. 163)

Begreift man, dass einer solchen Auffassung der Gattung in der That alles Gegenständliche anstössig erscheinen

160) S. 471 f. 488.

161) Ich benutzte eine deutsche Übertragung aus der Kgl. Bibliothek zu Berlin (Zc 11, 140): Dione, ein Schäfer-Trauerspiel, von Gay. Berlin und Leipzig 1759.

162) S. 778 (§ 7). Vgl. Gottscheds Batteux S. 144.
163) 2 S. 492.

musste, so ist für dieselbe die Auswahl der Poeten, auf welche sie sich stützt, allein schon bezeichnend. Als Schäferdichter, 'die jederzeit für die guten gehalten worden', erscheinen der zierliche Hofpoet Fontenelle, der romantischgalante Segrais 164), die sentimentale Preciöse Deshoulieres, von den Alten in der 1. Auflage nur Vergil, trotzdem Batteux den Theokrit ebenso wie Bion und Moschus zur Nachahmung empfohlen. 165) Aber auch schon dem Römer gegenüber kann Schlegel seine vag-idealistische Theorie lediglich durch die französischerseits aufgebrachte Redensart von den 'Bildern in den Mustern der alten Schäferdichter, die zufällig waren und von den Sitten ihrer Zeit abhingen'166), wie durch Berufung auf den durch Gresset französirten Vergil167) retten.

Die Quellenfrage ist bereits durch die oben citirte Briefstelle beantwortet. Fontenelles Discours sur la nature de l'eglogue168) und Remond de St. Mards Réflexions sur la poesie 169) kommen denn auch in der beiderseitigen Auffassung im wesentlichen überein. Der ständige Gegner Fontenelles unterwirft wohl dessen Eklogen wegen ihrer Affectirtheit scharfer Kritik, nimmt aber den eigentlichen Kern des Discours 170) in die eigene blumige Abhandlung Sur l'églogue 171) auf; nur bestreitet er dessen Forderung eines feinen und galanten Witzes für die Schäfer und verzichtet auf Wahrscheinlichkeit der Ekloge zu Gunsten ihrer Annehmlichkeit gänzlich172), während sich Fontenelle mit einer

164) Vgl. auch den Anfang von A. Schlegels poetischer Erzählung: Albrecht Dürer und Leonhard von Vinci. An Herrn G***r (Bremer Beyträge IV 2, 113).

165) Bei Schlegel: 1 S. 204, S. 183.

166) 1 S. 391 f.; vgl. S. 465 f. 477 ff.

167) 1 S. 404 f. 2 S. 481 ff. Vgl. Nouvelle biographie générale 21, 937 ff. 168) Oeuvres de Fontenelle .... Nouvelle Édition. A Paris MDCCXC, 5, 1–37.

169) La Haye 1733. Sie bilden den 4. Bd. der Oeuvres de Monsieur Remond de St. Mard. A Amsterdam MDCCXLIX. Über den Verfasser vgl. die Biographie universelle ancienne et moderne 35, 397 f. 170) Oeuvres de Fontenelle 5, 9-12.

171) Oeuvres 4, 75-165 (die Stelle aus Fontenelle S. 128 ff.).
172) Vgl. unten Anm. 194.

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