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Ich habe nicht nöthig, den König um Verzeihung zu bitten. Ich habe ihn immer als den Gesalbten des Herrn geehrt. Ich habe ihn immer als den Landesvater geliebt. Ich bin immer ein guter und treuer Unterthan gewesen, und hiervon haben mir die Nichter überzeugt geschienen. Ich habe meiner Heerde immer Geduld, Gehorsam und Unterwerfung gepredigt, und meine Vorträge, die man in Händen hat, sind in dem Wenigen zusammengefaßt: Fürchtet Gott, ehret den König! Wenn ich seinen Gesetzen im Betreff der religiösen Versammlungen zuwider gehandelt habe, so hat Gott dieß mir geboten; was die Gerechtigkeit betrifft, so habe ich sie nicht beleidigt, und ich bitte Gott, meinen Richtern zu verzeihen."

Auf dem Richtplate waren zwei Regimenter Infanterie mit der Streifreiterei aufgestellt. Aber Alles lief troß einer ungeheuern, zuschauenden Menschenmasse ruhig ab. Man bewunderte die Gemüthsruhe der Gefangenen und insonderheit die evangelische Heiterkeit des Geistlichen in seinen Mienen und Worten, der beim Hinaufsteigen zum Galgen den 24ften Vers des 118ten Psalms anstimmte.

So wurden Rochette und zwei Brüder Grenier hingerichtet, worauf der Scharfrichter zum dritten sprach: „Du hast deine zwei Brüder umkommen sehn; bekehre dich, um nicht wie sie umzukommen!" Dieser junge Mann antwortete mit ruhiger und stolzer Miene: Thue deine Pflicht!" worauf der letzte Beilhieb auch seinen Kopf neben die Köpfe seiner Brüder hinrollen ließ.

Die ungeheure Menge schlich stillschweigend davon, zum erstenmale darüber erstaunt, daß die Gefeße so grausam und die Blutzeugen der Wüste so heldenmüthig seyen.

Die Nachricht über diese Hinrichtung in Toulouse, die nach einem Proceffe ohne alle Beweise erfolgt war, und über welche die Nachwelt Rechenschaft vom Parlamente zu Toulouse zu fordern berechtigt wäre, wurde in den Kirchen

mit dem lebhaftesten Schmerze vernommen, aber auch mit dem religiösen Muthe, den der Anblick einer so großen Standhaftigkeit einflößt. Dieser Muth spricht besonders aus einem Briefe des Pfarrers Fosse aus Bearn an Paul Nabaut, in welchem die Stelle vorkommt: Die Blutzeugen sind glücklich. Sie genießen ihren Triumph; sie sind ein Fluch für Jesum geworden, wie Jesus ein Fluch für uns Alle geworden ist, und sie kosten am Herzen dieses erbarmungsvollen Emmanuel die Früchte des Sieges, den seine Gnade sie hat davontragen lassen; darum vergesse ich ihre Demüthigungen und ihre Leiden, um mich nur an ihrer Erhebung und an ihrem Ruhme zu weiden." Auch versicherte dieser Geistliche, zur Widerlegung eines übeln Gerüchts, daß deßwegen die Protestanten nicht aufhörten, nothleidende Katholiken zu unterstüßen.

Anch die Kirchen im untern Languedoc und in Dauphiné bezeugten mit ihren Pfarrern in Briefen nebst ihrem tiefen Schmerz über ihre getäuschte Hoffnung auf die Nettung des unschuldigen Rochette ihren getrosten Muth und ihre Entschlossenheit, ihm nachzudulden. So schrieb der Pfarrer Rozme aus Dauphiné: „Der erbauliche Tod dieses ruhmvollen Bekenners ist geeigneter, die Gläubigen zu befestigen, als alle die Predigten, die er bei einem langjährigen Dienste hätte halten können." Uebrigens sorgten die Kirchen reichlich für Rochette's unglückliche Familie, nämlich für seine Eltern, die bei einer starken Kinderzahl für die Bildung des einen Sohnes zum geistlichen Amte übermäßige Aufopferungen hatten machen müssen. Was aber für die Kirchen auf's Heißeste zu wünschen war, das sprach der Pfarrer Gabriac mit den Worten aus: Gott wolle die Wuth unsrer Feinde stillen, und ihnen allen die Gesinnungen der Menschlichkeit, der Sanftmuth und der Duldsamkeit einflößen.

Immer noch blieb die Hinrichtung Rochette's nicht außer

Zusammenhang mit Verfolgungen in andern Gegenden, wenn auch einzelne Ruhepunkte im untern Languedoc, in Vivarais, Perigord und Dauphiné eintraten, so daß der Pfarrer Gibert aus Perigord nach einem vergleichenden Rückblicke auf die ersten christlichen Jahrhunderte in einem Briefe vom 1. April 1762 äußerte: „Wir werden ohne Zweifel das nämliche Schicksal haben, bis wir einen Constantin bekommen. Die Menschen sind beinahe noch dieselbigen, wie damals. Wenn sie nicht durch die göttliche Liebe sich bewegen lassen, wehe dann denen, die ihnen mißfallen, wenn sie selbst schwächer als diese sind."

So oft als die Kirchen eingetretene Ruhepunkte zu ihrer Ausbreitung und zu offnern Rechtsansprüchen benußten, erneuerten die Regierungsbehörden gleichsam aus Scham über ihre Unthätigkeit die Strenge früherer Maaßregeln, wie z. B. das Parlament in Bordeaux am 30. April 1762 die Niederreißung einer Scheune, die an einen Reformirten im Dorfe Ste. Eulalie, zum Zwecke ein Bethaus daraus zu machen, verkauft worden war, und den Verkauf der Baustoffe zum Besten der katholischen Kirchen-Caffe befahl; doch ließ man noch die Nachsicht dabei obwalten, daß man weder gegen den Käufer der Scheune, noch gegen den reformirten Pfarrer Gibert ein Gerichtsverfahren einleitete; auch seßten die Protestanten ihre Versammlungen an drei andern Orten regelmäßig fort. Auch verhieß der neue Commandant in Dauphiné, Marquis du Menil, bei seiner Rundreise mehrern ganz reformirten Dorfgemeinden, fern von einem Tadel ihres Religionsbekenntnisses, seinen Schuß, wenn sie verständig seyn würden“.

Im Ganzen genommen darf beim Schluffe dieses Zeitraums gesagt werden, daß bei den Parlamenten der übrigen mittägigen Provinzen die Milde das Uebergewicht über die grausame Strenge des Parlaments von Toulouse gewonnen hatte, und daß die große Reihe der Schlachtopfer, die von

Franz I. bis zu Ludwig XV. gefallen waren, mit Rochette und den drei Brüdern Grenier sich geschlossen hat.

Zweites Capitel.

Jean Calas.

Die jest folgende Begebenheit war gerade diejenige, welche auf unverhoffte Weise die religiöse Duldung in Frankreich beschleunigte, weil da blinder Glaubenseifer oder Verirrung in der Rechtspflege den Unwillen und die einwirkende Theilnahme nicht nur Frankreichs, sondern des ganzen Europa erregte. Die allgemeine Nacherzählung, die Uebersetzung der Verhandlungen in sehr viele Sprachen, die Kämpfe der Philosophie über diesen Gegenstand, selbst die Darstellung herzzerreißender Thatsachen auf den Bühnen, alles dieß zusammen erweckte weit und breit das Nachdenken über die unglücklichen Schicksale der Familie Calas, die jest hauptsächlich mit Rücksicht auf die von Paul Rabaut hierüber verfaßte Denkschrift geschildert werden sollen.

Jean Calas, seit 40 Jahren Kaufmann zu Toulouse in indischen Waaren, mit glücklichem Erfolg und dem ehrenvollsten Ruf, verheirathet seit 1731 mit einer Engländerin, Namens Cabibel, die von einer aus Frankreich geflüchteten reformirten Familie stammend mit dem Adel in Languedoc verwandt war, hatte sechs Kinder, vier Söhne und zwei Töchter, und seit 30 Jahren eine einzige Dienerin, Jeanne Viguiere, die die Kinder alle erzogen, aber als sehr deműthige Katholikin zur Glaubensänderung des dritten Sohnes, Louis, bedeutend beigetragen hatte, ohne deßhalb minder gut von ihrer Herrschaft behandelt zu werden. Der älteste Sohn, Marc-Antoine, der seinen anfänglichen Plan, Rechtsanwalt zu werden, als Reformirter, und seinen weiteren, zur Handlung überzutreten, wegen andrer Hindernisse nicht hinaus

führen konnte, von dem dritten Plane aber, sich in Genf zum Geistlichen zu bilden, durch die Hinrichtung Rochette's sich abschrecken ließ, hatte einen finstern, trübsinnigen Geist, der, durch die stoischen Schriften Seneca's genährt, seine Gedanken durch wiederholten Vortrag des Selbstgesprächs Hamlets über den Tod, und seinen Hang zum Selbstmord wegen seiner Hoffnungslosigkeit bei seinem Ehrgeize verrieth. Ohne Zweifel war er weit entfernt, den Abgrund zu durchschauen, in welchen sein verderblicher Vorsatz seine Familie stürzen würde.

Ein anderes Opfer wurde hineingezogen. Franz von Lavaisse, 20 Jahre alt und Sohn eines berühmten Advocaten zu Toulouse, sollte nach dem Willen seines Vaters von Bordeaux zurückkommen. Indem er Pferde nach Caraman suchte, wo sein Vater sich aufhielt, führte ihn ein unglücklicher Zufall vor dem Laden der Familie Calas vorüber, mit welcher er schon lange her in einem Freundschaftsbündnisse stand. Man behielt ihn beim Abendessen, bei dessen Schlusse der älteste Sohn den Tisch verließ. Als Lavaisse nun auch die Treppe mit dem zweiten Sohne, Jean Pierre, hinabgegangen war, stellte sich ihren Blicken das Schauderhafte dar, daß ein Leichnam zwischen den Flügelthüren des Ladens aufgehängt war, und das war MarcAntoine Calas. Hierauf gründete diese unglückliche Familie ihre Vertheidigung. Indeß stießen die Eltern bei fruchtlosen Rettungsversuchen herzzerreißendes Wehgeschrei aus, in dessen Folge von außen das Volk aufgeregt wurde, Wachen die Thüre besetzten, und die obrigkeitlichen Personen, die dort den Amtsnamen Capitoul führen, Lisle de Brive, und besonders David de Bautrigue, anlangten, deren leßterem diese Sache eine so traurige Berühmtheit geben sollte. Unerklärlich ist's, wie diese, ohne den Zustand des Leichnams gerichtlich zu ermitteln, und ohne den Thatbestand schriftlich aufzunehmen, sich wieder entfernten. Da hörte man plöß

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