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die Carmagnole tanzten: Se. Majestät der Künig saß hoch zu Roß, halb wie ein gezwungener Triumphator, halb wie ein freiwilliger Gefangener, der einen Triumphzug zieren soll; ein entthronter Kaiser ritt symbolisch oder auch prophetisch an seiner Seite; seine beiden jungen Söhne ritten ebenfalls neben ihm, wie blühende Hoffnungen, und seine schwülstigen Wangen glühten hervor aus dem Walddunkel des großen Backenbarts, und seine füßlich grüßenden Augen glänzten vor Lust und Verlegenheit. Auf dem Schefferschen Bilde sieht er minder kurzweilig aus, ja fast trübe, als ritte er eben über die Place de Grève, wo sein Vater geköpft worden; sein Pferd scheint zu straucheln. Ich glaube auf dem Schefferschen Bilde ist auch der Kopf nicht oben so spit zulaufend, wie beim erlauchten Originale, wo diese eigenthümliche Bildung mich immer an das Volkslied erinnert:

Es steht eine Tann' im tiefen Thal,

Ist unten breit und oben schmal.

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Sonst ist das Bild ziemlich getroffen, sehr ähnlich; doch diese Aehnlichkeit entdeckte ich erst, als ich den König selbst gesehen. Das scheint mir bedenklich, sehr bedenklich für den Werth der ganzen Schefferschen Portraitmalerei. Die Portraitmaler lassen sich nämlich in zwei Klassen eintheilen. Die einen haben das wunderbare Talent, gerade diejenigen Züge aufzufassen und hinzumalen, die auch dem fremden Beschauer eine Idee von dem darzustellenden Gesichte geben, so daß er den Charakter des unbekannten Originals gleich begreift und leßteres, sobald er dessen ansichtig wird, gleich wieder erkennt. Bei den alten Meistern, vornämlich bei Holbein, Tizian und Vandyk finden wir solche Weise, und in ihren Portraiten frappirt uns jene Unmittelbarkeit, die uns die Aehnlichkeit derselben mit den längst verstorbenen Originalen so lebendig zusichert. Wir möchten darauf schwören, daß diese Portraite getroffen sind!“ sagen wir dann unwillkürlich, wenn wir Gallerien durchwandeln. Eine zweite Weise der Portraitmalerei finden wir namentlich bei englischen und französischen Malern, die nur das leichte Wiedererkennen beabsichtigen, und nur jene Züge auf die Leinwand werfen, die uns das Gesicht und den Charakter des wohlbekannten Originals ins Gedächtniß zurückrüfen. Diese Maler arbeiten eigentlich für die Erinnerung, und sie sind überaus beliebt bei wohlerzogenen Eltern und zärtlichen Eheleuten, die uns ihre Gemälde nach Tische zeigen, und uns nicht genug versichern können, wie gar niedlich der liebe Kleine getroffen war, ehe er die Würmer bekommen, oder wie sprechend ähnlich der Herr Gemahl ist, den wir noch nicht die Ehre haben, zu kennen, und dessen Bekanntschaft uns noch bevorsteht, wenn er von der Braunschweiger Messe zurückkehrt.

Scheffer's,,Leonore" ist, in Hinsicht der Farbengebung weit ausgezeichneter

als seine übrigen Stücke. Die Geschichte ist in die Zeit der Kreuzzige verlegt und der Maler gewann dadurch Gelegenheit zu brillanteren Costümen und überhaupt zu einem romantischen Colorit. Das heimkehrende Heer zicht vorüber, und die arme Leonore vermißt darunter ihren Geliebten. Es herrscht in dem ganzen Bilde eine sanfte Melancholie, nichts läßt den Spuk der künftigen Nacht vorausahnen. Aber ich glaube eben, weil der Maler die Scene in die fromme Zeit der Kreuzzüge verlegt hat, wird die verlassene Leonore nicht die Gottheit lästern und der tødte Neuter wird sie nicht abholen. Die Bürger'sche Leonore lebte in einer protestantischen, skeptischen Periode, und ihr Geliebter zog in den siebenjährigen Krieg, um Schlesien für den Freund Voltaires zu erkämpfen. Die Scheffer'sche Leonore lebte hingegen in einem katholischen gläubigen Zeitalter, wo Hunderttausende, begeistert von einem religiösen Gedanken, sich ein rothes Kreuz auf den Rock nähten, und als Pilgerkrieger nach dem Morgenlande wanderten, um dort ein Grab zu erobern. Sonderbare Zeit! Aber, wir Menschen, sind wir nicht alle Kreuzritter, die wir, mit allen unseren mühseligsten Kämpfen, am Ende nur ein Grab erobern? Diesen Gedanken lese ich auf dem edlen Gesichte des Nitters, der, von seinem hohen Pferde herab, so mitleidig auf die trauernde Leonore niederschaut. Diese lehnt ihr Haupt an die Schulter der Mutter. Sie ist eine trauernde Blume, sie wird welken aber nicht lästern. Das Scheffer'sche Gemälde ist eine schöne, musikalische Composizion; die Farben klingen darin so heiter trübe, wie ein wehmüthiges Frühlingslied.

Die übrigen Stücke von Scheffer verdienen keine Beachtung. Dennoch gewannen sie vielen Beifall, während manch besseres Bild von minder ausgezeichneten Malern unbeachtet blieb. So wirkt der Name des Meisters. Wenn Fürsten einen böhmischen Glasstein am Finger tragen, wird man ihn für einen Diamanten halten, und trüge ein Bettler auch einen ächten Diamantring, so würde man doch meinen, es sei eitel Glas.

Die oben angestellte Betrachtung leitet mich auf

Horace Vernet.

Der hat auch nicht mit lauter ächten Steinen den dießjährigen Salon geschmückt. Das vorzüglichste seiner ausgestellten Gemälde war eine Judith, die im Begriff steht, den Holophernes zu tödten. Sie hat sich eben vom Lager desselben erhoben, ein blühend schlankes Mädchen. Ein violettes Gewand, um die Hüften hastig geschürzt, geht bis zu ihren Füßen hinab; oberhalb des Leibes trägt sie ein blaßgelbes Unterkleid, dessen Aermel von der rechten Schulter herunterfällt, und den sie mit der linken Hand, etwas mezgerhaft, und doch zugleich bezaubernd zierlich, wieder in die Höhe streift; denn mit der rechten Hand hat sie eben das krumme Schwert gezogen gegen den schlafenden

Holophernes. Da steht sie, eine reizende Gestalt, an der eben überschrittenen Grenze der Jungfräulichkeit, ganz gottrein und doch weltbefleckt, wie eine entweihte Hostie. Ihr Kopf ist wunderbar anmuthig und unheimlich liebenswürdig; schwarze Locken, wie kurze Schlängen, die nicht herabflattern, sondern sich bäumen, furchtbar graziös. Das Gesicht ist etwas beschattet, und süße Wildheit, dustere Holdseligkeit und sentimentaler Grimm rieselt durch die edlen Züge der tödtlichen Schönen. Besonders in ihrem Auge funkelt süße Grausamkeit und die Lüsternheit der Nache; denn sie hat auch den eignen beleidigten Leib zu rächen an dem häßlichen Heiden. In der That, dieser ist nicht sonderlich liebreizend, aber im Grunde scheint er doch ein bon enfant zu jein. Er schläft so gutmüthig in der Nachwonne seiner Beseligung; er schnarcht vielleicht, oder, wie Luise sagt, er schläft laut; seine Lippen bewegen sich noch, als wenn sie küßten; er lag noch eben im Schooße des Glücks, oder vielleicht lag auch das Glück in seinem Schooße; und trunken von Glück und gewiß auch von Wein, ohne Zwischenspiel von Qual und Krankheit, sendet in der Tod, durch seinen schönsten Engel, in die weiße Nacht der ewigen Vernichtung. Welch ein beneidenswerthes Ende! Wenn ich einst sterben soll, ihr Götter, laßt mich sterben wie Holophernes!

Ist es Ironie von Horace Vernet, daß die Strahlen der Frühsonne auf den Schlafenden, gleichsam verklärend, hereinbrechen, und daß eben die Nachtlampe erlischt?

Minder durch Geist als vielmehr durch kühne Zeichnung und Farbengebung, empfiehlt sich ein anderes Gemälde von Vernet, welches den jezigen Pabst vorstellt. Mit der goldenen dreifachen Krone auf dem Haupte, gekleidet mit einem goldgestickten weißen Gewande, auf einem goldenen Stuhle sizend, wird der Knecht der Knechte Gottes in der Peterskirche herumgetragen. Der Pabst selbst, obgleich rothwangig, sieht schwächlich aus, fast verbleichend in dem weißen Hintergrund von Weihrauchdampf und weißen Federwedeln, die über ihn hingehalten werden. Aber die Träger des päpstlichen Stuhles sind stämmige, charaktervolle Gestalten, in karmosinrothen Livreen, die schwarzen Haare herabfallend über die gebräunten Gesichter. Es kommen nur drei davon zum Vorschein, aber sie sind vortrefflich gemalt. Dasselbe läßt sich rühmen von den Kapuzinern, deren Häupter nur, oder vielmehr deren gebeugte Hinterhäupter mit den breiten Tonsuren, im Vordergrunde sichtbar werden. Aber eben die verschwimmende Unbedeutenheit der Hauptpersonen und das bedeutende Hervortreten der Nebenpersonen ist ein Fehler des Bildes. Leßtere haben mich durch die Leichtigkeit, womit sie hingeworfen sind, und durch ihr Colorit an den Paul Veronese erinnert. Nur der venezianische Zauber fehlt, jene Farbenpoesie die, gleich dem Schimmer der Lagunen, nur oberflächlich ist, aber dennoch die Seele so wunderbar bewegt.

In Hinsicht der kühnen Darstellung und der Farbengebung, hat sich ein drittes Bild von Horace Vernet vielen Beifall erworben. Es ist die Arretirung der Prinzen Condé, Conti und Longueville. Der Schauplaß ist eine Treppe des Palais Royal, und die arretirten Prinzen steigen herab, nachdem sie eben, auf Befehl Annens von Oesterreich, ihre Degen abgegeben. Durch dieses Herabsteigen behält fast jede Figur ihren ganzen Umriß. Condé ist der erste, auf der untersten Stufe; er hält sinnend seinen Knebelbart in der Hand, und ich weiß, was er denkt. Von der obersten Stufe der Treppe kommt ein Offizier herab, der die Degen der Prinzen unter'm Arme trägt. Es sind drei Gruppen, die natürlich entstanden und natürlich zusammengehören. Nur wer eine sehr hohe Stufe in der Kunst erstiegen, hat solche Treppenideen. Zu den weniger bedeutenden Bildern von Horace Vernet gehört ein Camille Desmoulins, der im Garten des Palais Royal auf eine Bank steigt und das Volk haranguirt. Mit der linken Hand reißt er ein grünes Blatt von einem Baume, in der rechten hält er eine Pistole. Armei Camille! dein Muth war nicht höher als diese Bank und da wolltest du stehen bleiben, und du schautest dich um.,,Vorwärts, immer vorwärts!“ ist aber das Zauberwort, das die Revoluzionäre aufrecht erhalten kann; — bleiben sie stehen und schauen sie sich um, dann sind sie verloren, wie Eurydice, als sie dem Saitenspiel des Gemahls folgend, nur einmal zurückschaute in die Greuel der Unterwelt. Armer Camille! armer Bursche! das waren die lustigen Flegeljahre der Freiheit, als du auf die Bank sprangest und dem Despotismus die Fenster einwarfest und Laternenwige rissest; der Spaß wurde nachher sehr trübe, die Füchse der Revoluzion wurden bemooste Häupter, denen die Haare zu Berge stiegen, und du hörtest schreckliche Töne neben dir erklingen, und hinter dir, aus dem Schattenreich, riefen dich die Geisterstimmèn der Gironde, und du schautest dich um.

In Hinsicht der Kostüme von 1789 war dieses Bild ziemlich interessant. Da sah man sie noch, die gepuderten Frisuren, die engen Frauenkleider, die erst bei den Hüften sich bauschten, die buntgestreiften Fräcke, die kutscherlichen Oberröcke mit kleinen Kräglein, die zwei Uhrketten, die parallel über dem Bauche hängen, und gar jene terroristischen Westen mit breitaufgeschlagenen Klappen, die bei der republikanischen Jugend in Paris jezt wieder in Mode gekommer sind und gilets à la Robespierre genannt werden. Robespierre selbst ist ebenfalls auf dem Bilde zu sehen, auffallend durch seine sorgfältige Toilette und sein geschniegeltes Wesen. In der That, sein Aeußeres war immer schmuck und blank, wie das Beil einer Guillotine; aber auch sein Inneres, sein Herz, war uneigennüßig, unbestechbar und konsequent wie das Beil einer Guillotine. Diese unerbittliche Strenge war jedoch nicht Gefühllosigkeit, soudern Tugend, gleich der Tugend des Junius Brutus, die unser

Herz verdammt und die unsere Vernunft mit Entseßen bewundert. Nobespierre hatte sogar eine besondere Vorliebe für Desmoulins, seinen Schulkameraden, den er hinrichten ließ, als dieser Fanfaron de la liberté eine unzeitige Mäßigung predigte und staatsgefährliche Schwächen beförderte. Während Camilles Blut auf der Grève floß, flossen vielleicht in einsamer Kammer die Thränen des Marimilian. Dieß soll keine banale Redensart sein. Unlängst sagte mir ein Freund, daß ihm Bourdon de Loïse erzählt habe: er sei einst in das Arbeitszimmer des Comité du Salut public gekommen, als dort Robespierre ganz allein, in sich selbst versunken, über seinen Aften faß und bitterlich weinte.

Ich übergehe die übrigen noch minder bedeutenden Gemälde von Horace Vernet, dem vielseitigsten Maler, der alles malt, Heiligenbilder, Schlachten, Stillleben, Bestien, Landschaften, Portraite, alles flüchtig, fast pampbletartig. Ich wende mich zu

Delacroix,

der ein Bild geliefert, vor welchem ich immer einen großen Volkshaufen stehen sah, und das ich also zu denjenigen Gemälden zähle, denen die meiste Aufmerksamkeit zu Theil worden. Die Heiligkeit des Sujects erlaubt keine strenge Kritik des Colorits, welche vielleicht mislich ausfallen könnte. Aber troß etwaniger Kunstmängel, athmet in dem Bilde ein großer Gedanke, der uns wunderbar entgegenweht. Eine Volksgruppe während den Juliustagen ist dargestellt und in der Mitte, beinahe wie eine allegorische Figur, ragt hervor ein jugendliches Weib, mit einer rothen phrygischen Müße auf dem Haupte, eine Flinte in der einen Hand und in der andern eine dreifarbige Fahne. Sie schreitet dahin über Leichen, zum Kampfe auffordernd, entblößt bis zur Hüfte, ein schöner, ungestümer Leib, das Gesicht ein kühnes Profil, frecher Schmerz in den Zügen, eine seltsame Mischung von Phryne, Poissarde und Freiheitsgöttin. Daß sie eigentlich leztere bedeuten solle, ist nicht ganz bestimmt ausgedrückt, diese Figur scheint vielmehr die wilde Volkskraft, die eine fatale Bürde abwirft, darzustellen. Ich kann nicht umhin, zu gestehen, diese Figur erinnert mich an jene peripatetischen Philosophinnen, an jene Schnellläuferinnen der Liebe oder Schnellliebende, die des Abends auf den Boulevards umherschwärmen; ich gestehe, daß der kleine Schornsteinfupido, der, mit einer Pistole in jeder Hand, neben dieser Gassenvenus steht, vielleicht nicht allein von Ruß beschmußt ist; daß der Pantheonskandidat, der todt auf dem Boden liegt, vielleicht den Abend vorher mit Contremarquen des Theaters gehandelt; daß der Held, der mit seinem Schießgewehr hinstürmt, in seinem Gesichte die Galeere und in seinem häßlichen Nock gewiß noch den Duft des Assisenhofes trägt; aber das ist es eben, ein großer Gedanke hat diese gemeinen Leute,

Z

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