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dicse Crapüle, geadelt und geheiligt und die entschlafene Würde in ihrer Seele wieder aufgeweckt.

Heilige Julitage von Paris! ihr werdet ewig Zeugniß geben von dem Urabel der Menschen, der nie ganz zerstört werden kann. Wer euch erlebt hat, der jammert nicht mehr auf den alten Gräbern, sondern freudig glaubt er jezt an die Auferstehung der Völker. Heilige Julitage! wie schön war die Sonne und wie groß war das Volk von Paris! Die Götter im Himmel, die dem großen Kampfe zusahen, jauchzten vor Bewunderung, und sie wären gerne aufgestanden von ihren goldenen Stühlen und wären gerne zur Erde herabgestiegen, um Bürger zu werden von Paris! Aber neidisch, ängstlich, wie sie sind, fürchteten sie am Ende, daß die Menschen zu hoch und zu herrlich emporblühen möchten, und durch ihre willigen Priester suchten sie,,das Glänzende zu schwärzen und das Erhabene in den Staub zu ziehn,“ und sie stifteten die belgische Rebellion, das de Potter'sche Viehstück. Es ist dafür gesorgt, daß die Freiheitsbäume nicht in den Himmel hineinwachsen.

Auf keinem von allen Gemälden des Salons ist so sehr die Farbe eingeschlagen, wie auf Delacroir Julirevoluzion. Indessen, eben diese Abwesenheit von Firniß und Schimmer, dabei der Pulverdampf und Staub, der die Figuren wie graues Spinnweb bedeckt, das sonnengetrocknete Colorit, das gleichsam nach einem Wassertropfen lechzt, alles dieses gibt dem Bilde eine Wahrheit, eine Wesenheit, eine Ursprünglichkeit, und man ahnt darin die wirkliche Physiognomie der Julitage.

Unter den Beschauern waren so manche, die damals entweder mitgestritten eder doch wenigstens zugesehen hatten, und diese konnten das Bild nicht genug rühmen. ,,Matin,“ rief ein Epicier,,,diese Gamins haben sich wie Riesen geschlagen!" Eine junge Dame meinte, auf dem Bilde fehle der polytechnische Schüler, wie man ihn sehe auf allen andern Darstellungen der Julirevoluzion, deren sehr viele, über vierzig Gemälde, ausgestellt waren.

,,Papa!" rief eine kleine Karlistin,,,wer ist die schmuzige Frau mit der rothen Müze ?" ,,Nun freilich," spöttelte der noble Papa mit einem süßlich zerquetschten Lächeln,,,nun freilich, liebes Kind, mit der Reinheit der Lilien hat sie nichts zu schaffen. Es ist die Freiheitsgöttin.“ —,,Papa, sie hat auch nicht einmal ein Hemd an.“ ,,Eine wahre Freiheitsgöttin, liebes Kind, hat gewöhnlich kein Hemd, und ist daher sehr erbittert auf alle Leute, die weiße Wäsche tragen.“

Bei diesen Worten zupfte der Mann seine Manschetten etwas über die langen müßigen Hände, und sagte zu seinem Nachbar:,,Eminenz! wenn es den Republikanern heut an der Pforte St. Denis gelingt, daß eine alte Frau von den Nationalgarden todtgeschossen wird, dann tragen sie die heilige Leiche auf den Boulevards herum, und das Volk wird rasent, und wir haben dann eine

neue Revoluzion.“ "Tant mieux!" flüsterte die Eminenz, ein hagerer, zugeknöpfter Mensch, der sich in weltliche Tracht vermummt, wie jezt von allen Priestern in Paris geschieht, aus Furcht vor öffentlicher Verhöhnung, vielleicht auch des bösen Gewissens halber: "tant mieux, Marquis! wenn nur recht viele Greuel geschehen, damit das Maaß wieder voll wird! Die Revoluzion verschluckt dann wieder ihre eignen Anstifter, besonders jene eitlen Bankiers, die sich Gottlob jezt schon ruinirt haben.“ „Ja, Eminenz, sie wollten uns à tout prix vernichten, weil wir sie nicht in unsere Salons aufgenommen; das ist das Geheimniß der Julirevoluzion, und da wurde Geld vertheilt an die Vorstädter, und die Arbeiter wurden von den Fabrikherrn entlassen, und Weinwirthe wurden bezahlt, die umsonst Wein schenkten und noch Pulver hineinmischten, um den Pöbel zu erhißen, et du reste, c'était le soleil !"

Der Marquis hat vielleicht Necht: es war die Sonne. Zumal im Monat Juli hat die Sonne immer am gewaltigsten mit ihren Strahlen die Herzen der Pariser entflammt, wenn die Freiheit bedroht war, und sonnentrunken erhob sich dann das Volk von Paris gegen die morschen Bastillen und Ordonanzen der Knechtschaft. Sonne und Stadt verstehen sich wunderbar, und sie lieben sich. Ehe die Sonne des Abends ins Meer hinabsteigt, verweilt ihr Blick noch lange mit Wohlgefallen auf der schönen Stadt Paris, und mit ihren legten Strahlen küßt sie die dreifarbigen Fahnen auf den Thürmen der schönen Stadt Paris. Mit Necht hatte ein französischer Dichter den Vorschlag gemacht, das Julifest durch eine symbolische Vermählung zu feiern: und wie einst der Doge von Venedig jährlich den goldenen Bukentauro bestiegen, um die herrschende Venezia mit dem adriatischen Meere zu vermählen, so solle alljährlich auf dem Bastillenplage die Stadt Paris sich vermählen mit der Sonne, dem großen, flammenden Glücksstern ihrer Freiheit. Casimir Perier hat diesen Vorschlag nicht goutirt, er fürchtet den Polterabend einer solchen Hochzeit, er fürchtet die allzustarke Hize einer solchen Ehe, und er bewilligt der Stadt Paris höchstens eine morganatische Verbindung mit der Sonne. ́

Doch ich vergesse, daß ich nur Berichterstatter einer Ausstellung bin. Als folcher gelange ich jezt zur Erwähnung eines Malers, der, indem er die allgemeine Aufmerksamkeit erregte, zu gleicher Zeit mich selber so sehr ansprach, daß seine Bilder mir nur wie buntes Echo der eignen Herzensstimme erschienen, oder vielmehr, daß die wahlverwandten Farbentöne in meinem Herzen wunderbar wiederklangen. Decamps heißt der Maler, der folchen Zauber übte.

Decamps

heißt der Maler, der solchen Zauber auf mich ausübte. Lerder habe ich eins seiner besten Werke, das Hundehospital, `gar nicht gesehen: Es war schon fortgenommen, als ich die Ausstellung besuchte. Einige andere gute Stücke Heine. III.

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von ihm entgingen mir, weil ich sie aus der großen Menge nicht herausfinden konnte, che sie ebenfalls fortgenommen wurden. Ich erkannte aber gleich von selbst, daß Decamps ein großer Maler sei, als ich zuerst ein kleines Bild von ihm sah, dessen Colorit und Einfachheit mich seltsam frappirten. Es stellte nur ein türkisches Gebäude vor, weiß und hochgebaut, hie und dareine kleine Fensterlucke, wo ein Türkengesicht hervorlauscht, unten ein stilles Wasser, worin sich die Kreidewände mit ihren röthlichen Schatten abspiegeln, wunderbar ruhig. Nachher erfuhr ich, daß Decamps selbst in der Türkei gewesen, und daß es nicht blos sein originelles Colorit war, was mich so sehr frappirt sondern auch die Wahrheit, die sich mit getreuen und bescheidenen Farben in seinen Bildern des Orients ausspricht. Dieses geschieht ganz besonders in seiner ,,Patrouille." In diesem Gemälde erblicken wir den großen Hadji-Bey, Oberhaupt der Polizei zu Smyrna, der mit seinen Myrmidonen durch diese Stadt die Nunde macht. Er sigt schwammbauchig hoch zu Roß, in aller Majestät seiner Insolenz, ein beleidigend arrogantes, unwissend stockfinsteres Gesicht, das von einem weißen Turban überschildet wird; in den Händen hält er das Scepter des absoluten Bastonadenthums, und neben ihm, zu Fuß, laufen neun getreue Vollstrecker seines Willens quand même, hastige Kreaturen mit kurzen magern Beinen und fast thierischen Gesichtern, kaßenhaft, ziegenböcklich, äffisch, ja, eins derselben bildet eine Mosaik von Hundeschnauze, Schweinsaugen, Eselsohren, Kalbslächeln und Hasenangst. In den Händen tragen sie nachlässige Waffen, Piken, Flinten, die Kolbe nach oben, auch Werkzeuge der Gerechtigkeitspflege, nämlich einen Spieß und ein Bündel Bambusstöcke. Da die Häuser, an denen der Zug vorbeikommt, kalkweiß sind und der Boden lehmig gelb ist, so macht es fast den Effekt eines chinesischen Schattenspiels, wenn man die dunkeln pußigen Figuren längs dem hellen Hintergrund und über einen hellen Vorgrund dahineilen sieht. Es ist lichte Abenddämmerung, und die seltsamen Schatten der mageren Menschen- und Pferdebeine verstärken die barock magische Wirkung. Auch rennen die Kerls mit so drolligen Kapriolen, mit so unerhörten Sprüngen, auch das Pferd wirft die Beine so närrisch geschwinde, daß es halb auf dem Bauch zu kriechen und halb zu fliegen scheint — : und das alles haben einige hiesige Kritiker am meisten getadelt und als Unnatürlichkeit und Karrikatur verworfen.

Auch Frankreich hat seine stehenden Kunstrezensenten, die nach alten vorgefaßten Regeln jedes neue Werk bekritteln, seine Oberkenner, die in den Ateliers herumschnüffeln und Beifall lächeln, wenn man ihre Marotte kizelt, und diese haben nicht ermangelt, über Decamps Bild ihr Urtheil zu fällen. Etn Herr Jal, der über jede Ausstellung eine Broschüre edirt, hat sogar nachträg lich im Figaro jenes Bild zu schmähen gesucht, und er meint, die Freunde desselben zu persisliren, wenn er scheinbar demüthigst gesteht: „er sei nur ein

Mensch, der nach Verstandesbegriffen urtheile, und sein armer Verstand könne in dem Decamps'schen Bilde nicht das große Meisterwerk sehen, das von jenen Ueberschwenglichen, die nicht blos mit dem Verstande erkennen, darin erblickt wird." Der arme Schelm, mit seinem armen Verstande! er weiß nicht, wie richtig er sich selbst gerichtet! Dem armen Verstande gebührt wirklich niemals die erste Stimme, wenn über Kunstwerke geurtheilt wird, eben so wenig als er bei der Schöpfung derselben jemals die erste Rolle gespielt hat. Die Idee des Kunstwerks steigt aus dem Gemüthe, und dieses verlangt bei der Phantasie die verwirklichende Hülfe. Die Phantasie wirft ihm dann alle ihre Blumen entgegen, verschüttet fast die Idee, und würde sie eher tödten als beleben, wenn nicht der Verstand heranhinkte, und die überflüssigen Blumen bei Seite schöbe, oder mit seiner blanken Gartenscheere abmähte. Der Verstand übt nur Ordnung, so zu sagen die Polizei im Reiche der Kunst. Im Leben ist er meistens ein kalter Kalkulator, der unsere Thorheiten addirt; ach! manchmal ist er nur der Fallitenbuchhalter des gebrochenen Herzens, der das Defizit ruhig ausrechnet.

Der große Irrthum besteht immer darin, daß der Kritiker die Frage aufwirft: was soll der Künstler? Viel richtiger wäre die Frage: was will der Künstler, oder gar, was muß der Künstler? Die Frage, was soll der Künstler? entstand durch jene Kunstphilosophen, die, ohne eigene Poesie, sich Merkmale der verschiedenen Kunstwerke abstrahirten, nach dem Vorhandenen eine Norm für alles Zukünftige feststellten, und Gattungen schieden, und Definizionen und Regeln ersannen. Sie wußten nicht, daß alle solche Abstraktionen nur allenfalls zur Beurtheilung des Nachahmervolks nüßlich sind, daß aber jeder Originalkünstler und gar jedes neue Kunstgenie nach seiner eigenen mitgebrachten Aesthetik beurtheilt werden muß. Negeln und sonstige alte Lehren sind bei solchen Geistern noch viel weniger anwendbar. Für junge Riesen, wie Menzel sagt, gibt es keine Fechtkunst, denn sie schlagen ja doch alle Paraden durch. Jeder Genius muß studirt, und nur nach dem beurtheilt werden, was er selbst will. Hier gilt nur die Beantwortung der Fragen: hat er die Mittel seine Idee auszuführen? hat er die richtigen Mittel angewendet? Hier ist fester Boden. Wir modeln nicht mehr an der fremden Erscheinung nach unsern subjektiven Wünschen, sondern wir verständigen uns über die gottgegebenen Mittel, die dem Künstler zu Gebote stehen bei der Veranschaulichung seiner Idee. In den rezitirenden Künsten bestehen diese Mittel in Tönen und Worten. In den darstellenden Künsten bestehen sie in Farben und Formen. Töne und Worte, Farben und Formen, das Erscheinende überhaupt, sind jedoch nur Symbole der Idee, Symbole, die in dem Gemüthe des Künstlers aufsteigen, wenn es der heilige Weltgeist bewegt, seine Kunstwerke sind nur Symbole, wodurch er andern Gemüthern seine eigenen Ideen mittheilt. Wer

mit den wenigsten und einfachsten Symbolen das Meiste und Bedeutendste ausspricht, der ist der größte Künstler.

Es dünkt mir aber des höchsten Preises werth, wenn die Symbole, womit der Künstler seine Idee ausspricht, abgesehen von ihrer innern Bedeutsamkeit, noch außerdem an und für sich die Sinne erfreuen, wie Blumen eines Selams, die, abgesehen von ihrer geheimen Bedeutung, auch an und für sich blühend und lieblich sind und verbunden zu einem schönen Strauße. Ist aber solche Zusammenstimmung immer möglich? Ist der Künstler so ganz willensfrei bei der Wahl und Verbindung seiner geheimnißvollen Blumen ? Oder wählt und verbindet er nur, was er muß? Ich bejahe diese Frage einer mystischen Unfreiheit. Der Künstler gleicht jener schlafwandelnden Prinzessin, die des Nachts in den Gärten von Bagdad, mit tiefer Liebesweisheit, die sonderbarsten Blumen pflückte und zu einem Selam verband, dessen Bedeutung sie selbst gar nicht mehr wußte, als sie erwachte. Da saß sie nun des Morgens in ihrem Harem, und betrachtete den nächtlichen Strauß, und sann darüber nach, wie über einen vergessenen Traum, und schickte ihn endlich dem geliebten Kalifen. Der feiste Eunuch, der ihn überbrachte, ergößte sich sehr an den hübschen Blumen, ohne ihre Bedeutung zu ahnen. Harun Alradschid aber, der Beherrscher der Gläubigen, der Nachfolger des Propheten, der Besizer des salomonischen Nings, dieser erkannte gleich den Sinn des schönen Straußes, sein Herz jauchzte vor Freude, und er küßte jede Blume, und ei lachte, daß ihm die Thränen herabliefen in den langen Bart.

Ich bin kein Nachfolger des Propheten, und besize auch nicht den Ning des · Salomonis, und habe auch keinen langen Bart, aber ich darf dennoch behaupten, daß ich den schönen Selam, den uns Decamps aus dem Morgenlande mitgebracht, noch immer besser verstehe als alle Eunuchen mitsammt ihrem Kislar Aga, dem großen Oberkenner, dem vermittelnden Zwischenläufer im Harem der Kunst. Das Geschwäge solcher verschnittenen Kennerschaft wire mir nachgerade unerträglich, besonders die herkömmlichen Nedensarten unt der wohlgemeinte gute Rath für junge Künstler, und gar das leidige Verweisen auf die Natur und wieder die liebe Natur.

In der Kunst bin ich Supernaturalist. Ich glaube, daß der Künstler nicht alle seine Typen in der Natur auffinden kann, sondern daß ihm die bedeutendsten Typen, als eingeborene Symbolik eingeborener Ideen, gleichsam in der Seele geoffenbart werden. Ein neuer Aesthetiker, welcher,,italienische Forschungen" geschrieben, hat das alte Prinzip von der Nachahmung der Natur wieder mundgerecht zu machen gesucht, indem er behauptete: der bildende Künstler müsse alle seine Typen in der Natur finden. Dieser Aesthetiker hat, indem er solchen obersten Grundsaß für die bildenden Künste aufstellte, `an eine der ursprünglichsten dieser Künste gar nicht gedacht, nämlich an die Ar

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