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von der barmherzigen Brüderschaft zu Grabe getragen wird. Leßtere, ganz schwarz vermummt, in der schwarzen Kappe nur zwei Löcher für die Augen, die unheimlich herauslugen, schreitet dahin wie ein Gespensterzug. Auf einer Bank, im Vordergrunde, dem Beschauer entgegen, sißt der Vater, die Mutter und der junge Bruder des Verstorbenen. Aermlich gekleidet, tiefbekümmert, gesenkten Hauptes und mit gefalteten Händen sißt der alte Mann in der Mitte zwischen dem Weibe und dem Knaben. Er schweigt; denn es giebt keinen größeren Schmerz in dieser Welt, als den Schmerz eines Vaters, wenn er, gegen die Sitte der Natur, sein Kind überlebt. Die gelbbleiche Mutter scheint verzweiflungsvoll zu jammern. Der Knabe, ein armer Tölpel, hat ein Brod in den Händen, er will davon essen, aber kein Bissen will ihm munden ob des unbewußten Mitkummers, und um so trauriger ist seine Miene. Der Verstorbene scheint der älteste Sohn zu sein, die Stüße und Zierde der Familie, korinthische Säule des Hauses: und jugendlich blühend, anmuthig und fast lächelnd liegt er auf der Bahre, so daß in diesem Gemälde das Leben trüb, häßlich und traurig, der Tod aber unendlich schön erscheint, ja anmuthig und fast lächelnd.

Der Maler, der so schön den Tod verklärt, hat jedoch das Leben noch weit herrlicher darzustellen gewußt: sein großes Meisterwerk,,,die Schnitter," ist gleichsam die Apotheose des Lebens; bei dem Anblick desselben vergißt man, daß es ein Schattenreich giebt und man zweifelt, ob es irgendwo herrlicher und lichter sei, als auf dieser Erde.,,Die Erde ist der Himmel und die Menschen sind heilig durchgöttert,“ das ist die große Offenbarung, die mit seligen Farben aus diesem Bilde leuchtet. Das Pariser Publikum hat dieses gemalte Evangelium besser aufgenommen, als wenn der heilige Lukas es geliefert hätte. Die Pariser haben jezt gegen leztern sogar ein allzuungünstiges Vorurtheil.

Eine öde Gegend der Romagna im italienisch blühendsten Abendlichte erblicken wir auf dem Robert'schen Gemälde. Der Mittelpunkt desselben ist ein Bauerwagen, der von zwei großen, mit schweren Ketten geschirrten Büffeln gezogen wird, und mit einer Familie von Landleuten beladen ist, die eben Halt machen will. Rechts sizen Schnitterinnen neben ihren Garben und ruhen aus von der Arbeit, während ein Dudelsackpfeifer musicirt und ein lustiger Gesell zu diesen Tönen tanzt, seelenvergnügt, und es ist als hörte man die Melodie und die Worte:

Damigella, tutta bella,
Versa, versa il bel vino!

Links kommen ebenfalls Weiber mit Fruchtgarben, jung und schön, Blumen, belastet mit Aehren; auch kommen von derselben Seite zwei junge Schnitter, wovon der Eine etwas wollüstig schmachtend mit zu Boden gesenktem Blick ein

herschwankt, der Andere aber, mit aufgehobener Sichel, in die Höhe jubelt. Zwischen den beiden Büffeln des Wagens steht ein stämmiger, braunbrustiger Bursche, der nur der Knecht zu sein scheint und stehend Sieste hält. Oben auf dem Wagen, an der einen Seite, liegt, weich gebettet, der Großvater, ein milder, erschöpfter Greis, der aber vielleicht geistig den Familienwagen lenkt z an der andern Seite erblickt man dessen Sohn, einen kühnruhigen, männlichen Mann, der mit untergeschlagenem Beine auf dem Rücken des einen Büffels sizt und das sichtbare Zeichen des Herrschers, die Peitsche, in den Händen hat; etwas höher auf dem Wagen, fast erhaben, steht das junge schöne Eheweib des Manncs, ein Kind im Arm, eine Nose mit einer Knospe, und neben ihr steht eine ebenso holdblühende Jünglingsgestalt, wahrscheinlich der Bruder, der die Leinwand der Zeltstange eben entfalten will. Da das Gemälde, wie ich höre, jezt gestochen wird und vielleicht schon nächsten Monat als Kupferstich nach Deutschland reist, so erspare ich mir jede weitere Beschreibung. Aber ein Kupferstich wird eben so wenig wie irgend eine Beschreibung den eigentlichen Zauber des Bildes aussprechen können. Dieser besteht im Kolorit. Die Gestalten, die sämmtlich dunkler sind als der Hintergrund, werden durch den Wiederschein des Himmels so himmlisch beleuchtet, so wunderbar, daß sie an und für sich in freudigst hellen Farben erglänzen, und dennoch alle Conturen sich streng abzeichnen. Einige Figuren scheinen Porträt zu sein. Doch der Maler hat nicht, in der dummehrlichen Weise mancher seiner Kollegen, die Natur nachgepinselt und die Gesichter diplomatisch genau abgeschrieben; sondern, wie ein geistreicher Freund bemerkte, Robert hat die Gestalten, die ihm die Natur geliefert, erst in sein Gemüth aufgenommen, und wie die Seelen im Fegfeuer, die dort nicht ihre Individualität, sondern ihre irdischen Schlacken einbüßen, ehe sie selig hinaufsteigen in den Himmel, so wurden jene Gestalten in der glühenden Flammentiefe des Künstlergemüthes so fegfeurig gereinigt und geläutert, daß sie verklärt emporstiegen in den Himmel der Kunst, wo ebenfalls ewiges Leben und ewige Schönheit herrscht, wo Venus und Maria niemals ihre Anbeter verlieren, wo Romeo und Julie nimmer sterben, wo Helena wig jung bleibt und Hekuba wenigstens nicht älter wird.

In der Farbengebung des Robertschen Bildes erkennt man das Studium des Raphael. An diesen erinnert mich ebenfalls die architektonische Schönheit der Gruppirung. Auch einzelne Gestalten, namentlich die Mutter mit dem Kinde, ähneln den Figuren auf den Gemälden des Raphael, und zwar aus feiner Vorfrühlingsperiode, wo er noch die strengen Typen des Perugino, zwar fonderbar treu, aber doch holdselig gemildert, wiedergab.

Es wird mir nicht einfallen, zwischen Robert und dem größten Maler der katholischen Weltzeit eine Parallele zu ziehen. Aber ich kann doch nicht umhin, ihre Verwandtschaft zu gestehen. Es ist indessen nur eine materielle For

menverwandtschaft, nicht eine geistige Wahlverwandtschaft. Raphael ist ganz gedrängt von katholischem Christenthum, einer Neligion, die den Kampf des Geistes mit der Materie, oder des Himmels mit der Erde ausspricht, eine Unterdrückung der Materie beabsichtigt, jeden Protest derselben eine Sünde nennt, und die Erde vergeistigen oder vielmehr die Erde dem Himmel aufopfern möchte. Robert gehört aber einem Volke an, worin der Katholizismus erloschen ist. Denn, beiläufig gesagt, der Ausdruck der Charte, daß der Katholizismus die Religion der Mehrheit des Volkes sei, ist nur eine französische Galanterie gegen Notre Dame de Paris, die ihrerseits wieder mit gleicher Höflichkeit die drei Farben der Freiheit auf dem Haupte trägt, eine Doppelheuchelei, wogegen die rohe Menge etwas unförmlich protestirte, als sie jüngst die Kirchen demolirte und die Heiligenbilder in der Seine schwimmen lehrte. Robert ist ein Franzose, und er, wie die meisten seiner Landsleute, huldigt unbewußt einer noch verhüllten Doktrin, die von einem Kampfe des Geistes mit der Materie nichts wissen will, die dem Menschen nicht die sichern irdischen Genüsse verbietet unk dagegen desto mehr himmlische Freuden ins Blaue hinein verspricht, die den Menschen vielmehr schon auf dieser Erde beseligen möchte, und die sinnliche Welt eben so heilig achtet wie die geistige;,,denn Gott ist alles, was da ist.“ Roberts Schnitter sind daher nicht nur fündenlos, sondern sie kennen keine Sünde, ihr irdisches Tagwerk ist Andacht, sie beten beständig, ohne die Lippen zu bewegen, sie sind selig ohne Himmel, versöhnt ohne Opfer, rein ohne beständiges Abwaschen, ganz heilig. Daher wenn auf katholischen Bildern nui die Köpfe, als der Siz des Geistes, mit einem Heiligenschein umstrahlt sind und die Vergeistigung dadurch symbolisirt wird, so sehen wir dagegen auf dem Robertschen Bilde auch die Materie verheiligt, indem hier der ganze Mensch, der Leib eben so gut, wie der Kopf, vom himmlischen Lichte, wie von einer Glorie, umflossen ist.

Aber der Katholizismus ist im neuen Frankreich nicht blos erloschen, sondern er hat hier auch nicht einmal einen rückwirkenden Einfluß auf die Kunst, wie in unserem protestantischen Deutschland, wo er durch die Poesie, die jeder Vergangenheit inwohnt, eine neue Geltung gewonnen. Es ist vielleicht bei den Franzosen ein stiller Nachgrimm, der ihnen die katholischen Traditionen verleidet, während für alle andern Erscheinungen der Geschichte ein gewaltiges Interesse bei ihnen auftaucht. Diese Bemerkung kann ich durch eine Thatsache beweisen, die sich eben wieder durch jene Bemerkung erklären läßt. Die Zahl der Gemälde, worauf chriftliche Geschichten, sowohl des alten Testaments als des neuen, sowohl der Tradition als der Legende, dargestellt sind, ist im dießjährigen Salon so gering, daß manche Unter-Unterabtheilungen einer weltlichen Gattung weit mehr Stücke geliefert, und wahrhaftig bessere Stücke. Nach genauer Zählung finde ich unter den dreitausend Nummern des Kata

logs nur neunundzwanzig jener heiligen Gemälde verzeichnet, während allein schon derjenigen Gemälde, worauf Scenen aus Walter Scotts Romanen dargestellt sind, über dreißig gezählt werden. Ich kann also, wenn ich von französischer Malerei rede, gar nicht mißverstanden werden, wenn ich die Ausdrücke ,,historische Gemälde“ und „,historische Schule“ in ihrer natürlichsten Bedeutung gebrauche.

Delaroche

ist der Chorführer einer solchen Schule. Dieser Maler hat keine Vorliebe für die Vergangenheit selbst, sondern für ihre Darstellung, für die Veranschaulichung ihres Geistes, für Geschichtschreibung mit Farben. Diese Neigung zeigt sich jezt bei dem größten Theile der französischen Maler: der Salon war erfüllt mit Darstellungen aus der Geschichte, und die Namen Deveria, Steuber und Johannot verdienen hier die ausgezeichnetste Erwähnung.

Delaroche, der große Historienmaler, hat vier Stücke zur diesjährigen Ausstellung geliefert. Zwei derselben beziehen sich auf die französische, die zwei andern auf die englische Geschichte. Die beiden ersten sind gleich kleinen Umfangs, fast wie sogenannte Kabinetstücke, und sehr figurenreich und pittoresk. Das eine stellt den Kardinal Nichelieu vor,,,der sterbekrank von Tarascon die Nhone hinauffährt und selbst, in einem Kahne, der hinter seinem eigenen Kahne befestigt ist, den Cinq-Mars und den de Thou nach Lyon führt, um sie dort köpfen zu lassen.“ Zwei Kähne, die hintereinander fahren, sind zwar eine unkünstlerische Konzeption ; doch ist sie hier mit vielem Geschick behandelt. Die Farbengebung ist glänzend, ja blendend, und die Gestalten schwimmen fast im strahlenden Abendgold. Dieses kontrastirt um so wehmüthiger mit dem Geschick, dem die drei Hauptfiguren entgegenfahren. Die zwei blühenden Jünglinge werden zur Hinrichtung geschleppt und zwar von einem sterbenden Greise. Wie buntgeschmückt auch diese Kähne sind, so schiffen sie doch hinab ins Schattenreich des Todes. Die herrlichen Goldstrahlen der Sonne sind nur Scheidegrüße, es ist Abendzeit, und sie muß ebenfalls untergehen; sie wird nur noch einen blutrothen Lichtstreif über die Erde werfen, und dann ist alles Nacht.

Eben so farbenglänzend und in seiner Bedeutung eben so tragisch ist das historische Seitenstück, das ebenfalls einen sterbenden Kardinal-Minister, den Mazarin, darstellt. Er liegt in einem bunten Prachtbette, in der buntesten Umgebung von lustigen Hofleuten und Dienerschaft, die mit einander schwagen und Karten spielen und umherspazieren, lauter farbenschillernde, überflüssige Personen, am überflüssigsten für einen Mann, der auf dem Todtenbette liegt. Hübsche Costüme aus der Zeit der Fronde, noch nicht überladen mit Goldtroddeln, Stickereien, Bändern und Spizen, wie in Ludwig XIV. späterer Prachtzeit, wo die lezten Ritter sich in hoffähige Cavaliere verwandelten, ganz in der Weise, wie auch das alte Schlachtschwert sich allmählig verfeinerte, bis Heine. III.

es endlich ein alberner Galanteriedegen wurde. Die Trachten auf dem Gemälde, wovon ich spreche, sind noch einfach, Rock und Koller erinnern noch an das ursprüngliche Kriegshandwerk des Adels, auch die Federn auf dem Hute sind noch keck und bewegen sich noch nicht ganz nach dem Hofwind. Die Haare der Männer wallen noch in natürlichen Locken über die Schulter und die Damen tragen die wißige Frisur à la Sevigné. Die Kleider der Damen melden indeß schon einen Uebergang in die langschleppende, weitaufgebauschte Abgeschmacktheit der späteren Periode. Die Korsets sind aber noch naiv zierlich, und die weißen Reize quillen daraus hervor, wie Blumen aus einem Füllhorn. Es sind lauter hübsche Damen auf dem Bilde, lauter hübsche Hofmasken: auf den Gesichtern lächelnde Liebe, und vielleicht grauer Trübsinn im Herzen, die Lippen unschuldig, wie Blumen, und dahinter ein böses Zünglein, wie die kluge Schlange. Tändelnd und zischelnt sizen drei dieser Damen, neben ihnen ein feinöhriger, spißäugiger Priester mit lauschender Nase, vor der linken Seite des Krankenbettes. Vor der rechten Seite sizen drei Chevaliers und eine Dame, die Karten spielen, wahrscheinlich Landsknecht, ein sehr gutes Spiel, das ich selbst in Göttingen gespielt und worin ich einmal sechs Thaler gewonnen. Ein edler Hofmann in einem dunkelvioletten, rothbekreuzten Sammetmantel steht in der Mitte des Zimmers und macht die kraßfüßigste Verbeugung. Am rechten Ende des Gemäldes ergehen sich zwei Hofdamen und ein Abbé, welcher der einen ein Papier zu lesen giebt, vielleicht ein Sonnet von eigner Fabrik, während er nach der andern schielt. Diese spielt hastig mit ihrem Fächer, dem luftigen Telegraphen der Liebe. Beide Damen sind allerliebste Geschöpfe, die eine morgenröthlich blühend wie eine Nose, die andere etwas dämmerungssüchtig, wie ein schmachtender Stern. Im Hintergrund des Gemäldes sißt ebenfalls schwaßendes Hofgesinde und erzählt einander vielleicht allerlei Staatsunterrocksgeheimnisse oder wettet vielleicht, daß der Mazarin in einer Stunde tødt sei. Mit diesem scheint es wirklich zu Ende zu gehen; sein Gesicht ist leichenblaß, sein Auge gebrochen, seine Nase bedenklich spiß, in seiner Seele erlischt allmählig jene schmerzliche Flamme, die wir Leben nennen, in ihm wird es dunkel und kalt, der Flügelschlag des nächtlichen Engels berührt schon seine Stirne;— in diesem Augenblicke wendet sich zu ihm die spielende Dame, und zeigt ihm ihre Karten, und scheint ihn zu fragen, ob sie mit ihrem Coeur trumpfen soll ?

Die zwei andern Gemälde von Delaroche geben Gestalten aus der englischen Geschichte. Sie sind in Lebensgröße und einfacher gemalt. Das eine zeigt die beiden Prinzen im Tower, die Richard III. ermorden läßt. Der junge König und sein jüngerer Bruder sizen auf einem alterthümlichen Ruhebette, und gegen die Thüre des Gefängnisses läuft ihr kleines Hündchen, das durch Bellen die Ankunft der Mörder zu verrathen scheint. Der junge König, noch

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