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Notiz.

Den „Salon,“ der in der Campe’jchen Ausgabe vier Bände füllt, geben wir vollständig in einem Bande, mit Hinweglassung derjenigen Gedichte, welche schon im Buch der Lieder und in den neuen Liedern enthalten sind.

Die Vorreden, welche Heine den drei ersten Bänden der Campe’schen Ausgabe vorausgeschickt hat, sind in unserer Edition betreffenden Ortes ein. geschaltet.

Philadelphia, im Mai 1855.

Der Verleger.

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Vorrede

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ersten Bande der Campe'schen Ausgabe des Salons,

enthaltend

„Französische Maler,“ und „Aus den Memoiren des Herrn von Schnabelewopski."

1.

,,Ich rathe Euch, Gevatter, laßt mich auf Eur Schild keinen goldenen Engel, sondern einen rothen Löwen malen; ich bin mal dran gewöhnt, und ihr werdet sehen, wenn ich Euch auch einen goldenen Engel male, so wird er doch wie ein rother Löwe aussehn.“

Diese Worte eines ehrsamen Kunstgenossen soll gegenwärtiges Buch an der Stirne tragen, da sie jedem Vorwurf, der sich tagegen auffinden ließe, im Voraus und ganz eingeständig begegnen. Damit alles gesagt sei, erwähne ich zugleich, daß dieses Buch, mit geringen Ausnahmen, im Sommer und Herbst 1831 geschrieben worden, zu einer Zeit, wo ich mich meistens mit den Cartons zu künftigen rothen Löwen beschäftigte. Um mich her war damals viel Gebrülle und Störniß jeder Art.

Bin ich nicht heute sehr bescheiden?

Ihr könnt Euch darauf verlassen, die Bescheidenheit der Leute hat immer ihre guten Gründe. Der liebe Gott hat gewöhnlich die Ausübung der Bescheidenheit und ähnlicher Tugenden den Seinen sehr erleichtert. Es ist 3. B. leicht, daß man seinen Feinden verzeiht, wenn man zufällig nicht so viel Geist besizt, um ihnen schaden zu können, so wie es auch leicht ist keine Weiber zu verführen, wenn man mit einer allzuschäbigen Nase gesegnet ist. Die Scheinheiligen von allen Farben werden über manches Gedicht in diesem Buche wieder sehr tief seufzen aber es kann ihnen nichts mehr helfen. Ein zweites,,nachwachsendes Geschlecht" hat eingesehen, daß all mein Wort und *Lied aus einer großen, gottfreudigen Frühlingsidee emporblühte, die wo nicht besser, doch wenigstens eben so respektabel ist, wie jene triste, modrige Aschermittwochsidee, die unser schönes Europa trübselig entblumt und mit Gespenstern und Tartüffen bevölkert hat. Wogegen ich einst mit leichten Waffen frondirte, wird jezt ein offener ernster Krieg geführt — ich stehe sogar nicht mehr in den ersten Reihen.

Gott lob! die Revoluzion des Julius hat die Zungen gelöst, die so lange stumm geschienen; ja, da die plößlich Erweckten alles was sie bis dahin verschwiegen auf eirmal offenbaren wollten, so entstand viel Geschrei, welches mir

mitunter gar unerfreulich die Ohren betäubte. Ich hatte manchmal nicht übel Lust das ganze Sprechamt aufzugeben: doch das ist nicht so leicht thunlich wie etwa das Aufgeben einer geheimen Staatsrathstelle, obgleich leztere mehr einbringt als das beste öffentliche Tribunat. Die Leute glauben, unser Thun und Schaffen sei eitel Wahl, aus dem Vorrath der neuen Ideen griffen wir eine heraus für die wir sprechen und wirken, streiten und leiden wollten, wie etwa sonst ein Philolog sich seinen Klassiker auswählte, mit dessen Commentirung er sich sein ganzes Leben hindurch beschäftigte -nein, wir ergreifen keine Idee, sondern die Idee ergreift uns, und knechtet uns, nd peitscht uns in die Arena hinein, daß wir, wie gezwungene Gladiatoren, fur sie kämpfen. So ist es mit jedem ächten Tribunat oder Apostolat. Es war ein wehmüthiges Geständniß, wenn Amos sprach zu König Amazia, ich bin kein Prophet, noch keines Propheten Sohn, sondern ich bin ein Kuhhirt, der Macbeeren ablieset; aber der Herr nahm mich von der Schaafheerde und sprach zu mir, gehe hin und weißsage. Es war ein wehmüthiges Geständniß, wenn der arme Mönch der, vor Kaiser und Reich, zu Worms, angeklagt stand, ob sciner Lehre, dennoch, troß aller Demuth seines Herzens, jeden Widerruf für unmöglich erklärte, und mit den Worten schloß: bier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir, Amen!

Wenn Ihr diese heilige Zwingnisse fenntet, Ihr würdet uns nicht mehr schelten, nicht mehr schmähen, nicht mehr verläumden — wahrlich, wir sind nicht die Herren, sondern die Diener des Wortes. Es war ein wehmüthiges Geständniß, wenn Marimilian Nobesvierre sprach: ich bin ein Sklave der Freiheit.

Und auch ich will jezt Geständnisse machen. Es war nicht eitel Lust meines Herzens, daß ich alles verließ was mir Theures im Vaterland blühte und lächelte mancher liebte mich dort, z. B. meine Mutter aber ich ging, ohne zu wissen warum ; ich ging weil ich mußte. Nachher ward mir sehr müde zu Muthe; so lange vor den Juliustagen hatte ich das Prophetenamt getrieben, daß das innere Feuer mich schier verzehrt, daß mein Herz von den gewaltigen Worten, die daraus hervorgebrochen, so matt geworden, wie der Leib einer Gebährerin

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Ich dachte habt meiner nicht mehr nöthig, will auch einmal für mich selber leben, und schöne Gedichte schreiben, Commödien und Novellen, zärtliche und heitere Gedankenspiele, die sich in meinem Hirnkasten angesammelt, und will mich wieder ruhig zurückschleichen in das Land der Poesie, wo ich als Knabe Je glücklich gelebt.

Und keinen Ort hätte ich wählen können, wo ich besser im Stande war, diesen Vorsaß in Ausführung zu bringen. Es war auf einer kleinen Villa dicht am Meer, nahe bei Havre-de-Grace, in der Normandie. Wunderbar schöne

Aussicht auf die große Nordsee; ein ewig wechselnder und doch einfacher Anblick; heute grimmer Sturm, morgen schmeichelnde Stille; und drüberhin die weißen Wolkenzüge, riesenhaft und abentheuerlich, als wären es die spufenden Schatten jener Normanen, die einst auf diesen Gewässern ihr wildes Wefon getrieben. Unter meinem Fenster aber blühten die lieblichsten Blumen und Pflanzen: Rosen, die liebesüchtig mich anblickten, rothe Nelken mit verschämt bittenden Düften, und Lorbeeren, die an die Mauer zu mir heraufrankten, fast bis in mein Zimmer hereinwuchsen, wie jener Ruhm, der mich verfolgt. Ja, einst lief ich schmachtend hinter Daphne einher, jezt läuft Daphne nach mir, wie eine Meze, und drängt sich in mein Schlafgemach. Was ich einst begehrte, ist mir jezt unbequem, ich möchte Nuhe haben, und wünschte, daß kein Mensch von mir spräche, wenigstens in Deutschland. Und stille Lieder wollte ich dichten, und nur für mich, oder allenfalls um sie irgend einer verborgenen Nachtigall vorzulesen. Es ging auch im Anfang, mein Gemüth ward wieder umfriedet von dem Geiste der Dichtkunst, wohlbekannte edle Gestalten und goldne Bilder dämmerten wieder empor in meinem Gedächtnisse, ich ward wieder so traumselig, so mährchentrunken, so verzaubert wie ehemals, und ich brauchte nur mit ruhiger Feder alles aufzuschreiben, was ich eben fühlte und dachte — ich begann.

Nun aber weiß jeder, daß man bei solcher Stimmung nicht immer ruhig im Zimmer sizen bleibt, und manchmal mit begeistertem Herzen und glühenden Wangen ins freie Feld läuft, ohne auf Weg und Steg zu achten. So ergings auch mir, und ohne zu wissen wie, befand ich mich plößlich auf der Landstraße von Havre, und vor mir her zogen, hoch und langsam, mehre große Bauerwagen, bepackt mit allerlei ärmlichen Kisten und Kasten, altfränkischem Hausgeräthe, Weibern und Kindern. Nebenher gingen die Männer, und nicht gering war meine Ueberraschung, als ich sie sprechen hörte — sie sprachen Deutsch, in schwäbischer Mundart. Leicht begriff ich, daß diese Leute Auswanderer waren, und als ich sie näher betrachtete, durchzuckte mich ein jäheë Gefühl, wie ich es noch nie in meinem Leben empfunden, alles Blut stieg mir plößlich in die Herzkammern und klopfte gegen die Nippen, als müsse es heraus aus der Brust, als müsse es so schnell als möglich heraus, und der Athem stockte mir in der Kehle. Ja, es war das Vaterland selbst das mir begegnete, auf jenen Wagen saß das blonde Deutschland, mit seinen ernstblauen Augen, feinen traulichen, allzubedächtigen Gesichtern, in den Mundwinkeln noch jene kümmerliche Beschränktheit, über die ich mich einst so sehr gelangweilt und geärgert, die mich aber jezt gar wehmüthig rührte denn hatte ich einst in der blühenden Lust der Jugend, gar oft die heimathlichen Verkehrtheiten und Philistereien verdrießlich durchgehechelt, hatte ich einst mit dem glücklichen, bürgermeisterlich gehäbigen, schneckenhaft trägen Vaterlande manchmal einen kleinen

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Haushader zu bestehen, wie er in großen Familien wohl vorfallen kanu: sø war dech all dergleichen Erinnerung in meiner Seele erloschen, als ich das Vaterland in Elend erblickte, in der Fremde, im Elend; selbst seine Gebrechen wurden mir plöglich theuer und werth, selbst mit seinen Krähwinkeleien war ich ausgesöhnt, und ich drückte ihm die Hand, ich drückte die Hand jener deutschen Auswanderer, als gäbe ich dem Vaterland selber den Handschlag eines erneuten Bündnisses der Liebe, und wir sprachen Deutsch. Die Menschen waren ebenfalls sehr froh auf einer fremden Landstraße diese Laute zu vernehmen; die besorglichen Schatten schwanden von ihren Gesichtern, und sie lächelten beinahe. Auch die Frauen, worunter manche recht hübsch, riefen mir ihr gemüthliches,,Griesch di Gott!“ vom Wagen herab, und die jungen Bükli grüßten erröthend höflich, und die ganz kleinen Kinder jauchzten mich an, mit ihren zahnlosen lieben Mündchen. Und warum habt Ihr denn Deutschland verlassen? fragte ich diese armen Leute. Das Land ist gut und wären gern dageblieben, antworteten sie, aber wir konntens nicht länger aushalten –

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Nein, ich gehöre nicht zu den Demagogen, die nur die Leidenschaften aufregen wollen, und ich will nicht alles wiedererzählen was ich auf jener Landstraße, bei Havre, unter freiem Himmel, gehört habe über den Unfug der hochnobeln und allerhöchst nobeln Sippschaften in der Heimath — auch lag die größere Klage nicht im Wort selbst, sondern im Ton womit es schlicht und grad gesprochen, oder vielmehr geseufzt wurde. Auch jene armen Leute waren keine Demagogen; die Schlußrede ihrer Klage war immer: was sollten wir thun? sollten wir eine Revoluzion anfangen?

Ich schwöre es bei allen Göttern des Himmels und der Erde, der zehnte Theil von dem was jene Leute in Deutschland erduldet haben, hätte in Frankreich sechsunddreißig Revoluzionen hervorgebracht und sechsunddreißig Königen die Krone mitsammt dem Kopf gekostet.

Und wir hätten es doch noch ausgehalten und wären nicht fortgegangen, bemerkte ein achtzigjähriger, also doppeltvernünftiger Schwabe, aber wir thaten es wegen der Kinder. Die sind noch nicht so stark wie wir an Deutschland gewöhnt, und können vielleicht in der Fremde glücklich werden; freilich, in Afrika werden sie auch manches ausstehen müssen.

Diese Leute gingen nemlich nach Algier, wo man ihnen, unter günstigen Bedingungen, eine Strecke Landes zur Colonisirung versprochen hatte. Tas Land soll gut sein, sagten sie, aber wie wir hören, giebt es dort viele giftige Schlangen, die sehr gefährlich, und man hat dort viel auszustehen von den Affen, die die Früchte vom Felde naschen, oder gar die Kinder stehlen und mit sich in die Wälder schleppen. Das ist grausam. Aber zu Hause ist der Amtmann auch giftig, wenn man die Steuer nicht bezahlt, und das Feld wird einem von Wildschaden und Jagd noch weit mehr ruinirt, und unsere Kinder

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