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Einleitung.

In der am 20. April zu Bonn abgehaltenen Delegirten-Versammlung wurde auf Grund einer von Constanz aus ergangenen Einladung beschlossen, auf den 12. bis 14. September nach dieser Stadt den dritten Altkatholiken-Congreß einzuberufen, die localen Arrangements dem dortigen Localverein zu überlassen, die übrigen Vorarbeiten aber in folgender Weise zu vertheilen: die Vorlagen theologisch-canonistischer Art sind von der auf dem vorigjährigen Congreß gewählten sogenannten Bischofscommission vorzubereiten und darauf bezügliche Anträge an den Vorsitzenden dieser Commission, Herrn Geheimerath Prof. v. Schulte zu Bonn einzusenden; die Vorberathung juristisch-politischer Materien wird dem Central-Comité in Köln, die Vorberathung der auf die Organisation und Agitation bezüglichen Fragen dem CentralComité in München übertragen und sind die betreffenden Anträge an den Vorsitzenden des Kölner Comité's, Herrn Oberregierungsrath Wülffing, beziehungsweise den Sekretär des Münchener Comité's, Herrn Dr. Zirngiebl, einzusenden. Bei dem Münchener CentralComité wurden zwei Anträge eingereicht, einer von Herrn Professor Meßmer in München, einer von dem altkatholischen Verein zu Crefeld; beide wurden dem Congreß gedruckt vorgelegt. Der erste wurde zurückgezogen, der zweite angenommen (f. unter den Beschlüssen des Congresses Nro. IV). Bei dem Kölner Central-Comité und bei der Bischofscommission liefen keine Anträge ein. Dagegen legte die am 4. Juni zu Köln gewählte Synodal-Repräsentanz außer dem Entwurfe einer Synodal- und Gemeinde-Ordnung dem Congresse noch zwei Anträge vor, welche von dem Congresse angenommen wurden (s. unter den Beschlüssen Nro. I, II und III).

Alikatholiken-Congreß.

Die Einladung des Münchener Central-Comité's zu dem Congreß wurde in Nro. 27 des „deutschen Merkurs" und in mehreren Zeitungen veröffentlicht. Eine Anzahl von hervorragenden Persönlichkeiten nichtkatholischer Confession in Deutschland und im Auslande wurde von Seiten des Comité's brieflich eingeladen, den Verhandlungen des Congresses als Gäste beizuwohnen; außerdem wurden Manchen auf ihren Wunsch und auf die Empfehlung einzelner Delegirten Eintrittskarten eingehändigt, die zur Anwesenheit bei allen öffentlichen und geschlossenen Versammlungen berechtigten.

Es sind im Ganzen 299 Karten für Delegirte oder stimmberechtigte Mitglieder und für Gäste des Congresses ausgegeben worden. Zu den beiden öffentlichen Versammlungen wurden keine Eintrittskarten ausgegeben.

Die Delegirten-Versammlungen fanden am 12. September Vormittags und Nachmittags und am 13. September Vormittags im Theatersaale, die öffentlichen Versammlungen am 13. und 14. September Nachmittags im Conciliumssaale statt.

Am Sonntag 14. September wurde in der Augustiner-Kirche von dem Pfarrer Thürlings aus Kempten ein Hochamt celebrirt; nach dem Evangelium hielt der Herr Bischof Dr. Reinkens die Predigt. Am 13. September fand im Conciliumsfaale ein gemeinschaftliches Abendessen statt; am 15. machten viele Theilnehmer des Congresses auf dem Salondampfer „Kaiser Wilhelm" eine Rundfahrt auf dem Bodensee.

Am 11. September Abends 8 Uhr wurde im Conciliumssaale eine Vor-Versammlung gehalten.

Staatsanwalt Fieser, Präsident des Constanzer Comite's, begrüßte in warmen Worten die von auswärts gekommenen Theilnehmer und hob u. A. hervor, daß es als eine günstige Vorbedeutung für den Congreß angesehen werden dürfe, daß er an dem Orte zusammentrete, wo das große Reform - Conzil getagt und der edle Bischof v. Wessenberg gewirkt habe. Er schloß mit einem Hoch auf den Bischof Reinkens, in welches die Versammlung begeistert einstimmte.

Bischof Doane von Albany hielt eine englische Anrede über die Sympathien der englisch-amerikanischen Kirche für die altkatholische Bewegung; er erwähnte, daß namentlich zwei Dinge die Bewunderung seiner Landsleute und Confessionsgenossen erregt haben: der Muth der deutschen Priester, welche sich gegen die Uebergriffe Roms erhoben und die weise Mäßigung, mit welcher die altkatholische Bewegung bei aller Entschiedenheit fortgeschritten.

Oberpriester Wassiljeff aus Petersburg drückte in deutscher Rede die Sympathien der Angehörigen der griechisch-russischen Kirche aus.

Professor Holzmann aus Heidelberg sprach als Vertreter des deutschen Protestanten-Vereines von der „chinesischen Mauer," welche Katholiken und Protestanten von einander scheide, die eine Verständigung auf dem Wege der Wissenschaft, der kirchlichen Reform und der fortschreitenden Kultur nicht ausschließe. Unter den von den Altkatholiken angestrebten Reformen sei vor Allem auf die Anerkennung des Rechtes der Laien auf Mitwirkung bei den kirchlichen Angelegenheiten Gewicht zu legen, auch darum, weil dadurch am erfolgreichsten dem religiösen Indifferentismus werde entgegengewirkt werden; es sei jezt an jeden Gebildeten die Nothwendigkeit herangetreten, sich mit den theologischen Fragen zu beschäftigen; es sei zu hoffen, daß die ernstliche und gewissenhafte Pflege der theologischen Wissenschaft durch ihre berufenen Vertreter die Confessionen einander näher bringen werde; darin seien Altkatholiken und Protestanten in Deutschland schon jezt einig, daß sie gute deutsche Patrioten und loyale Bürger des modernen Staates seien.

Abbé Michaud sprach französisch über die religiösen Zustände und Parteien in Frankreich; er hoffe, daß auf die Dauer keines der beiden Extreme, Unglaube und Indifferentismus auf der einen, Aberglaube und Fanatismus auf der andern Seite, sondern ein vernünftiger und liberaler Katholizismus auch in Frankreich werde herrschend werden. Die Bildung von altkatholischen Gemeinden sei dort für jeßt nicht möglich, da keine Kultusfreiheit bestehe und keine gottesdienstliche Versammlung von mehr als 20 Altkatholiken von der Regierung würde geduldet werden.

Dr. Heidenheim aus Zürich brachte in ähnlicher Weise wie der Bischof von Albany die Sympathien und Wünsche der anglikanischen Kirche für die Fortschritte der altkatholischen Bewegung und die Anbahnung der religiösen Einigung zum Ausdruck.

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Landammann Augustin Keller sprach u. A., nachdem Gäste aus entfernten Ländern ihre Sympathien ausgesprochen, wolle er im Namen der benachbarten Schweiz einen brüderlichen Gruß bringen. Er sei 1822 als Knabe von seinem Lehrer, einem Schüler Weffenbergs, den Concilssaal geführt worden. An dem Wagen, auf dem Hus zur Richtstätte geführt worden sein solle, habe der Lehrer ihn und seine drei Mitschüler mit bewegten Worten aufgefordert, sein Leben lang für die Wahrheit einzustehen und, wenn es sein müsse, den Tod dafür zu erleiden. Seitdem sei er jeßt zum ersten Mal wieder in Constanz.

In dieser Zeit habe die Industrie und Kultur ungeahnte Fortschritte gemacht. Auf dem geistigen Gebiete habe man versucht, der Sonne Stillstand zu gebieten; aber die Wahrheit und Freiheit können nicht unterdrückt werden und das deutsche Volk habe vor Allem den Beruf, ihnen zum Siege zu verhelfen. Dazu wirke auch der Kampf gegen päpstliche Unfehlbarkeit, Syllabus und römische Uebergriffe. Es sei fortwährend unsere Aufgabe, wie die Israeliten bei dem Tempelbau mit dem Schwerte die Feinde zu bekämpfen und zugleich an dem Aufbau des Tempels der Wahrheit zu arbeiten.

Bischof Reinkens (mit lautem Beifall empfangen) dankte im Namen der deutschen Altkatholiken für die Ausdrücke der Sympathie aus den verschiedenen Ländern und Kirchen. Die jeßige Aufregung werde unter der Einwirkung des Geistes Gottes, des Geistes der Wahrheit, der Liebe und des Friedens, zur wahren Ruhe führen und zur wahren Inter-Communion. Schließlich dankte er seinen Gesinnungsgenossen und forderte sie zum Vertrauen auf mit den Worten: Fürchte Dich nicht, Du kleine Heerde, Gott mit uns! Vorwärts!

Staatsanwalt Fieser schloß nun 101⁄2 Uhr die Versammlung mit nochmaligem Hoch auf den Bischof, worein die Anwesenden begeistert einstimmten.

Dem stenographischen Berichte über die Verhandlungen des Congresses schicken wir außer der Geschäftsordnung die sämmtlichen Beschlüsse voraus. Wo dieselben von den vorgelegten Entwürfen abweichen, ist im Texte die vom Congresse angenommene, in den Noten die ursprüngliche Fassung abgedruckt. Hinter den Beschlüssen bringen wir mehrere in dem Vortrage des Herrn Geheimerath von Schulte in der ersten Delegirten-Versammlung erwähnte Aktenstücke zum Abdruck.

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