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Bweite öffentliche Versammlung.

Sonntag den 14. September, Nachmittags 3 Uhr.

Präsident v. Schulte: Ich erlaube mir, eine Mittheilung zu machen. Die Rundfahrt findet nicht um 11 Uhr, wie es auf den grünen Karten steht, sondern um 10 Uhr statt, wie es auf den Fahrfarten gedruckt ist.

Hochverehrte Versammlung! Indem ich die heutige zweite öffentliche Sigung eröffne, gebe ich das Wort Herrn Professor Weber aus Breslau.

Professor Weber: Ansehnliche Versammlung! Einer der verehrten Redner von gestern, Herr Fürsprech Weber aus der Schweiz, hat darauf hingewiesen, daß unsere altkatholische Reformbewegung einen zweifachen Charakter, einen religiösen und einen politischen an sich trage. Derselbe Herr hat seine Ansicht weiter dahin ausgesprochen, daß es ihm scheine, als ob man in der Schweiz bis jezt mehr politische Resultate erzielt habe, während in Deutschland mehr der religiöse Charakter der Reformbewegung sei im Auge behalten worden. Wie die Sache in der Schweiz liegt, will ich in keiner Weise berühren; das aber glaube ich als eine Thatsache constatiren zu dürfen, daß in Deutschland der religiöse Charakter der Bewegung ganz vorzugsweise im Vordergrund stehe. Ferner trage ich kein Bedenken, dem verehrten Herrn Redner von gestern auch darin Recht zu geben, daß der religiöse Charakter und die auf diesem Boden zu erzielenden Resultate bei Weitem die wichtigsten und die fruchtbarsten indirect selbst für das politische Leben seien. Denn die politischen Erfolge, welche erzielt werden, müssen doch zuleht, wenn sie nachhaltig sein sollen, in dem

religiös gebildeten Gewissen des einzelnen Gläubigen ihren Grund und Boden haben. Man hat uns oft zum Vorwurfe gemacht, wir würden dahin wirken, die Autorität in Staat und Kirche zu zerstören. Wir wollen so wenig die wahre Autorität zerstören, daß wir ihr vielmehr dasjenige Fundament geben wollen, auf welches allein sich die Anerkennung aller und jeder Autorität stüßen muß, nämlich das Fundament in dem Gewissen des einzelnen Gläubigen. Wer die vatikanischen Dogmen des 18. Juli 1870, von der religiösen Seite betrachtet, nicht ablehnt, der hat nach unserem Bedünken den sichern Boden noch nicht, auf welchem er die politischen Folgen dieser Dogmen allein ablehnen kann. Wer aber religiös die Dogmen ablehnt, wer der Ueberzeugung ist, daß diese Julidogmen so wenig kirchliche Dogmen sind und jemals werden können, daß sie so wenig in Schrift und Tradition begründet find, daß durch dieselben vielmehr die klarsten Wahrheiten der heiligen Schrift und Tradition über den Haufen geworfen werden, wer dieser Ueberzeugung ist, sage ich, muß selbstverständlich auch alle politischen Consequenzen, welche mit diesen Julidogmen im Zusammenhang stehen, von sich weisen und der wird nicht in die Lage kommen können, Staatsgesehen gegenüber dann Opposition zu machen, wenn sie sich in ihrer Sphäre halten und das politische und bürgerliche Leben regeln sollen. Das ist der Boden, auf dem wir der staatlichen Autorität Gehorsam erweisen, Gehorsam, wie die Schrift sagt, nicht als Augendiener, sondern aus Gewissenhaftigkeit, weil wir wissen, daß auch die staatliche Gewalt von Gott ist. Ich habe nicht vor, die politische Tragweite und die politischen Consequenzen der Julidogmen weiter zu berühren, sondern meine Absicht geht dahin, aus dem Bilde, in welchem wir die wahre von Gott der Kirche gegebene Aufgabe erblicken, einige charakteristische Züge hervorzuheben.

Wenn man sich fragt, worin die wahre Aufgabe der Kirche Christi bestehe, so wird wohl Keiner anderer Meinung sein als der, daß dieselbe in erster Linie die vom Welterlöser gegebenen Wahrheiten und die von ihm gegründeten und angeordneten Heilsmittel nach der Absicht und dem Willen des Erlösers den Völkern fort und fort verfünden, beziehungsweise ausspenden soll. Der Zweck der Kirche fällt über dieses Leben hinaus. Sie will den Menschen mit einem Reichthum von Wahrheiten beschenken, durch welche er den rechten und einen tiefen Blick in die Beschaffenheit seiner eigenen Natur, in die Verhältnisse, in welche der Mensch zu Gott und Welt gestellt ist, thun soll. Diese höhere Erkenntniß des christlich gebildeten Geistes ist es ganz vorzugsweise, welche die Kirche als Lehrverkünderin der von Gott

geoffenbarten Wahrheiten erzielen will. Aus dieser ihrer Aufgabe geht von selbst hervor, daß in der Kirche Christi ein blinder Gehorsam niemals kann gefordert werden. Die Kirche ist ja die Lehrerin der Völker und wie könnte sie die göttlich geordnete Lehrerin sein, wenn sie nicht den Verstand erhellen, die Vernunft aufklären und den Geist zu höherer Erkenntniß führen würde? Aufgabe der Kirche ist es, die geoffenbarten Wahrheiten in möglichster Klarheit und Reinheit zur Darstellung zu bringen; sie soll in Katechese und Predigt die vom Erlöser mitgetheilten Wahrheiten in der Art verkünden, daß in dem Geiste der Zuhörer ein neues Licht aufleuchtet, welches ihren Verstand und ihre Vernunft erhellt und zu neuem Leben erweckt. Sie soll nicht die Vernunft tödten, sondern verklären und mit der unvergänglichen Wahrheit des Evangeliums beschenken. Daraus folgt von selbst, daß die Art der Lehrverkündigung, wie wir sie heutzutage so vielfach auf unseren ultramontanen Kanzeln und in unseren ultramontanen Schulen vernehmen, daß diese Lehrverkündigung, welche vorzugsweise oder doch vielfach in polemischen Ausfällen gegen Andersdenkende sich ergeht, der Kirche nicht ansteht, sowie sie auch nicht die Lehrverkündigung des Heilandes gewesen ist; seine Lehrverkündigung hatte zum Inhalte einzig und allein das große und beseligende, das einfache und doch so unendlich erhabene Wort Gottes; seine Lehrverkündigung bestand in dem Herabsteigen zu Bildern und Gleichnissen, um die ewigen Wahrheiten auch den Kleinen und Minderbegabten zugänglich zu machen; seine Lehrverkündigung zielte auf nichts als auf die Einführung der himmlischen Wahrheiten in den unsterblichen Geist des Menschen; seine Lehrverkündigung war es, dahin zu wirken, daß die Sehkraft der Vernunft und des Verstandes geschärft und ihr Gesichtskreis so erweitert würde, daß sie in das geheimnißvolle Walten Gottes in Schöpfung und Erlösung einzudringen und eine solche Ueberzeugung von der Würde und dem wahren Berufe des Menschen zu gewinnen vermöchten, die Keiner in ihnen mehr könne wankend machen. So lehrte Christus und das ist ohne Zweifel auch die Aufgabe der Kirche Christi.

Wer die altkatholische Bewegung in Deutschland überschaut, der wird auch der Ueberzeugung sein müssen, daß dieselbe diese Lehrart des Evangeliums mehr und mehr zu erreichen und im Leben auszuprägen sucht. Wir sehen, daß die religiöse Reformbewegung dahin geht, das Evangelium nicht blos zur Domäne der Geistlichen zu machen, sondern dasselbe wirklich in die Herzen aller Gläubigen zu bringen. Unsere Bewegung ist bemüht, auch den Laien ein Urtheil darüber möglich zu machen, was Christenthum und was wahre christ=

liche Lehre sei. Wir wissen, die Laien haben nicht weniger ein Anrecht auf den Himmel als wir Geistlichen. (Bravo!)

Und wenn der Sohn Gottes vom Himmel gekommen ist, um durch Aufhellung des Verstandes und durch Belehrung der Vernunft in den christlichen Wahrheiten des Einzelnen ein wahrhaft chriftliches Leben erst möglich zu machen, dann heißt es den Laien ein solches Leben unmöglich machen, wenn man sie davon abhält, in den Geist des Evangeliums einzudringen. Wir wollen, daß die Laien auch in Beziehung auf die Beurtheilung der christlichen Wahrheiten ein Wort mitreden können, und wenn sie die hierzu erforderliche Kenntniß sich aneignen, dann werden sie froh werden, wie Jeder froh wird, dem es gelingt, in der Erkenntniß der Wahrheit und namentlich der höheren Wahrheit des Evangeliums zu wachsen.

In dem vorher gezeichneten Bestreben der altkatholischen Reformbewegung liegt, das verhehle ich mir nicht, freilich auch etwas, woraus ihr manche Opposition und manches Hinderniß erwachsen mag. Denn das ist klar, wer das Wort Gottes in der eben skizzirten Art verkünden soll, der muß vor allem selbst es lebendig und klar in seinem eigenen Geiste haben. Wenn ein Geistlicher zur Kanzel geht, wenn er den Religionsunterricht ertheilt, um den Kleinen wie den Großen das Wort Gottes in seiner Helligkeit und in seinem wunderbaren Lichte zur Anschauung zu bringen, dem darf es in seinem eigenen Herzen in Bezug auf das Wort Gottes nicht finster sein. (Bravo!)

Aus Finsterniß wird das Licht nicht geboren. Dadurch stellt die katholische Reformbewegung an jeden Geistlichen, der sich ihr anschließen will, von vornherein die Aufforderung, sich selber durch fleißiges, gewissenhaftes und tiefgehendes Studiren in den Geist des Evangeliums hineinzuversenken, und wer einmal sich Mühe gegeben hat, das zu thun, wer einmal Jahre seines Lebens dem großen Werke gewidmet hat, die christliche, alles umfassende Weltanschauung mit seinem Sinnen und Denken in harmonischen Einklang zu sehen, der wird Zeugniß dafür ablegen können, daß es kein Leichtes ist, diese Aufgabe an sich zu vollziehen. Dazu reichen die wenigen Studienjahre nicht aus, sondern es ist dazu erforderlich, daß man auch nachher, nach vollendeten Universitätsjahren das Studienleben fortseßt, und mit vieler Resignation äußerlich Entbehrungen ertrage und Opfer bringe, um innerlich den Geist des Herrn und des Evangeliums sich mehr und mehr zu eigen zu machen. Diese Aufgabe ist jedem Geistlichen gestellt, der zu unserer religiösen Reformbewegung übertreten will. Der Altkathocismus ist für die Geistlichen keine Otomane der Trägheit und des

Sichgehenlassens, sondern er ist für dieselben ein Stachel und Sporn zu angestrengter Arbeitsamkeit und Thätigkeit. Und diese Arbeit, diese Pflicht, diese Forderung, welche an jeden von uns herantritt, mag manchen Geistlichen, der der Gesinnung nach mit unserer Sache vielleicht sympathisirt und ihr im Stillen einen glücklichen Fortgang wünscht, doch abschrecken, der altkatholischen Bewegung ebenfalls sich hinzugeben und mit der ihm zu Gebote stehenden Kraft für den Wiederaufbau der durch das vaticanische Concil am 18. Juli 1870 zerstörten Kirche Jesu Christi mit einzutreten. (Bravo!)

Es ist sehr leicht, blinden Glauben zu predigen und immer fort zu fordern: Unterwerft Euch! Ich nehme keinen Anstand laut zu ver kündigen: Uns altkatholischen Geistlichen wäre es sehr leicht gewesen, uns den päpstlichen Decreten des 18. Juli 1870 zu unterwerfen, wie fich die anderen unterworfen haben. Aber die päpstlichen Decrete in ihrer Unwahrheit durchschauen, das ganze System durchschauen mit dem sie zusammenhängen, und dann allen Widerwärtigkeiten und Drohungen zum Troß Zeugniß geben, das ist eine etwas andere Sache. Ich glaube: Die schwierigere Aufgabe liegt für die Geistlichen nicht auf Seite des ultramontanen Romanismus, sondern sie liegt auf unserer Seite. (Bravo!)

Es ist, wie ich vorausseßen darf, den hier Versammelten der wunderbare Hymnus bekannt, den der Apostel Paulus in dem 13. Kapitel des ersten Corintherbriefes über das Wesen der christlichen Liebe und des christlichen Lebens gesungen hat. In diesem Hymnus, welcher das sittliche Leben, wie es sich in dem Christen zur Darstellung bringen soll, kurz und anschaulich zeichnet, ist, so kann man sagen, der höchste Zweck der Kirche lebhaft geschildert. Dieser Zweck der Kirche besteht nicht in der Bildung der Intelligenz, sondern in der Bildung des Willens aus der Quelle einer christlich erleuchteten Erkenntniß. Hätte ich einen Glauben, so sagt Paulus, daß ich Berge verseßen könnte und durchschaute ich alle Geheimnisse, hätte aber die Liebe nicht, d. h. hätte aber die wahre Gottes- und Nächstenliebe und den ganzen wunderbaren Kranz der mit dieser in Verbindung stehenden Tugenden nicht, so wäre ich nichts. Die christliche Erkenntniß soll den Verstand und die Vernunft erleuchten, um den Willen für das Gute zu erwärmen; sie soll die Autorität Gottes in dem Verstande fest begründen, um in dem Glauben an diese Autorität und in dem Vertrauen auf den Beistand Gottes einen sichern Halt zu haben für das sittliche und religiöse Thun und Leben. Die Wahrheiten, welche der Sohn Gottes vom Himmel gebracht hat, sind nicht bloß

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