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Gemeinde muß auch auf die öffentliche Verkündigung des Wortes einen nachtheiligen Einfluß äußern. Bei einem so losen Verhältnisse kann der Prediger das Wort nicht recht theilen, nicht auf die speziellsten Verhältnisse anwenden; die Predigt bleibt zu allgemein, wird zu farblos, und übt auch nicht die Anziehungskraft auf die Zuhörer aus, wie eine Predigt, welche aus dem Leben des Volkes hervorgegangen das göttliche Wort bis in die innersten Winkel eines Gemeindelebens hineinträgt.

Hiezu kommt, daß auch durch die Strafgesegbücher in manchen protestantischen Ländern das Wort Gottes gebunden ist. Wenn ein evangelischer Geistlicher sich erlauben wollte, nach dem Vorbilde und im Sinne Christi und der Propheten zu unserer Zeit zu reden; wenn er die Sünden der Könige und Obrigkeiten, die überhandgenommene Unkirchlichkeit der Beamten, die von oben nachgesehene, in den Städten und Residenzen unter den Augen der höheren Behörden am stärksten betriebene Entheiligung des Sonntages im Sinne der Propheten, eines Täufers, Christi selbst und der Apostel gebührend rügen; wenn er gegen die Heuchelei, die Werkheiligkeit, den falschen Gottesdienst der katholischen Kirche so wie die Reformatoren weiland eifern wollte; so wäre, auch wenn er sich noch so schlagend auf die Schrift als anerkannte Richtschnur der Predigt, auf die Bücher der Reformatoren als Vorbilder berufen wollte und könnte, nichts gewisser als daß er den Strafgesegen verfiele, kassirt, seines Amtes entscht würde. Denn er hätte fürwahr, da keine geseggebende, schüßende Kirchenbehörde, keine wahre Synodalverfassung vorhanden ist, nirgends eine Hülfe zu erwarten. Das Urtheil der öffentlichen Meinung ist in geistlichen Dingen gespalten, verwöhnt, irre geleitet, die Konsistorien sind nicht reine Kirchenbehörden, sondern fürstliche Kollegien, denen es, auch da wo es am Besten um sie steht, doch immer an Unbefangenheit und ihrer Stellung wegen an Freiheit des Urtheils fehlt; die Richter aber sind weltliche Beamte, die geistliche. Dinge nicht wohl geistlich zu richten wissen.

Unter diesen Umständen ist der überhandnehmende materielle und industrielle Geist für die protestantischen Länder ein furchtbarer Feind; und soll ihm entgegengearbeitet werden, so muß die evangelische Kirche allerwärts eine Verfassung erlangen, durch welche, dem protestantischen Prinzip gemäß, auch die Laien zu größerer Theilnahme an kirchlichen Gegenständen geführt und in die organische Verbindung der Kirchenleitung hereingezogen werden.

Ein dritter Feind, den die protestantische Kirche namentlich zu besiegen hat, ist der gegenwärtige Zustand der Wissens schaft. Der alte, vulgäre Rationalismus ist theologisch überwunden, todtgeschlagen, zu Grabe getragen; aber als sublimirter, spekulativer Rationalismus, durch Hülfe der Hegel'schen Philosophie besonders bereits erstanden und in neuer Verjüngung erschienen. Während der alte Rationalismus noch in den niederen Volkskreisen festsigt, und bei den Halbgebildeten, wie in der Beamtenwelt, gespensterhaft fortspuckt; wenden sich diesem neuen spekulativen Rationalismus, der ebenfalls wie sein entschlafener Vater nach dem Fleisch geboren ist *), theilweise die besten Talente und' edelsten Kräfte der teutschen Jus gend zu. Während aber der ältere sich in die Kirche eindrängte, sie zu beherrschen suchte; strebt dieser, seinen Einfluß auf sie dahin auszudehnen, um sie entweder aufzulösen oder dem Staate in die Hände zu spielen, was, wie er wohl weiß, eine ebenso vollständige Erschlaffung wenn nicht Auflösung derselben herbeiführen würde. Es ist daher gewiß Zeit, daß die Kirche bedenken lernt, was zu ihrem wahren Frieden dient, und nicht durch falsches Friedenrufen, wo keiner gemacht werden kann, und durch ungeißtliche Vermittelungen zu ihrer eigenen schmählichen Auflösung schuldhaft beiträgt. Die evangelische Kirche verschmäht die gewaltsamen Mittel, welche die katholische anwendet, um sich der, in ihrem Sinn unwürdigen Mitglieder

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zu entledigen. Aber sollte es ihr nicht gestattet sein, um die Bibel und das augsburgische Glanbensbekenntniß geschaart, solche Einrichtungen zu treffen, daß dem Gifte des Unglaubens Gegenmittel entgegengestellt werden, daß wie über ein christlich geordnetes Leben, so auch über die heilsame Lehre gewacht werden könnte? Oder sollen die Kanzeln Tummelpläge mensch licher Weisheit seyn, wo wie bei den griechischen Sophisten vielleicht am Sonntag Nachmittag das Gegentheil von dem gepredigt wird, was am Vormittage verkündigt wurde; soll man den Gemeinden je nach den verschiedenen Stufen des Glaubens und Unglaubens, der in ihnen herrscht, auch ebenso die Prediger vertheilen, und auf glaubige Lehrer unglaubige folgen lassen, damit auch dieser Theil der Gemeinde seine befriedigende Nahrung bekommt? Heißt das etwa im apostolischen Sinne Allen Alles werden, um ihrer Viele zu gewinnen? Nein, die Kirchenleitung ist es schuldig, den Gemeinden nur glaubige Lehrer zu geben, unglaubige aber zu veranlassen, daß sie auf anderen Gebieten wirken, und nicht die Kirche Christi beflecken und zerrütten.

Ein vierter Feind, welcher der evangelischen Kirche viel gefährlicher ist als der katholischen, ist die Lehre vour christlichen Staate. Gegen diesen Begriff sollte man schon darum etwas mißtrauisch sein, weil er aus der Hegel'schen Schule stammt. Ein christlicher Staat in dem Sinne, daß alle seine Lebensthätigkeiten von dem religiösen und sittlichen Geiste des Christenthums durchdrungen sind, ist Aufgabe der christlichen Geschichte und Ziel ihrer Entwicklung. Hierin liegt aber keine Berechtigung, den Staat als je die Kirche absorbirend zu betrachten, und noch viel weniger, ihm jezt schon eine Rolle zu ́zuweisen, der er seinem Begriffe nach nicht gewachsen ist, und durch welche nur die Kehrseite des mittelalterlichen Elendes verwirklicht würde. Denn der christliche Staat im Sinne der Durchführung eines konfessionellen Dogma durch die Zweige der Staatsverwaltung mit polizeilichen Mitteln ist nichts als

ein hölzernes Schüreisen. Ein Staat ist politisch und nur insofern christlich, als alle seine Bürger sich zum Christenthum bekennen. Das bedeutet aber zunächst nicht mehr, als wenn man in geographischer Beziehung von einem überrheinischen Staate redet. Damit daß alle Bürger sich zum Christenthum bekennen, gehen die Institutionen desselben noch nicht aus dem Geiste des Christenthums hervor. Das Christenthum ist freilich da, um den Staat zu verklären und seine Institutionen immer mehr mit dem Geiste des Christenthums zu durchdringen; aber der Staat ist nicht da, um das Christenthum zu leiten und zu ordnen. Zur Leitung des Staates braucht man andere Leute, als zur Leitung der Kirche. Alle Institutionen des Staates gehen aus dem Begriffe des Rechtes und der Legalität hervor, alle Einrichtungen der Kirche aus dem Begriffe der Religion und der Liebe als der wahren Sittlichkeit. Wie kann nun der Staat darüber herrschen, wodurch er selbst verklärt werden soll? Man hat den Begriff des Staates offenbar über seine Grenzen hinaufgeschraubt, wenn man ihn zum Vertreter aller Interessen der Menschheit machte, des Geistlichen wie des. Leiblichen, des Himmlischen wie des Irdischen. Diesem Begriffe ist der Staat nicht gewachsen, und es wird auch in dieser Beziehung bei dem Worte Jesu bleiben: Ihr seid von unten, ich bin von oben; mein Reich ist nicht von dieser Welt. Je mehr daher der Staat diesen freilich schmeichelhaften, aber höchst unwahren Begriff sich aneignet; desto mehr wird er dem wahren Wohl der Kirche schaden. Er kann ja nur durch äußere Mittel wirken, während die Hauptwirkung der Kirche von innen herausgeht; er kann nur mit dem äußeren Geseze befehlen und strafen, die Kirche nur bitten und ermahnen; bei ihm ruht alles auf dem Gefeße der Nothwendigkeit und des Zwangs, bei der Kirche Alles auf dem Gesege der Freiheit und der Liebe. Je mehr daher der Staat durch Aneignung dieses falschen Begriffes auf dem Wege ist, die Kirche zu verschlingen; desto mehr muß die Kirche sich aufmachen, ihre Selbstständig

feit zu bewahren *). Wir sind weit entfernt, mit Schleiermacher und Wolf zu behaupten, daß Kirche und Staat um so mehr gedeihen, je weniger sie sich gegenseitig berühren; vielmehr glauben wir, daß eine innige Verbindung zwischen Kirche und Staat vorhanden seyn soll, aber nur nicht so, daß ein Theil in das Gebiet des andern herrschend eingreife. So we= nig es frommen kann, wenn die Kirche den Staat nur als ihren Knecht gebrauchen will; so wenig kann es gut sein, wenn der Staat die Kirche als seine Magd behandelt. Vielmehr sei das Verhältniß zwischen Kirche und Staat ähnlich dem Verhältniß in einer christlich geführten Ehe. Je inniger hier die Verbindung dem Geiste nach wird, desto schärfer muß die Unterscheidung nach außen sein. Denn nur je mehr die Persönlichkeit der beiden Gatten sich ausbildet und scharf ausprägt, desto vollendeter wird die Ehe seyn; wie der Zweck christlicher Ehen ist, in der innigen Verbindung zugleich die Selbstständigkeit beider Gatten zu befördern, so daß keines störend in das Gebiet des andern eingreift: so muß es auch Streben der christlichen Nationen sein, daß Kirche und Staat, je inniger verbunden, desto selbstständiger jeder Theil sein soll.

Diese Selbstständigkeit ist der Kirche bis jezt nicht zu Theil geworden; aber es ist Pflicht des Staates, und zwar nicht nur Pflicht der Galanterie, sondern Pflicht der Pietät und Moralität, der Selbsterhaltung und des eigenen Gedeihens, fie der Kirche zu geben. Und er kann es durch allmählige, nicht zu langsame und nicht zu rasche, durch redlich gemeinte Einführung derjenigen Institutionen, welche in der heil. Schrift

*) Viel Richtiges und Anerkennenswerthes, wenn auch von ganz entgegengeseztem Standpunkt und in ganz anderer Absicht ausgesprochen, findet sich über den Widerspruch, der in dem Begriff christlicher Staat, wie er praktisch gefaßt wird, liegt, in Zellers Auffah hierüber in den Jahrbüchern der Gegenwart von Schwegler 1844.

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