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Protestanten fremde Erfindung. Es ist ein Auszug aus Just. Henning Böhmer's Kirchenrecht der Protestanten, von welchem genügt die Anfangsworte anzuführen, welche lauten: ,,Die Anbetung des Venerabile hat seit der Reformation „zu großen Unruhen und Kämpfen zwischen den Protestanten und Katholiken Anlaß gegeben."

Ueberhaupt haben die betrübten Verhandlungen in der bes rührten Angelegenheit oft genug Gelegenheit dargeboten, die Vertheidiger der Maaßregel vor den angeblich historischen Argumenten oder Parallelen zu warnen, mit welchen sie meinten, ihre Sache stügen zu können. Die Warnung ist aber fruchtlos geblieben, ja der neueste Bescheid auf die Anträge und Beschwerden der Generalsynoden vom Jahre 1844 (d. d. München 13. April 1845) hat unter seinen Argumenten nur wieder einen neuen, höchst auffallenden historischen Irrthum. Da heißt es nämlich unter Nr. 3: Es ist eine durch die ge„bruckten Verhandlungen der Stände des Königreichs Sachsen ,,vom J. 1843 beurkundete Thatsache, daß die nun in Frage „gestellte Salutationsform durch mehr als einhundert Jahre „in dem sächsischen Heere bestand und ohne Anstand beobachtet ,,wurde, diese Thatsache aber stehet im Rückblick auf das bes „fondere Verhältniß der fächsischen Landesfürsten als Häupter „des Corporis Evangelicorum den jezt erst sich erhebenden „Beschwerden über Verlegung der Gewissensfreiheit durch die „erwähnte Salutationsform mit vollständig widerlegender Kraft „gegenüber." Dies lautet so, wie wenn ein Gebot der Kniebeugung für das sächsische Heer bestanden und dieses Gebot von einem der Häupter des Corpus Evangelicorum ausgegangen wäre, was wenn auch nicht ein beweiskräftiges Argument, doch eine völlig unbegreifliche Thatsache wäre. Allein in der Wirklichkeit verhält sich das Alles ganz anders. Erstens hat für die Königl. Sächsische Armee im Ganzen niemals eine solche Anordnung bestanden. Die, wahrs scheinlich seit 1751 bestehende, durch Friedrich August II. cin

geführte und jezt auf die Klagen der Stände aufgehobene Sitte war die, daß bei dem katholischen Hofgottesdienste eine Kavallerieabtheilung von 29 Mann (26 Gemeine, 2 Unterofficiere und 1 Lieutenant) im Mittelgange der Kirche vor den Altarstufen aufgestellt waren, welche sich, nicht auf ein militärisches Kommando, sondern auf ein gegebenes Zeichen mit dem rechten Knie auf den Fußboden niederließen, während die übrigen im Mittelgange und in den beiden Hauptschiffen der Kirche aufgestellten Soldaten, sämmtlich Infanteris ften, ohne das Knie zu beugen, drei Hayen bildeten und das Gewehr präsentirten, indem zwischen ihnen sich der Zug der Geistlichkeit und des Hofes hindurch bewegte. Die obgedachte Kniebeugung der 29 Mann fand auf ein Zeichen des Hoffouriers statt, sobald der Bischoff vom Hochaltare _her_mit dem Venerabile in der Hand den Ausgang des Altarplages betrat. Diese Ceremonie ward dreimal im Jahre, nämlich am Charfreitage, am heil. Abend vor Ostern nach 6 Uhr bei der Auferstehungsfeier und am Fronleichnamsfeste beobachtet. Be= greiflich ist, daß diese Sitte, welche nur beim katholischen Hofgottesdienst vorkam, Wenige traf und von unzähligen Sachsen gar nicht gekannt war, eben deßhalb auch lange Zeit ohne Anfechtung bestand. Als das erstemal im Jahre 1834 in der Kammer Klage darüber geführt wurde, gab der damalige Kriegsminister sofort die Zusage, daß künftig nur katholische Gardisten zu diesem Dienst am Altare verwendet werden sollten. Auf die erneuten Klagen aber der Stände vom Jahre 1842/43 fand die Sitte am Fronleichnamsfeste 1843 zum legten Male statt und ist mit dem Charfreitag 1844 gänzlich und für alle Zeiten abgeschafft worden. So verhält es sich mit der ersten Seite der den sächsischen Verhältnissen entnommenen, angeblich beweiskräftigen Parallele.

Was aber den zweiten Punkt betrifft, als sey von einem Haupte des Corpus Evangelicorum eine solche Anordnung ausgegangen, so dient darauf zur einfachen Erwiede

rung, daß damals der Regent von Chursachsen eben nicht mehr Haupt des Corpus Evangelicorum war. Denn nachdem Friedrich August I. von Sachsen vom evangelischen Glauben abgetreten war, wurde dem Herzog Friedrich H. von Gotha die oberste Leitung des Corpus Evangelicorum unter Zuziehung des geheimen Rathscollegiums in Dresden übertragen. Schon im Jahre 1700 aber trat Gotha dieselbe an den Herzog von Sachsen-Weißenfels, Joh. Georg ab und als im J. 1717 auch der Churprinz Friedr. August II, von Sachsen sich der Konfession des Vaters anschloß upd Preußen das Directorium in Anspruch nehmen wollte, ward festgesezt, daß der Chursächsische Reichstagsgefandte in Regens burg dasselbe unabhängig von dem katholischen Regenten führen und seine Verhaltungsbefehle lediglich von bem evangelischen Geheimen - Nathskollegium in Dresden empfangen sollte.

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Die Einführung also der Kniebeugung bei dem fächsischen Heere durch ein Haupt des Corpus Evangelicorum ist nicht Historie, sondern Mythe, und auf das Königreich Sachsen könnte man sich höchstens berufen um zu zeigen, unter welchen Umständen Recht und Billigkeit gebiete, die eingeführte Kniebeugung wieder aufzuheben..

Allein wenn Herr Prof. von Moy in seinem mir eben erst zugekommenen (Antwort-) Sendschreiben „an den hochgeborenen Herrn Grafen Karl von Giech“ *), ein Sendschreis ben, in welchem der Streit auf lauter nicht hieher gehörige Dinge hinübergespielt wird, Recht hat, so ist ja jezt auch in Bayern aller Grund zur Beschwerde gehoben. Wir wollen nun nicht dagegen erinnern, daß für die Reclamanten officiell nichts vorliegt, als die Allerhöchste Entschließung vom 13. April 1845, in welcher auf die Beschwerde der Generalfynoden vom

*) Regensburg bei Manz 1845. 26 S.

Jahre 1844 erwidert wird, daß die erwähnte Beschwerde als gegründet nicht anerkannt werden könne. Wir wenden uns vielmehr gern zu den Worten desselben Bescheides, in welchen auf die Befreiungen hingewiesen wird, die man zu Gunsten der protestantischen Glaubensgenossen im bayerischen Heere habe eintreten lassen oder zu der Ordre vom 4. Mai 1845, von welcher Herr Prof. von Moy behauptet (S. 8), daß durch sie alle Protestanten der Linie von der Kniebeugung dispensirt seyen“ *). Wenn es so wäre, so müßte es nicht blos überflüffig, sondern verwerflich genannt werden, wollte man einen abgethanen unseligen Streit muthwillig weiter fortsegen. Aber mit so großem und warmem Danke wir die wesentliche Erleichterung anerkennen, die durch jene Verfügung den protestantischen Gewissen erwachsen ist, so muß doch auf der andern Seite eben so bes. stimmt bekannt werden, daß weder die Ordre so lautet, wie fie Herr Prof. von Moy citirt, noch daß, wenn man sie so günstig als nur möglich interpretiren darf, die Nothwendigkeit, vor dem sogenannten Venerabile zu knieen, für die protestantischen Soldaten unbedingt aufgehoben, und das Gravamen vollständig erledigt ist.

Ueber den wortgetreuen Inhalt der Ordre wissen wir ers stens amtlich nichts Gewisses. Die Augsburger allgemeine Zeitung, die von ihr berichtet hat, ist kein Regierungsblatt. Wir nehmen aber an, daß sie im Stande gewesen ist, wortgetreu zu referiren. Dann hängt es zweitens immer noch von der Ausführung ab, wie man die Worte zu verstehen habe. Wir glauben

*) Die Ordre lautet so, wie sie in der Allg. Zeitung Nr. 125 steht, folgendermaßen: Die in Beziehung der nichtkatholischen Konscribirten erlassene Verfügung vom 28. August 1844 (þinsichtlich der Ausrückungen das Sanctissimum betreffend), dehnen wir auf „alle Nichtkatholischen der Linie“ aus. Alsbald soll nun den be̟ treffenden Kommandos von dem hier Vorstehenden wörtliche Eröffnung zugehen."

zwar nicht zu irren, wenn wir unter den „Nichtkatholischen ter Linie" das gesammte reguläre Militär, die Officiere, den Stab, die Kommandirenden begreifen und in diesem Sinne eine vollständige Dispensation annehmen. Aber wir haben hiefür keine Bürgschaft als unsere gute Meinung. Drittens ist die ertheilte Dispensation unter dieser Voraussegung nicht in dem Sinne vollständig, daß alle protest. Militärpersonen von jeder Kniebeugung dispensirt wären, sondern die Dispensation tritt nur ein für die Theilnahme am katholischen Gottesdienst, bei welchem das anwohnende Militär zur Kniebeugung kommandirt wird. Wir wiederholen hier nochmals, daß uns diese Maßregel als Annä herung zum Ziele mit dankbarer Freude erfüllt; wir müssen aber leider eben so erklären, daß sie als Ultimat den Streit im Wesentlichen ungeschlichtet bestehen läßt. Denn es bleiben nach wie vor die trei Fälle, wie sie schon in dem „offenen Bedenken die Kniebeugungsfrage betr.” 2. Aufl. Bayreuth 1845, S. 8. 9. besprochen sind und in welchen auch protestantische Soldaten zur Kniebeugung gezwungen werden können. Diese find 1) wenn zur Begleitung des Hochwürdigsten eine Eskorte von einer Wache verlangt wird; 2) wenn das Hochwürdigste vor einer Wache (Schloßwache, Hauptwache, Thorwache oder dergl.) vorbeigetragen wird; 3) wenn eine im Marsch begriffene bewaffnete Truppenabtheilung dem Hochwürdigsten begegnet und der das Venerabile tragende Priester der Truppe den Segen ertheilt. Bleiben diese Fälle bestehen, so taucht der Streit immer wieder auf's neue auf. Principienkämpfe werden nicht damit ausgeglichen, daß man nur die Zahl der Anlässe verringert, bei welchen sie ausbrechen können. Der Dank für die Wohlthat nach einer Seite wird gelähmt vom Gefühl der Besorgniß, daß sich das Uebel jezt nur auf die ungeheilte andere Seite werfen werde. Halbe Maßregeln sind in solchen Fällen keine Maßregeln.

Und in der That die drei Fälle, von welchen eben die Rede war, kommen nicht etwa blos hypothetisch vor, fie treten in der Wirklichkeit nahe genug und werden unter Umständen

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