ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

Egoismus im zurückgestoßenen Menschen hervorgerufen. Das ideale Knechtsverhältniß segt zwei excentrische Kreise, deren Mittelpunkte sich mit gleicher Stärke abstoßen und anziehen, so daß fie weder jemals Eins werden, noch je sich völlig von einander trennen können. Das Gesez, obgleich es den Menschen erniedrigt, gesteht ihm doch eine scheinbar unbedingte Selbstständigkeit zu: es befiehlt ihm und droht, aber es überläßt doch den Vollzug des Befehles gänzlich seiner eigenen Kraft. Es enthält somit eine Anerkennung der sittlichen Tüchtigkeit des Menschen, die ihm über Alles schmeichelhaft ist. Der Mensch fühlt sein mächtigstes Bedürfniß, das nach Ehre, befriedigt durch das Zutrauen, welches der Gesetzgeber ihm schenkt. Diese Befriedigung ist so groß, daß dem Menschen nicht leicht eine sittliche Forderung zu schwer scheint. Im Gegentheil, um seinen Ehrgenuß zu steigern, lädt er sich in willkührlicher Askese eine Menge von Werken, Entbehrungen, ja Schmerzen auf, die das göttliche Gebot ihm gar nicht zugemuthet hatte. Doch zeigt sich gerade in diesem Punkte, welch' feinen Betrug das Fleisch mit dem Gesege zu spielen und wie es dasselbe zu seinem Vortheil umzugestalten weiß. Die Forderung des Geseges geht nämlich auf ernstliche Bekämpfung der Sünde. Diese aber zu lassen ist der fleischliche Mensch keineswegs gewillt. So sehr ihm die Idee des Gefeßes an sich recht ist, eben so wenig konvenirt ihm jenes ernste Gefeß, das aufrichtige Bekehrung fordert. Was thut er deßhalb? Er segt an die Stelle der ewigen, göttlichen Gebote willkührliche Menschensagungen, durch deren beschwerliche Erfüllung er sich von der noch beschwerlicheren der göttlichen loskaufen zu können meint. Dies ist die Heuchelei des Pharifäerthums, gegen welche fener bekannte Ausspruch des Herrn gerichtet ist: Wehe euch Schriftgelehrte und Pharifäer, ihr Heuchler, die ihr verzehntet Minze, Till und Kümmel und laßt dahinten das Schwerste im Gesez, nämlich die Barmherzigkeit, das Gericht und den Glauben.

So findet der Heuchler in der Idee des Gesezes das Mits

tel, seinen sittlichen Stolz und seine sinnliche Lust zugleich zu befriedigen.

Doch geht dem Trieb der hochmüthigen Selbstthätigkeit die Lust zur Trägheit auf eine merkwürdige Weise zur Seite. Wir haben eben bemerkt, wie sehr diese Trägheit des Fleisches bei Vorzügen, die auf die bloße leibliche Geburt sich gründen, ihre Rechnung findet. Etwas ganz ähnliches findet nun in dem Verhältniß der Knechte zum Geseze statt. So wie der fleischlich Gesinnte es liebt etwas zu thun, damit er ein Verdienst habe, aber so, daß, was er thut, ein leichtes und doch schwierig scheinendes sey, ebenso liebt er es, daß er sich nicht selbst zu besinnen brauche auf das, was er thun soll, sondern daß ihm dies in einer fertigen Instruktion deutlich vorgeschrieben werde. Dieser Sag wird durch die tägliche Erfahrung bestätigt. Alle dies jenigen Menschen, welche noch vorherrschend auf der Stufe des materiellen Seyns stehen, z. B. die Kinder, rõhe Volkshaufen, Schaaren gemeiner Krieger oder Handarbeiter 2c., diese alle fordern, daß ihnen keine geistige Anstrengung über das Wie ihrer Arbeit zugemuthet, sondern daß ihnen jeder Schritt, den sie thun sollen, von der leitenden Einsicht vorgezeichnet werde. Ein solcher Haufe ist ohne eine höhere Intelligenz, die für ihn denkt und ihm befiehlt, rathlos und unfähig seine rohen Kräfte zu gebrauchen; er hat ein unabweisliches Bedürfniß nach einem Herrn, und mit der Freiheit weiß er so durchaus nichts anzufangen, daß es ihm angst und bange wird, sobald er nur einen Augenblick sich selbst überlassen ist. Die Vollständigkeit des Mosaischen Gesezes und sein Eingehen in das kleinste Detail des Lebens erklärt sich aus diesem Bedürfniß des natürlichen Menschen. Es könnte nun aber das Verlangen des legteren nach deutlicher vollständiger Instruktion als ein sehr löbliches, als ein Beweis von Demuth und Gewissenhaftigkeit erscheinen. Und dem wäre allerdings so, wenn knechtischer Gehorsam das absolut richtige Verhältniß des Menschen zu Gott wäre. Es gibt aber ein Verhältniß, in dem ohne Gesez der

Wille Gottes doch unendlich beffer erfüllt, und feine Ehre so wie die der Kreatur selbst unendlich besser gewahrt wird. Wir meinen das Kindesverhältniß. Das Kind nämlich mit dem Zeugniß der Kindschaft im Herzen ist so Eins mit dem Vater, so ganz von seinem Geiste durchdrungen, daß es gar nichts Anderes thun kann noch will, als was dem Vater gefällt. Gott dienen ist seine höchste Lust, sein freiester Entschluß, ihm nicht dienen wäre ihm Zwang. Es bedarf deßhalb keiner Instruktion mehr. Das lebendige Princip, welches es im Herzen hat, leitet es in alle Wahrheit, und lehrt es, des Vaters Willen nicht mehr bloß nach dem äußern Laute des Buchstabens, sondern nach der ganzen Tiefe seines geistigen Gehaltes zu erfüllen (Jer. 31, 31-34). Wo nun Gott einmal sich als Vater geoffenbart und den Menschen die Möglichkeit eröffnet hat, in das Verhältniß von Kindern zu ihm zu treten, da noch eigenwillig Knecht bleiben und von der Freiheit der Kinder Gottes keinen Gebrauch machen zu wollen, ist ein Frevel und eine Beleidigung, die der barmherzigen Liebe Gottes angethan wird. Denn diese scheinbare Gewissenhaftigkeit ist im Grunde nichts Anderes als fleischliche Trägheit. Was ist nämlich leichter, nach dem Buchstaben einer Instruktion handeln, oder im Geiste dessen, der sie gegeben hat? Heißen jene nicht unnüge Knechte, die nichts weiter thun, als nur eben das, was ihnen vorgeschrieben ist? Jedes Gesez hat das Eigenthümliche, daß es eine einschläfernde Wirkung auf die ihm Untergebenen ausübt. Es überhebt sie gänzlich der Mühe des Denkens, des organischen Producirens, und treibt sie blos zu einer mechanischen Thätigkeit an. Und gerade dieses Arbeiten im Schlafe, wo der Leib sich rührt, während der Geist erstarrt ist, diese äußere Vielgeschäfs tigkeit, verbunden mit größter geistiger Stabilität, ist der Wahlplaz, auf welchem das Fleisch am liebsten seine Lorbeeren sucht. Die organische Thätigkeit der selbstständigen aber doch dem Willen Gottes entsprechenden Hervorbringung, die Offenbarung jenes Standpunktes, auf dem wir zugleich Knechte und doch frei

sind, ist unendlich mühsamer, wiewohl unscheinbarer, weil innerlich verborgen, als die laute glänzende Thätigkeit der geseglichen Wertheiligkeit. Das ist eben der Betrug des Fleisches, daß es um den Ruhm der Thätigkeit zu haben, das organische Handeln ächtet und dem mechanischen ausschließlich huldigt. Nicht umsonst straft aber der Apostel diejenigen mit scharfen Worten, welche in der Freiheit, zu der sie berufen sind, und die nicht nur ein Recht, sondern auch eine Pflicht für sie ist, nicht beharren wollen, sondern sich umwenden zu jenen schwachen und dürftigen Sagungen, durch deren Befolgung sie dem Fleische wohlthun, während der Geist der Kindschaft, der freie Geist des in der Liebe thätigen Glaubens dadurch unterdrückt wird. Gal. 5.

Wir haben also erkannt, wie zwar das Gesez recht und gut ist, so jemand sein recht brauchet, wie aber mit seiner Eigenthümlichkeit selbst die Möglichkeit eines Mißverständnisses gegeben ist. Dem fleischlich gesinnten Menschen als Zuchtmeister auf Christus gegeben, wird es von ihm für die absolute Offenbarung genommen, und weil er etwas Anderes als Knecht weder seyn kann, noch seyn will, so klammert er sich an's Geset aus allen Kräften an, und mit fanatischer Wuth verfolgt er das Evangelium, die Offenbarung des Geistes. Das Gesez ist das Evangelium des Fleisches. Wo und wann nur immer das Fleisch sich regt, wird es das Geseß als die cinzige ihm adäquate Religionsform poftuliren. Insofern das Fleisch durch das Christenthum noch nicht absolut überwunden ist, insofern dasselbe vom Anfange der Kirche an bis auf den heutigen Tag nicht ermangelt in allen religiösen Erscheinungen seine bedeutende Rolle zu spielen, finden wir durch die ganze Geschichte der Kirche hindurch eine fleischlich-gesegliche Auffafsung des Christenthums gegenüber der geistlich-evangelischen. Ja wir können sagen, daß alle Differenzen auf religiösem Gebiete, welcher Art sie auch immer seyn mögen, sich einfach auf den Unterschied von Gefeß und Evangelium, d. i. Fleisch und

Geist als ihre tiefste Wurzel zurückführen lassen*). Es giebt also überhaupt nur zwei theologische Standpunkte: den geseg lichen und den evangelischen, wie ja die Schrift sich theilt in Gesez und Evangelium, wie alles Seyn in Geist und Materie, und wie überhaupt der Mensch zu seinem Gott in feinem andern Verhältniß stehen kann, als entweder in dem eines Knechtes, oder in dem eines Kindes.

Noch müssen wir jene Karikaturen des Heiligsten erwähnen, die den edlen Früchten ächt chriftlichen Geistes in der geseßlichen Sphäre entsprechen. Wir meinen Fanatismus, Proselytismus, Scholastik. Der Fanatismus, wo er sich auch zeigen mag, ist immer das Symptom einer fleischlich-geseglichen Richtung. Den dem Fanatiker ist sein Dogma ein absolutes, für alle gültiges, unerbittlich strenges Gesch, ein Gesez, das keine Entschuldigung des Nichtwissens oder Nichtkönnens annimmt, sondern dessen Wahlspruch ist: Unterwirf dich oder stirb! Und wie der Fanatiker selbst diesem Geseye sklavisch gehorcht, so will er, daß es auch jeder Andere thue. Wer es nicht thut, über den ist ipso facto das Urtheil gesprochen ("dŋ xéxqitai Joh. 3.), und er selbst, der fanatische Knecht, übernimmt mit Freuden die Rolle des Henkers. Und zwar thut er das um so lieber, als es ihn einerseits wurmt, daß man es wagte, seiner Ansicht und seis ner Parthei zu widerstehen, andrerseits aber es ihm viel leichter und bequemer dünkt, mit Keulen den Mund zu stopfen als mit Gründen.

Auch der Proselytismus ist der knechtisch- gefeßlichen Nichtung eigenthümlich. Er ist die Karikatur der chriftlichen, auf

*) Dieser Unterscheid zwischen dem Gesez und Evangelio ist die höchste Kunst in der Christenheit, die alle und jede, so sich des christlichen Namens rühmen oder annehmen, kennen und wissen sollen. Denn wo es an diesem Stück mangelt, da kann man einen Christen vor einem Heiden oder Juden nicht erkennen; so gar liegt es an diesem Unterscheid. ` Luther zu Gal. 3, 23 u. 24. R. F. X. Bd.

7

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »