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logie eine heimische nordische Religion zu grunde liegt. Vorläufig muß man also, soweit wie irgend angänglich, mit den altheimischen nordischen Vorstellungen auszukommen suchen.

Gegen durchgehende fremde Beeinflußung sprechen einige allgemeine Erwägungen: Wenn die meisten Eddalieder nicht auf Island, sondern in Norwegen entstanden sind einige Teile sind vermutlich von Isländern überarbeitet, so war der Verkehr der Norweger mit den angeblichen Vermittlern der fremden Stoffe, den Iren, ausschließlich kriegerisch, daher für eine literarische Einwirkung denkbar ungünstig. Die Norweger hatten ferner bei der Unruhe ihrer innerpolitischen Zustände mehr zu tun, als sich mit derartigen spekulativen Mythenkombinationen abzugeben. Endlich ist eine derartige ungeheure Gelehrsamkeit bei den Iren damaliger Zeit nicht anzunehmen. Treffend hat man eingewendet: Die Iren müßten ebenso gelehrt gewesen sein wie die heutigen Mythologen, sie müßten auch ihre ganze Gelehrsamkeit bei ihren Gesprächen mit den Piraten des Nordens, die doch nicht Studierens halber nach Britannien gekommen waren, fortwährend zur Hand gehabt haben. Die Mythologie ferner, die die ältesten Skaldengedichte teils mehr oder weniger ausführlich darstellen, teils andeutungsweise voraussetzen, ist dieselbe, die die Eddalieder enthalten. Sie kann nicht im Laufe weniger Jahrzehnte entstanden sein, sondern muß das Ergebnis einer längeren Entwickelung sein, die weit vor der historischen Zeit des Nordens liegt. Erst wenn man klar und unzweifelhaft bewiesen hat, daß diese unecht sind, d. h. aus dem 10. Jahrhundert stammen oder noch jünger sind, erst dann wird man die Möglichkeit dieser Theorie zugeben können. Aber ihre Echtheit steht bis heute unerschüttert fest. Unglaublich ist die Annahme, daß die fremden Vorstellungen mit dem alten Glauben auf wahrhaft geniale Weise, die an das Verhältnis Shakespeares zu seinen Quellen erinnere, zusammengegossen seien, so in Norwegen geistiges Eigentum der vornehmen Stände geworden seien und ihren Weg in die Gedichte der Skalden gefunden hätten. Zwischen Skaldendichtung und Volksverständnis klafft kein Riß, die Skalden haben nicht eine neue Mythologie

erfunden. Im 9. und 10. Jahrhundert gab es keinen bedeutenden Kulturunterschied zwischen dem norw. Könige mit seiner nächsten Umgebung und dem Volke. Für Island vollends zeigt das Lesen weniger Sagas, daß die gesamte Dichtung Islands volkstümlich, d. h. dem Verständnis und Interesse der Bauernund Fischerbevölkerung zugänglich war. Die Bildung war überall gleich. Wir sind alle gleich" sagt Hrolf bei seiner Landung in Nordfrankreich. Die Skalden gingen aus dem Volke hervor, sie waren von Kindheit an mit dessen Vorstellungen vertraut, und darum ist auch ihr Glaube der des Volkes. Ihre Dichtung ist nach Inhalt und Behandlung merkwürdig phantasielos. Es gibt kaum irgendwo eine Poesie, die so gleichmäßig, so arm an Entwickelung ist wie sie. Ein Skald nach dem anderen hält sich ängstlich an das Gegebene, ein Geschlecht lehrte es das andere. Soweit wir zurückgehen können, sind ihre poetischen Metaphern (Kenningar), besonders die mythischen, stets dieselben und beruhen auf demselben Mythus oder derselben Mythenform. In langer, langsamer Entwickelung hatten die Nordleute gelernt, die sie umgebende Natur phantasievoll anzuschauen und zu beleben, die so gewonnenen Grundbilder in Geschichten poetisch auszuschmücken und zu verknüpfen. Daß erst die Befruchtung mit der irischen Geisteskultur die Phantasie der Nordleute geweckt habe, daß sie in Ermangelung jeder schöpferischen Fähigkeit nur im stande gewesen seien, fremde mythische, religiöse oder poetische Stoffe genial umzugestalten, ist eine ganz unmögliche Annahme. Der mächtige Wellenschlag der Wikingerzeit hat nicht die ganze uns erhaltene mythisch-heroische Dichtung emportauchen lassen, sondern er hat, wie jede Sturmflut nicht. zu schaffen, sondern zu zerstören pflegt, niederreißend gewirkt; er hat nicht die aus der Fremde in das Mutterland verpflanzten Keime zur Entfaltung gebracht, sondern er hat die heimische Scholle unterwühlt und die Ernte vernichtet, noch ehe sie geborgen war.

Gerade die Wikingerzeit hat am meisten zur Auflösung des heidnischen Glaubens und zu seinem vollständigen Untergange beigetragen. Wenn die Nordleute z. B. mit anders

gläubigen Völkern zusammenstießen und überwunden wurden, konnte leicht die Vorstellung entstehen, daß die fremden Götter stärker wären als Odin und Thor. Andererseits wuchs das Gefühl des eigenen Wertes und der eigenen Stärke in hohem Grade. Der Glaube an die eigene stolze Kraft entsprach am besten ihrem unruhigen Treiben, ihren Raubzügen zu Wasser und zu Lande, ihren Rechtshändeln, Zweikämpfen, Mordbrennereien und Gewalttaten aller Art. Der Wiking stellte sich selbst an die Stelle des Gottes Thor, schwang statt des Hammers sein gewaltiges Schlachtschwert und erkämpfte sich damit Gold, Ruhm und Genuß. An den alten Sitten und Gebräuchen, besonders an den Mahlzeiten und großen Gelagen zu Ehren der Götter, hing man noch mit großer Zähigkeit, aber die innere Verehrung, der Glaube an die Götter schwand dahin. Viele, vielleicht die meisten Wikinger waren daher mehr oder weniger Freidenker geworden, religiös gleichgültig. Durch die Geschichte der Isländer, der Nachkommen jener Wikinger, zieht sich bis in späte Zeit hinein eine unverkennbare religiöse Gleichgültigkeit

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man denke nur an die kühle, vernünftige Art, wie das Christentum auf Island angenommen wurde! Wie ganz anders flammt der leidenschaftliche Fanatismus der Drontheimer Bauern auf! Aber sie waren auf der ererbten Scholle geblieben, während die Vorfahren der Isländer sich vom Mutterlande losgerissen und weder Heimat noch Altar zu verteidigen hatten. Dieser Skepticismus, der von Göttern keine Hilfe mehr erwartet und statt der Götter nur ein Schicksals walten annimmt, ist der Hintergrund von Felix Dahns nordischer Erzählung,,Sind Götter?", die ein berufener Kritiker als die beste Schöpfung des Dichters bezeichnet hat.

Wenn von riesischen Schutzgeistern die Rede ist, die als Snäfellsase oder Swinfellsase bezeichnet werden und in Bergen oder Steinen wohnen sollen, so deutet bereits ihr Name auf eine bedenkliche Trübung des alten Götterglaubens hin. Schon unter den ersten Besiedlern Islands waren einige Freidenker. Von Ingolfs Bundbruder heißt es, daß er niemals opfern wollte, und als er von seinem eigenen Knecht erschlagen wurde, rief Ingolf aus: So seh ich es jedem ergehen, der nicht opfern mag!" (Landn. I5, 7). Ein Bersi Gottlos wird genannt, und wieder ein Hall Gottlos samt seinem

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Sohne Helgi Gottlos: sie glaubten nur an ihre eigene Kraft und mochten nicht opfern (I11, II). Die Lossagung von den Göttern war also so häufig, daß daraus ein besonderer Beiname gebildet wurde, gottlos“; nicht im Sinne moralischer Verworfenheit, sondern nur der Gelöstheit vom Götterglauben. Ein anderer gab aus eigenem Antriebe" d. h. ohne etwas vom Christentum zu wissen, das Opfern auf (V2). Olaf Tryggwason sagte von einem Isländer: Mehr scheint er auf eigene Kraft und Stärke zu bauen, als auf Thor und Odin“ (Laxd. 40). Ein anderer glaubt nicht an Götzen oder Teufel, sondern nur an seine eigene Macht und Stärke (F. M. S. II K. 200). Wieder ein anderer verachtet die Götzen seines Vaters, bevor er vom Christentum etwas erfährt (a. a. O. 201). Auf die Frage nach seinem Glauben antwortet einer: „er sei der Meinung, er habe wohl gar keinen Glauben“ (a. a. O. 235). Sigmund Brestisson, der Fürst der Färöer, glaubt nur an seine Macht und Stärke (Fär. S. 321). Der Isländer Finnbogi erwidert auf die Frage des Kaisers zu Byzanz, an wen er glaube: „Ich glaube an mich selbst" (Finnb. S. 19). Hrafnkel hält es für eine Torheit, an Götter zu glauben (Hrafn. S. Freysg. 24). Von mythischen Zeugnissen seien erwähnt: König Hrolf und seine Kämpen verehrten nicht Götter, sondern glaubten an ihre Macht und Stärke (Hrolfs S. Kr. 48). Nicht Odin, „der böse Geist, sondern das Schicksal waltet über jedes Mannes Leben (a. a. O. 46). Ketil glaubte nicht an Odin und führte einen Spruch im Munde : „Niemals hab ich Odin verehrt, dennoch hab ich lang gelebt" (Ketils S. hängs 5). Odd gewöhnte sich nicht an das Opfern, denn er glaubte an seine Macht und Stärke; ekelhaft erschien es ihm, vor Stöcken oder Steinen herumzurutschen (Qrv. Odds S. 1. 2).

Quellen der nordischen Mythologie.

Einheimische literarische Zeugnisse.

Für die Kenntnis der nordischen Mythologie ist die älteste Skaldendichtung darum so wichtig, weil sie das Alter und die Echtheit der von ihr behandelten oder gestreiften Hauptmythen sicher beweist; das, worauf sie anspielt, kann nicht im späten Mittelalter künstlich nach christlichen Vorlagen zusammengeschweißt sein. Ihre poetischen Bilder und Umschreibungen sind wie die der Eddalieder aus der Mythologie, der Natur und dem Leben entnommen. Ohne Kenntnis der Mythen und Sagen ließ sich weder dichten noch die Dichtung genießen. Die Dichtkunst wird z. B. bezeichnet mit Kwasis Blut, Zwergenschiff, Zwergenmet, Riesenmet, Suttungsmet, Odinsmet, Asenmet, Vaterbuße des Riesen,

Odröris Flut, Fang und Fund und Bürde und Gabe Odins (Sk. 3).

Die späteren Skalden, zumal nach Einführung des Christentums, haben an Stelle des lebendigen Bildes das verbrauchte, farblose gesetzt, die tote Kenning, die schließlich ganz zur gelehrten Spielerei ausartete. Von ihrer Sucht, in der Kenntnis mythologischer Dinge zu glänzen, ist kaum ein Eddalied verschont geblieben; fast überall ist das alte einfache Lied durch ihre Hinzufügungen aufgeschwellt, entstellt und mißverstanden. Man hat treffend bemerkt, daß der Kenningsstil, eine Musivarbeit aus Metaphern, sich fast nirgends zum zusammenhängenden Bilde runde: er zeige nicht Überschuß an sinnlichem Sehvermögen, sondern eine gewisse Stumpfheit der Phantasie, schon darum sei die beliebte allegorische Auslegung der Mythen unmöglich. Die Anwendung dieser Umschreibungen ist eine fortwährende Bilderjagd, sie gibt Rätsel, deren Auflösung den Verstand schärft, die aber keine Nahrung für den übrigen Menschen enthalten.

Auch die Eddalieder sind das Werk von norwegischisländischen, aber uns unbekannten Skalden. Im Gegensatze zur skaldischen Poesie ist die eddische mehr volkstümlich, in freieren Metren und in einfacherer Sprache verfaßt. Über ihr Alter und ihre Heimat besteht unter den Forschern wenig Einheit. Daß sie von norw. Kolonisten in Britannien, den Orkneys, Hebriden und Shetlandsinseln gedichtet seien, ist wohl ausgeschlossen; die Heimat der meisten Lieder ist Norwegen, einiger Island, weniger auch Grönland. Über ihr Alter läßt sich nur sagen, daß sie zu sehr verschiedenen Zeiten, zwischen dem 9. und 12. Jahrhundert verfaßt sind. Datierungen auf das Jahr sind wenig geglückt, oft schwanken die Ansichten um mehr als 100 und 200 Jahre. Ist z. B. richtig, daß die Niblungensage in ihrer jüngern Gestalt bereits gegen Ende des 9. Jahrhunderts durch norw. Wikinger nach Irland verpflanzt sei, so setzt man die ältere Schicht der Eddalieder zu spät an. Niedergeschrieben und ge

sammelt sind sie frühestens um die Mitte des 12. Jahrhunderts, wahrscheinlich erst zwischen 1240 und 1250. Den

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