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bild norwegischen, skandinavischen und weiterhin überhaupt germanischen Lebens und Denkens, wie wir sonst nirgends in der gerinanischen Welt finden. Sagas, die etwa 100 Jahre später aufgezeichnet sind, darf man nur vorsichtig verwerten. Denn im Verlaufe des 13. Jhd. waren die alten Traditionen

verloren gegangen. Neben den historischen Sagas erhebt sich die Neigung zum Mythischen und Märchenhaften. Zu diesen jüngern Sagas gehören die sog. Fornaldar sögur (Geschichten der Vorzeit; FAS) und Saxos Dänische Geschichte. In diesen Spätlingen spielen Zauberer und Riesen die Hauptrolle, und in fernen märchenhaften Ländern arbeitet die Wundermaschinerie vortrefflich. Die FAS enthalten zwar sicher viel Altertümliches, da sie in verklungenen Mythen, Sagen und Volksmärchen wurzeln, aber man muß zwischen den einzelnen Sagas wohl unterscheiden, vor allem zwischen der Prosa und den jungen Versen; die letzteren haben auch nicht die geringste Bedeutung für den alten Glauben. Der alte Mythenbestand ist häufig in das willkürlich Gefabelte hinübergespielt und aufgelöst, oder wie in den späten Volkssagen und Volksliedern zum ergötzlichen Märchen herabgesunken.

Viele dieser isl. mythischen und saggeschichtlichen Sagas sind uns verloren gegangen; manches hat Saxo gerettet. Saxo Grammaticus, geb. ca. 1150, ist ein Geistlicher gewesen und gehörte zu der näheren Umgebung Absalons, des Erzbischofs von Lund. Er verfaßte auf dessen Antrieb die 16 Bücher seiner bis 1187 reichenden Historia Danica in elegantem, von Erasmus hoch bewundertem Latein; die ersten neun Bücher, die für die Mythologie vor allem in Betracht kommen, sind höchst wahrscheinlich zuletzt geschrieben. Außer einer Reihe mittelalterlicher Novellenstoffe und Märchenmotive, die er wohl dem Engländer Lucas (XIV 583) verdankt, sind Saxos Quellen die altdänische Volkssage und isl. Sagensammlungen, deren Kenntnis ihm wohl der Isländer Arnold Thorwaldsson (XIV 594) vermittelt hat, der sich 1168 bei Absalon aufhielt. Die isl. Quelle stellt sich mit ihrem bunten Leben und Treiben, mit den Vorstellungen vom Eingreifen der Götter, besonders

Odins, in die menschlichen Verhältnisse, mit ihrer Schilderung von Riesen, Schildmädchen, Berserkern u. dgl. mehr ganz zu den isl. FAS. Die dänische Quelle läßt mit ihrer Ruhe und Einfachheit die dänische Heldendichtung und Volkssage erkennen, wie sie namentlich auf Seeland und Jütland blühten.

Nach den bahnbrechenden Untersuchungen der letzten Zeit erschließen uns also die ersten neun Bücher des Saxo einen bisher unbekannten Sagenkomplex des 12. Jhd. Man muß bei ihm nicht nur die Färbung durch sein rhetorisches Latein abstreifen, sondern muß auch wie bei Snorri seinen euhemeristischen Standpunkt berücksichtigen. Vieles stammt auch aus seinem eigenen Kopfe. Seine Mythologie ist die isl. un 1200, vielfach mißverstanden und verderbt. Seine neun Sagenbücher sind, wie man gesagt hat, ein Hohlspiegel, und könnten wir seine Linien nicht an den geraderen Reflexen aus Island und Deutschland zurecht strecken, würden wir ein Zerrbild von germ. Göttern und Helden in uns aufnehmen. Äußerste Zurückhaltung ist also im gegenüber geboten.

Ausländische literarische Zeugnisse.

Eine zweite Gruppe von Zeugnissen sind die Nachrichten von Schriftstellern, die nicht in den nordischen Sprachen geschrieben haben. Hier kommen in erster Linie die Araber Ibn Dustah (um 912 n. Chr.) und Ibn Fadhlan in Betracht. Letzterer wurde 921/2 von Kalif Muktadir als Gesandter zu den Wolga-Bulgaren geschickt und hatte dabei oft Gelegenheit, mit den Russen zusammen zu kommen. Denn mit den Russen, wie sie bei den Arabern heißen, sind Schweden gemeint. Diese, die im 9. Jhd. den russischen Staat gründeten, nannten sich *ropsmenn ,,Ruderer, Seefahrer"; die Finnen aber faßten das als Volksnamen auf, und von ihnen kam er in der Form Rhús zu den Slaven.

Unter den Bekehrern verdient vor allem Adam von Bremen Beachtung (Ad. Br.). Er schrieb als magister scolarum Bremensis im Auftrage seines Vorgesetzten, des Erz

bischofs Adalbert von Hamburg - Bremen (1043-1072), 200 Jahre vor Saxo seine ,,Gesta pontificum Hamaburgensium“, eine Geschichte und Geographie der dem Erzbistum unterstellten Lande (ca. 1075). Adam ist vielleicht in Meißen geboren. Bremen bot zur Erforschung der nordischen Geschichte die beste Gelegenheit. Das,,nordische Rom" bildete damals den vielbesuchten Mittelpunkt der über Norwegen und Schweden ebenso, wie über Island und Grönland ausgedehnten nordischen Missionen. Dem gelehrten Lehrer der Domschule aber genügten die Aufschlüsse nicht, die die reiche Dombibliothek, das kostbare Archiv der Bremer Kirche, die Berichte der zahllosen Fremden von den nahen und fernen Inseln gewährten. Um möglichst sichere und eingehende Kunde zu erhalten, begab er sich zu dem Dänenkönige Swen Estrithson, der ,,die ganze Geschichte der Barbaren (der nordischen Völker) in seinem Gedächtnisse bewahrte, wie wenn sie darin geschrieben wäre" (II), und von König Swen erhielt Adam so eingehenden und so befriedigenden Aufschluß, daß er ihn als seinen Hauptgewährsmann bezeichnete.

Archäologische Zeugnisse.

Es liegt in der Natur der Sache, daß die Archäologie kein klares, geschweige ein allseitiges Bild von den vorgeschichtlichen religiösen Auffassungen der Nordgermanen geben kann. Auf den Funden von der Steinzeit an gewahrt man verschiedene Zeichen, z. B. napfartige Vertiefungen, Kreuzund Radfiguren, (die mit der Sonne in Verbindung gebracht werden) und kleine Streitäxte (Thorshämmer, zum Schutze gegen böse Geister, die vor dem Hammer erschrecken sollten). Die norw. und schw. Felsenbilder (Hällristningar) der Bronzezeit zeigen daneben das Hakenkreuz, ein Kreuz mit vier gleichen gebogenen Armen und ein ähnliches Kreuz mit drei Armen, die sog. Triskele (gr. Figur mit drei Beinen); beide treffen wir nur bei den arischen Völkern an. Vielleicht sind sie ein Ausdruck des Götterglaubens und religiöser Vorstellungen; aber welcher? Ist das Hakenkreuz ein Symbol des

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Blitzgottes? die Triskele ein Symbol der Göttertrias Odin, Thor und Frey? Vorläufig sind wir nur auf das Raten angewiesen. Möglicherweise sind auch die sehr großen Gestalten, die oft eigenartig zwischen den kleinen Figuren angebracht sind, Götter, und die Tiere den Göttern heilige Tiere. Aber weder ist das sicher, noch hilft es uns in der religiösen Erkenntnis weiter. Vorausgesetzt, daß die Deutungen richtig sind, gewähren sie uns doch nur ganz allgemein die Möglichkeit, aus ihnen auf religiöse Vorstellungen zu schließen. Nur selten kann die Archäologie Aufklärung über einzelne Göttergestalten oder über die Art und Weise geben, wie sich das religiöse Gefühl im täglichen Leben geäußert hat.

Außerordentlich wichtig ist der im Herbst 1902 im Trundholm Moor auf Seeland gefundene Wagen aus der älteren Bronzezeit (ca. 1000 v. Chr.). Der Fund besteht aus einer bronzenen Sonnenscheibe, die auf der einen Seite mit Gold belegt ist. Sie wird von einem zehn Zoll langen bronzenen Pferde gezogen; beide stehen auf dem unteren Teile eines Wagens mit drei Paar Rädern. Dieses dänische Sonnenbild ist nicht eine Ausstrahlung klassischer Vorstellungen, sondern ein nordischer Versuch, die Bewegung der Sonne zu erklären, den man an das Pferd anknüpfte, das edelste Haustier. Ohne Zweifel stellt der Fund ein Kultusbild dar, und die Vermutungen über einen Sonnenkultus im nördlichen Europa erhalten damit festen Boden unter den Füßen. Die eddische Vorstellung des Sonnenwagens, den die Sonnenrosse Arwakr und Alswinn ziehen (Grimn. 37), wird damit in prähistorische Ferne gerückt, und die Annahme einer klassischen Beeinflussung ist von vornherein. abgeschnitten.

Erst bei den Runensteinen der ältesten historischen Zeit, wo Schrift und Sprache erklärend hinzutreten, haben wir festeren Boden unter uns: die Thorshämmer auf ihnen und Inschriften wie Thor weihe diese Runen" zeigen den Gott als Beschützer der Menschen und Feind der Unholde, der die heilige Stätte vor äußerer Beschädigung wahren soll. Die

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Worte der Fyrunga - Inschrift von ca. 700,,Von Göttern stammende Runen schreibe ich. . . wir zwei Weiber verfertigten das Weihtum zum Andenken" beweisen, daß schon damals dem Norden die Runen göttlicher Abkunft waren, und kein anderer wie Odin wird sie die Menschen gelehrt baben. Aus einer Runeninschrift von der Insel Man vom Jahre 1075,,Thor weihe dich Riesenfürsten" d. h. ,,Thor weihe dich so, wie er den Riesen Thrym mit dem Hammer geweiht erschlagen hat" erhellt, wenn sie richtig gelesen ist, sogleich das Fortleben des bekannten Mythus, wie Thor seinen Hammer wieder heimholt.

Selbst die mythischen Darstellungen auf Goldbracteaten, Kostbarkeiten, Hörnern, dürfen nicht zu hoch geschätzt werden, wenn die dazu nötigen Inschriften fehlen. Im Jahre 1639 und 1734 wurden bei Gallehus auf Seeland zwei goldene Hörner gefunden; leider wurden sie später gestohlen und eingeschmolzen, sodaß wir nur auf die alten Abbildungen angewiesen sind. Die erste Abbildung zeigt das ältere Goldhorn, die zweite das jüngere.

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