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so fordert er ihn durch seine unzeitige Nachgiebigkeit nur noch mehr heraus: ein so unkriegerischer, feiger Mann, wirft ihm Loki vor, wie Bragi, werde schwerlich Überfluß an Roß und Waffen haben; während andere kämpften, ziere er die Bänke. Da legte sich Idun, Bragis Gattin, ins Mittel und beschwört ihn, sich nicht mit Loki in ein Gezänk einzulassen. Nichts wirkt auf den Streitenden verletzender, als wenn seinem Gegner zugerufen wird: laß dich nicht mit dem ein! In der Tat kommt jetzt Lokis Grimm zu voller Entladung. Aus bloßer Schmähsucht wirft er den Göttern die schandbarsten Ereignisse ihrer Vergangenheit vor, mit unfehlbarer Sicherheit weiß er bei jedem den wunden Punkt zu treffen. Die Göttinnen Idun, Gefjon, Frigg, Freyja, Skadi und Sif beschuldigt er der Buhlerei und rühmt sich bei Tys Gattin, Skadi und Sif selbst ihre Gunst genossen zu haben. Mit cynischer Offenheit prahlt er vor Skadi, sich bei dem Tod ihres Vaters besonders hervorgetan zu haben, und in dramatischer Steigerung gesteht er Frigg, daß er es gewesen sei, der Baldrs Rückkehr von Hel hintertrieben habe. Keiner von den Göttern kann sich mit Loki im Wettstreite messen; er übertrifft an Witz und Schlagfertigkeit alle, selbst Odin, den Gott der Redegewandtheit und Klugheit.

Den Höhepunkt erreicht die Handlung, als Sif, Thors keusche Gattin, Loki einen Becher Met zu trinken bietet und ihn bittet, wenigstens sie mit seinen spitzen Reden zu verschonen. Aber trotz dieses freundlichen Entgegenkommens wird sie beschuldigt, mit ihm selbst dem Gatten die Treue gebrochen zu haben. Kaum aber hat Loki den Namen des Donnerers ausgesprochen, da setzt die Peripetie ein, und jäh folgt die Katastrophe. Die Berge dröhnen, der Donnergott ist auf seinem Wagen heimgekehrt und stürmt in den Saal, um den Schändlichen endlich zum Schweigen zu bringen. Daß Thor die Lage beherrscht, zeigt sich sofort, indem er Loki ,schweig', elender Wicht!" zudonnert und droht, ihm mit seinem Hammer den Mund zu schließen und die Knochen zu zerschlagen. Zwar kann Loki auch gegen ihn sich nicht der verkleinernden Spottreden enthalten, aber er hat doch offenbar Angst und Achtung vor ihm, und vor ihm allein tritt er den Rückzug an: er weiß, daß Thor auch wirklich zuhauen wird. Er verläßt Ægis Halle, doch nicht, ohne dem Gastgeber alles Unheil zu wünschen: niemals wieder solle er ein Fest veranstalten, all seine Habe solle in Flammen auflodern. Mit dieser Hindeutung auf seine eigene verderbte Natur und den Weltbrand verschwindet er.

UII.

Ull ist der Sohn der Sif, Thors Stiefsohn. Er ist im Bogenschießen und im Schneeschuhlaufen so tüchtig, daß niemand darin mit ihm wetteifern kann. Schön ist er von Ansehen und besitzt alle Vorzüge eines Kriegsmannes; darum ist es auch gut, ihn in Zweikämpfen anzurufen (Gg. 31). Von Eibenholz wurden die Bogen gefertigt, im Eibental hat sich

Ull in der Vorzeit die hohe Halle gebaut (Grímn. 5). Er ist der BogenAse, mit dieser Waffe zieht er als Jagd-Ase auf die Schneefelder und Schneeberge zur Jagd aus.

Wie die Göttin Skadi eine treffliche Bogenschützin und Schrittschuhläuferin ist, so schnallt sich Ull in Norwegen zur Winterszeit die Schneeschuhe unter oder bedient sich in Dänemark primitiver Schlittschuhe aus Renntierknochen. Die Sage berichtet, daß er ein so geschickter Zauberer gewesen ist, daß er sich zur Überschreitung der Meere eines Knochens, auf den er Zaubersprüche eingegraben, wie eines Schiffes bediente und mit ihm eben so rasch wie mit dem Ruder die hemmende Wasserflut vor ihm überwand (Saxo 81). Unglaublich ist die Vorstellung, daß er auch seinen Schild als Fahrzeug benutzt habe. Ull wird als der Schild - Ase bezeichnet (Sk. 14), der Schild heißt auch Ulls Schiff (Sk. 46). Man sollte erwarten, daß Schneeschuhe oder Schlittschuhe Ulls Fahrzeug genannt würden. Nun aber bedeutet das gebräuchlichste nordische Wort für Schneeschuh zugleich auch,,Brett, Schild". Die Annahme ist sehr wahrscheinlich, daß die dichterische Bezeichnung,,Ulls Schneeschuh" in einer Gegend, wo Schneeschuhe nicht gebräuchlich waren, irrtümlich als Schild aufgefaßt, und daß dafür das gangbarere Wort für Schild eingesetzt wurde. Auch die Benennung Schild-Ase meint eigentlich den Schlittschuhgott.

Trotzdem die Edda nur diese wenigen Züge von Ull zu berichten weiß, muß er immerhin ein hoher Gott gewesen sein. Als Odin von Geirröd zwischen zwei Feuern gemartert wird, verspricht er dem Ulls Huld und die aller Götter, der zuerst ihn aus seiner qualvollen Lage befreit (Grímu. 42). Gudrun verflucht Atli bei Odins Berg und bei Ulls Ringe (Atl. 31). Auffallend groß ist die Zahl der nach Ull benannten Ortsnamen z. B. in Schweden Ullevi (Uppland und Vestmanland); in Norwegen begegnet sein Name mindestens 13 mal; zwei Gehöfte am Sognefjord heißen Ydal (Eibental).

Was Saxo von Ollerus berichtet, entspricht durchaus der hohen Stellung, die Ull im Norden eingenommen haben muß. Schon der Name läßt keinen Zweifel, daß Ollerus der mythi

sche Ull ist; noch deutlicher spricht dafür Saxos Erzählung von den Schlittschuhen aus Knochen, auf denen Ollerus über das Meer fährt.

Nachdem Odin die Rinda überwältigt hatte, wurde er von den Göttern verstoßen, weil er den erhabenen Glanz seiner Göttlichkeit befleckt hatte. Sie nahmen ihm auch jede gewohnte Ehre und jedes Opfer und wiesen ihn ins Elend. An seine Statt wählten sie den Ollerus, nicht allein zur Nachfolge in der Herrschaft, sondern auch in der Göttlichkeit; sie gaben ihm auch den Namen Odin. Ungefähr zehn Jahre lang führte Ollerus die Leitung der Götter. Da schien endlich Odin den Göttern, die die Härte seiner Verbannung bemitleideten, genug der schweren Strafe getragen zu haben. Odin vertauschte nun wieder seine häßliche Erniedrigung mit der früheren glanzvollen Stellung. Ollerus aber ward vertrieben, er ging nach Schweden, um dort seine Verehrung weiter auszubreiten, wurde jedoch von den Dänen erschlagen (Saxo 81/82).

Von einem anderen Zauberer, der ebenfalls einen an Odin erinnernden Namen, Mitothin trägt, und von einer zweiten Verbannung Odins weiß abermals Saxo zu erzählen:

Frigg hatte von der goldenen Bildsäule ihres Gemahls Gold entwendet und war ihm untreu geworden. So zweimal von der Gattin mit Unbill behandelt, ging Odin freiwillig in die Verbannung. Während seiner Abwesenheit machte sich ein gewisser Mitothin, angesehen durch seine Zaubereien, zum Gott. Als aber Odin zu Reich und Gemahlin zurückkehrte, war es für ihn mit seiner Zauberei zu Ende. Er entfloh nach Finnland und wurde getötet. Odin aber erlangte seinen früheren Ruhm fleckenlos wieder und zerstreute die Zauberer wie eine dunkle Wolke durch den Glanz seiner göttlichen Majestät (Saxo 25, 26).

Mitothin ist kein Eigenname, sondern ist mitodinn = aisl. mjotuðr der Richter, die Entscheidung bestimmende, also eine Bezeichnung für einen Gott, höchst wahrscheinlich für Ull.

Die Geschichte von Odins zeitweiliger Verdrängung durch Ollerus-Ull oder Mitothin wird gewöhnlich als ein Jahreszeitenmythus erklärt. Der Winter ist der Tod des Naturlebens. Odin der Todesgott ist auch Wintergott. In Ull, der Odins Sohn genannt wird, ist diese Eigenschaft zum selbständigen. Gotte entwickelt worden. Sein Name wird als der Herrliche, Majestätische gedeutet. Weil man sich den Wintergott im hohen Norden heimisch dachte, da wo die Finnen oder Lappen hausten, tritt Ull wie Skadi ganz in der äußern Erscheinung

von Finnen auf. Schon Tacitus berichtet von den Finnen, daß ihre einzige Hoffnung auf den Pfeilen beruht, die sie aus Mangel an Eisen mit Knochen spitzen, und daß die Jagd Männer wie Weiber ernährt (Germ. 46). Darum übt Ull das Weidwerk, und ist wie Skadi in der Kunst des Bogenschießens und Schneeschuhlaufens ausgezeichnet, die wir als speziell finnische Fertigkeiten seit alters her kennen. Von der Anwendung der Schritt- oder Schneeschuhe haben die Skridifinnen allein ihren Namen, und ohne die Erfindung dieses Gerätes, das über den Schnee des langen Winters hinweg den Finnen zu ihrer Nahrung verhalf, scheint eine Existenz für sie in ihren Regionen kaum möglich. Von ihnen lernten die Nordleute die Benützung des Skis kennen, dessen sie sich bei der Jagd bedienten. Die Finnen galten aber auch für außerordentlich zauberkundig. Auch Mitothin ist ein Zauberer, wie seine Verehrer,,Zauberer" (= Sitones, Tac. Germ. 40) genannt wurden, und er muß nach Finnland fliehen, wo alles. Zauberwesen heimisch war. Ebenso ist Ollerus in der Zauberkunst erfahren und fährt auf einem Knochen, über den er Zauberformeln spricht, wie in einem Schiffe über das Meer.

Widar.

Widar nennt man den schweigsamen Asen. Er besitzt einen dicken Schuh und ist beinah so stark wie Thor. In allen Gefahren setzen die Götter großes Vertrauen auf ihn (Gg. 29). Die Skalden bezeichnen ihn als den schweigsamen Asen, Besitzer des Eisenschuhs, Feind und Töter des Fenriswolfes, Rächer der Götter, Bewohner und Erben der väterlichen Wohnungen, Odins Sohn, der Asen Bruder (Sk. 11). Seine Mutter ist die Riesin Grid. Bei ihr kehrt Thor auf dem Wege zu Geirröd ein, und diese leiht ihm ihren Gürtel, ihre Eisenhandschuhe und ihren Stab.

Die Alliteration mit Vódenn zeigt, daß die Verbindung zwischen beiden Göttern spätestens ins 8. Jahrh. fallen muß. Bei Egis Gastmahle befiehlt Odin dem Widar aufzustehen und Loki den Platz einzuräumen. Er allein wird von Loki nicht gelästert. All sein Sinnen beherrscht nur der eine Gedanke, den Vater zu rächen; darum ist er der schweigsame Ase. Die Volkssage verweilt gern bei der Schilderung der über

großen Blödigkeit, in der die Helden ihre Jugendjahre verleben; oft verunstaltet ein Fehler die Kindheit und erste Jugend, aber aus dem Dunkel tritt dann plötzlich die leuchtende Erscheinung, gleichsam die zurückgehaltene Kraft hervor. Untätig und verachtet lebt der Heldenjüngling am Küchenherd oder im Stalle, aus dessen Schmutz er hernach bei dem rechten Anlasse hervortritt. Im stillen Gehölz, in der schweigsamen Heide Widi, unberührt vom Leben der Menschen, tummelt er jugendlich frisch sein Roß, bis die große Stunde ihn zur Vaterrache ruft (Grímn. 17). Dann eilt der gewaltige Held herbei, wenn Odin von Fenri verschlungen ist; er stößt die Klinge dem riesischen Ungeheuer ins Herz und rächt so den Vater (Vol. 54). Ausführlicher erzählt Snorri den Hergang:

Wenn der Wolf Odin verschlungen hat, eilt Widar herbei und tritt mit einem Fuße dem Wolfe in den Unterkiefer. Er besitzt nämlich den Schuh, zu dem das Leder alle Zeit zuvor gesammelt ist, und zwar aus den Flicken, die die Menschen vor den Zehen und an der Ferse aus ihren Schuhen schneiden, und darum soll ein jeder, der gewillt ist, den Asen zu Hilfe zu kommen, diese Flicken fortwerfen. Mit der einen Hand nun faßt Widar den Oberkiefer des Wolfes und reißt ihm den Rachen entzwei, und dadurch findet der Wolf seinen Tod (G. 51).

Das Rechtsbewußtsein der Nordleute forderte, daß die Ermordung des Unschuldigen gerächt würde. Darum herrscht auch Widar mit Wali zusammen im Wohnsitze der Götter, wenn Surts Lohen erlöschen (Vafþ. 51; Gg. 53): der Rächer Odins mit dem Rächer Baldrs. Sein Name würde als „,der Krieger aus Widi, dem Waldlande, der mit Buschwerk und hohem Gras bewachsenen Heide" guten Sinn geben, wenn nicht das Versmaß langes i verlangte. Ahd. Witheri ist der weithin Heerende, einer, der weithin Heerfahrten unternimmt oder auch der gewaltige Held, der Weitherrschende. Widar, Witheri ist ein altes Beiwort Wodans, denn es ist durch den Stabreim mit ihm gebunden, für eine bestimmte Eigenschaft des Gottes (vgl. etwa Odins Namen Widförul, der Weitumherschweifende), aus der dann im Norden eine besondere Gottheit erwuchs, die rein dichterisch gestaltet und ausgeschmückt wurde.

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