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schen Dichtern der Wikingerzeit zuerst gebildet. Sein Name scheint eine Ableitung von an. bragr,,Dichtung, Dichtkunst" (=ain. brahma Zauberkunst) zu sein, nicht von bragr,,Bester, Vornehmster". Er ist vielleicht sogar lediglich ein verkörperter Mensch, ein zu den Göttern versetzter Dichterheros. Bragi, der Dichter der Götter und in deren Dienste, geht Odin wie ein Hofskalde einem irdischen Fürsten zur Seite. Mit gutem Grunde hat man daher in ihm den zum Range des Gottes der Skaldenpoesie erhobenen norwegischen Dichter Bragi den Alten, Sohn des Boddi, gesehen. Der zufällige Gleichklang des ersten, schwachen Ansatzes der vergöttlichten Poesie mit dem ältesten geschichtlich bezeugten norwegischen Skalden mag die Veranlassung gewesen sein, dem schattenhaften Umrisse Fleisch und Blut zu verleihen. Zwar ist die Echtheit der unter dem Namen des Skalden Bragi Boddason überlieferten Lieder angefochten, aber unbefangene Beurteilung kann an der Existenz dieses Mannes keinen Zweifel hegen: er wirkte in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts. Es ist geschichtliche Tatsache, daß er, um dem Zorne des Schwedenkönigs zu entgehen, ein Preislied auf diesen dichtete und dadurch sein Haupt rettete, und der dem Gotte Bragi von Loki gemachte Vorwurf der Feigheit wird dadurch verständlich (S. 426). Obwohl Bragi ausdrücklich zu den Asen gerechnet wird, hat er es doch nicht weiter als zum Hofskalden beim Götterschmause und Begrüßer der Gäste gebracht. Er ist ein Vorbild des Skaldentums an den nordischen Höfen, aber kein Skalde leitet seine Begabung und Begeisterung von ihm her; in der reichen Fülle skaldischer Benennungen und Umschreibungen der Dichtkunst wird Bragi mit keinem Worte berührt, sondern immer ist Odin unmittelbar der Urheber und Geber. Aber der geschichtlich beurkundete Skald Bragi ist schon früh in Sage und Dichtung verwoben, und der Übergang des Menschen zum Gotte mag in folgender Sage angedeutet sein:

Als Bragi der Alte spät abends durch einen Wald zu Wagen zog, redete ihn ein Trollweib an und fragte, wer da führe. Bragi antwortete mit einem rätselartigen Verse, der sechs dichterische Bezeichnungen für einen Skalden enthält, darunter vier, die auf Odin als den Urquell alles

dichterischen Geistes und Vermögens zurückgehen. Schließlich gibt Bragi selbst die Lösung, indem er sagt: Was ist das sonst, wenn nicht ein Skald? (Sk. 51).

Die Göttinnen.
Frigg.

Alle germanischen Stämme haben eine weibliche Göttin Frija verehrt, d. h. die Geliebte oder die Gemahlin des höchsten Gottes, des leuchtenden Himmelsherrn Tius. Es ist früher gezeigt worden, daß dieser uralte Germanengott als Ty im Norden nicht nur Kriegsgott gewesen ist, sondern auch Thinggott und Herrscher des lichten Tages und Himmels, der an der Spitze des Götterstaates stand, bevor ihn WodanOdin verdrängte. Die Gemahlin des Tius als Gottes des alles überwölbenden und bedeckenden Himmels war die Erde, als Gottes des lichten Tages die Sonne. Wenn nun der Norden keine Gattin des Ty mehr kennt, so liegt auch hier der Schluß nahe, daß er diese an Odin hat abtreten müssen.

Nur unter dieser Voraussetzung wird der Vorwurf der Buhlerei verständlich, der ihr wiederholt gemacht wird. Auch von ihr wie von Freyja wird der Halsband-Mythus erzählt. Sie bemächtigte sich durch einige Schmiede des Goldes, mit dem eine dem Odin geweihte Bildsäule über und über geschmückt war, und als Odin die Schmiede hatte aufhängen und die Statue wieder künstlich aufrichten lassen, gab sie sich einem Diener hin, um durch List nach Zerstörung der Bildsäule zu dem Golde zu gelangen und sich mit ihm zu schmücken (Saxo 25). Auch hier wird wie bei Freyja das Gold auf die Sonne zu deuten sein; die Schmiede entsprechen den Zwergen, die das Goldhalsband Brisingamen verfertigt haben und es Freyja erst überlassen, nachdem sie jedem von ihnen eine Nacht gewährt hat (S. 228).

Als Frigg bei Ægis Gelage zwischen Odin und Loki ver mitteln will, herrscht sie Loki an:,,Schweige du, Frigg, Fjörgyns Geliebte!" (Lok. 26). Fjörgynn ist aber einer der Beinamen des uralten großen Volksgottes und bedeutet vermutlich

den auf den Bergen thronenden Donnergott (S. 335). Ihre Verbindung mit Odin, der sie dem ersten Gatten entrissen hatte, konnte wohl als ein zweideutiges Verhältnis von dem alles entstellenden und verdrehenden Loki hingestellt werden und es dem Lästerer gestatten, es mit ihrer Männersucht in Verbindung zu bringen. „Du Metze, schilt Loki sie weiter, warst immer männertoll: den Wili und We hast Du in der Urzeit beide in den Arm genommen." Der damit berührte Mythus wird durch Snorris Bericht bestätigt: Odins Brüder Wile und We, die während seiner Abwesenheit sein Reich verwalteten, hätten einmal, als er zu lange ausblieb und auf seine Rückkehr nicht mehr zu rechnen war, sein ganzes Erbe unter sich geteilt, die Frigg aber gemeinschaftlich zur Frau behalten, bis er kurz darauf sich wieder eingestellt und sie selbst wieder als Frau angenommen habe (Yngl. S. 3). Hier ist von der Gewinnung des Schmuckes nicht die Rede.

Als Mutter des Lichtgottes Baldr muß Frigg selbst eine Lichtgöttin sein. Sie beweint das Unglück, das die Bewohner von Walhall durch Baldrs Tod getroffen hat, sie nimmt allen Wesen den Eid ab, daß sie Baldr nicht schaden sollen, sie entsendet den Hermod zu Hel, sie bittet die tote Natur, um Baldr zu weinen, ihr schickt Nanna ein Kopftuch, das Abzeichen der Hausfrau, aus der Unterwelt. In der ergreifenden Schilderung der klagenden und zur Klage auffordernden Göttermutter hat der Norden selbständig ein würdiges Gegenstück zu den Wehklagen der Thetis und ihrer Nymphen um den toten Achilleus oder der Maria um den gekreuzigten Heiland geschaffen.

Als Sonnengöttin wohnt sie in Fensalir (den Meersälen); in der Tiefe des Meeres geht die Sonne am Abend zur Rube, wie der Wanderer in seinem Hause (Vol. 34). Mit der vielkundigen Erzählerin Saga-Frigg, der im Wasser widerscheinenden Sonne, trinkt Odin täglich aus goldenen Geschirren in Sökkwabek (Grímn. 7; Gg. 35). Als Sonne, die segnend und befruchtend auf das Erden- und Menschenleben wirkt, ist Frigg die Göttin der Liebe und Ehe. Wie Odin der Erreger jeden Geistes und des kriegerischen insbesondere, so

ist Frigg die Spenderin des Ehesegens und die Schutzgöttin der Liebe überhaupt. Wie Odin Schöpfer und Erhalter des Weltganzen ist, so erscheint Frigg,,die Herrscherin der Asen und Asinnen" (Sk. 19) als die umsichtige Götter- und Weltenmutter, die an Odins Seite für den großen Haushalt des Alls sorgt. Sie sitzt neben Odin auf der Hausbank und schaut auf die Welt herab, gleich der Hausfrau, die das Treiben im Hofe beobachtet (Grímn.) und kommt mit ihm zum Göttermahle. Mit Schleiertuch und Spinnrocken erscheint sie selbst als Hausfrau. Sie ist der künftigen Dinge kundig, obwohl sie keine Weissagungen ausspricht (Lok. 29; Gg. 20), darum berät sich Odin mit ihr, als er sich mit Wafthrudni im Weisheitskampfe messen will. Mit weiblicher Schlauheit siegt sie über Odin, indem sie seinem Lieblinge Geirröd schadet, ihrem eigenen, Agnar hilft (321). König Reri, einer der Ahnherren des Wölsungengeschlechtes und seine Frau bitten die Götter um Nachkommenschaft. Frigg erhört ihre Bitten und ebenso Odin, um was sie baten. Er sendet seine Walküre, Frigg gibt ihr den fruchtbar machenden Apfel in die Hand und heißt sie den dem Könige bringen. In Gestalt einer Krähe fliegt Odins Maid zu dem Hügel, worauf der König sitzt, und läßt den Apfel in seinen Schoß fallen, den er seiner Gemahlin nach Hause bringt und zu essen gibt. Die König aber gebiert den Wölsung (Vols. S. 1; vgl. K. H. M. Nr. 47, 53 und Iduns Äpfel). Wie Freyja hilft sie Müttern in schwerer Stunde (Oddr. 8), einmal wird ihr auch Freyjas Falkenkleid beigelegt (Sk. 19)). Für Friggs Wesen und die Äußerungen ihrer Macht sind die Personifikationen von Bedeutung, die Frigg als göttliche Dienerinnen beigegeben sind (Gg. 35):

Fulla, die Göttin der Fülle, des Reichtums, die in Deutschland ihr als Schwester beigegeben war (II. Merseburger Zauberspruch), erscheint belebter und selbständiger als die übrigen. Sie, die noch Jungfrau ist mit losem Haar und goldenem Kopfbande, dem Schmucke des Mädchenstandes, ist Friggs Vertraute und in die heimlichen Pläne der Herrin eingeweiht. Ein Skaldenvers umschreibt, auf ihr goldenes Haarband anspielend, das Gold als Sonne von Fullas Stirne (Sk. 30, 34). Frigg sendet sie zu Geirröd und läßt ihm sagen, er möchte sich vor den Hexenkünsten eines Zauberers in Acht nehmen; darum wird Odin, als er unter dem Namen Grimni zu

dem Könige kommt, grausam gefoltert. Wenn ihr Nanna aus der Unterwelt den goldenen Fingerring zuschickt, so deutet das vielleicht an, worauf sich Friggs vertrauliche Beratung mit ihr bezieht. Sie trägt außerdem Friggs Truhe und bewahrt ihr Schuhzeug. Der Schuh wurde im Norden bei Adoptionen und Legitimationen angewandt. Das Rechtssymbol würde für die Gemahlin des großen Gottes, der über das Recht waltet, gut passen.

Von den übrigen Dienerinnen verdienen nur drei Beachtung: War hört auf die Eide, Syn ist bei den Thingversammlungen zur Schützerin bestellt. War wird einmal gelegentlich erwähnt: Thrym heißt den Thorshammer auf die Knie der vermeintlichen Braut legen: „Weihet uns zusammen mit Wars Hand" (Thrymskv. 30). Die über Treue und Eid wachende, wie die den Rechtsgang hütende Dienerin weisen abermals auf Friggs alte Verbindung mit dem Thinggotte Tius hin. In Eir der Hilfreichen“ hat die Heilkunst der Frauen eine göttliche Vertreterin gefunden (vgl. Fjølsv. 36, 38).

Die Pflanze Orchis maculata, die zum Liebeszauber dient, heißt noch heute auf Island,,Gras der Frigg", in Norwegen aber Mariengras. Umgekehrt heißt das Sternbild Orionsgürtel, ,,Marienrocken" (D.),,,Rocken", „Spindel“ der Frigg (S.). Frigg erscheint also als Liebesgöttin und als eine spinnende und webende Göttin; sie führte wahrscheinlich ebenso die Aufsicht über den Fleiß der spinnenden Frauen, wie Holda und Berchta in Deutschland. Wie Fulla Friggs Schmuckkästchen verwahrt, so hat Maria in Schweden eine ,,Schlüsselmagd" bei sich; auch der Marienkäfer (Coccinella) hat von ihr diesen Namen „Jungfrau Marias Schlüsselmagd“. In der Nacht vom Donnerstage zum Freitage muß in Schweden jedes Spinnrad ruhen, denn dann spinnen der Gott Thor und Frigge. Aber darunter sind vielleicht nicht der Asen-Thor und Odins Gemahlin, sondern der Person gewordene Donnerstag und Freitag (Thors-Fredag) zu verstehen, wie in Oberdeutschland der Donnerstag (Pfinztag) zu einem mythischen Wesen, die Pfinze, geworden ist.

Hel.

Die Unterwelts- und Totengöttin Hel,,,die Verhehlende, Verhüllende", ist die Personifikation des Grabes, die persönlich aufgefaßte Hölle. Gemeingermanisch ist die Vorstellung einer Schattenwelt, halja, deutsch Hölle, der alle Gestorbenen

Herrmann, Nordische Mythologie.

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