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der gefangenen Feinde ist die Vollstreckung des vor der Schlacht eingegangenen Gelübdes, ein ,,Bittopfer mit verschobenem Zeitpunkt". Bei den Germanen beruht diese Sitte auf der Anschauung, daß die Götter über das Los der Gefangenen selbst gesprochen, ihr Schicksal bestimmt und entschieden haben, und daß jeder Kampf eigentlich ein Gottesgericht ist, das den Unterliegenden verurteilt. Auch hinter der Vernichtung der gesamten Kriegsbeute steckt ohne Zweifel ein Opfer für den furchtbaren Kriegsgott. Die Moorfunde in Schleswig und Dänemark, die soviel Waffen und Geräte zu Tage förderten, sind offenbar auf ähnliche Gelübde zurückzuführen. Die Waffen zeigen Spuren von Hieben und Stichen, die Speerspitzen sind verbogen, die Schwerter zerbrochen, Lanzenstangen und Bogen durchhauen. Mehrere Schildbuckel sind zusammengezogen, ein großer Bronzekessel ist kreuz und quer zerhackt. Alles das, die wertvollen Gold- und Silbersachen, die ganzen und zerbrochenen Waffen, Tröge, Tongefäße und die niedergemachten Pferde hat ein siegreiches Heer als Siegesopfer für die Götter auf dem Platze gelassen. Einer der kostbarsten dieser Funde ist, was bemerkenswert sein dürfte, im Thorsbjerg-Moor gemacht worden.

Religiöse Elemente bestimmten auch den Zweikampf. Auch hier ward Zeit und Ort im voraus verabredet und das Feld gehaselt.

Wenn der Zweikampf beginnen sollte, ward ein fünf Ellen langes Tuch auf dem Boden ausgebreitet, dessen Zipfel mit Ösen an hölzernen mit Köpfen versehenen Pflöcken befestigt wurden. Der Mann, der dies alles in Ordnung brachte, mußte zu den Pflöcken so hingehen, daß er den Himmel zwischen den Beinen sah und das Ohrläppchen mit einem [leider nicht mitgeteilten] Spruche anfaßte, der bei dem Pflockopfer gesprochen wurde ein altes Zaubermittel, um in die verborgene Welt hineinzuschauen und das Menschenauge noch mehr zu schärfen, ist hier Rechtsbrauch geworden (Kormaks S. 10). In der Nacht vor dem Ringkampfe mit Gunnlaug Schlangenzunge betete Thord zu Thor um den Sieg. Als sie sich nun faßten, schlug Gunnlaug zwar dem Gegner beide Beine unter, allein er verrenkte sich selbst dabei den Fuß und fiel zu Boden (S. 332). Nach Beendigung des Zweikampfes folgte ein Opfer, wie die norwegischen Sagas lehren. Als Egil in Norwegen um den Besitz von seines Weibes Erbe mit Atli, der ihm dasselbe verweigert, einen Zweikampf eingeht, wurde

ein großer und alter Stier vorgeführt. Den hieß man das Opfertier; das sollte der schlachten, der den Sieg behielt; das war zuweilen ein Tier, zuweilen aber ließ jeder der beiden Kämpfer sein eigenes vorführen. Als Atli fiel, sprang Egil rasch auf, und dahin, wo das Opfertier stand. Er griff mit einer Hand an das Maul und mit der andern an das Horn und drehte es so, daß die Füße in die Luft sahen, und das Halsbein auseinander ging (Egils S. 68). Kormak hatte den Thorward im Zweikampfe schwer verwundet und das Rind als Siegopfer sofort niedergehauen. Sobald Thorward wieder auf den Füßen stehen konnte, fragte er ein zauberkundiges Weib, was ihm am ersten zur Besserung seiner Gesundheit diensam wäre. Sie riet ihm, mit dem Blute des Stieres, den Kormak nach dem Zweikampfe geschlachtet habe, eine nahe Elbenhöhle zu bestreichen und aus dem Fleische den Elben ein Mahl zu bereiten. Sobald er geheilt war, forderte er den Kormak sofort wieder, hatte aber das frühere Schicksal, und jener schlug auch den unvermuteten Angriff eines andern glücklich ab. Darauf hieb Kormak den Opferstier nach der Sitte (Korm. S. 22/23).

Der Götterdienst im Rechtsleben.

Die Vorstellung, daß den Germanen das Recht nicht als Menschenwerk, sondern von göttlicher Herkunft erschien, wird von den heutigen Rechtsgelehrten bestritten. Die Annahme einer spezifisch priesterlichen Überlieferung des altgerm. Rechts ist allerdings zu verwerfen, weil sie den Priestern eine Stelle und Bedeutung anweist, die sie in der Vorzeit niemals eingenommen haben. Auf der anderen Seite ist zuzugeben, daß der Vollzug der Todesstrafe ein Kultakt war, und daß das germ. Kriminalrecht in seinem letzten Grunde auf der religiösen Idee der Sühnung beruhte. Mag auch der eddische Rechtsgott Forseti von den Friesen zu den Skandinaviern gewandert sein und hier seine richterliche Tätigkeit mit seinem Vater Baldr geteilt haben, es steht doch fest, daß bei allen Germanen der oberste Befehlshaber des in Thing und Heer versammelten Volkes der machtvoll gebietende Himmelsgott Tius war. Unter seinem Schutz und Befehle stand in Krieg und Frieden, kämpfend und beratend das Volk. In seinem Namen geboten die Priester Stillschweigen, in seinem Namen straften sie. Recht und Religion sind dem Germanen so sehr eins, daß, da auf dieser Welt nur Unrecht geschehen kann, erst in der neuen Welt nach den Ragnarök die Rechtsordnungen

dauernd und unverletzlich sein können. Die Götter sind die Schutzherrn der Lebensordnung und des Blutsverbandes der Familie; Frevel dagegen ist also Religionsfrevel, darum ist den Göttern, nicht den Menschen die peinliche Gerichtsbarkeit innerhalb der Familie anheimgestellt.

Wie die ganze Menschheit von den Göttern abstammt, Heimdalls Geschlecht ist, so ist auch die Ständeordnung das Werk der Götter. Daß Heimdall selbst die drei Stände der Sklaven, der Gemeinfreien und der Edelgeborenen gegründet habe, aus denen der König hervorgegangen sei, mag rein dichterische Vorstellung sein, aber durch seine Könige stand das Volk in unmittelbarem Zusammenhange mit den Göttern. Vom Beginne der geschichtlichen Zeit an steht über dem Gemeinfreien, dem ,,Heer-Mann", der Adel kraft seiner höheren Geburt. Dem Edelgeschlechte legte man göttliche Abkunft bei, sein Urahn forderte und genoß dauernden Kult. Daher schrieb der Volksglaube der edlen Art auch Kräfte zu, die über die gewöhnlichen hinausgingen, z. B. das Verständ nis der Vogelsprache. Daher glaubte man im Edelgeschlechte Land und Leute von der Gottheit geschirmt. Daher stammt auch der höhere Wert, den das Recht wie die Gesellschaft auf den Menschen von edler Art legt, und darum wird der König aus dem Adel genommen. Das Priester- oder Königsgeschlecht, das dem Kultus der Stammesgottheit vorstand, leitete seinen Ursprung in gerader Linie von ihr ab. Die schwedischen Könige von Uppsala wie die dänischen von Hleidr führen ihre Herkunft auf den Wanengott Frey zurück. Freys oder Tys Geschlecht heißen die nordischen Könige allgemein. Der Vorsitzende und Leiter des Opfers war in Norwegen und Schweden der König, Jarl oder Herse (d. h. der Jarl, der zum Beherrscher eines Gaues erhoben war).

Heer- und Kriegswesen bilden den eigentlichen Brennpunkt für das öffentliche Leben der Germanen. Religion, Verfassung und Recht der Germanen sind in wesentlich kriegerischem Geiste gestaltet. In den altgerm. Kampfordnungen wie in den Gerichtsversammlungen wurden die dem über Kampf und Recht waltenden Himmelsgotte Tius

geweihten Haselstauden zur Umhegung des unter göttlichen Schutz gestellten Platzes verwendet, auf dem das Recht, sei es durch die Waffen, sei es durch Urteil gefunden werden sollte. Die Sagas bieten genaue Schilderungen der Haselung der Thingstatt.

Auf einem ebenen Felde war ein Kreis durch Haselstangen abgesteckt, die von außen mit Schnuren umzogen waren, die man heilige Bänder" hief. In diesem Ringe saßen 36 Richter, 12 aus jedem der drei vereinigten Landbezirke. Über dem ganzen Gerichtsfelde lag eine besondere Heiligung, die von dem Goden am Vorabende darüber ausgesprochen ward. Besonders geheiligt war der abgegrenzte Ring, den die Haselstangen mit den heiligen Bändern umschlossen. Wer die Bänder entzweischnitt, die Stangen niederwarf und in den Ring einbrach, verletzte den hohen Thingfrieden und Jud größte Schuld auf sich (Egils S. 56; Frostathingslog I § 2).

Die Haselung der Walstatt wie des Thingfeldes geschah unter Spruch und Brauch, die uns heute leider verschollen sind; im Norden wie im Süden der Ostsee stand der Friede wie der Krieg unter dem Gesetze des Tius, der über dem Streite der Speere und Schwerter wie dem Streite um das Recht waltete. Und wie man den Gegner zur Beantwortung der Klage und zum Austrage der Sache auf eine bestimmte Thingstätte am gesetzten Tage lud, so forderte man den Feind zur Entscheidung durch die Waffen auf ein genanntes Feld am festen Tage. So diente auch der Heerpfeil im Norden nicht bloß als Ladung zu den Waffen, sondern auch zum gebotenen Thing bei Verletzung des gemeinen Friedens.

Die Gerichtsstätte war zugleich Opferstätte. In ihrer Nähe stand der Opferstein, an dem den zum Tode Verurteilten der Rücken gebrochen wurde, oder auch das heilige Wasser, in das diese als Opfer versenkt wurden. Auf Island ward die Thingstätte gern in Verbindung gebracht mit den Bezirkstempeln. Als Thorolf Mostrbart seinen aus Norwegen mitgebrachten Tempel in Island wieder aufrichtete, setzte er zugleich ein Bezirksthing ein, und zwar innerhalb der heiligen Gemarkung (S. 344). Als sich das Bedürfnis nach einer für die ganze Insel gemeinsamen Rechtsordnung geltend machte, wurde ein angesehener Norweger Ulfljot beauftragt, ein für ganz Island gültiges Landrecht auszuarbeiten. Das wichtigste

dieser neuen Gesetzgebung war die Einrichtung einer allgemeinen Landesversammlung (des Allthing) als oberstes Gericht und gesetzgebende Versammlung für ganz Island und die Einführung des Gesetzessprechers. Der Ort, an dem das isl. Allthing unter freiem Himmel tagte, hieß Thing wöllr (Thingebene, heute Thingvellir) und lag im Südwestteile der Insel. Eine in der Thingebene befindliche Anhöhe diente dem Gesetzsprecher zu seinen Rechtsvorträgen und zu den öffentlichen Verkündigungen: sie wurde deshalb Gesetzesfelsen genannt.

Zu den Eröffnungsverhandlungen gehörte außer dem Opfer, der räumlichen Einfriedigung und der Verkündigung des Thingfriedens das Gebot des Stillschweigens. Der Priester sprach es aus im Namen des Gottes, dem das Thing geheiligt ist, und damit trat der volle Friede ein. Die dabei übliche Formel lautete: ,,Ich gebiete Lust und verbiete Unlust" (d. i. Aufmerksamkeit und Unaufmerksamkeit). War die Beratung zu Ende, so wurde der Bann durch die Priester und die Versammlung geschlossen.

Durch das Bewußtsein, unter der unmittelbaren Obhut · der Gottheit zu stehen, bekam das Volk einen durchaus religiösen Anstrich. Eine Reihe gerichtlicher Handlungen trägt ein religiöses Gepräge und steht damit in genauer Beziehung zum Tempeldienste. Alle rechtlichen Funktionen im Gerichte erforderten zu ihrer Gültigkeit die Ablegung eines Eides, der auf den heiligen Altarring geschworen wurde.

Der Mann, der einen Tempeleid schwören sollte, nahm den silbernen Eidring in die Hand, der bestrichen war mit dem Blute des Opfertieres (Vígagl. S. 25). Einen Ringeid schwur Odin, um den Met zu behalten; beim geweihten, weißgefärbten Steine will Gudrun mit heiligen Eiden ihre Unschuld erhärten (Gupr. III3); Helgi und Sigrun haben sich heilige Eide gelobt beim Wasser der Unterwelt und dem Steine der Unn (d. h. Welle, eine Tochter Ægis; H. H. II 29); schlecht hielt Atli die Schwüre, die er dem Gunnar bei der Sonne gelobt, dem Berge des Sieggottes Odin, dem Pfosten des Ehebettes, bei Ulls Ringe (Atlakv. 31); Wölund läßt sich vom Vater der Geliebten alle Eide schwören bei des Schiffes Bord und des Schildes Rand, bei der Schneide des Schwerts und dem Schenkel des Rosses (Vol. 33). Frey und Freyja und der starke Thor samt Odin mögen mir zürnen beteuert Hallfred (S. 217); ich schwöre einen Eid auf den

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