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erlangte, ist ein äußerst lehrreicher Beitrag für die Entwickelung der Religion.

Priesterinnen.

Auf Island konnte sogar ein Godord (Hof mit Priester-, Verwaltungs- und Richteramt) auf die Tochter erben, die aber natürlich das darauf ruhende Amt durch einen Mann des Bezirkes verwalten lassen mußte. Nicht nur in erdichteten Sagen oder mythischen Überlieferungen (Yngl. S. 4; Hyndl. 13), sondern auch in zuverlässigen isl. Sagen wird von Tempelpriesterinnen gesprochen, von Weibern, die den Godentitel führten (gydja); natürlich konnten diese niemals die vollen Rechte eines Häuptlings ausüben. Sie werden lediglich die priesterlichen Funktionen ausgeübt haben, die auf dem Godord lagen; die staatsrechtlichen Befugnisse aber, welche die Würde verlieh, standen einem Manne zu. Besonders für

den Opferdienst in den Höfen der Göttinnen werden diese priesterlichen Frauen befugt gewesen sein. Das erste Werk, das die Götter nach dem Bau Asgards taten, war, die Tempel zu errichten, in denen ihre zwölf Sitze und Odins Hochsitz standen; dann bauten sie einen zweiten Saal, dies war der Hörg, den die Priesterinnen besaßen (Gg. 14). Die Isländerin Steinwör war Tempelpriesterin und pflegte des Haupttempels; dahin mußten alle Bauern Tempelzoll zahlen. Sie hatte ihre Not damit, daß ein Christ nicht wie andere Leute den Tempelzoll zahlen wollte (Vopnf. S. 10). Die Freyspriesterin in dem großen schwedischen Freystempel war ein junges Mädchen; sie wurde des Gottes Weib genannt und zog mit dem Götterbilde zu den Opferschmäusen an den Freysfesten. Übertrieben, wenn nicht aus finnischen Verhältnissen übernommen, ist die Nachricht, daß im großen bjarmischen Tempel 60 Priesterinnen die Tempelpflege und die Verrichtung des damit verbundenen Opferdienstes ausgeübt hätten (FAS III 627). Die mit vé zusammengesetzten weiblichen Eigennamen deuten teils auf den Stand, teils auf die besonderen Funktionen der Priesterinnen: Wefreyja, Wedis, Weny sind die priesterlichen Mädchen; Webjörg ist die das Heiligtum

Herrmann, Nordische Mythologie.

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oder das Opfer hütende, Welaug die es badende oder waschende Jungfrau.

Das Erforschen der Zukunft.

Wie die Sprache lehrt, gehörten Losung und Opfer zusammen aus dem Blute der geopferten Tiere und Menschen und dem Wurfe der durcheinander geschüttelten Zweige und Stäbchen weissagte man die Zukunft. Vor dem Beginn einer Heerfahrt zerschmetterten die Normannen den zum Opfer bestimmten Menschen den Schädel, legten das Gehirn bloß und ersahen aus dem zuckenden Herzen den Ausgang des Unternehmens. Wie das Blut, so hielt das Altertum das Gehirn, den Schädel für den Sitz des Lebens und trieb damit weissagenden Zauber.

König Geirröd besitzt ein großes Trinkhorn voll Zauberkraft, an dessen Mündung sich ein mit Fleisch bekleidetes Haupt befand, das sprechen konnte und zukünftige Dinge voraussagte (FMS III 391). Einem Knechte erscheint ein unverhülltes, vom Körper abgetrenntes Menschenhaupt, das eine halbe Strophe spricht und auf Tod und spätere Kämpfe hinweist (Nj. 77). Ein Isländer Thorleif hatte sich den Kopf eines Ertrunkenen, nach anderen eines Kindes, verschafft und gebrauchte diesen zum Wahrsagen: er benetzte ihn jedesmal, wenn er ihm weissagen sollte, mit Wein und Brot, bewahrte ihn aber sonst vorsichtig und heimlich in einer Kiste oder in einer Felsspalte. Als ein isl. Zauberer i. J. 1648 hingerichtet werden sollte, schnitt die Axt nicht: da fand man in seinem Schuh ein Stück von einem mit Runen beschriebenen Menschenschädel. Noch heute wird ein menschlicher Schädel zum Zaubern benutzt. Eine grauenhafte dänische Formel lehrt, wie der Schädel eines gehenkten Mannes, abgehauen, über Feuer gesetzt, bis Fett herauströpfelt, die Fallsucht oder Trunksucht heilen kann oder unsichtbar macht oder die Zukunft kündet. Wenn nun Odin mit Mimis abgeschnittenem Haupte, das er durch seinen Zauber unverweslich gemacht hatte, Gespräche hält, so oft er Rates bedarf, so ist der alte mythische Ausdruck Odin befragt den Elementargeist in seinem Elemente mißverstanden, und man hat ihn mit einem zauberhaften Opfergebrauche zu erklären versucht (S. 315).

Opfer und Losung mußten vereinigt sein. Denn das Los allein konnte täuschen, insofern die Deutung irren konnte. Auch konnte die Entscheidung zweifelhaft sein, so daß erst das Zeichen nach dieser oder jener Seite den Ausschlag gab:

daher war es nötig, auch andere Orakel zu befragen, vor allem das Opferblut (vgl. Hym. 1).

Die mythische Ynglinga Sage erzählt, wie die Uppsalakönige gern zum „Erfragen“ gingen.

Dieser Ausdruck sowie der andere die Stäbe schütteln" zeigt, daß Losorakel das übliche Mittel waren, die Zukunft zu erforschen oder Rat und Anweisung zu erhalten; in die Stäbe oder Späne wurden Runen gekerbt.

Der schwedische König Dag, der die Sprache der Vögel verstand, hatte einen Sperling, der ihm, wie Odin seine Raben, viel Neues erzählte: er flog bald in dieses, bald in jenes Land. Als einst sein Sperling nicht wieder kam, ließ er den stärksten Herdeneber (dem Frey) opfern, um zu , erfragen", was aus ihm geworden sei (Yngl. S. 18). König Grammar begab sich nach Uppsala im Frühjahr, zu opfern, wie es Sitte war gegen den Sommer, daß Friede wäre. Ihm fiel der Span so, daß er nicht lange leben würde (Yngl. S. 38). Als Halfdan der Alte die Regierung antrat, hielt er ein großes Opfer um Mitte Winters und opferte darum, daß er 300 Jahre herrschen möchte; das Orakel sagte, daß er nicht mehr als ein Menschenalter leben, aber in 300 Jahren auch nicht ein berühmter Mann gleich ihm in seinem Geschlechte sein sollte (FAS II; Sk. 62). Königin Gunnhild, die ehemalige Zöglingin der Finnen, opferte den Göttern, um zu erfahren, was die ihren Söhnen aufsässigen Häuptlinge in geheimem Gespräche beraten hatten.

Nach feierlichem Gottesdienste begab sich König Fridleif in den Tempel der Götter, um über das künftige Schicksal der Kinder das Orakel der Schicksalsgöttinnen zu befragen (Saxo 181). Als Haldan die Unfruchtbarkeit seiner Gemahlin gewahrte, eilte er nach Uppsala, um dort Fruchtbarkeit für sie zu erbitten. Er erhielt von Odin den Bescheid: um sich Nachkommenschaft zu erwecken, müsse er erst den brüderlichen Manen das Totenopfer bringen. Als er dem Orakelspruche gehorchte, bekam er einen Sohn, den sagenberühmten Harald Hildetan (Saxo 246). Thorolf Mostrarskegg veranstaltete ein großes Opfer und befragte seinen vertrauten Freund Thor, ob er sich mit König Harald versöhnen oder auswandern solle: das Orakel wies ihn nach Island. Ingolf vom Sognefjord richtete im Winter ein großes Opfer an und befragte die Götter um sein Schicksal: die wiesen ihn nach Island (FMS I116). Man legte also dem Gotte beim Opfer seine Frage vor; erwähnt werden Odin, Thor und vielleicht Frey.

Ein Schwede, der an der Vertreibung des Bischofs Gauzbert teilgenommen hatte (840), fing hinterher an, den Zorn der Götter zu fürchten: deshalb ging er, wie es dort Sitte war, zu einem Priester und bat ihn, er möge durch das Los erfragen, welchen Gott er beleidigt habe, und dann ihm angeben, wie er diesen versöhnen könne (V. Ansg. 18). Der König

Anund rät den Dänen bei ihrem Angriff auf den reichen Handelsplatz Bjarkö, sie möchten durchs Los fragen, ob es ihnen nach dem Willen der Götter beschieden sei, den Ort zu zerstören. Er sprach: Dort sind viele große und mächtige Götter; dort ist auch vor Zeiten eine Kirche erbaut, und viele Christen dienen dort Christus, der der stärkste aller Götter ist und denen auf jede Weise helfen kann, die auf ihn hoffen. Notwendig muß also zuerst erforscht werden, ob ihr dazu durch den Willen der Götter getrieben werdet." Das konnten sie, weil es so bei ihnen Brauch war, nicht abschlagen. Man fragte also durchs Los und fand, daß ihr Vorhaben keineswegs zu ihrem Glück ausfallen würde. So befragte man das Los wiederum, wohin sie sich wenden könnten, um wenigstens Geld zu bekommen, damit sie nicht mit vereitelter Hoffnung und leeren Händen zu den Ihrigen zurückkehren müßten. Da fiel das Los, daß sie nach einer fernen Stadt im Lande der Slaven ziehen müßten (K. 19). Als der hl. Ansgar selbst nach Schweden kam und König Olaf um Aufnahme bat, antwortete dieser, daß er zuerst darum seine Götter durch das Los befragen, dann auch einen Beschluß des Volkes einholen müsse. Der König berief seine Großen und begann mit ihnen über die Sendung des Bischofs zu verhandeln. Diese beschlossen, durch das Los zu erforschen, was der Wille der Götter in dieser Beziehung wäre. Sie gingen also, wie es ihr Brauch war, aufs Feld und warfen das Los, und dieses fiel (d. h. gab kund), daß nach Gottes Willen die christliche Religion daselbst eingeführt werden solle (K. 26/27). Eine Schwedenschar belagerte eine Stadt an der Düna mit so widrigem Erfolge, daß ihr sogar um die glückliche Rückkehr zu den Schiffen bangte. In dieser höchsten Verwirrung beschlossen sie, durch das Los zu erfragen, ob ihre Götter ihnen dazu verhelfen wollten, den Sieg zu erlangen, oder wenigstens lebendig davon zu kommen. Sie warfen das Los, aber sie fanden keinen Gott bereit, ihnen zu helfen. Da erinnerten sich anwesende Kaufleute einer Rede des Bremer Bischofs Ansgarius, die sie in Sigtun gehört hatten. Danach sollte, sagten sie, der Christengott der mächtigste der Götter sein, und es wäre doch jetzt angemessen, es mit seinem Beistande zu versuchen. So wurde abermals das Los geworfen und gefunden, daß Christus ihnen helfen wollte. Der unerwartet wiederholte Sturm überraschte die ebenfalls erschöpften Kurländer so sehr, daß sie einen für die Schweden günstigen Frieden anboten (K. 30). Unter Berufung auf die angeführten Stellen heißt es bei Adam: Alles, was bei den Schweden in Privatangelegenheiten geschieht, wird vermittelst des Loses beschafft; in öffentlichen Angelegenheiten aber werden auch die Aussprüche der Dämonen eingeholt (IV 22; Schol. 128).

Als in Jütland grosser Mißwachs war, wurden Lose gemacht von weisen Männern (d. h. Priestern) und der Opferspan dabei gefällt; und so erging das Orakel, daß nicht eher wieder ein gutes Jahr kommen würde, als bis der vornehmste Knabe im Lande geopfert würde (FAS L51). König Wikar bekam auf einer Fahrt heftigen Gegenwind; da fällten sie

den Span um günstigen Wind (Saxo: sie warfen die Lose in einen Topf), und es fiel so, daß Odin einen Mann verlangte, der ihm zum Opfer aus der Mannschaft durch das Los bestimmt und gehängt werden sollte; da kam das Los König Wikars heraus (FAS III 31; Saxo 184).

Es gab also zwei Arten der Losung. Die erstere diente. nur als Mittel, um einen oder mehrere aus einer größeren Menge auszuscheiden: entweder zeichnete jeder seinen Losstab mit seiner Marke, dann entschied das zuerst gezogene oder zuletzt übrigbleibende Los; oder es war unter den Stäben einer oder mehrere mit einem anerkannt entscheidenden Zeichen versehen. Auf jeden Fall ergaben die Stäbe eine klare Entscheidung, und einer besonderen Deutung durch einen Kundigen bedurfte es nicht. Daher müssen die Zeichen, die auf den Stab eingeschnitten waren, eine gewisse, je nach den Umständen gute oder böse Bedeutung gehabt haben, und Sache des Auslegers war, diese durch die Zeichen ausgedrückten Begriffe zueinander in verständige und brauchbare Beziehung zu setzen. Oder die Zeichen waren Buchstaben, Anlautzeichen, und dichterische Begabung war nötig, um aus ihnen die alliterierende Orakelantwort zusammenzusetzen und so das eingeritzte Zeichen erst wirksam zu machen. Beides aber war möglich durch die Runen. Rune gehört zu ἐρευνάω ,,komme einem Geheimnis auf die Spur", „spüre aus" und bedeutet,,Befragung"; das davon abgelautete Verbum an. reyna besagt,,Befragen der Götter durch das Los", „prüfen, erforschen". Da die Runen, die auf die Stäbchen geritzt waren, dabei die wichtigste Rolle spielten, heißen auch die Zeichen selbst Runen.

Man schnitt also die Runen ein als mystische Zeichen, aus denen der Kundige religiöse Formeln und Sprüche bilden und zusammensetzen konnte. Das tote Zeichen an sich galt für nichts, es ward erst lebendig und wirksam durch Singen und Sprechen des Verses, dessen Stab es war. Jedes Ding besitzt seine Rune, die seine Wesenheit ausmacht; indem man der gleichsam von den Dingen abgeschabten" Rune durch den Zauberspruch Leben einhaucht, setzt man auf solche Art

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