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Die Weiten der Erde durchschweifen

Und singen von Land zu Land.

38. An die Natur

Süße, heilige Natur,

Laß mich gehn auf deiner Spur,
5 Leite mich an deiner Hand,
Wie ein Kind am Gängelband!

Wenn ich dann ermüdet bin,
Sink' ich dir am Busen hin,
Atme süße Himmelslust

10 Hangend an der Mutter Brust.

Ach! wie wohl ist mir bei dir!

Will dich lieben für und für;
Laß mich gehn auf deiner Spur,
Süße, heilige Natur ! .

39. Sinnsprüche

Chamisso

Stolberg (1750-1819)

15 Ist das Kind um der Mutter willen
Oder die Mutter für das Kind?

Sie fragen es nicht, sie fühlen im stillen,
Daß sie beide füreinander sind.

Nicht der ist auf der Welt verwaist,
20 Dessen Vater und Mutter gestorben,
Sondern der für Herz und Geist
Keine Lieb' und kein Wissen erworben.

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41. Die Teilung der Erde †

„Nehmt hin die Welt!" rief Zeus von seinen Höhen.
Den Menschen zu; „nehmt, sie soll euer sein;
Euch schenk' ich sie zum Erb' und ew'gen Lehen;
Doch teilt euch brüderlich darein."

5 Da eilt, was Hände hat, sich einzurichten,
Es regte sich geschäftig jung und alt,

Der Ackermann griff nach des Feldes Früchten,
Der Junker birschte durch den Wald.

Der Kaufmann nimmt, was seine Speicher fassen,
10 Der Abt wählt sich den edlen Firnewein,
Der König sperrt die Brücken und die Straßen
Und sprach: „Der Zehente ist mein.“

Ganz spät, nachdem die Teilung längst geschehen,
Naht der Poet; er kam aus weiter Fern'.
15 Ach, da war überall nichts mehr zu sehen,
Und alles hatte seinen Herrn!

„Weh mir! so soll denn ich allein von allen
Vergessen sein, ich, dein getreuster Sohn ?“
So ließ er laut der Klage Ruf erschallen
20 Und warf sich hin vor Jovis Thron.

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Wenn du im Land der Träume dich verweilet," Verseht der Gott, „so hadre nicht mit mir.

Wo warst du denn, als man die Welt geteilet ?" „Ich war,“ sprach der Poet, „bei dir.

"

‚Mein Auge hing an deinem Angesichte,

An deines Himmels Harmonie mein Ohr;

Verzeih dem Geiste, der, von deinem Lichte
Berauscht, das Irdische verlor!"

5 „Was tun ?“ spricht Zeus. „Die Welt ist weggegeben, Der Herbst, die Jagd, der Markt ist nicht mehr mein. Willst du in meinem Himmel mit mir leben,

Sooft du kommst, er soll dir offen sein.“

42. Der Sänger

Schiller

„Was hör' ich draußen vor dem Tor,

10 Was auf der Brücke schallen?
Laß den Gesang vor unserm Ohr
Im Saale widerhallen !“
Der König sprach's, der Page lief;
Der Knabe kam, der König rief:
15 „Laßt mir herein den Alten!"

„Gegrüßet seid mir, edle Herrn,
Gegrüßt ihr, schöne Damen!

Welch reicher Himmel! Stern bei Stern!
Wer kennet ihre Namen?

20 Im Saal voll Pracht und Herrlichkeit
Schließt, Augen, euch; hier ist nicht Zeit,
Sich staunend zu ergößen.“

Der Sänger drückt' die Augen ein
Und schlug in vollen Tönen;

Die Ritter schauten mutig drein Und in den Schoß die Schönen. Der König, dem das Lied gefiel, Ließ, ihn zu ehren für sein Spiel, 5 Eine goldne Kette holen.

„Die goldne Kette gib mir nicht, Die Kette gib den Rittern, Vor deren kühnem Angesicht Der Feinde Lanzen splittern; 10 Gib sie dem Kanzler, den du hast, Und laß ihn noch die goldne Last Zu andern Lasten tragen.

„Ich singe, wie der Vogel singt, Der in den Zweigen wohnet; 15 Das Lied, das aus der Kehle dringt, Ist Lohn, der reichlich lohnet. Doch darf ich bitten, bitt' ich eins: Laß mir den besten Becher Weins In purem Golde reichen."

20 Er seht' ihn an, er trank ihn aus:
„Trank voll süßer Labe!

O wohl dem hochbeglückten Haus,
Wo das ist kleine Gabe!

Ergeht's euch wohl, so denkt an mich, 25 Und danket Gott so warm, als ich Für diesen Trunk euch danke."

Goethe

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