43. Des Sängers Fluch Es stand in alten Zeiten ein Schloß, so hoch und hehr, Dort saß ein stolzer König, an Land und Siegen reich, Einst zog nach diesem Schlosse ein edles Sängerpaar, Der alte sprach zum jungen: „Nun sei bereit, mein Sohn! Schon stehn die beiden Sänger im hohen Säulensaal, Und auf dem Throne sizen der König und sein Gemahl : Der König furchtbar prächtig, wie blut'ger Nordlichtschein, 20 Die Königin süß und milde, als blickte Vollmond drein. Da schlug der Greis die Saiten, er schlug sie wundervoll, Daß reicher, immer reicher der Klang zum Ohre schwoll; Dann strömte himmlisch helle des Jünglings Stimme vor, Des Alten Sang dazwischen, wie dumpfer Geisterchor. Sie fingen von Lenz und Liebe, von sel❜ger goldner Zeit, Von Freiheit, Männerwürde, von Treu' und Heiligkeit; Sie singen von allem Süßen, was Menschenbrust durchbebt, Sie singen von allem Hohen, was Menschenherz erhebt. 5 Die Höflingsschar im Kreise verlernet jeden Spott; Des Königs trot'ge Krieger, sie beugen sich vor Gott; Die Königin, zerflossen in Wehmut und in Lust, Sie wirft den Sängern nieder die Rose von ihrer Brust. „Ihr habt mein Volk verführet; verlockt ihr nun mein Weib ?“ 10 Der König schreit es wütend, er bebt am ganzen Leib; Er wirft sein Schwert, das blizend des Jünglings Brust durchdringt, Draus, statt der goldnen Lieder, ein Blutstrahl hoch aufspringt. 15 Und wie vom Sturm zerstoben ist all der Hörer Schwarm; Doch vor dem hohen Tore, da hält der Sängergreis; Dann ruft er, daß es schaurig durch Schloß und Garten gellt: „Weh euch, ihr stolzen Hallen! nie töne süßer Klang Durch eure Räume wieder, nie Saite noch Gesang; 25 Nein, Seufzer nur und Stöhnen und scheuer Sklavenschritt, Bis euch zu Schutt und Moder der Rachegeist zertritt ! ‚Weh euch, ihr duft'gen Gärten im holden Maienlicht! Daß ihr darob verdorret, daß jeder Quell versiegt, 5 „Weh dir, verruchter Mörder! du Fluch des Sängertums ! 15 Und rings, statt duft'ger Gärten, ein ödes Heideland, Sand; Des Königs Namen meldet kein Lied, kein Heldenbuch ; 44. Der reichste Fürst† „Herrlich,“ sprach der Fürst von Sachsen, 25 Wohl in manchem tiefen Schacht.“ Uhland „Seht mein Land in üpp'ger Fülle," Sprach der Kurfürst von dem Rhein, Goldne Saaten in den Tälern, Auf den Bergen edlen Wein." 5 „Große Städte, reiche Klöster," Eberhard, der mit dem Barte, Doch ein Kleinod hält's verborgen : Daß in Wäldern, noch so groß, 15 Ich mein Haupt kann kühnlich legen Jedem Untertan in Schoß.“ Und es rief der Herr von Sachsen, Der von Bayern, der vom Rhein : Graf im Bart, Ihr seid der reichste, 20 Euer Land trägt Edelstein!" 45. Hoffnung † Kerner (1786-1862) Es reden und träumen die Menschen viel Von bessern künftigen Tagen ; Nach einem glücklichen, goldenen Ziel Sieht man sie rennen und jagen; Die Welt wird alt und wird wieder jung, Die Hoffnung führt ihn ins Leben ein, Es ist kein leerer, schmeichelnder Wahn, 46. Mein Vaterland Schiller 15 Treue Liebe bis zum Grabe Nicht in Worten nur, in Liedern In der Freude wie im Leide |