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mächtig aufgeregt sei. Aus Norden, seßte er hinzu, habe ich kürzlich die schönsten und zartesten Aeußerungen über meine Trilogie und über Helena vernommen. Jene hat man mit der Perlen schrift der Thränen geschrieben“ genannt.

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Wir sprachen dann über des Großherzogs Aeußerungen über Helena. Wie schade," äußerte Goethe, daß dieser großsinnige Fürst auf der Stufe französischer materieller Bildung in Rücksicht auf Poesie stehen geblieben ist."

Mittwochs, 5. September.

Diesen Morgen war Goethe durch Schukowsky's und v. Reuters Besuch so freundlich bewegt, daß ich ihn fast nie liebenswürdiger, milder und mittheilender gesehen. Was er diesen Freunden nur irgend Angenehmes, Inniges, Förderndes an Urtheil, Wink, Beifall, Liebe zuwenden konnte, holte er hervor oder sprach es aus. Reuters Zeichnungen hatten wir schon vorher durchgesehen. Er bewunderte besonders die Schärfe seiner Auffassung und Umrisse. Er schien sich wie in einer neuen, lang ersehnten, frischen Lebensatmosphäre zu befinden, während er mit Reuter von Kunst- und Natur Darstellung sprach. Froh, daß ich die werthen Freunde zu längerem Hierbleiben beredet hatte, äußerte er: Meine Zeit ist so eingerichtet, daß für Freunde immer genug da ist."

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Donnerstags, den 6. September.

Als Schukowsky, Reuter und ich Goethen gegen Abend be suchten, fanden wir ihn abgespannt, matt und leidend, so daß wir nicht lange verweilten. Doch äußerte er launig, als von der Sucht mancher sein wollenden Kenner, alle Bilder für Copien zu erklären, gesprochen wurde: „So haben sie uns ja auch manche alte Pergamente wie mit dem Besen ausgekehrt und weggefegt. Ich will immer lieber eine Copie für ein Original gelten lassen, als umgekehrt. Bilde ich mich doch in jenem Glauben an dem Bilde herauf."

Nun laßt sie immerhin gewähren; Sonne, Mond und Sterne müssen sie uns doch lassen und können sie nicht zu Copien machen. Und daran haben wir im Nothfalle genug. Wer es ernst und fleißig treibt, wird daran genug finden. Man lasse sich nur nicht irren, suche vielmehr das eigne Urtheil immer mehr zu bestätigen, in sich zu befestigen.

Freitags, 7. September.

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Viel zu kalt meiner Meinung nach, nahm Goethe Schukowsky's herrliches Abschiedsgedicht auf, wiewohl er etwas Orientalisches, Tiefes, Priesterliches darin anerkannte. Er war heute ein ganz anderer wie vorgestern. Meyers Nähe mochte einwirken, vor dem er sich gleichsam scheut, Gefühl zu zeigen. Dieser kam mir heute recht mephistophelisch vor, so kalt, so weltverachtend, so lieblos.

1 In der Morgenstunde der Abreise niedergeschrieben und offen dem Geh. Rathe v. Müller für Goethe behändigt. Es lautet:

Dem guten großen Manne.

Du Schöpfer großer Offenbarungen! treu werde ich in meiner Seele bewahren den Zauber dieser Augenblicke, die so glücklich in Deiner Nähe dahinschwanden.

Nicht vom Untergange spricht Deine herrlich flammende Abendsonne! Du bist ein Jüngling auf der Gottes-Erde und Dein Geist schaffet noch, wie er schaffte.

Ich trage in meinem Herzen die Hoffnung, Dir noch einmal hier zu begegnen! Noch lange wird Dein Genius sein der Erde bekanntes Gewand nicht ablegen.

In dem entfernten Norden verschönerte Deine Muse mir die Erde! Und mein Genius Goethe gab Leben meinem Leben!

O warum vergönnte mir nicht mein Schicksal, Dir in meinem Frühling zu begegnen. Dann hätte meine Seele ihre Flamme auf der Deinigen entzündet!

Dann hätte eine ganz andere wunderherrliche Welt sich um mich gestaltet; und dann vielleicht auch von mir wäre eine Kunde zu der Nachwelt gelangt: er war ein Dichter.

Schutoffsky, 7. Sept. 1827.

Das Gedicht über Weimar, welches der König von Bayern mir aus Fulda überschickt hatte, schalt Goethe als zu subjectiv; es sei gar nicht poetisch, die Vergangenheit so tragisch zu behandeln, statt reinen Genusses und Anerkennung der Gegenwart, und jene erst todtzuschlagen, um sie besingen zu können. Vielmehr müsse man die Vergangenheit, sowie in den römischen Elegien, behandeln. Graf Löben habe auch einmal ihm, Goethen, zum Geburtstag vorgesungen, wie er ihn erst nach seinem Tode recht loben wolle. Weil die Menschen die Gegenwart nicht zu würdigen, zu beleben wüßten, schmachteten sie so nach einer bessern Zukunft, coquettirten sie so mit der Vergangenheit. Auch Schukowsky hätte weit mehr aufs Object hingewiesen werden müssen.

Darauf las ich ihm meine Antwort an den König vor, mit der der Großherzog und die Großherzogin sehr zufrieden gewesen waren. Sie schien ihm jedoch nicht ganz zu behagen; doch wollte er in kein Detail eingehen, entschuldigend, daß er heut zu müd' und schlaff zur Kritik sei. Ihr macht schöne Verse, ohne die Verskunst; ihr haltet passende Reden ohne die Rhetorik studiert zu haben. Das geht wohl recht gut eine Zeit lang, aber zulet reicht es doch nicht aus."

Er versprach, ein andermal sich näher auszusprechen.

Dienstags, den 11. September.

Nachmittag traf ich den Künstler Zahn, der eben aus Pompeji kam, bei Goethe an. Seine Durchzeichnungen Pompejanischer Wandgemälde lagen auf dem Fußboden des Salons ausgebreitet. Goethe schwelgte in ihrem Anschauen. Ich erbaue mich daran, sagte er, denn ich nenn' es erbauen, wenn man zu dem, was man für das Rechte hält, die Bestätigung und die Belege findet.

Donnerstags, 13. September.

Heute war Dejeuner im Armbrust-Schüßenverein. Goethe ließ seinen Dankestoast durch seinen Sohn ausbringen, welcher 1 Nachruf an Weimar:

Träume her aus einem schönern Leben u. s. w.

unter dem 3. Sept. an Müller gesandt. Gedruckt in den Gedichten des Königs II. 72.

auch seine silberne Medaille von Bovy 1 zum Geschenk übergeben mußte und späterhin durch Stiftung einer schönen Armbrust von 1731 ein gar passendes gemüthliches Impromptu machte.

Ich saß neben dem alten Herrn. „Ich bin eben im Mittelalter,“ sagte er, „indem ich Ludens Geschichte desselben lese, und so kommt mir die lebendige Anschauung einer solchen Tradition der Vorzeit, wie dieses Armbrustschießen, eben recht. Ihr Neuern mit Eurem Centralisiren, wie wäret Ihr wohl im Stande, einem Institut so viel Lebenskraft einzuhauchen, wie diese Corporation seit Jahrhunderten bewährt hat?"

Auf der sinnreich verzierten Torte stand:

„Ein ewiger Frühling bist Du uns beglückend,

Ringsum die Welt mit Deinen Gaben schmückend.“

Bei Tische, zu dem auch ich wieder geladen war, blieb Goethe fortwährend sehr munter. Als Zahn erzählte, daß man erst etwa den achten Theil vom Pompeji ausgegraben und noch reiche Ernte, aber erst nach vielen Jahren, zu gewärtigen habe, meinte Goethe: Ei nun, um verständig und klug zu werden, haben wir schon jest genug, wenn wir nur wollten."

Unter die ihm verhaßte Jean Paul'sche Einschrift der Frau von Spiegel in Walthers Stammbuch: „Der Mensch hat eine3 Minute zum Lächeln, eine zum Seufzen, eine halbe nur zum Lieben, denn in Mitte derselben stirbt er," schrieb er persiflirend:

„Ihrer sechzig hat die Stunde,
Mehr als tausend hat der Tag,
Söhnchen, werde dir die Kunde,
Was man alles leisten mag."

1 Goethe-Zelters Briefw. IV. 90. Hättest Du wohl das Blättchen noch einmal, worauf Deine Medaille von Bovy geschnitten und von Schwerdgeburth gestochen ist.

2 Also erst jezt wird festgestellt, von wem die Einzeichnung gemacht worden ist, vergl. Goethe's Werke XV. 103.

3 ungenau; es heißt dritthalb.

4 Goethe's Werke: in dieser Minute.

5 Goethe's Werke XV. 103: Ueber tausend.

In dasselbe Stammbuch hat er auch aus dem Griechischen folgendes Räthsel geschrieben: „Es ist weder sterblich noch un sterblich und so seltsamer Natur, daß es weder nach Menschen Art, noch nach Götterweise lebt, sondern stets von neuem geboren wird, wechselseits zum Untergang; Niemand hat es gesehen und doch kennen es alle; Kindern ist es besonders zugeneigt.“

Donnerstags, 6. März 1828.

Ich traf gegen 4 Uhr Hofrath Meyer bei Goethe an. Leşterer war sehr munter, ja aufgeregt; wie ein Gewitter bei heiterm Himmel suchte er sich seiner Kraftfülle durch geistige Blitze und Donnerschläge zu entledigen. Knebeln über Meteorologie consultiren, äußerte Goethe, heiße den Barometer über den Barometer befragen. Voltaire habe gesagt, die Erde sei eine alte Coquette, die sich jung zu machen strebe. Die Atmosphäre sei auch so eine Coquette, die eine zeitlang geregelten Gang affectire, aber bald sich dem ersten besten Wind preis gebe.

Daß man über Wellingtons Omnipotenz als Premier-Minister jetzt schelte, sei absurd; man sollte froh sein, daß er endlich seinen rechten Plag eingenommen; wer Indien und Napoleon besiegt habe, möge wohl mit Recht über eine lumpige Insel herrschen. Wer die höchste Gewalt besite, habe Recht; ehrfurchtsvoll müsse man sich vor ihm beugen. Ich bin nicht so alt geworden, um mich um die Weltgeschichte zu bekümmern, die das Absur=

↑ Abgedr. in Kunst und Alterthum V. 3, 192, von 1826:
Nicht sterblich, nicht unsterblich, aber von Natur
Gebildet also, daß er nicht nach Menschenart
Noch Götterweise lebe, sondern stets aufs neu
Geboren werde, wechselsweis zum Untergang
Gesehen von Keinem, allen aber doch bekannt

Vorzüglich Kindern, die er sich besonders liebt.

(Vergl. übrigens Strehlke III. 370.-) Es ist ein Räthsel des Alexis bei Athenäus X. p. 449d Qυ Grytòs oúð áðávuros etc. Auflösung der Schlaf. Die letzte Zeile im Deutschen ist Zusaß Goethe's.

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