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nicht an heitern Anregungen fehlen, nachdem ich zu Marienbad deren in so reicher Fülle empfunden habe. Sollte es nicht mög lich sein, daß eine ein für allemal gebetene Gesellschaft, sich täglich, bald in größerer, bald in kleinerer Zahl, in meinem Hause zusammen fände? Jeder käme und bliebe nach Belieben, könnte nach Herzenslust Gäste mitbringen. Die Zimmer sollten von sieben Uhr an immer geöffnet, erleuchtet, Thee und Zubehör reichlich bereit sein. Man triebe Musik, spielte, läse vor, schwagte, Alles nach Neigung und Gutfinden. Ich selbst erschiene und verschwände wieder, wie der Geist es mir eingäbe. Und bliebe ich auch mitunter ganz weg, so dürfte dies keine Störung machen. Es kommt nur darauf an, daß eine unserer angesehensten Frauen, gleichsam als Patronin dieses geselligen Vereins aufträte und Niemand würde sich besser dazu eignen, als Frau von Fritsch. So wäre denn ein ewiger Thee organisirt, wie die ewige Lampe in gewissen Capellen brennt. Helft mir, ich bitte Euch, diese vorläufigen Ideen und Pläne fördern und ausbilden."

Hierauf erfolgte vertraulichste Mittheilung seiner Verhältnisse zu Levezows. „Es ist eben ein Hang," der mir noch viel zu schaffen machen wird, aber ich werde darüber hinauskommen. Iffland könnte ein charmantes Stück daraus fertigen, ein alter Onkel der seine junge Nichte allzuheftig liebt."

Nach einer Weile fing er an meine und Riemers allzugroße Gelindigkeit in der Kritik des Schenk'schen Gedichts auf Canova zu tadeln. Es sei keine Funke ächten poetischen Geistes darinnen, nur Rhetorik, ja sogar falsche, verderbliche Motive. Unsre eignen Productionen seien ganz gut, in der Kritik aber bewiesen wir uns nicht als seine ächten Schüler. Man müsse nur das Beste preisen. Man müsse sich stets die schwersten Aufgaben machen und in Dichtungen nur auf reiche, gehaltvolle Motive eingehen.

Dann zeigte er mir eine Menge Landschaftszeichnungen von 1810 aus seinem Jenaischen Aufenthalte vor, und klagte, daß er seitdem nichts mehr zu zeichnen vermocht und dadurch unendlich an Selbstbefriedigung verloren habe. Je schwerer die Zunge ihm wurde, je geistreichere und humoristischere Ideen drängten sich her vor. Wir gingen in's Eßzimmer, wo die andern sehr lustig waren. Er machte allerliebste Scherze über ungeknüpft herunter

hängende Müßenbänder; kam dann auf Byron, pries seinen Cain und vorzüglich die Todschlag-Scene. Byron allein lasse ich neben mir gelten! Walter Scott ist nichts neben ihm."

„Die Perser hatten im fünften Jahrhundert nur sieben Dichter, die sie gelten ließen, und unter den verworfenen waren mehrere Canaillen, die besser als ich waren.“

Als er merkte, daß Ulrike schläfrig war, ergrimmte er scherzhaft, daß seine persische Literaturgeschichte an ihr und dem übrigen jungen Volke verschwendet sei und jagte sie mit komischer Heftigkeit alle fort.

Seit lange hatte ich Goethe nicht so überreich an Wig, Humor, Gemüthlichkeit und Phantasie gefunden. Dazu gehörte auch die zarteste Erzählung von seiner Schönheit in Marienbad und von der Bekanntschaft mit der hübschen Regensburgerin, die v. Helldorf anbetete.

Freitags, 3. October.

Mit Reinhard jun. war ich bei Goethe von 5 Uhr an. Er schien anfangs einsilbiger, abgespannter, doch gelang es mir ihn belebter zu machen. Wilbrand von Gießen, der die schöne Höhenkarte herausgegeben, war bei ihm gewesen, Hennings aus Berlin war annoncirt. Der alte Reinhard kam von Belvedere. Goethe war anfangs auch gegen ihn still und unmittheilend, und schien mir sehr Dank zu wissen als ich politische Gespräche herbeiführte, die Reinhard zu vertraulichsten Mittheilungen über seine Stellung zu Châteaubriand und dem französischen Gouvernement überhaupt veranlaßten. Er sprach mit liebenswürdiger Wärme und Geradheit; berührte seine drei Gefangenschaften und sein trübseliges Verhältniß zu Talleyrand im Jahre 1814 und 1815 als Kanzleichef. La Besnardière sei damals sehr eifersüchtig auf ihn gewesen. Er erzählte von der Malice Talleyrands, als er ihm einen Journalartikel gegen Châteaubriand auftrug, der aber hoffentlich zu viel Seelengröße habe, um es nachzu tragen.

In Frankfurt, suhr er fort, bin ich eigentlich gleich Null, 5

v. Müllers Untechaltungen mit Goetbe.

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darum habe ich mir bisher die Freiheit des Wortes und des Urtheils erhalten. In jeßiger Zeit muß man feststehen auf seiner Basis und auf geprüften Marimen, nicht transigiren, nicht combiniren, sonst zieht man sich bald jede Erniedrigung und Ohrfeigen zu, und geht nur um so sicherer und schimpflicher unter." So sprach der vielgeprüfte, würdevolle Mann, im Bewußt sein innerer Selbständigkeit und ging eben so heiter auf einen Tadel von Byrons Erde und Himmel über.

Sonnabends, 4. October.

Von 5 Uhr Nachmittags bei Goethe. Er war noch immer abgespannt und weniger mittheilend, selbst gegen Reinhard.

Schult war krank. Goethe widersezte sich keineswegs Reinhards Abreise für nächsten Montag, aber als er weggegangen war, bat er mich, sie zu verhindern. Ich mußte ihm dann noch ganz spät die Tante" referiren und erntete Beifall.

Sonntags, 5. October.

Um 9 Uhr Morgens kündigte ich ihm den glücklichen Erfolg meiner Negotiation an, was ihn sehr freute. Ich nahm Gelegenheit, den ewigen Thee" wieder anzuregen, und fand mit Schrecken, daß er fast alles vergessen, was er mir Donnerstags Abends darüber gesagt hatte. Um 12 Uhr zeigte er mir die herrlichen Bilder des Himalaya - Gebirges. Er begehrte die Tante" von mir, die ich sogleich verschaffte.

Abends nach Hof war ich nochmals bei ihm mit Reinhard, der von Johannes v. Müller und dessen lezten Tagen, in welchen er sich unter Reinhards Schuß flüchten wollte, erzählte.

Montag, 6. October.

Mittags bei Goethe, mit Reinhard und Riemer. Ueberrascht durch den Bremer Wein und meine Gedichte anf Goethe und

1 Die Vossische Zeitung.

Reinhards Wiedersehen, ließ Reinhard seinen Empfindungen darüber viel freieren Lauf als Goethe, wiewohl er später mir innigst dafür dankte.

Auf einem Gange durch den Park klagte Reinhard über Goethe's Verschlossenheit und Abspannung; wir sprachen über Riemers wißige Sonette, besonders die Hasen, und Reinhard erzählte ergreifend aus der Schreckenszeit, in der Marat ausgerufen: il faut faire diversion à ce peuple furieux en traduisant la philosophie de Kant", als Prinzeß Elisabeth auf dem Todeskarren vorbeifuhr. Auch erzählte er von Robespierre's Hinrichtung, der sich und die Republik identificirt habe, und schilderte die eigne, Colchens 1 und Otto's gefahrvolle Lage, in der jedes nächtliche Anpochen die Furcht vor Abholung in den Kerker erzeugt habe. Man wollte noch Millionen schlachten: pour épurer l'air.

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Dann erzählte er von seiner Unterredung mit Napoleon zu Dresden im Jahr 1813. Du moins la Saxe ne souffre que passagèrement." Fumez-vous?" sagte Bassano zu Reinhard „Non, Monseigneur. Mais c'est donc aussi une habitude allemande." Diese Erinnerungen verdanke Reinhard den Tagebüchern, die er allen seinen Kindern führen lasse.

Dienstags, 7. October.

Diesen Mittag war Goethe, der mit Reinhard in Belvedere gewesen war, sehr heiter und lustig. Staatsrath Schulz aus Berlin speiste mit und hatte Goethen die Juno Ludovisi zum Geschenk überbracht. Ich las zum Nachtisch den ironischen Judenbrief2 über den Einzug der Alliirten in Paris 1814 vor. Nachmittags ging ich mit Reinhard in Goethe's Ilmgarten. Das herrliche Wetter, die schöne Abendbeleuchtung, und ein singendes Gymnasiasten - Chor erregten Reinhards innerste Freude. Abends

1 Graf Jean Victor, C., später Senator unter Napoleon. Vergl. Reinhards Lebensabriß von G. E. Guhrauer in Raumers Taschenbuch. Neue Folge 7. Jahrg. 1846. p. 218.

2 Der Verasser ist Georg Harrys; der Brief gedruckt in dessen „Blizableiter."

zeigte uns Goethe eine Unzahl seiner eigenen Zeichnungen und die herrliche Tischbein'sche Mappe mit dem sinnreichen Katalog, auch eine Zeichnung von Goethe's Zimmer zu Rom mit der Büste der Juno. „Sind Sie denn ein Dußend, statt Einer, daß Sie so unglaublich Vieles machen konnten?" sagte Reinhard zu Goethe.

Im weitern Verlauf des Gesprächs äußerte Reinhard sich sehr lobend über des Baron Fain Memoiren. Er glaube an die Vergiftungs- Anekdote von Fontainebleau. Napoleon habe kein wahres Selbstvertrauen auf sich gehabt, sei oft in den wichtigsten Momenten schwankend und unentschlossen gewesen, erst von Austerlitz an sei er zuversichtlicher, dann aber übermüthig geworden. Las Casses habe seinem Andenken eigentlich geschadet, indem er Alles überzuckern und beschönigen wolle, meist durch Berufung auf Absichten, die nicht in That übergegangen, uneingedenk jenes gewaltigen Byron'schen Ausspruchs: „Die Hölle ist mit guten Absichten gepflastert." Uebrigens sei Las Casses de bonne foi, aber eine Kammerdienerseele.

Sonnabends, 11. October.

Von 72-9 Uhr Abends war ich ganz allein bei Goethe. Wir sprachen über Reinhard, Zach, die Herzogin Mutter von Gotha, Herzog Ernst, Fr. v. Buchwald, Gotter, Prinz August und von v. Grimm. Letterer habe ein ganz diplomatisches Ansehen gehabt, doch nicht die feierliche Repräsentation eines Gesandten, sondern die zusammengenommene Haltung eines Legationsrathes, die Schultern und den Kopf etwas vorwärts, was ihm recht gut gestanden. Er sprach über die schnelle, nur acht tägige Bearbeitung des Clavigo, über Stella, deren früherer Schluß durchaus keiner gewesen, nicht consequent, nicht haltbar, eigentlich nur ein Niederfallen des Vorhangs. Goethe war zwar herzlich und mittheilend, jedoch innerlich gedrückt, sichtbar

1 Manusc. de 1814 trouvé dans les voitures impériales prises à Waterloo etc. Paris 1823.

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