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Die Gegensätze der heidnischen und christlichen Religion bieten allerdings eine reiche Fundgrube für die Poesie."

Darauf auf den Dichter Jmmermann kommend, bemerkte er: "Ich lasse Immermann gewähren und kann ihn mir nicht recht construiren. Wie kann ich über ein erst Werdendes, Problematisches urtheilen? habe ich nicht mit meinen eigenen Werken ge= nug zu thun? Und Sie wissen, daß ich ein fortwährend Werdendes statuire.

So fuhr er lange im Tone der Orakelsprüche fort, z. B. Gegen einen Grundsah statuire ich keine Erfahrung. Ich läugne sie geradezu.

Alles Tragische beruht auf einem unausgleichbaren Gegensat. So wie Ausgleichung eintritt oder möglich wird, schwindet das Tragische.

Kirchners Kopf paßt nicht zu seinem Rumpf und Leib. Schleppte er nicht am leztern eine so große Last herum, so würde er noch viel mehr Teufelszeug machen, noch viel lebendiger sein. Er ist ein kluger Schelm, der klügste in Frankfurt. Dort herrscht der krasseste Geldstolz, die Köpfe sind dumpf, be schränkt und düster. Da taucht nun auf einmal so ein Lichtkopf wie Kirchner auf! Ich will wetten, oder vielmehr de credulitate schwören, er schickt zu Michaelis keine weitern Frankfurter nach Jena.

Meine Freunde theile ich in Hoffer und Verzweifler. An der Spitze der erstern: der Kanzler, der lettern: Meyer. Dieser steht so hoch im Verzweifeln, daß er wieder zu hoffen anfängt. (Riemer nannte ihn: Auszweifler.") 1

"

Sonntags, 13. Juni.
Regenwetter.

Nach Hofe war ich bei Goethe mit Riemer. Er sprach von Rousseau's Botanique und des Großherzogs Lossagen vom Handel mit Buchhändler Jügel wegen der Rafaelischen Tapeten.

4 Parenthese: v. Müllers Bemerkung.

„Wenn man für einen Fürsten handelt und spricht, muß man sein wie ein Scharfrichter, seine Befehle rasch, streng, glattweg vollziehen."

Ueber Byrons' Tod äußerte er, daß er gerade zu rechter Zeit erfolgt sei. Sein griechisches Unternehmen hat etwas Unreines gehabt, und hätte nie gut endigen können.

Es ist eben ein Unglück, daß so ideenreiche Geister ihr Ideal durchaus verwirklichen, ins Leben einführen wollen. Das geht nun einmal nicht, das Ideal und die gemeine Wirklichkeit müssen streng geschieden bleiben.

B. Den 30. Juni.

Heute war ich mit Coudray, später mit Riemer, endlich noch mit Meyer, der vor seiner Carlsbader Reise Abschied nehmen. wollte, bei Goethe. Nie sah ich ihn geistreicher, lebhafter, humoristischer, offner. Er forderte mich auf die Gedichte zum Pentazonium2 herbeizuschaffen, die Motive zu den fünf Zonen zu schematisiren. Ueber das „vir semisecularis" müßte Eichstädt consultirt werden, keine jüngern Philologen, nur fünfzigjährige mindestens sind hier patres curiae. Im Geistreichen sagte er, rasch vorwärts, im Conventionellen, Positiven, Recipirten aber vielfach umgefragt, umgeschaut, ja selbst pedantisch!

Riemer wollte nun gleich eine Disputation halten, ob es Pente oder Pentazonium oder gar Penta oder Heptasolium heiße. Coudrah hatte eine brillante" Jdee, die Loge Amalia möge zur Jubelfeier des Großherzogs Carl August Preisaufgaben für Maler stellen. Goethe extemporirte sofort ein Programm; aber, sagte er, die sächsische Geschichte hat nur zwei große Momente als brauchbare Motive: 1) Kurfürst Friedrich der Weise lehnt die Kaiserwürde ab, und 2) Herzog Bernhard ergreift nach Gustav Adolfs Tode das Commando. In der Entwicklung dieser Motive, die nur beide zusammen den Gegenstand er

1† 19. 2(pri[ 1824 in ijjprungbi.

2 Goethe's Werke XXVII.: Pentazonium Vimariense dem dritten September 1825 gewidm., von Coudray gez., gest. von Schwerdgeburth.

schöpfen, war Goethe bewundernswürdig. Welche Gegenwart aller Anschauungen, und welche Abstractionen! Bei Aburtheilung einiger Maler, Schadow, Kolbe, Macco, Hartmann, kam das Gespräch auf Nahls Gemälde im grünen Zimmer des Großherzogs, das Goethe, obwohl Carl August es getadelt, doch für das beste halte.

Das katholische Regulativ 1 gab Goethen Gelegenheit grelle Ausfälle über die Mysterien der christlichen Religion, vorzüglich über die immaculata conceptio S. Mariae, da Mutter Anna schon immaculata concipirt haben soll.

Dann kritisirte er die lettres Romaines, 2 deren Verfasser in Rom nie gewesen sei, sie seien eine Parteischrift, die alles Ideale ins Gemeine herabziehe und alle Symbole ihres höhern Sinnes entkleide. Jede Idee verliert, wenn sie real wird, ihre Würde.

Nach Meyer's und Coudray's Weggang kam das Gespräch auf Spanien. Goethe entwickelte in großen karakteristischen Umrissen die ältere Geschichte Spaniens, den langen Kampf mit den Mauren, die daraus entstandene Jsolirung und Opposition der einzelnen Provinzen, und wie nothwendig alle Bewohner sich aufreiben mußten. Dem Buche Spanien und der Revolution er theilte er großes Lob. Der jezige Zustand der Welt — Klarheit in allen Verhältnissen ist dem Individuum sehr förderlich, wenn es sich auf sich selbst beschränken will; will es aber eingreifen in die bewegten Räder des Weltganges, glaubt es als ein Theil des Ganzen selbstthätig nach eigenen Ideen wirken, schaffen oder hemmen zu müssen, so geht es um so leichter zu Grunde. Ich meines Theils möchte in keiner andern Zeit gelebt haben. Man muß nur sich auf sich selbst zurückziehen, das Rechte still in angewiesenen Kreisen thun; wer will einem dann etwas anhaben?

1 Gesetz über die Verhältnisse der kathol. Kirchen und Schulen vom 7. November 1823. Weimarisches Reg.-Blatt Nr. 16 von 1823.

2 Jedenfalls sind die Tablettes Romaines cont. des faits, des Anecdotes et des observations sur les moeurs etc. par un Français; Paris, Février 1824 gemeint.

B. Montag, den 11. October.

Bei Goethe fand ich Riemer, der mit ihm arbeitete. Sei es die unwillkommene Störung, sei es die Aufregung durch des kleinen Walthers Unfall, der den Arm gebrochen, und meine übelangebrachte Tröstung, kurz Goethe war sehr heftig, widerstrebend. In Politicis überspränge ich oft alle Grenzen und spräche gar zu leichtsinnig ab. Gemüthlich sprach er nur über Raumers Geschichte der Hohenstaufen, an welchem er gerade das Nüchterne, das Freihalten von allen philosophischen Ansichten lobte. Und doch wenn man die vier Bände durchlesen, habe man nichts gewonnen als die Ueberzeugung, daß es damals noch schlechter als jezt hergegangen. Die Weltgeschichte sei eigentlich nur ein Gewebe von Unsinn für den höhern Denker, und wenig aus ihr zu lernen: Ich ziehe Raumern hundertmal dem Johannes v. Müller vor.

Das Geistreichste, was er sagte, war, daß er die jetzigen Griechenkämpfe als ein Analogon und Surrogat der Kreuzzüge ansehe, wie diese auch jene zur Schwächung der Macht der Osmanen überhaupt höchst heilsam seien.

B. Donnerstag, 14. October.

Nach Tische war ich kurz bei Goethe, der über Graf Reinhard bemerkte: Ihm sei wie einem, der stets mit einem Reffe auf dem Rücken durch das Leben gehe.

B. Sonnabend, 16. October.

Goethe zeigte sich mir höchst unzufrieden mit dem Bilde 1 vor der neuen Ausgabe des Werther, ohne jenes doch vorzuzeigen. Ich habe die Idee gehabt, mich nach einem alten Bilde von Kraus graviren zu lassen, damit die Leute doch sehen, wie ein Verfasser solch tollen Zeugs ungefähr beantligt gewesen.

1 Gestochen von Schule.

Goethe sagt, er wolle Freybergs1 schönen Auffah über Julio Romano gar nicht lesen, theils weil er eine mystische Tendenz habe, theils um sich jetzt nicht zu zerstreuen.

B. Sonnabend, den 23. October.

Goethe scherzte viel, und schrieb unter anderm in ein englisches Dictionnaire Ottiliens:

Dicke Bücher, vieles Wissen,

Ach, was werd' ich lernen müssen,
Will's nicht in den Kopf mir gehen,
Mag es nur im Buche stehen.

Dann zeigte er uns sein erstes Manuscript, den „Gottfried von Berlichingen,“ das sehr reinlich, fast ohne alle Correcturen war, und sprach dann von der geheimen Tendenz des deutschen Fürstenbundes gegen Friedrich II Anmaßungen, während dieser selbst dazu anzutreiben vermocht wurde. Der Kronprinz sei im Geheimniß gewesen, und von dem alten Fürsten von Dessau die Idee ausgegangen.

18. November.

Nachmittags von 4 bis 5 Uhr weilte ich bei Goethen. Ein Frankfurter, Herr Fellner, wurde angemeldet und abgeschlagen. Man muß den Leuten abgewöhnen, einen unangemeldet zu überfallen, man bekommt doch immer andere fremde Gedanken durch solche Besuche, muß sich in ihre Zustände hineindenken. Ich will keine fremden Gedanken, ich habe an meinen eigenen genug, kann mit diesen nicht fertig werden."

Darauf theilt er den ausgesonnenen Plan zu Regulirung der vom Großherzog vergönnten öftern Venutzung der neuen Kunst und Bücherschätze auf der Bibliothek mit. Nach einem gewissen Turnus sollen acht bis neun Familienhäupter, jedes alle drei bis sechs Wochen, eine Karte erhalten, auf welche sie

1 Von Mar Frhrn. v. Freyberg, Ministerialrath in München im Orpheus 1. 11.

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