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der Kornmutter1), die im Getreide sitzt, Kinder fangend und tödtend. Zu Frau Holle im Berg kommen die unartigen Kinder"). Eine andere Fortbildung ist der Spuk, das Gespenst. Frau Holle als Nebelgestalt wird zum Trunkenbolde äffenden Spuk. In nordischer Überlieferung wird Kari zum Windspuk, der in der Julnacht mit den Fenstern klappend die einsamen Mädchen zu Tode ängstigt. Das Alles, wie der Fetischismus, sind späte Fortbildungen, als solche von einer concreten mythologischen Forschung bei Seite zu setzen.

Mit atmosphärischen Mythen hat die Mythik begonnen; und vornehmlich atmosphärische (Nebel - Wolken - Wetter Irrlicht- etc.) Mythen sind es, mit denen sie fort und fort bereichert wird. Mit der Zeit wandelten sich des Volkes Wohnsitze, Lebensgewohnheiten, Anschauungen. In der Folge auch seine Mythik. Wie aber nach Schraders (180) richtiger Bemerkung neue Begriffe, sofern sie nicht, mit neuen Culturgegenständen übernommen, ihre Namen mitbrachten, aus dem eigenen Sprachreichthum heraus sich ergänzend benannt werden, so gilt für die Mythik, daß neue Eindrücke der Natur mit Hilfe alterworbener Anschauungen erfaßt werden: wie jede Mythik das Unbegriffene nach Analogie des Bekannten auffaßt, so werden neu zu Bewußtsein gelangende Erscheinungen nach Analogie der vorhandenen Naturauffassung versinnlicht. Ohne Noth schafft kein Volk neue Worte; so lange das vorhandene Material reicht, wird es verwandt: gewandelt, nicht vermehrt. Dem entsprechend durchwandelt das Korn in der That der alte Windwolf, der Grauhund der Wolke 3), und, wie er zum Korndämon verschoben, erscheinen Eber und Roß: alte Windwolkengestalten, Dämonen oder Trabanten befruchtender atmosphärischer Gottheiten. Jedes spätere Zeitalter wirthschaftet fort mit überkommenem Capital.

Innerhalb all dieser verschiedenen Phasen der Mythenfortbildung zu einfachen und complicirten Fabeln und Romanen einerseits, zu Religion und Ceremoniell andererseits greift ein bedeutsames Moment ein: die Wanderung 4). Anschauungen und Gebräuche, Volkserzählungen und Gedichte wandern von Mund zu Mund. Getrennt Entstandenes

1) Über deren ursprünglich atmosphärische Natur Laistner willkommene Anhaltspunkte gewährt hat. (Nebels.)

2) Ursprünglich alle Kinderseelen.

3) Wenn der Wind das Korn bewegt, sagt man: der Wolf geht durch (über)

das Korn.

1) Ein Moment, das Müllenhoff bei seiner berechtigten Forderung, die Überlieferung an Ort und Stelle festzuhalten, zu wenig beachtet.

wird vereinigt; eine schlichte Überlieferung macht verschiedenenorts divergirende Differenzirungen durch, diese begegnen sich von Neuem, werden vom Erzählermund combinirt oder mischen sich unwillkürlich in des Berichterstatters Gedächtniß, mit einander verwachsend. Fast jede auf uns gekommene Überlieferung ist ein complicirtes Resultat von Fortbildung, Anwanderung, Compromiß, Combination, Verwachsen. Einzelne Züge werden beliebt und wandern von Sage zu Sage. Einzelne, ehedem bedeutungsvolle Züge werden leeres Wanderrequisit: Wunderschwerter, undurchdringliche Gewänder. Wenn Freyr zu Balders Leichenfeier auf dem Eber reitet, so wird ihm dieser lediglich als typisches Requisit beigegeben.

Diese Wanderverhältnisse, welche Gustav Meyer in so verblüffender Weise für die Märchenkunde erwiesen hat, sind auch für die Erscheinungen des Polytheismus in Betracht zu ziehen. Die meisten Göttergestalten wie der Griechen so der Germanen stehen einander ganz nahe in ihrer Bedeutung; Odinn der Sturmgott ist auch Dämonenbekämpfer') und Fruchtbarkeitsgott, herrscht in den Wolken wie im Meer, sein Speer scheint den Blitz zu bedeuten; alle diese Eigenschaften treffen für Thor zu, der größte Theil für Freyr, ein Theil für Tyr, der mit Ođin und Freyr auch die Sonnengottschaft und mit allen genannten die jahreszeitliche Bedeutung gemein hat). Folglich können alle diese Götter nicht gleichen Ortes gleichzeitig entstanden sein; sie müsseu sich durch Wanderung zusammengefunden haben. Max Müller hat darauf aufmerksam gemacht, daß die Veden kein System kennen: der Vater ihnen bald der Sohn, der Bruder der Gemahl ist. Ähnlich verhält es sich bei den Germanen: nur für den Norden ist ein (schwankendes) Göttersystem festzustellen, sonst überall lediglich ein beschränkter Polytheismus zu erweisen. Nicht viel anders in Griechenland, wo das ausgebildete System nur für die unter natürlichem Zwang ihrer Kunst systematisirenden Dichter zu existiren scheint. So ergibt sich mit Nothwendigkeit: jedes System ist ein Compromiß zusammengewanderter Gottheiten, die alle, hieratisch in den Cult übernommen, mit einander in Ausgleich gebracht und nach Analogie menschlicher Verhältnisse genealogisch verknüpft wurden. Das System hat nur die Bedeutung einer Phase; einer Phase aber zu ihrem historischen Rechte zu verhelfen, das vermag nur eine principiell gefestete Geschichtswissenschaft.

1) Das Alles soll andrenorts verfolgt werden.

2) Daß Balder die meisten der erwähnten Züge ursprünglich zukamen, haben Grimms und Müllenhoffs Untersuchungen wahrscheinlich gemacht.

Der Zusammenfassung der Götterwelt zu Systemen entspricht die Zusammenfassung der Sagenwelt zu Cyklen: Beides Werke der Tendenz des menschlichen Bewußtseins auf einheitliche Auffassung. Um eine heroische Gestalt oder That krystallisiren sich alle möglichen Überlieferungen. Die hellenische Ilias, die nordische Lokimanie haben cyclische Sagenansammlungen und Sagenumbildungen veranlaßt. Der zürnende Held, der bettelhaft zurückkehrend die Buhler seines Weibes erschlägt, wächst an die Troersage: er ist einer der von Troja heimkehrenden Helden, unterwegs gescheitert; und in den Rahmen zwischen Ilias und Nostos krystallisirt sich eine Welt von Schiffermärchen. Im Norden hat eine Zeit hindurch der Weltuntergangsmy thus vorgeherrscht und alle erreichbaren Sagen angeglichen. Dichter haben kosmogonische Phantasien verfaßt und alles geeignete Material eingeordnet. Um die Gestalt des Siegfrid und seine specifische Heldenthat krystallisirte sich eine Anzahl Abenteuer; um dieses Centrum erwuchs ein Geschlechtsroman, und das Ganze wurde local in einen künstlerischen Rahmen ethischen Inhalts eingeordnet: enthaltend den Fluch des (geraubten) Goldes, der erst erlischt mit seinem Heimfall.

Mythus, Fabel, Roman, Cyklus sind streng zu scheiden. Dem ersten ist es zu thun um die Auffassung, der zweiten um die Motivirung, dem dritten um die Ausgestaltung, dem vierten um die Zusammenfassung. Man wird zugeben, daß unter solchen Verhältnissen die strengste Analyse erforderlich ist: nicht allein für die Gedichte, für jede Sagenüberlieferung,

Fassen wir diese gesammten Erörterungen in einen Satz zusammen, so lautet er dahin, daß disparat entstandene, gewanderte und verglichene oder verwachsene Naturanschauungen auf allen diesen Stadien sich zu Glauben, Bräuchen, Sagen fortentwickelten, und daß alle diese Gebilde auf allen Stadien ihrer Entwickelung wanderten, sich mischten, verglichen, verwuchsen. Hiermit sind wir angelangt bei der methodischen Fragestellung: 1. Wie gruppirt sich das überkommene Material (bezgl. wie ist es gruppirt worden)? 2. Wie ist es wissenschaftlich zu bewältigen?

Die Überlieferungsmasse enthält: 1. Volksglauben sehr verschiedener Art: a) Glauben, der sich direct anschließt an Götter und Dämonen, an deren Walten und Persönlichkeit; freilich aus sehr verschiedenen Zeiten und auf verschiedensten Entwicklungsstufen; b) Glauben unangesehen Götter uud Dämonen: die Menschen als Bäume gewachsen; c) Glauben auf der Stufe von Spuk und Popanzen

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thum (Schamanismus). 2. Volksgebräuche: entweder rituell-ceremonieller Natur oder abgeleitetes Amuletenthum, Fetischismus; die ersteren theils entsprungen dem Volksglauben betreffs Götter und Dämonen: pantomimische Bitten, Demüthigungen, Lobes- und Dankeserhebungen theils irgend einer Ideenassociation entsprungen, wie das Verbot, bei Mond wachsthum Bäume zu fällen; die letzteren theils degradirte Ceremonien, ihres rituellen Charakters entkleidet, oft unverstanden und mißdeutet oder falsch angewandt, nur im Geruche der Heiligkeit stehend und für das Wohlergehen unerläßlich, bezüglich zu allerlei Erwünschtem verhelfend theils Amulet gewordene Symbole oder Attribute der Gottheit theils aber auch unangesehen irgendwelchen rituellen Ursprungs auf natürliche Analogieübertragung zurückgehend: so das Durchkriechen wachsthumsschwacher Kinder durch die Wurzeln sprossender Stämme: es soll etwas von der Triebkraft übertragen werden. Volksglauben und Volksbräuche, soweit sie nichts mit Göttern und Dämonen zu thun haben, faßte man zusammen unter dem Namen Volkskunde. 3. Prosaische Volksüberlieferungen einmaliger Erlebnisse, vielfach Volkssagen genannt: fabulirende Auswüchse wirklicher Begebenheiten von Gefühlswerth, sei es einmaliger historischer oder wiederkehrender Naturereignisse. 4. Prosaische Volksüberlieferungen unmöglicher, von Niemandem erlebter Wunderdinge: die Märchen; theils eingewandert, wobei wiederum die angewanderten heimischen Elemente, die nationalen Anwüchse abzuscheiden und für sich zu betrachten sindtheils local erwachsen als Ausartung hieratischer Wunder zu unmöglichen Phantasmen. Denn dem Märchen als solchen ist das unbegreiflich Wunderbare, das ungezügelt Fabulirende wesenseigenthümlich und Selbstzweck; was bei den Buddhisten moralisirende Legende war, wurde abendländisch staunenerregende Phantastik; und ganz dem nämlichen Entwicklungszustand streben im Volksmund die alten Mythen von der Jungfrau auf dem Glasberg und dem Jungfrauen raubenden Drachen zu. 5. Poetische Überlieferungen von einmaligen Ereignissen der Götter- und Heldenwelt. Sie tragen einen durchaus individuell dichterischen Charakter, werden aber gleichwohl mit den Volkssagen unter die 'Sagenkunde' begriffen, während wiederum die Märchenkunde mit der Volkskunde verquickt wird. Hieratischer Volksglauben und Volksbrauch, der an Götter und Dämonen anknüpft, Volkssagen und poetische Überlieferungen hieratischen Inhalts werden unter dem Namen 'Mythologie' zusammengefaßt. Also eine auf ungenügender Kenntniß des Materials beruhende unpraktische Namengebung. Denn es ist klar, daß die hieratischen und die nicht

hieratischen Naturanschauungen für eine Naturgeschichte des menschlichen Geistes, als welche jede Geisteswissenschaft zu fassen ist, nicht trennbar sind, die Volksbräuche verschiedenster Art den nämlichen psychologischen Gesetzen entspringen und alle Arten der Volkssage den nämlichen Gesetzen ihren Entwicklungsverlauf verdanken. Man muß sich bewußt bleiben, daß jeder Volksbrauch auf einen Volksglauben, ein Theil der Volkssagen auf Volksglauben und Volksbrauch, die einheimischen Märchen bezüglich Märchenelemente auf Volksglauben, -Brauch und -Sage zurückgehen, das Sagengedicht aber eine freie dichterische Schöpfung auf Grund eines vorhandenen Materials von Volksglauben, -Brauch, Sage und -Märchen ist. Der Mutterboden dieser Entwickelungsreihe ist also der Volksglauben, d. i. eine Summe von Naturanschauungen, welche die unbekannten Naturvorgänge nach Analogie der bekannten auffassen: die Wolkenheerde als Lämmerheerde, den Donner als Bergsturz oder Hammerwurf, den Regen als Brunnenwasser oder nährende Kuhmilch, den Menschen als losgelösten Baum. Um ihn zu gewinnen, muß man studiren: 1. Die litterarische Eigenthümlichkeit jedes Sagengedichtes: wer hat es verfaßt, zu welcher Zeit, für welches Publikum, auf was abzweckend, aus welchem Anschauungskreis, von wem beeinflußt, unter Verwendung welcher Elemente? 2. Die genetische Eigenthümlichkeit jedes Märchens: was ist einheimisch, was zugewandert, unter Ersterem was typisches Requisit, was nach Mustern, was Grundstock, was zusammengewandert, aus was die überlieferten Bestandtheile verschoben? 3. Die genetische Eigenthümlichkeit jeder Volkssage, hieratischer wie nicht hieratischer: wie, wo und wann entwickelte sie sich, unter Mitwirkung welcher psychischen, physischen und historischen Bedingungen, unmittelbar anknüpfend an eine Naturanschauung? unter Anwachsen von Wanderelementen? unter logischen Folgerungen aus gegebenen Prämissen, Compromiß, Combination und sonstigen Fortbildungen? mithin eine Herausschälung des Sagenkernes unter Feststellung a) der fortbildenden Elemente, B) der Gesetze der Fortbildung, 7) der Gesetze der Wanderung, d) des Inhaltes der isolirten Grund- und Nebenbestandtheile. 4. Das Verhältniß des Volksbrauches zum Volksglauben und das historische Verhältniß der verschiedenen Arten der Volksbräuche zu einander: eine Studie der pantomimischen Ceremonie einerseits, des abergläubischen Fetischismus andererseits. 5. Die Feststellung und historische Kritik des überlieferten Volksglaubens jeder Art, um zu gewinnen: a) das Verhältniß des primitiven Mythus zu dem Naturereigniß; b) die Gesetze seiner Fortbildung zu Fabel, Roman, Cyklus

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