ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

Mit welcher Milde und Liebe antwortet er auf jene so schwere Beschuldigung Luthers, daß der Teufel ihm seine Lehre eingeflößt habe! „Du sprichst, lieber Luther, der Teufel habe uns beseffen; wir hätten wohl gelesen, Christus sei für uns gestorben, aber im Herzen empfänden wir es nicht. Wir wissen nichts Besseres darauf zu sagen, als: Warum urtheilst du eines andern Herrn Knecht? Röm. 14. Sagen wir dir die Summa dessen, was wir glauben und was wir lehren, so sprichst du entweder, wir haben's von dir gelernt; und ist doch wunderbar dabei, daß wenn wir's von dir gelernt haben, du deine eigene Lehre nicht erkennen willst! oder du sprichst, wir glauben das nicht, was wir bekennen. Was sollen wir nun dabei thun? Nichts anders als fröhlich tragen und es dem rechten Richter empfehlen."

[ocr errors]

Indem Zwingli im Verlaufe des Streites Luther viele Widersprüche mit seinen früher geäußerten Ansichten nachwies, damit derselbe bedenken möchte, daß er auch dem Irrthume unterworfen sei, versichert er: „Ich sage dies wahrhaftig nichts weniger, als in der Absicht, dir einen beschimpfenden Vorwurf zu machen, sondern um dich selbst dir vorzuhalten. Wie wäre es möglich, daß du, wenn deine eigenen Aeußerungen dir entgegengehalten werden, nicht sagen solltest: Ich bin mir entfallen!*) Wie kurz, aber wie heilsam für die Eintracht aller Kirchen wäre dies kleine Wörtlein! Wo lebt unter allen Sterblichen je Einer, den man mit Recht irrthumfrei hätte nennen können? Es begegnete dir gar nichts Ungewöhnliches, wenn du sagst: Ich bin mir entfallen! Denn wir fehlen alle mannigfaltig. Dann aber würde dir etwas Unerhörtes begegnen, wenn man von Luther spräche: Er ist ́nirgends gestrauchelt, nirgends irrig! Ja, es wäre gotteslästerlich, wenn wir so thöricht wären, dir beizulegen, was allein dem höchsten Wesen zukommt. Bedenke, wie viel Noth du den armen Völkern Deutschlands, die alle schon im Herzen die Ansicht haben, die du nicht haben willst, oder zu haben wagst, ersparen wirst, wenn du dies einzige Wort aussprichst. Siegen, ja unzweifelhaft siegen wird unsere Ansicht, aber wenn du dich widersezest, wird der Sieg desto theurer erkauft werden müssen; da dagegen alle sich beglückwünschen werden, ihn gefunden zu haben, wenn du sprichst: Ich bin mir entfallen. Irren, straucheln, sich täuschen, ist menschlich; und du wirst doch nichts Menschliches dir fremd glauben?" Mit der größten Sorgfalt und Sanftmuth suchte er den Gegner seiner leidenschaftlichen Befangenheit zu entreißen und ihn zu einer anständigen und würdigen Führung seiner Sache zu bestimmen: „Es fanden Viele, du habeft, ehe der Unwille sich gelegt hatte, den du gegen Einige**) trugst, mitten in der Hiße diesen wichtigen Gegen*) Mihi excidi.

**) Münzer, Carlstadt.

stand verhandelt, und rechtschaffene und unschuldige Männer weder deiner noch ihrer Würde gemäß geschont. Wenn dem so ist, nun so appellire ich von dem erzürnten Luther an den versöhnten und begütigten. Denn es kann dir nicht entgehen, wie gefährlich es ist, wenn man Zorn, Eigenfinn, Hartnäckigkeit, Groll und ähnliche Leidenschaften zu Rathe zieht, wie dreist und unverschämt sie sich für Gerechtigkeit, Muth, Jestigkeit und Würde ausgeben. Ich bitte dich auch, daß du das unehrbare Schelten fallen lassen und aufhören mögeft, uns mit schweren Worten zu überfallen und zu überschütten. Nicht, daß mir vor solchen Stürmen grausen würde, ich habe mich ihrer, Gott sei Dank gewöhnt und stehe auf einem Felsen, der mir nicht wanket, noch zugiebt, daß ich abgewehet werde; sondern ich sehe lieber, daß man die Wahrheit allein in eigener Person und Kraft einfältiglich hervortreten lasse, als daß man sich mit ungemessenen Worten, die stets Hoffarth argwöhnen lassen, unlieblich mache! Laß uns auch bedenken, daß Gott diesem Kampf zuschaue; Er, der tiefer als wir selbst sieht, mit welchem Sinne wir Alles thun. Bedenken wollen wir, daß wir nicht nur ganz Deutschland, fondern die ganze Christenheit, nicht nur das jezige Jahrhundert, sondern alle fünftigen bis ans Ende der Welt zu Richtern haben, und diese um so gerechter und gewissenhafter über diese Streitsache urtheilen werden, je weniger sie von Leidenschaften bestochen sind." Mit der zartesten Hirtentreue suchte er zu verhüten, daß die erneuerte Kirche durch diesen Streit Schaden leide, und schrieb zu dem Ende seine ersten Schriften über diesen Gegenstand in lateinischer Sprache, damit die Streitfrage nur unter den Gelehrten zuerst erörtert und die Gemeinde erst, wenn man zu einem befriedigenden Ergebniß gelangt sei, damit bekannt gemacht werde. „Ich vermeinte, schreibt er an Luther, daß auch du diesen Kampf in lateinischer Sprache hättest führen sollen, damit Alles unter den Gelehrten zuerst wohl erwogen werden möchte, ehe es unter das Volk gegossen würde." Aber Luther vereitelte diese so wohl gemeinte Absicht, denn mit aller Leidenschaftlichkeit warf er den Streit unter das Volk, um dasselbe gegen Zwingli und seine Freunde aufzuregen und einzunehmen. Als aber nun der Gegenstand auch in der Gemeinde zur Sprache kam und Luther und seine Freunde zum größten Verdruffe erfahren mußten, daß ihre Maßnahmen gerade die entgegengeseßte Wirkung hervorbrachten, als sie es gehofft, da warfen sie sich, im geradesten Widerspruch zu dem von ihnen früher verkündigten Grundsaße über die Freiheit der Kirche, zu Vormündern der Gemeinde auf. Sie erwirkten Verbote gegen die Verbreitung der Schriften Zwinglis und Decolompads und veranlaßten, daß die Anhänger der Leßteren da und dort verfolgt wurden; denn jeßt gilts gegen die Sacramentirer (wie Zwingli und seine Freunde von seinen Gegnern genannt

[ocr errors]

wurden) drein zu schlagen," hatte Luther an den Landgraf von Hessen geschrieben. Zwingli empfand über dieses Benehmen Luther's und seiner Genossen tiefen Schmerz und gerechte Entrüstung. Mit zarter Sorgfalt ruft er den Christen, welche durch den Streit in ihrem Junern sich beunruhigt fühlten, zu: „Halte du dich, lieber Christ, au den Herrnz nicht an Paulus, nicht an Petrus, nicht an Luther, nicht an Zwingli! Es zeugt von einem schwachen, daß ich nicht sage, trägen Glauben, zu jammern: auf welche Seite soll ich mich nun wenden, da jene beiden ungleicher Meinung sind? Denn wer sind wir, daß Niemand von unserer Meinung abweichen sollte? Ist es nicht wahr, daß` jeder Mensch lügenhaft ist? Hange du also dem Herrn an, und treibe sein Werk unverdrossen und gewöhne auch nicht die Gelehrtesten, auch nicht die Frömmsten daran, daß sie sich einbilden, es sei Sünde, wenn Jemand nicht ihrer Meinung ist." In Betreff des mit Verläugnung der Grundsäge von der Freiheit eines Christen, die namentlich Luther gegen das Papstthum so entschieden geltend gemacht hatte, ausgewirkten Verbots seiner Bücher spricht sich Zwingli in einer Schrift wider Dr. Strauß;*) folgendermaßen aus: „Sag an, welche scheinen dir eine verdächtige Sache zu haben? Die, welche ihrer Widersacher Schriften frei und ohne Gewaltmaßregel in ihren Gemeinden verbreiten Lassen und dieselben nur öffentlich vor den Kirchgemeinden bekämpfen oder diejenigen, welche vor den Einfältigen gegen ihre Widersacher bellen und öffentlich wider sie schreiben und in ihren Schriften, welche sie ihren Schafen gar sehr zum lesen empfehlen, ihre Gegner verläumden; wenn aber ihre Widersacher öffentlich sich entschuldigen oder erläutern, deren Schriften dann verbieten und schreien: Man soll sie nicht hören! Es ist noch nie eine schädlichere Keßerei entstanden! Siehe auch zu, welche sich vom Gottesworte und seiner Kirche sondern: ihr oder wir? Wir lassen eure, des Papstes und aller Antichristen Schriften frei lesen. und bekämpfen eure Irrthümer nur mit dem Schwerte des Wortes Gottes: **) Ihr dagegen wollt es mit Verboten ausrichten. Das thust du,

*) Dieser Dr. Strauß war ein unruhiger Kopf, der in Eisenach wegen aufrührerischer Umtriebe im Gefängniß gesessen hatte. Jezt fühlte er sich bewogen, in einer sehr gehaltlosen Schrift gegen den unmilden Irrthum Meister Zwingli's" zu schreiben. Decolompad meinte, Zwingli solle keine Zeit mit einem solchen Menschen verlieren. Dieser aber beantwortete die Schrift mehr aus Rücksicht gegen den Markgrafen von Baden als gegen Strauß. **) An einem andern Orte schildert Zwingli sein Verfahren in Betreff der gegnerischen Schriften: Wir verbieten, keine Lehre vor die Kirche zu bringen, fie mag päpstlich, luter (rein, klar, ein Wortspiel auf Luther), trüb oder unsauber sein. Wir stehen aber mit dem Dreschflegel des Wortes Gottes darüber und erstauben und sichten es dann gehörig. Da erfindet sich nun allerdings bei mancher Schrift, daß sie nicht mehr Gehalt hat, als Korn in kargen

1

Strauß, und andere mehr, und wollet damit eine neue Gewalt und Tyrannei einführen. Was hat der Papst anders gethan, als geboten: Rühre das nicht an! Lies das nicht! Das ist kezerisch!" Wenn nun ihr jezt gleicherweise die Wahrheit euren Kirchen verwehrt, was seid ihr anders als neue Päpste, die der Gemeinde ihr U theil rauben und die Fürsten bewegen, gleichwie es auch der Papst gethan, Euren Frrthum zu beschirmen? Das heißt von Gottes Wort abtreten und Sonderung und Zwiespalt machen. Dagegen ist das der einzige Weg zur Einigkeit, daß man frei vor die Gemeinde gelangen lasse, was für oder gegen die Meinung vorgebracht wird und demnach die Gemeinde frei urtheilen läßt. Denn Gott ist nicht ein Gott des Zwiespaltes, sondern der Einigkeit; Er wird die Seinen, die in Seinem Geiste versammelt find, nicht irren lassen, und es wird demnach Friede, Ruhe und Eintracht unter den Kirchen erblühen." So vertheidigte Zwingli zugleich mit seiner Ueberzeugung die Freiheit der Kirche gegen die neue Bevormundung, mit der Luther und seine Anhänger sie beschweren wollten.

"

[ocr errors]

Während Luther glaubte, seine Verdienste um die Erneuerung der Kirche Zwingli gegenüber selbst hervorheben zu müssen, indem er sprach: Wir dürfen uns rühmen, daß Christus zuerst von uns verkündiget worden. Wenn das Papstthum noch so furchtbar wäre, wie früher, so würden diese Leute so still sein, wie die Mäuse. Aber jezt verleumdet uns Zwingli, daß wir Christum verleugnen. Das hat man dafür, daß man sich dieser Leute angenommen hat!"*) begnügte sich unser Reformator auf solche unbegründete und unwahre Beschuldigungen hin, nur seine Selbstständigkeit im Werke der Reformation zu wahren: „Wenn du so sehr pochest, daß du zuerst die Schrift unter der Bank hervorge= zogen habest, so gehst du, meines Bedünkens, darin zu weit. Wenn man recht betrachtet, wer durch das Mittel einer gründlichen Sprachkenntniß sie bekannt gemacht, so waren es vor einigen Jahren Valla **), und zu unsrer Zeit Erasmus, der fromme Reuchlin, und Pellikan.

Jahren erdroschen werden kann: es ist lauter Spreu. Auch deine Streitschriften lassen wir bei uns frei lesen, aber wenn man sie recht erdreschet, so findet sich darin wenig anders, als leeres Stroh und Spreu. Sie gleichen dem Feigenbaume, der mit seinen Blättern wohl Schein verbreitet, aber dabei keine Frucht hat.

*) Diese Behauptung Luthers ist eine unwahre. Während er Zwingli nirgendwo eine Anerkennung hat zu Theil werden lassen, sehen wir Seite 64, was dieser für ihn gethan.

**) Laurentius Valla war 1416 zu Piacenza geboren. In mehreren Städten Jtaliens wirkte er mit großem Ruhme als Lehrer. Für die Kirche hat er sich vorzüglich durch geschichtliche Forschungen und durch seine Anmerkungen zum Neuen Testamente (auf die Zwingli hier Rücksicht nimmt) Verdienste erworben. Vielfach von den Mönchen verfolgt, starb er zu Rom 1465.

1

Ohne ihre Hülfe hättest weder du, noch hätten andre das zu Stande gebracht, was jezt geschehen ist, sofern wir das Werk den Menschen und nicht Gott zuschreiben. Aber wer darf sich noch rühmen? Ist es nicht mehr Gott allein, der das Gedeihen verleiht? Oder gilt jenes Wort Pauli 1. Cor. 3, 6 u. 7 nicht mehr: „Ich habe gepflanzet, Apollo hat begoffen, Gott aber hat das Gedeihen gegeben? So ist nun weder der da pflanzet, noch der da begießet, etwas, sondern Gott, der das Gedeihen giebt“, und: „Nicht uns, Herr, nicht uns, sondern deinem Namen sollst du die Ehre geben?" Dagegen will ich auch gerne deine Verdienste anerkennen. Obgleich es nämlich nicht wenige Männer gab, welche die Summe und das Wesen der Religion gewiß eben so gut kannten, als du, mein Luther! so wagte sich doch aus dem ganzen Israel Niemand zum Kampfe hervorzutreten, so fürchteten sie jenen gewaltigen Goliath, der mit dem furchtbaren Gewichte seiner Waffen und Kräfte drohend dastand. Hier, hier warst du der treue David, dazu vom Herrn gesalbet. Darum sollen alle gläubigen Gemüther nie aufhören, frohlockend zu singen: „Saul hat Tausend geschlagen, aber David Zehntausend!" Was nun mich betrifft, lieber Luther, so habe ich stets meine Lehrer als Väter geachtet. Wäre nun mir aus der Fülle, die Gott dir verliehen, Etwas zugeflossen, warum sollte ich es nicht anerkennen? Besonders, wenn ich den Inhalt des Evangeliums von dir gelernt hätte, warum sollt ich es nicht gestehen? Aber ich will offen anzeigen, wie es sich damit verhält. Es gab viele und ausgezeichnete Männer, die, ehe der Name Martin Luther berühmt geworden, erkannten, worin das Wesen der Religion bestehe, und die von ganz andern Lehrern unterwiesen waren, als du etwa meinst. Denn was mich selbst betrifft, so bezeuge ich vor Gott, daß ich Wesen und Hauptinhalt des Evangeliums theils durch das Lesen des Johannes und der Schriften des Augustinus, theils durch fleißiges Studiren der griechischen Episteln Pauli erlernt habe, die ich mit diesen meinen Händen vor eilf Jahren (1516) abschrich, während du nun acht Jahre weit umher wie ein König herrschest." In solch befcheidener und liebevoller Weise antwortete Zwingli auf die harten Worte Luthers, nie vergessend, daß sie beide auf dem gleichen Glaubensgrunde standen. Während er Faber, der aus diesem zwischen ihm und Luther geführten Streite Vortheil ziehen wollte, in dem Vorkampfe vor dem Badener Gespräche mit der Bemerkung zurückwies: „Luther und ich werden wohl Eins werden, ohne dein Dazwischentragen, denn wir haben einen Glauben an Jesum Christum“, suchte er Luther selbst zum Bewußtsein dieser Einheit des Glaubens zu führen, indem er ihn an jenen Streit zwischen Paulus und Barnabas wegen Johannes Marcus erinnerte, der uns Apostg. 18. erzählt wird. Da hatte wahrlich das edelste Gefäß

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »