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haben zu fordern, oder an ihren Sünden abzurechnen, so theuer fie wollen; gleich als wäre ihr Gebet eine Waare, die man bezahlen müsse. Dieses ist aber nur ein Irrthum und eine Heuchelei, die von jenen Heuchlern herstammt, die gleich den Spinnern Geld genommen haben und dafür so und so viel Gebete abgesponnen. Nun ist solches nichts Anderes, als ein Plappergebet, das Christus mit klaren Worten verworfen hat. Denn siehe, da Christus sein Gebet, das Vaterunser, gelehrt, sprach er nicht: Betet es so oder so oft; sondern er hat gerade vorher gelehrt, man solle nicht plappern und nicht viele Worte machen. Ich gebe dir hier auch nicht nach, wenn du sprichst: Siehe, also lehrt man die Welt nimmermehr beten. Denn man lehrt nicht mit dem Munde, sondern mit dem Herzen recht beten; denn solches ist allein ein wahres Gebet, Joh. 4, 24; das Mundgebet hingegen ist nichts als ein Gespött und eine Verachtung Gottes, Matth. 15, 8. Jesaias 29, 3. „Das Volk ehret mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist ferne von mir." Ich will dich nun recht prüfen in deinem Gebete. Was hast du gethan, als du zu jenem Berge gekommen bist: „Verzeih uns unsre Schuld, gleichwie wir unsern Schuldnern verzeihen?" Jit es dir ergangen, wie es mir allezeit ergangen ist, so hast du wieder zurückgehen müssen. Denn so oft ich dahin kam, konnte ich mich nicht zufrieden geben; ich glaubte den Vortheil genießen zu müssen, daß mich Gott nicht nach meinem Verzeihen richte; wiewohl ich selbst einsah, daß Gott in seinem Worte das Rechte und Vollkommene gelehrt habe. Und nach langem Prüfen, ob ich auch von Herzen verziehen habe, fand ich von Seite der Gnade Gottes immerhin ein fröhliches, verzeihendes Gemüth. Aber immer gedachte ich dann: Solltest du Gott nicht lieber sein, als dein Feind dir ist, so freut es dich nicht. Also fand ich, daß mir Gott nicht gleich thun müsse, wie ich meinem Feinde. Und nach vielen Anklagen und Verantwortungen meines armen Gewissens zog ich überwunden und gefangen ab, indem ich mich Gott ergeben mußte: Herr, ich muß nicht von dir verlangen, daß du mir verzeihest, wie ich es verzeihe. Herr, ich bin ein gefangener Mann. Verzeihe, Herr, verzeihe! Bevor sich diese Zeit verzog, war ich des Betens so müde, daß ich nicht begehrte, mehr Worte zu plappern, sondern ich war von einem Eifer der Angst erfüllt, daß ich so bloß stund an dem Gebete, das Gott mir vorgeschrieben hat. Und wenn ich mich auch dahin seße, um einen Psalmen zu betrachten, so redete mein Gewissen: Sieh', du Stubenfechter, hier bist du tapfer, und gefällst dir selbst wohl, und wähnest den Sinn des Geistes ergriffen zu haben. Bist du so kühn, so geh' an das Wort: „Verzeih' uns unsre Schuld, gleich wie wir vergeben unseren Schuldnern". So finde ich,

daß kein Gebet noch je auf Erden erschienen, welches dringender vom Menschen verlangt, daß er im Glauben und in der Selbsterkenntniß wandle, als das „Vaterunser.“ Denn ich glaube, es sei wohl Niemand so friedlich gesinnt, daß er nicht bei der Bitte: „Verzeih uns unsre Schulden, wie auch wir unsern Schuldnern verzeihen", in sich gehen und sich der lautern Gnade Gottes ergeben müsse. Und das ist das rechte Gebet, sich selbst erkennen und seine Gebrechen empfinden, und wenn solches geschehen ist, sich demüthigen. Wer wird mir nun in dieser Weise seine Gebete borgen wollen? Wahrlich, Niemand! Denn es ist wohl kein Mensch, der nicht bei diesem Worte verlegen wäre, also, daß er Nichts auf sich hielt und sich unbedingt vor die Füße der Barm= herzigkeit Gottes hingeworfen. Also erlernen wir, daß das Gebet weder als ein Verdienst, noch als eine Waare, noch als ein Werth angesehen noch berechnet werden soll. Es ist Nichts, als eine Klage über unsern Mangel und eine Anrufung Gottes um Hülfe, den wir für das größte Gut halten, so daß er alle unsere Bedürfnisse stillen könne. Wir legen dem Gebete keinen Werth bei; denn es ist nur ein aus dem Glauben hervorgehendes inniges Anrufen Gottes. Denn Gott verleiht uns, was feiner Gnade ziemt und was seinem Willen wohlgefällt. Sieh' jezt, wo ist nun das bezahlte Gebet? Es ist nichts, als eine Heuchelei, die sich aus dem Gebete gemästet hat. Denn hätten die gleißenden Hähne sich selbst erkannt, so hätten sie ihr Gebet nicht Anderen borgen wollen; sie hätten auch gewußt, daß alle Menschen ihre Brüder und Glieder desselben Leibes wären; daher sie für dieselben, wie für sich selbst, sorgen sollen. Indem sie aber ihre Gebete verkauft, haben sie sich sehr versündiget; erstens, indem sie Heuchler gewesen sind; zweitens, weil sie um ihre Heuchelei noch Geld von den Menschen genommen haben.

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Christus spricht zu dem samaritanischen Weibe, Joh. 4, 23 u. 24: Es kommt die Stunde, und ist schon jezt, da die wahr. haftigen Anbeter den Vater im Geist und in der Wahrheit anbeten werden; denn der Vater verlangt solche Anbeter. Gott ist ein Geist und seine Anbeter müssen ihn im Geiste und in der Wahrheit anbeten". Dieses Einzige lehrt uns, was das wahrhafte Gebet sei, nämlich nichts Anderes, als die wahrhafte Anrufung Gottes mit dem Geiste und Gemüthe, wahrlich nicht aber das Hersagen von Gebetsformeln, oder die äußern Geberden, da man spricht: Herr, Herr! sondern so wahr und getreu, daß unser Herz seine Zuversicht allein zu Gott hat; so daß es sich nicht beschönige, sondern, wie es ist, sich als sündig, schnöde und ohnmächtig erkennt und daß es dabei wirklich der Gnade Gottes sicher sei. Solches aufrichtige Anbeten im Geiste und in der Wahrheit verlangt Gott von uns. Also vernehmen wir wieder, daß das Gebet nichts Anderes sei, als ein

stetes Anhangen unseres Gemüthes an Gott, ein emsiges Laufen zu Gott im Geiste und in der Wahrheit, so daß wir ihn für das Wahre, einige Gut halten, das uns allein zu helfen vermag, dessen wir uns auch versichern können. Dabei fallen aber erstens alle Plappergebete hin, die man in den Tempeln summet und murmelt. Denn wenn sich das menschliche Gemüth wirklich mit Gott unterhalten will, so ist es gerne allein, was Christus wohl gewußt, und so heißt er uns auch in das heimliche Kämmerlein gehen, wo wir in der Stille mit dem himmlischen Vater reden können, indem er spricht: „Wenn du betest, gehe in dein Kämmerlein, und schließe deine Thüre zu, und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in's Verborgene sieht, wird dir vergelten öffentlich". Matth. 6, 6. Daher erkennen wir, daß jenes Betgebrüll vor den Menschen nichts als Heuchelei sei. Sedann erlernt man, daß dasjenige, was Luc. 18, 1 sich findet, nicht vom Gebete, das in Worten besteht, verstanden werden soll, wenn es heißt: Er sagte ihnen aber auch ein Gleichniß darüber, daß man allezeit beten und nicht muthlos werden müsse, indem er sagte: „Es war ein gewisser Richter in einer gewiffen Stadt, der Gott nicht fürchtete und keinen Menschen scheuete. Es war aber eine gewisse Wittwe in selbiger Stadt, die kam zu ihm und sagte: Schaffe mir Recht gegen meinen Widersacher! Und er wollte nicht eine Zeit lang; nach diesem aber sprach er bei sich selbst: Wenn ich auch Gott nicht fürchte, und feinen Menschen scheue, so will ich doch, weil mir diese Wittwe Ungelegenheit macht, ihr Recht schaffen, damit sie nicht beständig komme und mich plage. Und der Herr sprach: Habt ihr gehört, was der ungerechte Richter spricht? Gott aber sollte nicht seinen Auserwählten, die Tag und Nacht zu ihm rufen, Recht schaffen, wenn er auch mit seiner Hülfe verziehet? Ich sage euch: Er wird ihnen Recht schaffen in Kurzem" 2c. Dieses Gleichniß Christi mahnt uns keineswegs zu vielen Worten, sondern, daß wir in unsern Anliegen ohne Unterlaß uns zu Gott wenden sollen; und wenn er auch mit der Gewährung verzieht, sollen wir nichts destoweniger zu ihm laufen, nicht mit vielen Worten, sondern mit einem glaubensvollen Herzen; wie er selbst in der Folge andeutet; indem er spricht: „Doch wenn der Menschensohn kommt, wird er auch Glauben finden auf Erden?" Da er durch diese Worte andeutet, daß nicht aller Menschen Glauben so stark sei, daß sie ohne Zweifel und ohne Unterlaß zu ihm laufen. Wenn nun die Worte mit der Sehnsucht des Herzens übereinstimmen, so ist es recht; Worte aber ohne Herz sind eitel. Kannst du lange mit Herz und Munde beten, so sage Gott Dank dafür; denn es ist nicht gewöhnlich, daß die Andacht, die in Worten sich offenbaret, lange daure; aber in der Wahrheit des Geistes vermag der Mensch lange andächtig zu sein. Namentlich

wenn er der Ehre Gottes bedenkt, seiner Gnade danksaget, seine Gebrechen des Leibes und der Seele recht ermißt und sich selbst verwirft, und dagegen sich der Barmherzigkeit Gottes ergiebt, täglich den Entschluß erneuert, christlich zu leben und so fort. So kann der Mensch lange im Gebete anhalten; denn das ist das rechte Gebet, das in der Wahrheit des Geistes geschieht; aber bei dem Wiederplappern von Worten währt die Andacht nicht lange. So soll man auch die anderen Stellen der heiligen Schrift vom emßigen Gebete, bei Paulus und anderswo, verstehen, daß man stets im wahren Glauben zu Gott aufsehen solle, zu ihm allein ohn' Unterlaß um Hülfe laufen. Also kann der Landmann am Pfluge beten, wenn er seine Arbeit geduldig im Namen Gottes verrichtet, auf Gott vertraut, und ihn um die Vermehrung des Samens anruft, und oft bedenkt, daß unser hiesiges Leben nur ein Jammer und Elend sei; jenseits aber werde uns der gnädige Gott Ruhe, Frieden und Freude verleihen. So betet er, wenn er gleich nicht den Mund bewegt. Also auch der Schmied am Amboß; sieht er in allem seinem Thun Gott an, so betet er ohne Unterlaß.

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Wir sind nicht so gut, daß es uns Gott jegt um unsertwillen verleihe; aber um Jesu Christi willen gewährt er uns Alles, Joh. 16, 23: Wahrlich, wahrlich ich sage cuch: Was ihr irgend vom Vater bittet in meinem Namen, das wird er euch geben". Sehet nun, wie er das Bitten mit seinem Namen verbindet, indem er spricht: Alles, was ihr bitten werdet in meinem Namen. Daraus folgt, daß wir allein im Namen Jesu bitten sollen. So spricht er auch, Joh. 14, 13: ,,Was ihr irgend erbitten werdet in meinem Namen, das will ich euch. thun, auf daß der Vater verherrlichet werde durch den Sohn. Wenn ihr Etwas erbitten werdet in meinem Namen, so will ich es thun." In diesen Worten Christi hörst du wieder, daß uns nur die Bitte, die wir in seinem Namen thun, gewährt werde: denn wir sind gelehrt nur in seinem Namen zu bitten; und er verheißet uns auch nur die in seinem Namen geschehene Bitte zu gewähren. Denn es ist kein anderer Name unter der Sonne, darin wir sollen selig werden, als der Name Jesu“, Apostelgesch. 4, 12. Sodann vernimmst du, daß die Macht Christi der Macht Gottes gleich sei, indem er spricht: „Das werde ich thun." Auch ersiehst du, wie er alle Dinge vermag, da er sich auf seinen Namen verlassen heißt. Röm. 8, 32:,,Gott hat seines eigenen Sohnes nicht geschonet, sondern ihn für uns Alle hingegeben: wie sollte er uns nicht Alles mit ihm schenken?" Siche, Paulus meint, es wäre etwas Undenkbares, daß uns Gott nicht mit seinem Sohne alle Dinge gewähre. Petrus lehrt auch, daß unsre Opfer Gott durch Christum angenehm werden, 1. Petr. 2, 5: „Um geistliche Opfer darzubringen, Gott wohlgefällig durch Jesum Christum“. Geistliche Opfer sind nichts Andercs,

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als die völlige glaubensvolle Hingabe unseres Gemüths an Gott, wie dies aus den vorangehenden und nachfolgenden Worten Petri ersehen werden kann. Kurz, wenn uns Gott alle Dinge im Namen Jesu geben will, wie oben bewiesen worden ist, so folgt auch, daß wir um alle Dinge in seinem Namen bitten sollen. Wenn wir nun solches thun, so sind wir Christen: denn Christus ist zu ehrwürdig, als daß wir seinen Namen tragen sollen, wenn er uns noch nicht unsere ganze Zuversicht geworden ist. So viel von diesem Artikel, der auch dazu dient, daß die Abgötterei gegen die Creatur abgethan werde. Denn sollen wir in seinem Namen bitten, und hängt die Gewährung der Bitte allein von seinem Namen ab, so ist es eitel, ja abgöttisch, wenn wir uns irgend an eine Creatur wenden.

Capitel 22.

Gott allein verzeiht die Sünde, und zwar allein durch Jesum Chriftum, seinen Sohn, unsern Herrn.

Daß Gott allein die Sünde verzeihen könne, ist klar; denn Nichts ist Sünde, als was wider das Gebot Gottes geht. Daraus muß auch folgen, daß er allein die Sünde nachlasse; denn Niemand kann für den Andern verzeihen. Doch wird diese Behauptung durch Kundschaft der Schrift erklärt. David spricht, Psalm 51, 6: Herr, wider dich allein habe ich gesündigt". Ist die Sünde darum schändlich, weil sie wider Gott streitet, so vermag auch Niemand dieselbe zu verzeihen, als Gott allein. Denn Gott allein ist das Gut, das uns führet, nährt, gesund, heil und selig macht. 5. Mose 32, 12: „Der Herr allein ist sein Führer gewesen" 2c. Jesaias 43, 25-27: „Ich selbst tilge deine Missethaten um meinetwillen, und deiner Sünden gedenk ich nicht. Erinnere mich, laß uns zusammen rechten! Sprich, daß du gerechtfertigt seiest; dein erster Ahnherr sündigte und deine Dollmetscher wurden abtrünnig von mir". Diese Worte Jesaias stehen allenthalben so fest begründet, daß sie nirgends angefochten werden können. Erstens hebt sich Gott selbst zum zweiten Male hervor, „ich selbst tilge deine Missethaten“, nicht irgend ein Geschöpf. Sodann verzeiht er die Sünden um seiner selbst willen und nicht um unserer Werke willen; er verzeiht auch so, daß er nicht der alten Sünden gedenkt und keine alte Uebertretung richtet. Zum Dritten stellt er den Menschen sich gegenüber und läßt sich neben demselben schäßen oder richten. Ja, er fordert den Menschen auf, er solle ihn, Gott, erinnern und sodann vor

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