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Kunstreich sind die Zahlenspiele, welche die Rechenkunst lehrt, oder das Schachspiel, wo man mit den Figuren bald ausläuft, bald an sich hält, Posten ausstellt und Hinterhalt anlegt. Dieses Spiel lehrt nämlich mehr als alle andern, nichts mit Unbedacht zu unternehmen. Doch muß man auch hierin Maaß und Ziel halten; denn es gab Leute, die mit Hintansehung ernster Beschäftigungen sich diesem Spiel allein ergaben. Nur zuweilen und in Nebenstunden erlaube ich solche Vergnügungen. Fort dagegen mit allen Würfeln und Karten! Spiele zur Leibesübung find Laufen, Springen, Steinstoßen, Fechten, Ringen, welche alle beinahe bei allen Völkern Sitte sind; doch bei unsern Vorfahren, den Eidgenossen, waren sie ganz vorzüglich in Uebung, und sind auch für verschiedene Vorfälle sehr nüglich. Doch soll man das Ringen nur sparsam treiben, weil schon oft Ernst daraus ward. Das Schwimmen halte ich für weniger nüglich, wiewohl es zuweilen angenehm sein mag, seine Glieder im Wasser zu wiegen und ein Fisch zu werden. In einzelnen Fällen kann es jedoch auch nüglich sein. So schwamm einer aus dem Kapitol, um dem Camillus von dem kläglichen Zustande des geizigen Roms Nachricht zu bringen. So kehrte Elölia schwimmend zu den Ihrigen zurück.

All unsere Rede und Aufführung sei so beschaffen, daß wir demjenigen, mit welchem wir umgehen, nüßlich und förderlich sind. Wenn wir Jemanden beschelten oder tadeln müssen, so geschehe solches so vernünftig und klug, so mild und besonnen, daß wir das Laster entfernen, den Menschen aber gewinnen und ihn näher mit uns verbinden.

Der Wahrheit soll man sich so standhaft und ausschließend be= fleißigen, daß wir stets nicht allein unsere eigenen sondern auch Anderer Reden aufs sorgfältigste erwägen, damit nicht irgend ein Betrug oder eine Unwahrheit darin untermengt sei. Nichts soll ein redliches Gemüth mit größerem Mißfallen gegen sich selbst erfüllen, als wenn ihm auch wider Willen etwas Lügenhaftes entschlüpft ist; davon nicht zu reden, wie tief er sich dann schämen sollte, wenn er sich selbst so leichtfertig und lügenhaft erfände, daß er selbst Lügen schmiedete oder fremde Lügen nachspräche. Einem Christenmanne ist geboten, Wahrheit mit seinem Nächsten zu reden. Christus ist die Wahrheit, also muß auch der Christ der Wahrheit fest anhangen. Ein Mann mit zwiefältigem Gemüthe ist unbeständig in allen seinen Wegen. Wer bald so, bald anders spricht, dem kann man nicht trauen. Die Rede ist der Spiegel des Herzens. Ist sie nun eitel und lügenhaft, so ist dies das sicherste Zeichen, daß es inwendig noch viel schlimmer aussehe. Zudem kann die Lüge sich wohl eine Zeitlang aber nicht immer verbergen. Wie thöricht ist es aber, wenn Einer selbst weiß, daß er lügt, und sich für besser hält, weil es Niemand wisse!

Der Wahrheit sollen wir uns nicht allein in der Rede, sondern auch in allen unsern Handlungen befleißigen, so daß wir nichts zum Scheine, nicht trüglich handeln noch thun. Wie das Herz die Quelle aller Handlungen, also sollen auch Angesicht, Augen und alles Aeußere sein. Auch ein angenommener Gang beweist hinlänglich, was der für ein Mann ist, welcher anders einhergeht, als sein natürlicher Charakter es erheischt: daß er nämlich unwahr und eines unzüchtigen Gemüthes sei. Doch was soll man noch viel davon reden? Der Jüngling foll allen Fleiß darauf richten, das er den Herrn Christum rein und lauter in sich aufnehme; wo das geschehen ist, wird Christus seine Richtschnur im Leben, Reden und Handeln. Im Rechtthun aber und in der Frömmigkeit wird er sich nimmer überheben so wie auch nimmer verzagen. Täglich wird er zunehmen und doch stets einsehen, daß ihm noch Vieles mangelt, und so wird er fortschreiten und doch unter Allen am weitesten zurückzustehen glauben, wird gegen Jeden Gutes thun, ohne es jemals anzurechnen, denn also hat es auch Christus gethan. Der wird also vollkommen sein, der Christo allein nachzufolgen sich bestrebt.

Dieses habe ich, mein Gerold, *) vermeint, sei nüglich zur Erziehung und Unterweisung frommer und edler Jünglinge. Ich habe es zwar durcheinander und ohne Ordnung vorgetragen, wie du siehst; überdenke es aber oft bei dir selbst, und was hier mit rohem Pinsel entworfen, fülle du mit deinen Sitten aus. Thust du das, so wirst du das, was hier nur so hingeworfen ist, durch die That in die schönste Ordnung stellen und ein lebendiges Bild dieser Anweisung werden, die ich für dich geschrieben. Ja ich darf es behaupten, wenn du dich hierin übest, so kann es nicht fehlen, daß du vollkommner und durch Tugend ausgeschmückter wirst, als ich es hier mit Worten habe zeichnen können. Doch mußt du alle deine Kräfte beharrlich anstrengen. Das wird dann sehr förderlich sein, den Müßiggang, die Mutter aller Laster, zu vertreiben, dem sich Viele aus angenommener aber höchst verderblicher Gewohnheit schon in der Jugend so schamlos ergeben haben, als hätten fie eine Lust, Müßiggänger und Verzehrer von anderer Leute Gut und ein Pfuhl aller Laster zu werden. Du aber wende deine Jugend nüßlich zum Guten an, denn die Zeit läuft schnell dahin und es folgt selten eine bessere nach. Keine Zeit ist mehr geeignet, Gutes zu thun, als die Jugend. Der ist noch kein Christenmann, der nur viel von Gott zu reden und zu sagen weiß, sondern der sich mit Gott befleißigt, hohe Dinge zu thun. Darum, mein schöner Jüngling, fahre fort, deinem Geschlechte, deiner Schönheit, deinem väterlichen Erbe alles

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*) Gerold Meyer, Stiefsohn Zwingli's, für den diese Schrift geschrieben

worden.

Vorzüge, die dir zu Theil geworden

durch jene wahren Zierden immer noch höhern Schmuck zu verleihen! Ich sage weniger als ich sollte. Halte nichts für wahre Zierde als Tugenden und Frömmigkeit und wahre Ehre. Adel, Schönheit und Reichthum sind nicht wahre Güter, sondern dem Glücksfalle unterworfen. Durch diese Dinge führe dich Gott unverlegt, damit du nimmer von ihm geschieden werdest. Amen.

2.

Von der göttlichen und menschlichen Gerechtigkeit oder von dem göttlichen Geseze und den bürgerlichen

Gefeßen.

Capitel 1.

Begriff der göttlichen und der menschlichen Gerechtigkeit.

Obwohl sich zu unserer Zeit die göttliche Gerechtigkeit durch das Gotteswort mehr als seit vielen hundert Jahren offenbaret, wollen doch einige Menschen sie nicht so annehmen, wie man sie annehmen soll; fie horchen zwar auf sie, wollen sie aber ihren Anfechtungen und Begierden dienstbar machen. Die Vorgesezten sehen in ihr eine solche Schönheit, daß kein Mensch zu ihr hinzu zu gelangen vermag. Wenn Gott z. B. will, daß wir weder bei ihm, noch beim Himmel, noch bei der Erde, noch bei unserem Haupte schwören, und sie nun wohl einsehen, daß wir diesem Gebote nicht nachzukommen vermögen, so meinen sie, man solle inne halten mit dem Gebote über den Eid, bis er ihnen gefalle; denn es seien Etliche, welche, wenn sie gleich einen aufrichtigen, redlichen Eid geschworen, dennoch nicht schuldig zu sein glauben, denselben zu halten; dieweil man, nach dem Worte Christi, keinen Eid schwören solle, Matth. 5, 34. Dagegen giebt es auch Einzelne unter der gemeinen Menge des Volkes, welche, sobald sie hören, daß Christus uns geheißen: wenn man uns den Rock nehme, sollen wir den Mantel auch lassen", nur nehmen lernen wollen, und nicht bedenken, daß solche Gebote sie eben so wohl berühren, als alle übrigen Christenmenschen, daß auch sie Rock und Mantel laffen sollen, anstatt sich zu wehren, oder gar Anderen das Ihrige zu nehmen. Darum hat es mir

nöthig geschienen, die folgende Predigt, die ich von der göttlichen und menschlichen Gerechtigkeit am Tage Sanct. Johannis des Täufers gehalten habe, in Schrift zu fassen und sie heraus zu geben, damit diejenigen, welche gegenwärtig zehnmal mehr Muße haben, als ich, veranlaßt werden, genauer diese Angelegenheit zu erforschen. Und damit man sehe, wie die göttliche Gerechtigkeit und die arme menschliche Gerechtigkeit sich zu einander verhalten, will ich zuerst von der göttlichen reden.

Gott ist nicht allein in so fern gerecht, als er Jedem das Seine giebt, wie die Menschen die Gerechtigkeit beschrieben haben. Denn wenn wir ihn mit diesem Maßstabe messen wollten, so kämen wir dahin, als ob wir ohne ihn Etwas wären. Was ist aber unser? Nichts: Alles, was wir sind und haben, ist sein. Er ist aber in einer anderen Weise gerecht; sonst würde er Niemanden Etwas geben; denn er ist Niemanden Etwas schuldig. Er ist dergestalt gerecht, daß er der unversiegbare Quell ist aller Unschuld, Frömmigkeit und Gerechtigkeit und alles Guten; denn er ist selbst wahrhaft die Gerechtigkeit, Frömmigkeit und der Inbegriff alles Guten, so daß Nichts fromm und gerecht, noch gut ist, als was aus ihm kommt. Gleich wie er nicht allein wahrhaft ist, sondern die Wahrheit selbst, Joh. 14, 6: also ist er nicht allein gerecht, sondern die unbefleckte Gerechtigkeit selbst, die so lauter und durchaus rein ist, daß in ihr keinerlei Trübung durch irgend welche UnLauterkeit der Anfechtungen stattfindet. Denn Alles, was immer ge= mischt oder zusammengeseßt ist, kann nicht ewig sein; nun ist aber Gott der ewig gute: darum muß er, der die Gerechtigkeit ist, unvermischt jein, fremd von allen Anfechtungen und eigennützigen Begierden.

Diese also lautere, reine, unvermischte Gerechtigkeit Gottes sehen wir an seinem eigenen Worte. Denn gleich wie ein böser Mensch aus dem bösen Schaß seines Herzens Böses hervorbringt, Luc. 6, 45, also bringet Gott, der allein gut ist, Marc. 10, 18, aus seinem Herzen nichts als Gutes hervor, aus welchem Ausflusse des Gerechten und Guten wir den ursprünglicheu Brunnen, wie den Baum aus der Frucht, erkennen. So erkennt man Gottes Gerechtigkeit an seinem Worte. Wenn nun sein Wort - wie David Psalm 12, 7 spricht: „Des Herrn Reden find rein, sie sind wie Silber, geläutert in der Werkstatt, von Erde gereinigt sieben Mal" - so gut von der Erde gereiniget ist, so muß daraus folgen, daß sich Nichts darin findet, was nach irdischen Anfechtungen riecht. Daher können wir wohl ermessen, daß die göttliche Gerechtigkeit so hoch über der menschlichen ist, als Gott über den Menschen steht. Daraus folgt, daß wir seine Gerechtigkeit nicht er= reichen, das ist, daß wir die Vollkommenheit seiner Schönheit, Unschuld und Reinheit nicht erlangen können.

Dennoch fordert Gott, daß wir seien wie er, wenn wir anders bei ihm zu wohnen wünschen. Denn wie ein Hausvater keinen Diener unter seinem Gesinde duldet, der nicht gleich gesittet ist, wie er, also duldet Gott noch viel weniger Jemanden in seinem Reiche, der nicht nach seiner Schönheit und Unschuld gestaltet, der nicht so rein ist, wie er den ersten Menschen erschaffen hat. Dies deutet uns Christus an, Matth. 22, 11 im Gleichnisse von den zur Hochzeit Geladenen, wo er sagt, daß der, welcher kein Hochzeitskleid an hatte, hinaus geworfen wurde. Nun hat doch der Herr, der zur Hochzeit laden ließ, geheißen, die Armen, Kranken, Blinden und Lahmen zu berufen, Luc. 14, 21; sie müssen aber dergestalt rein sein, wie er es fordert. Denn Gott ist ein ewig verzehrendes Feuer, bei dem Niemand wohnen kann, der irgend Etwas an sich hat, was der Natur des Feuers fremd oder zuwider ist; sondern was bei ihm wohnen will, muß heilig, fromm, lauter und rein sein, wie auch er es ist. Das zeigt Jejaias an, 33, 14—17: „Wer mag wohnen bei dem freffenden Feuer, wer wohnen bei diesen ewigen Gluthen? Wer in Gerechtigkeit und Redlichkeit spricht, wer ungerechten Gewinn verschmähet, wer seine Hand schüttelt, nicht Bestechungen zu nehmen, wer sein Ohr verstopft, nicht Blutrache zu hören, und seine Augen, nicht Unrecht zu schauen: der wohnet auf Höhen; Felsenburgen sind sein Schuß; sein Brod wird ihm gebacken; sein Wasser versieget nie. Den König in seiner Herrlichkeit schauen deine Augen, sie schauen fernes Land." Mit diesen Worten will Jesaias anzeigen, wie die beschaffen sein müssen, die bei Gott wohnen wollen. Und der Inhalt der Antwort ist, daß sie in jeder Beziehung unschuldig sein müssen. So redet auch David im 15. Psalmen: „Herr, wer darf weilen bei deinem Zelte, wer wohnen auf deinem heiligen Berge? Wer untadelig wandelt, und Gerechtigkeit übt, und Wahrheit von Herzen." Hier spricht David beinahe in den gleichen Worten, wie Jesaias, wiewohl David älter ist, so daß man aus den Worten sehen kann, daß sie aus einem Geiste fließen. Dieses Alles hat Christus in wenige Worte zusammengefaßt: „Selig, die reines Herzens find; denn sie werden Gott schauen“. Was ist nun ein reines Herz, oder welches Herz ist rein? Kein Herz auf Erden; denn welches ist ganz frei von Eigennuß, Einbildung, oder welches allenthalben ohne alle Verstellung? was doch Gott durchaus fordert, wie bald folgen soll.

Hier müssen wir im Vorbeigehen das Evangelium fund thun. Wir haben hier klar vernommen, daß Niemand zu Gott komme, er sei denn fromm, rein, gerecht und unschuldig, wie Gott es fordert; denn er spricht 3. Mose 22, 7: „Seid fromm, rein oder gerecht; denn ich bin rein". Gleich als würde er sprechen: Ich bin gerecht, rein, fromm; darum müsset ihr, wofern ihr meine Kinder sein wollet (oder

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