ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

Das Interesse, das die alte Erzählung daran hat, festzustellen, daß Mose durch Irrtum in die Nähe der Gottheit gelangte, setzt ferner voraus, daß Jahwe an seinen ihm vorbehaltenen Orte, und auch nur hier, zu finden ist. Diese Vorstellung ist auch noch daran zu erkennen, daß E von einem „Gottesberg" redet (3, 1 s. auch S. 2), und J sagt: „Die Stätte, da du stehst, ist eine heilige Stätte" (3, 5). Nach der Auffassung von J und E und ihrer Zeit ist die Heiligkeit einer Stätte allerdings erst die Folge einer Gotteserscheinung. So werden in der Genesis von den Patriarchen überall da Kultusstätten eingerichtet, wo ihnen Gott erschienen war, von da an deutete dann eine solche Kultstätte den Ort an, wo die Gottheit zu erscheinen pflegt, wo man sie treffen, „das Angesicht des Gottes schauen" kann. Die bekannte Phrase

bedeutet: eine Kultstätte besuchen, so schon in dem alten Kultgesetze Ex 23, 15; 34, 20.1) Es ist nun aber nicht schwer nachzuweisen, daß die Kultstätten Palästinas viel älter sind als die Ansiedelung der Israeliten in diesem Lande. In kananäischer Zeit bezeichneten die Kultstätten je die Wohnung eines bestimmten Gottes; als dann der Jahwismus das Erbe dieser alten kananäischen Heiligtümer antrat, galten sie als Wohnstätten Jahwes (s. den Abschnitt IV). Es ist aus alle dem zu schließen, daß die Stätte, an der Jahwe und Mose sich begegneten, nach E der Horeb, nach J vermutlich (S. 4) der Sinai, als der Wohnsitz des Gottes Jahwe galt. Darum kann Jahwe auch nur an diesem Berge verehrt werden (3, 12b, welcher Halbvers zwar in den vorliegenden Zusammenhang nicht paßt, aber seinem Inhalte nach zweifellos einer alten Quelle angehört), und die in Ägypten befindlichen Israeliten müssen einen dreitägigen Marsch durch die Wüste machen, wenn sie Jahwe Opfergaben darbringen wollen (3, 18 J). Nur hier ist Jahwe zu finden; an einer Stätte, die drei Tagereisen von Ägypten entfernt ist, auf verhältnismäßig beschränktem Raume, ist sein Wohnort. Und da auf primitiven religiösen Stufen im allgemeinen bei den Göttern das Können und das Wollen zusammenfällt, so werden wir aus den Versuchen Jahwes, seine Verehrer zu sich heranzuziehen, schließen, daß er auch irgendwie an diese Stätte gebunden ist. Für die Richtigkeit dieses Schlusses werden sich, wie ich hoffe, im Laufe der Erörterung noch weitere Zeugen finden lassen.

Die Unterscheidung zwischen heiligen, der Götterwelt angehörigen, und profanen, für die Menschen bestimmten Teilen der Erdoberfläche beherrscht das ganze semitische Altertum. Im

1) Es ist zu punktieren.

Arabischen heißt das heilige Gebiet himâ, von der Wurzel hamâ „verhindern, abwehren", die Grundbedeutung ist nach Nöldeke 221 über etwas wachen" (s. Rob. Smith, „Die Religion der Semiten", deutsch S. 109, Anm. 160). Himâ ist also ein Gebiet, dessen Zugang „verwehrt" ist. Dem entspricht im Griechischen das Wort téμevos, das, mit réμvo zusammenhängend, das „abgeschnittene, abgesonderte" Gebiet bezeichnet. „Abtrennen, absondern“ scheint auch die letzte Grundbedeutung der gemein-semitischen Wurzel

.zu sein קדש

Diese Unterscheidung hatte in der alten Welt, da sich Götter und Menschen in diese Welt teilten, eine eminente Bedeutung, von der aber im Alten Testament nur noch vereinzelte Spuren übriggeblieben sind. Denn bei den Israeliten wurde der Nationalgott schon früh zum Weltgott, und die heiligen Stätten des Landes wurden durch die Sitte geheiligte Zentren der Verehrung. Viel bedeutsamer ist aber eine solche Unterscheidung auf einer Stufe, da die Götter den Menschen noch im wesentlichen gleich geachtet wurden, nur mit, mehr oder weniger kontrollierbaren, höheren Kräften ausgestattet. In der Regel vermeiden es die Menschen auf dieser Stufe, in den Bezirk eines Gottes einzutreten, besonders wenn man die Art und Natur der dort hausenden Gottheit nicht kennt. Auch Mose geriet in Furcht, als er seinen Irrtum bemerkte (3, 6), ebenso Jakob in Bethel (Gen 28, 17), und noch später galt es in Israel als lebensgefährlich, Gott zu nahen, z. B. Jes 6, 5. Um Unkundige rechtzeitig zu warnen, pflegte man bei den Arabern das heilige Gebiet durch besondere Zeichen kenntlich zu machen, z. B. durch eine Art von Vogelscheuche (hajâl) oder durch zwei bestimmte Opfersteine (garijjân).1) Dieselbe Bedeutung scheinen in historischer Zeit bei den Hebräern die Maşşeben gehabt zu haben. Sofern nun Götter und Menschen aufeinander angewiesen sind, läßt es sich nicht vermeiden, daß sich die Menschen den Göttern auf irgendeine Weise nähern müssen. Dazu aber gehören gewisse Vorbereitungen, wie Waschungen oder Anlegung besonderer Kleidung. Ursprünglich nahte man der Gottheit wohl völlig unbekleidet, so z. B. in Arabien (Sure 7, 25. 29; cf. Wellhausen, Reste des arab. Hdtms. 2 S. 110, Rob. Smith, Rel. der Sem., deutsch S. 116), denn nur die reine unverfälschte Natur ermöglicht die Annäherung, alles Künstliche muß ausgeschaltet werden, durch die Kunst wird das Göttliche entweiht (cf. z. B. Ex 20, 25). Ein Rest dieser Sitte ist es, daß man im Orient heilige Stätten nur barfuß betreten darf. Diese Sitte ist, wie wir

1) Jâqût III 790, cf. Wellhausen, R. des arab. Hdtms. 2 S. 105 f.

aus Ex 3,5; Jos. 5, 15 ersehen, sehr alt. Im allgemeinen scheinen die Menschen eine größere Bewegungsfreiheit gehabt zu haben als die Götter. Vor den Göttern war man gesichert, sobald man sich außerhalb ihres himâ befand, sie waren also an ihren Bezirk gebunden. Diese Anschauung läßt sich verstehen aus einer Zeit, da man in den Göttern nur beseelte Naturmächte sah.

Die Gründe, weshalb man gerade diese Stätte für heilig, jene für profan hielt, können sehr zufälliger und nebensächlicher Art sein; in den meisten Fällen sind die heiligen Stätten so uralt, daß es unmöglich ist, ihre Geschichte bis zu ihrer Entstehung zurück zu verfolgen. Dagegen wird es gelingen, für die Heiligkeit des Sinai und die Vorstellung vom Wohnen Jahwes auf ihm eine begründete Erklärung im folgenden zu gewinnen. Die Gebundenheit Jahwes an den Berg Sinai ist nämlich, wie wir später erkennen werden, durch Jahwes Natur als Gewittergott bzw. Vulkangott bedingt. Was der Dornbusch innerhalb der Gewittergottvorstellung religionsgeschichtlich für eine Bedeutung hat, ist nicht mit Sicherheit festzustellen. Es ist aber bereits auf die Wahrscheinlichkeit eines beabsichtigten Wortspieles zwischen und

hingewiesen (S. 4). Für den alten Hebräer bedeuten derartige sprachliche Anklänge und Wortspiele unendlich viel mehr, als wir nachempfinden können, der Zusammenhang von Wort und Wesen ist viel enger und intimer, als es für uns vorstellbar ist. Dieser Anklang deutet mithin auf eine enge Zusammengehörigkeit zwischen dem Gottesberg Sinai und der Dornbuscherscheinung, etwa in dem Sinne, daß man in der, in dem dürren Gelände und bei dem Gewitterreichtum häufigen, Erscheinung eines brennenden Dornbusches innerhalb des heiligen Gebietes eine Kundgebung des hier wohnenden Gewittergottes Jahwe erblickte. Diese Vorstellung scheint schon in alter Zeit die Bezeichnung Jahwes als „Dornbuschbewohner" geprägt zu haben (Dtn 33, 16)1), beachte die archaistische Endung in w. Das Wort deutet an, daß man die Dornbuscherscheinung nicht für eine vorübergehende, sondern für die gewöhnliche Art der Erscheinung Jahwes ansah. Daß der Busch nicht verbrennt, ist wohl nur eine das Wunderbare steigernde Erweiterung der Sage. Ed. Meyer lokalisiert den Dornbusch in Qadeš und erklärt die Erscheinung als ein Erdfeuer infolge unterirdischer Gase; in nächster Nähe dieses Erdfeuers habe der Busch gestanden und

[ocr errors]

1) Nach Steuernagel (z. St.) u. a. soll Dtn 33, 16 nur eine Verschreibung aus sein. Diese Annahme ist aber einmal wegen Ex 3, 2ff. m. E. unnötig, und dann unwahrscheinlich, weil sich eine Veränderung des in weit schwerer begreifen läßt, als das Umgekehrte.

[ocr errors]

habe den Eindruck eines von Wawerlohe umgebenen Dornbusches gemacht (a. a. O. S. 62). Diese Vermutung scheint mir mehr geistvoll als wahrscheinlich zu sein; ein einzelner Busch von doch nur bescheidener Größe, wenn auch in so eigenartiger Umgebung, dürfte schwerlich eine so weitgehende religiöse Bedeutung erlangt haben, vielmehr wird der Dornbusch" als Kollektivbegriff in Betracht kommen. Auch hängt die Dornbuscherscheinung schon in der ältesten Form der Sage so eng mit dem Gottesberg zusammen, daß sie schwerlich von ihm losgelöst werden kann. Der Artikel vor (3,2) ist dann als genereller Artikel zu fassen, es ist damit jener bekannte, so häufig am Sinai sich findende Dornbusch gemeint, in dem Jahwe zu erscheinen pflegt, und nicht etwa ein ganz bestimmter Busch, der als Heiligtum verehrt wurde und den z. B. Elia später aufsuchte (so Gunkel, Elias, in relig. gesch. Volksbüchern II 8 S. 22). Schwerlich ist die Ansicht richtig, die in dem brennenden Busche ein Bild des himmlischen Feuers sieht (cf. Grill, Erzväter 1875 S. 181 ff.).

Ist nun der Grundgedanke der alten Sage der, daß Jahwe auf dem Berge Sinai wohnt und seiner Natur als Gewittergott, genauer als personifizierte Gewitterwolke (s. unten S. 15), nach an seinen Berg gebunden ist, so ist auch die in dem Worte 3, 8 (J), verglichen mit Ex 19, 20 (J) liegende Vorstellung, daß Jahwe auf den Sinai herabgestiegen sei und daß demgemäß seine eigentliche Wohnung im Himmel sich befände, der Urtradition fremd und Sondergut von J. Ebenso weist die abstrakte Form der Namenserklärung (3, 14 E) in eine weit vorgeschrittenere religiöse Anschauungsweise, als sie in der Wüstenperiode zu erwarten ist. Der Gott, der nach 4, 11 (J) der Menschen Sinne schafft, ist doch wohl ein ganz anderer, als der, der ihnen zufällig in der Wüste begegnet (3, 18 J) oder sie gar nächtlicherweile im Schlafe überfällt (4, 24 f. J). Endlich weist der Ausdruck: „Mein erstgeborener Sohn" (4, 22) in eine Zeit, die bereits anfing, in Jahwe den Weltgott zu ahnen. An derartigen Spuren erkennt man deutlich den Entwicklungsgang, den die alte Sage im Laufe der Jahrhunderte in der mündlichen Überlieferung durchgemacht hat.

2. Eine zweite Erscheinung Jahwes auf dem Sinai lesen wir Ex 19; 20, 18-21.

Eine stattliche Anzahl von Bearbeitungen und Untersuchungen hat in die verzweifelte Verwirrung dieses Kapitels einigermaßen Licht gebracht.1) Leicht herauszuheben ist der

1) Vgl. Budde in ZATW. 1891 S. 214ff.; Bruston, ebenda 1892 S. 188 ff.;

Rahmen von P V. 1 und 2a. Auch die V. 3b-8, die unter sich eine geschlossene Einheit bilden, verraten sich durch ihre charakteristischen Wendungen als zu Ra gehörig besonders in V. 5f., verglichen mit Dtn 7,6; 14, 2. 21; 26, 19. Das Bild in 4 erinnert an Dtn 32, 11. V. 7 und 8 sind die sinngemäße

d

Fortsetzung dazu. Größere Schwierigkeiten verursachen die Verse 21-25. Sie mit Procksch (Elohimquelle S. 85) zu Ra zu rechnen, ist bei der gänzlichen Abwesenheit deuteronomischer Formeln unmöglich, auch bilden sie durchaus keine Einheit, so daß man sie überhaupt nicht einem R zuschreiben kann. Sie sehen vielmehr aus wie einzelne versprengte Fragmente, die nur lose oder gar nicht mit dem Faden der Erzählung zusammenhängen, wie V. 21 (vielleicht J), 23 (Rje, ebenso wohl) 25, oder es sind spätere Glossen wie V. 22 und der davon abhängige V. 24. Der Rest verbleibt dann für J und E. Ganz zu E gehören 20, 18-21 ()2), die einen guten Zusammenhang bilden. Aus diesem Stücke geht hervor, daß Gott nicht zu Mose allein, sondern zu dem ganzen Volke geredet hat. Wollen wir in c. 19 den Spuren E's nachgehen, so werden wir demnach diejenigen Verse herausheben, die dieser Vorstellung entsprechen (Holzinger). Das geschieht V. 19 und im engsten Zusammenhang damit V. 17, in dem durch unda (cf. 14, 19 f.) die Zuweisung zu E gestützt wird. An bp (19, 19; 20, 18), und der Angst des Volkes (20, 18. 20) erkennen wir, daß auch die zusammenhängenden Verse 14-16 und der mit 14 eng verbundene V. 10 (das läßt sich nicht anders als durch die enge Zusammenschweißung der Quellen erklären) zu E gehören. V. 10 knüpft dann wohl unmittelbar an 3a (b) an. Wir gewinnen auf diese Weise auch einen guten zusammenhängenden Text.

קול השופר

Den Rest würde man dann für J anzusprechen haben (cf.

Krätzschmar, Bundesvorst. 1896 S. 70 ff.; Klopfer, ZATW. 1898 S. 197 ff.; Wellhausen, Kompos. des Hexat. 1899 S. 86 ff.; Steuernagel in St. u. Krit. 1899 S. 319 ff.; Lotz mehrfach in der N. Kirchl. Ztschr. Jahrg. 1901— 1905; Procksch, Elohimquelle 1906 S. 85 f. sowie die Kommentare von Dillmann-Ryssel, Holzinger und Bäntsch.

2

2) Daß der Dekalog 20, 1-17 dem ursprünglichen Zusammenhange fremd ist, hat, soweit ich sehe, zuerst Kuenen festgestellt (Hist -krit. onderzook 1887 S. 238). Vergleiche ferner Meißner, Der Dekalog, Dissertation 1893; Steuernagel, Stud. u. Krit. 1899 S. 331; Matthes in ZATW. 1904 S. 17-41 und Wildeboer, ebenda S. 296-300. Als neuster Verfechter der mosaischen Abfassung des Dekalogs ist dagegen zu nennen König (Neuste Verhandlungen über den Dekalog in NKZ. 1906 S. 565 ff.).

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »