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lag und man den Dr. Hall an ihr Bett holte, schrie sie so lange und schlug mit den Händen um sich, bis er wieder wegging. Es war mir das damals um so erstaunlicher, da unsre Mary Ann sonst älteren Herren nicht so leicht etwas übel nahm. Man erzählte mir, dass Susan Shakespeare vor ihrer Verheiratung wohl eben so munter wie ihre jüngere Schwester aber viel herzensgütiger gewesen sei. Mein Meister sagte einmal, als er den Kopf auf den Arm gestützt nach seiner Gewohnheit in traurigen Stimmungen monologisierte: O wie hat der Wurm meine Moosrose zerstört, o wie hat der Schatten mein Licht gemordet! Und ich wusste, von wem er sprach. Viele Jahre später besuchte ich wieder einmal meine Tante, die noch immer Wirtin zum Holzapfelbaum war. Die wackere alte Frau pries die guten alten Zeiten; wie sie auf Master Shakespeare zu sprechen kam, flossen ihre Tränen reichlich, aber ihre matten Augen konnten noch zornig aufglühen, als ich sie nach dem Dr. Hall fragte. Ich will ihre Worte hier ohne Umschreibung wiedergeben: Wirst Du's glauben? Dieser Schuft (Dr. Hall war damals gerade im zwanzigsten Jahre seines Kirchenvorstehertums) hat es nun so weit gebracht, unsre Susan auch körperlich zu ruinieren, sie liegt an der Zehrung auf den Tod. Ich seh's noch wie heute, als das liebe Kind, denn ein Kind war sie trotz ihrer fünfundzwanzig Jahre, zu mir herüber kam, in Tränen ganz aufgelöst. Sie sei eine Sünderin, eine Verlorene, nur die unendliche Gnade Gottes könne sie aus der Verdammnis erretten. Und was war los? Der Dr. Hall, mög' es Gott ihm verzeihen, ich kann's nicht, hatte ihr gesagt, sie sei ein Kind der Sünde, in Sünden empfangen oder wie es in dem rundköpfigen Geträtsch heisst, denn sie sei auf die Welt gekommen, als William Shakespeare und Ann Hathaway erst vier Monate verheiratet waren. Nun war das ja wahr, und Niemand wusste es besser als ich, dass Ann Hathaway niemals ihren William eingefangen hätte, wenn nicht das Kind schon gezappelt hätte. Man kann ja jetzt mit Dir über solche Sachen sprechen, Francis, aber ich hätte es nie erwähnt und das ärgste alte Klatschweib in Stratford hätte nicht davon gesprochen. Der Schurke aber machte

sich durch seine Wissenschaft des Unglücks wenn's überhaupt ein Unglück war - unsre schöne stolze Susan zur Sklavin. Er machte daraus ein schleichendes Gift für ihr ganzes Leben, ein Halfter, an dem er sie führte, ein Joch, unter dem ihre Seele sich totwund rieb. Und weisst Du, was er noch getan hat? Am Tage nach dem Begräbnis Master Shakespeares lag er mit seinen Weibern - bei meiner Seele Seligkeit, die Alte war ihm so zu willen wie die Tochter stundenlang auf den Knien, sie plärrten ihre Psalmen, sogar das Singen unsrer Susan, das einst wie Drossellied tönte, war zu einem gebrochenen Wimmern geworden, und dabei verbrannten sie auf dem Herd alle Bücher, die der Master von London mitgebracht hatte, und eine Masse beschriebenes Papier, ich konnte es deutlich durchs Küchenfenster sehen, dass die grossen Züge darauf standen, wie sie in manchen Inschriften an der Wand unsres Parlours verewigt sind, und den Gestank konnte man in der ganzen Nachbarschaft verspüren.

Hier unterbrach ich die gute alte Dame: Jawohl kann man mit mir jetzt über solche Sachen reden, und ich kann Merkwürdiges beifügen und auch etwas, was ich bisher geheim gehalten. Was da verbrannt wurde, war Unsterbliches, wie es sich vielleicht in Ewigkeit nicht mehr zusammenfügen wird. (Ob ich mich gerade so ausgedrückt habe, will ich nicht entscheiden, es verirren sich in meine Erinnerungen manchmal Gedanken und Sprache der späteren Zeit.) Ganze Szenen hat mir der Meister aus seinen Tragödien vorgelesen, die er der Welt als sein Vermächtnis hinterlassen wollte, Einblicke in die Werkstatt eines allwissenden Gottes waren es für mich, und ich erinnere mich, dass eines der Werke "Der ewige Jude" und eins "Aspasia und Hypatia" genannt war. Das war wahrlich Höllenfeuer, das der fromme Doktor entzündet hat, denn er hat ein Stück Erkenntnis und ein Stück Seligkeit durch die Erkenntnis allen künftigen Generationen geraubt. Ich habe kürzlich ein Buch über Giordano Bruno gelesen. Wahrlich, es scheint mir, als ob im Namen der christlichen Liebe immer das Beste und die Besten verbrannt würden. Aber jetzt will ich Dir auch jenen Jungenstreich beichten, den ich in mei

ner Lehrzeit hier ausgeführt, und dazu muss ich, da Du kein Friester und wir nicht papistisch sind, einen Zeugen haben.

Nun hatte im Laufe der Zeit unsre cornische Magd einen Bäckermeister geheiratet. Nach der schickte ich einen Boten; und sie kam mit ihren Kindern, die wie rotbäckig glänzende Aepfel um sie herum kollerten. Aber sie standen starr, mit offenem Munde, als ich ihre Mutter herzlich küsste. Sie haben so etwas noch nie gesehen, sagte die Frau Bäckermeisterin. Ei, was war sie für ein stattlich Weiblein geworden! Eine Kette aus venetianischem Golde trug sie um den Hals, und in der Kapsel aus Kristall war eine welke Rosenknospe eingeschlossen, die Shakespeare einst in Wein getaucht und ihr in den Busen geworfen hatte. Nicht wahr, Mary Ann, sagte ich, wenn zwei dasselbe tun, ist es doch nicht dasselbe. Wie meinen Sie das, Herr Francis? Nun, ich denke an Shakespeare und Dr. Hall. Da wurde sie purpurrot und begann zu zittern wie von einer noch nicht überwundenen Angst. Erst bedeckte sie mit den Händen ihre Augen, als ich meinen Knabenstreich crzählte, aber nachdem gab sie die Augen frei und lachte boshafter als es eigentlich einer ehrsamen Bäckermeisterin zukommt. Dies aber war die Geschichte, und wenn sie nicht ganz ästhetisch ist, so ist sie doch wahr und ich kann sie nicht bereuen. Als Shakespeare aus der Fremde zurückgekehrt war und sich wie Odysseus endlich wieder der langersehnten Umarmung seiner Gattin zu erfreuen gedachte, erschien am ersten Abend Dr. Hall mit einigen Predigern des Sprengels. Sie assen und tranken von den Süssigkeiten und dem kostbaren Wein, welche der Meister von London mitgebracht und beteten mit der Frau und den Töchtern die ganze Nacht. Sie riefen alle Qualen der Verdammnis auf die Häupter der Papisten herab und auf die verruchte Unsitte der Komödienbuden, wo die Sinnenlust gekitzelt und das himmlische Heimweh der armen Seele mit schnödem Spott traktiert wird. Schön Judith verschlief ihren Teil, aber Susanne und ihre Mutter wehklagten und schlugen sich die Brüste, als ob sie ihren Heiland verraten hätten. Nun fragt Ihr mich, warum der stolze und starke Meister diesen Unfug ertrug? Weil er Angst hatte vor

dem Doktor Hall, die Angst eines gesunden Mannes vor einem Skorpion. Wohl wollte er sein Hausrecht wahren und trat auf einmal mit einem Quos ego! zwischen die Gesellen; da hielt ihm aber der Dr. Hall einen Brief vor die Augen. Es war das Schreiben einer hochgestellten papistischen Dame, und es muss eine Süssigkeit enthalten haben, die in diesem Augenblicke dem Meister zur Galle wurde. (Ich habe dies wie überhaupt die ganze Szene von der geschwätzigen Judith erfahren, die mich manchmal ihres Vertrauens würdigte.) Von diesem Augenblick an sass Shakespeare stumm und betrachtete sich mit dem verächtlichen Blicke eines von Schurken an die Wand Gedrückten die Komödie. Aber wenn seine Augen auf der Geliebten seiner Jugend weilten, nur die betenden Mucker existierten für das Weib und der unsichtbare Himmel, wurden sie traurig. Von der Zeit an hasste ich den Doktor Hall, und eine grimmige Freude erfasste mich, als ich merkte, wie er um unsre Mary Ann herumstrich. Weisst Du noch, Mary Ann? Ich brauchte Dir nicht zu verzeihen, dass Du mich wie einen dummen Jungen behandeltest, seitdem Shakespeare unser Haus betreten, denn mein eigenes Herz war ja voll von ihm, aber an Deinem Ekel gegen den scheinheiligen Schleicher hatte ich meine Freude. Da sah ich denselbigen einmal im Dunkeln an unsrem Gartenzaun herumspekulieren, der Kerl horchte gern an den Hintertüren, um nach Hause zu tragen, was Shakespeare im Wirtshaus redete, und in der Hoffnung, auf unser cornisches Mädel zu stossen. Das Letztere hätte man ihm eigentlich nicht übel nehmen sollen, nicht wahr, Mary Ann? Ich aber holte mir die Mary Ann und postierte mich hinter sie, und da sie sonst nichts Weisses an sich hatte Gott schütze ihre Beine! ich habe sie nie gesehen musste sie mit dem Hemdzipfel winken. Wie er da heranschlich und in heiserem Ton herauspresste: Da bist Du ja, mein Schatz! und schon die grossen Hände nach ihr ausstreckte, schoss ich ihm gerade in die im Dunkeln grün leuchtenden Augen. Meine Waffe war eine Spritze wie sie die Knaben aus Hollunder bästeln und gefüllt hatte ich sie mit Jauche aus unsrere Mistgrube.

Daran ist nun gewiss nichts Schönes, und ich muss die Frau Bäckermeisterin der Gnade des Lesers empfehlen, wenn sie hier ausrief: Ach, war das schön! Er brüllte wie ein Stier, und sechs Wochen lang trug er eine blaue Brille. Meine Tante sagte: Ihr habt schöne Sachen getrieben! Aber dabei wackelte ihr das Herz in dem immer noch stattlichen Busen vor Vergnügen.

Abends trank ich mit dem Bäckermeister Brown Stout, jetzt nicht mehr als dienstbarer Geist, sondern als Gast, der selbst das "anon, sir" des Kellners verlangen konnte. Herr Shakespeare, bemerkte der wackere Bürger, und dabei tat er vor dem Ausreden einen gewaltigen Zug, muss ein merkwürdiger Mann gewesen sein; wenn meine Mary Ann seinen Namen hört, lacht und weint sie zu gleicher Zeit.

So habe ich die Liebe des Weibes und des Mannes gesehen unzähligemal, so muss es vor mir gewesen sein, und so wird es nach mir sein: leichtsinnig und stark bei ihm, für Alle, wie das Licht der Sonne — in Meeren hat es sich gespiegelt, aber mit dem letzten Strahl kehrt es doch zurück zu der welken Morning Glory, die ihm an den hölzernen Türpfosten einer Hütte entgegen geklettert ist; geheimnisvoll trügerisch bei ihr wie Lunas Licht; die Dichter besingen den Mond, aber eine Stalllaterne würde sie besser führen auf den Pfaden ihrer nächtlichen Trunkenheit wenn ich auf Gräbern das Mondlicht liegen sehe, welches kein Blümchen zeitigt, so ist es mir, als ob es immer nur das fahle Leuchten des Hasses gewesen wäre. Was klein ist, rollt sich dem Grossen in den Weg, dass es darüber strauchle. Wer immer nur Licht und Wärme empfängt, hasst im Tiefsten seines Gefühles den Wohltäter.

Sagte einst zu mir Master Shakespeare: Weisst du, wann der Fuchs die Füchsin verlässt und seinen Bau und die Jungen? Sobald die ersten Primeln aus ihrem heimlichen Nest im Erdboden hervorlugen. Er muss fort, Fremdes erobern und geniessen, denn auch einem Fuchs gehört die ganze Welt. Wenn er nach langen Monden zurückkehrt, zur Zeit da die Schatten der Bäume dünner werden, zerzaust von allerlei Stürmen wie sie, bringt er ein gutes Beutestück mit, um die

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