ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

aus ihr hervorging, war armselig. Meine gute Tante würde sich geschämt haben, solches Essen vor einen Fuhrmann zu setzen. Nur wenn geistlicher Besuch da war, wurde gebraten und gesotten, dass der Duft zu uns herüberdrang. Ich habe nie gesehen, dass diese Frau mit ihren Kindern Liebkosungen gewechselt hätte, aber zweimal habe ich einen Blick in ihre Seele getan, der mir das Blut zum Herzen trieb und mir trotz meiner Knaben-Unschuld mehr verriet, als mir der Meister hätte erzählen können. Einmal ging sie im Garten, es war ein herrlicher Sommertag, und die Finken jubilierten wie toll. Da kam Shakespeare mit leisen Schritten hinter ihr her, umfasste sie und küsste sie auf den Streifen des Halses, der über der Krause zum Vorschein kam. Da wandte sie sich um, kein Wort sprach sie und mit keiner Bewegung stiess sie ihn zurück; aber in dem aschenfahlen Gesicht loderten die Augen wie zwei Fackeln des Hasses, also dass der unglückselige Mann wie von einer giftigen Schlange zurückwich und gleichfalls wortlos von dannen schritt. Ein andermal, es war wohl an demselben Fleck, nicht weit von dem Maulbeerbaum, da stand sie mit dem Bischof von Westmoreland und sprach, soviel ich vernehmen konnte, mit ihm über göttliche Dinge; denn die Herren Geistlichen kamen von weit her, die wohltätige und fromme Frau kennen zu lernen. Auf einmal streckte sich der Bischof, ein kurzer dicker Mann mit einer rötlichen Nase, zu seiner ganzen Länge und küsste sie grad auf den Mund. Da sank das Weib vor dem Pfaffen auf die Kniee, ein wüstes Dunkelrot hatte das Grau ihres Gesichtes verdrängt, und jetzt sah ich auch, dass sie zum erstenmale ein Kleid trug nach Art der Damen am Hofe, das ihr gewiss Master William mitgebracht, und dass ihr Busen fast unverhüllt den Blicken des Mannes sich darbot. Da riss ich mich hinweg in Zorn und Scham. Drinnen bei uns sass mein Meister beim Weine und fühlte sich zu allen Humoren aufgelegt. Es war mir nicht möglich, an diesem Tage eine fröhliche Miene zu machen, und er spottete meiner und nannte mich einen Romeo, der sich vor Gram verzehrt, weil unsre Magd Mary Ann keine Julia sei.

[ocr errors]

Aber wenn mir auch das Herz schier brach, nie hätte ich ihm mit einem Worte andeuten können, was ich gesehen. Nur einmal, als Shakespeare in hellem Zorn schonungslose Worte über seine Frau sprach er hätte es nicht getan, wenn nicht der Wein seine Zunge unvorsichtig gemacht hätte - wagte ich es, mit einem Worte der Entrüstung beizustimmen. Da fuhr er mir aber sackgrob über den Mund, und sein wilder Blick durchbohrte mich wie ein Schwert. Gleich darauf aber zog er mich auf seinen Schoss, küsste mich und flüsterte mir lächelnd ins Ohr: Ueberlass das mir, Knabe! Nur Narren dürfen die Wahrheit sagen, du bist aber zu gut, mein Narr zu sein. Da rief ich bald wieder mit meiner hellsten Stimme: Anon, anon sir! und musste ihm an demselbigen Tage so oft Sekt kredenzen, dass man mich zum erstenmale ins Bett tragen musste und es mir am nächsten Tage zu Mut war, als ob zehn Teufel in meinem Kopfe sich prügelten. Ich habe es erst nach dem Tode des Meisters erfahren, dass er bei dieser wie bei ähnlichen Gelegenheiten oder überhaupt wenn er im Wein seinen Kummer ertränkt hatte und am andern Morgen wieder so frisch bei uns eintrat wie die aufgehende Sonne, ein ansehnliches Geldstück bei der Wirtin für mich hinterlegte. Ohne mein Wissen häuften sich die Ersparnisse; und diesem Vermächtnis, das mich befähigte, meine Studien wieder aufzunehmen ihr könnt euch aber denken, dass sie nicht mehr auf Gottesgelahrheit hinausgingen hatte er kurz vor seinem Tode noch einen mit Saphiren besetzten Ring hinzugefügt, den er einst von einer Dame zum Geschenk erhalten. Zu meiner Schande sei es gesagt, dass ich dieses Kleinod einst als Pfand für eine Zeche hinterliess und nie wieder einlösen konnte. Es haftete wohl nicht die echte Liebe von Anbeginn an dem Ring, tröstete mich später Charles Lamb, als ich bei ihm meinen Verlust beklagte, und wenn er dir einen guten Rausch verschafft hat, so hat er dir soviel gegeben, als ein armer Teufel erwarten kann.

Es wird mir schwer, diese und die folgenden Dinge zu erzählen, und ich muss wieder einmal Atem schöpfen. Aber es muss nach und nach Alles vom Herzen herunter.

Das einemal ausgenommen, redete Shakespeare nie direkt über seine Frau; es sei denn, dass er sie wie Sir Nigel für die schönste Dame in merry old England erklärte vor einer Gesellschaft, die aus dem lahmen Schneider, dem buckeligen Schuster und dem halbblinden Schulmeister bestand und Jeden, der es zu bezweifeln wagen sollte, mit einem Federwisch in ein Mauseloch zu jagen drohte. Desto mehr aber pries er vor meinen Ohren seine Töchter. Wenn noch eine dritte vom selben Schlag dazu gekommen wäre, sagte er einst, so hätten sie alle drei Cordelia heissen müssen. Und mir, der ich es besser wusste und dass er sich nur mit seinem guten Herzen und mit der Kraft seiner Phantasie selber betrügen wollte, mir wurde es dabei jedesmal schwül ums Herz. Manches Madrigal und Sonett auf die Schönheit und Liebenswürdigkeit seiner Töchter hat er mir vorgetragen; aber ich wusste wohl, dass er die Lieder nicht seit seiner Heimkehr gedichtet, sondern in London in den Augenblicken der Sehnsucht nach dem Heim.

Es liess sich auch die Schönheit der Töchter bei jeder in ihrer Art nicht leugnen. Beide hatten die üppige Fülle der Mutter geerbt, nur dass Susanne gross und langsam war, mit tiefschwarzem, schwerem Haar, und jenes fatale Grau damals schon, in ihrem dreissigsten Jahre, sich über ihre Züge zu lagern begann; während Judith, damals achtundzwanzig, kleiner und beweglicher war, in braunen Löckchen rollte sich ihr Haar, und es war, als ob sie aus lustigen braunen Augen Jedem, der darauf einging, eine lachende Liebesgeschichte erzählen wollte. Ich spreche mich vielleicht nicht ehrerbietig genug aus über eine Dame, die zur Zeit fast zehn Jahre älter war als ich; aber wo sollte die Achtung herkommen, da ich ihr heimlich und zum Zeitvertreib gut genug gewesen wäre, vor den Leuten aber ein Stück Luft, durch welches sie gerade wie ihre Mutter verächtlich hindurch sah. Das Schlimmste war, ihre Fröhlichkeit war auch nur eine erzwungene und vor den

[ocr errors]

Leuten. Ich habe sie wie ein Teufel in Haus und Hof herumfahren sehen; das dauerte immer mindestens eine Woche lang, und das Vergnügliche dabei war, dass in solchen Zeiten selbst die Mutter und der Schwager Doktor vor ihr Angst hatten. -Was war aber der Kummer der schönen Judith? Man rechnete sie in Stratford schon allgemein zu den alten Jungfern; und jedesmal, wenn eines ihrer Gespielinnen sie hielt sich immer zu den jüngsten - heiratete, bekam sie ihre Wutanfälle. Wenn sie dann wieder lachte, war es in einem silberhellen Ton, und ihr ganzes Wesen schien Fröhlichkeit zu atmen. War aber doch nicht die rechte Sorte. Wenn unsre Magd Mary Ann über irgend etwas Dummes lachen musste, so wurde sie so hilfios, dass man sie mit einem Strohhalm hätte umstossen können. Frl. Judith aber lachte gewissermassen mit Bewusstsein, nie zu ihrem eigenen Vergnügen, nie im Kreise ihrer Familie, sondern stets für eine andre Person. Die aber musste männlichen Geschlechtes und heiratsfähig sein. Und wenn sie nicht die richtige Beachtung fand, wurde sie im Handumdrehen zur Gewitterwolke.

Ich erinnre mich mit gemischten Gefühlen, wie einst Master Shakespeare den Versuch machte, seinen Töchtern und mir seinen Sommernachtstraum vorzulesen. Es war im Mai nach seiner Heimkehr, er hatte mich herüber holen lassen, und wir sassen im Garten zwischen Syringenhecken im Abendschein. Wie er las, nein sprach und agierte! denn er wusste fast alle seine Stücke auswendig bis auf die Stellen, die er selber als langweilig bezeichnete, wenn es auch keinem Andern so vorkam und kein Andrer hätte wagen dürfen, zu sagen. Mit allen Fasern meines Wesens sog ich die fremde Welt in mich ein. Trotzdem war es unmöglich, nicht zu beobachten, welchen Eindruck das unsterbliche Werk des Vaters auf die Töchter machte. Gleich von vornherein überzog sich das Gesicht der Frau Susanna Hall (die älteste war damals schon lange an den Doktor verheiratet, von dem ich später sprechen muss) mit jener unglückseligen grauen Blässe, und ihre Augen wurden starr, als ob hier von allen Scheusäligkeiten der Welt

erzählt würde. Als aber jene Stelle kam, wo die sanfte Hermia, durch Liebe kühn gemacht, mit heroischen Worten sich verschwört, beim Stelldichein zu erscheinen, erhob sich Frau Hall mit einer Geberde des Abscheus und verschwand im Innern des Hauses. Ich glaube, ich hätte die Stelle überschlagen sollen, unterbrach sich Shakespeare. Man staune über die Kindlichkeit des grossen Mannes, oder wollte er blos die Ahnung verscheuchen, dass er dieser Tochter zulieb Alles hätte überschlagen müssen?! Judith aber, der es immer gefiel, wenn von Liebe und Hochzeiten die Rede war, rief aus: Unsinn, sie weiss nicht was hübsch ist. Da zog Shakespeare sie in seine Arme und überhäufte sie mit all den Liebworten, die er einst über das wunderhübsche Baby verschwendet hatte, als er vor fünfundzwanzig Jahren zu Besuch gekommen war. Ja, du bist mein gescheites Goldkind, rief er aus, ist nicht ihr Haar Gold, Francis, wenn die Sonne durchscheint? O du mein tollköpfiger Puck, meine Queen Mab, du Titania, mögest du nie in einen Esel dich verlieben! Während er sie aber liebkoste, schoss sie Blicke zu mir herüber, denn, wie gesagt, wenn kein Andrer da war, musste ich gut genug sein, ihre Macht zu erproben. Mir aber brannte das Herz nach den Schicksalen der schönen Hermia und Helene und nach dem ganzen Aufbau einer in fremden, herrlichen Farben glühenden Welt. Nun tolgte die Szene mit der Vorbereitung des Theaterspiels, das die ehrsamen Handwerker zu Ehren des königlichen Beilagers aufzuführen gedachten. Ich musste mich mit aller Anstrengung zurückhalten, nicht gerade herauszulachen, denn wenn auch so fröhliche Geschichten in unsrem Stratford sich nicht ereigneten, so war es mir doch, als ob ich die Stimmen unsrer Stammgäste vernähme, wenn sie die weisen Anschläge unter sich berieten, aus denen nie etwas wurde. Wo aber blieb jetzt das Lachen der schönen Judith? Zu meinem masslosen Erstaunen bemerkte ich, dass sie sich langweilte, ja sie rümpfte die Nase und gähnte, als ob sie in eine Gesellschaft geraten, zu gemein für die reichste Erbin der Stadt. Einmal noch schien ihr Interesse sich zu entzünden bei dem Streit zwischen Titania und Oberon. Dann legte sie sich im Sessel zurück

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »