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keinen Augenblick verlassen. Staunen und Wuth bemächtigte fich des Königs. Jähzornig wie er war, stürzte er mit ge züdtem Dolche auf die Schlafende los, und drohte sie zu durch bohren, wofern sie nicht alsogleich gestände, was es mit ihrer Abwesenheit für eine Bewandtniß habe.

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Bleich vor Schrecken, und zitternd vor Angst, sich auf so grausame Urt aus dem süßesten aller Träume geweckt zu sehen, geftand fie, es wäre ihr, als hätte sie ein cherner Mann mit Gewalt zu einem Jünglinge gebracht, dessen Bild ihr erst kürzlich im Traume erschienen war, und fie ganz mit Entzücken erfüllte.

Der König drang voll Ingrimm in fie, ihm den Namen und Aufenthalt jenes Verwegenen anzugeben, der sich solchen Frevels an ihr vermäße. Aber die Prinzessin wußte diese Frage nicht zu beantworten, denn Beides war ihr fremd geblieben, und auch das, was sie wirklich eingestanden, schien ihr selbst nur geträumt zu haben.

Außer der Residenz des Königs, in einem waldigen Thale, lebte ein frommer Klausner, welchen Jung und Alk verehrte, und in allerlei Röthen um Rath zu fragen, pflegte. Diesen ließ der König rufen, und als er erschien, erzählte er ihm den Vorfall und fragte ihn, was in der Sache zu thun wäre.

Der fromme Mann gab ihm ein Stück Kreide, über welche er zuvor seinen Segen gesprochen hatte, und versicherte ohne viel Bedenken, er werde jenen Frevler leicht auskundschaften, wenn die Prinzessin in dem Augenblicke als sie in dessen Zimmer ges bracht würde, die Thüre desselben mit einem Kreuze bezeichnen, der König aber, sobald man sie in ihrem Bette vermissen sollte, alle Shüren in der Stadt besichtigen lassen wollte. Die Be: folgung dieses Raths schien dem Könige eben so zweckmäßig als leicht; daher eilte er sogleich zu seiner Tochter, gab ihr das Stück Kreide, und wiederholte ihr die Worte des frommen Einsiedlers mit dem nachdrücklichen Beisaß, daß, wofern sie unterließe, dieselben pünktlichst zu befolgen, fie ohne Weiteres das Schicksal der drei Bofen würde theilen müssen. Todtenblaß vor Entfehen über den Anblick des unseligen Kleeblatts vor ihrem Fenster, versprach fie, treulich seinem Befehle zu gehorchen, und bat vor der Hand nur um die Gnade, ihre Fenster verhängen zu dürfen.

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Als die dritte Nacht herannahte, stellte der König mehrere Wachen vor die Thüre seiner Tochter, und auch fie selbst muß ten Riesen, Zwerge, Pagen und allerlei Hofgesinde genau be obachten. Aber Mitternacht brach ein, die Argusse wachten mit gespannten Augen, und doch war die Prinzessin mit einem Mal aus dem Bette verschwunden, ohne daß man den ehernen Mann oder fie selbst beim Weggehen bemerkte. Der Kobold, welcher gleich bei seiner Ankunft die Wachen erblickt hatte, machte sowohl sich selbst, als auch die Schöne unsichtbar, und brachte sie ungefährdet, wie bisher, in ihres Geliebten Arme. Indesfen ermangelte sie nicht, des strengen Befehls eingedenk, in dem Augenblice, als ihr Träger sie über Miska's Schwelle brachte, dessen Thüre mit einem Kreuze zu bezeichnen.

Froh empfing Miska auch nun den holden Gegenstand feiner Liebe, wie auch ihres Theils die Prinzeffin, obschön durch ihres Vaters Drohung nicht wenig beunruhigt, willig seine Ges fühle theilte. Denn nicht nur die Macht des Zaubers, womit der Kobold ihre Besorgniß zu beschwichtigen wußte, sondern die Alles überwindende Liebe selbst besiegte ihre Angst sehr bald und um so leichter, da der Zustand, worin sie sich während der zwei kurzen Schäferstündlein befand, doch mehr jenem des Träumens als des Wachens ähnlich war.

Indessen geschah was geschehen sollte; die geweihte Kreide entsprach ihrer Bestimmung. Leicht gelang es den Häschern, das Kreuz an Miska's Thüre zu erspähen, und mit wildem Ungestüm stürzten sie in deffen Gemach und überraschten die Liebenden sehr unsanft in ihren schönsten Träumen. Ihn führ: ten fie sogleich in schweren Fesseln ins Gefängniß, die Prinzes fin aber zurück in ihre Schlafkammer.

Obgleich Miska über diese gewaltsame Erscheinung nicht wenig erschrak, so behielt er doch so viel Besinnung, sogleich nach dem Kobolde zu rufen. Aber wie groß war seine Bestürzung, als er weder diesen, noch_seine Kerze erblicken konnte! Da Lestere nur aus einem unvollkommenen Stücke bestanden, und durch den bisherigen Gebrauch verzehrt war, so hatte auch der Talismann, womit er den chernen Mann zu bannen vermochte, nun mit einem Mal sein Ende.

Bald befand sich der unglückliche Liebesritter im tiefsten Kerker, und durch den Ausspruch des Königs, der seiner Rache kaum mehr einen Tag Aufschub zu geben vermochte, verur: theilt, schon den nächsten Morgen gehangen, sodann gerädert und endlich gespießt zu werden.

Schon vor Tages Anbruch versammelte sich Jung und Alt auf dem Richtplage, und bald erschien auch der König selbst an der Spige eines Geschwaders und von seinen Höflingen be gleitet, um Zeuge der Vollstreckung seines Befehls zu sein.

Miska ward zum Hochgerichte hinan geführt, und sollte, nachdem man dem Volke sein Verbrechen, und ihm nochmals sein Urtheil bekannt gemacht hatte, den Todesweg über die Leiter hinauf wandeln. Als er schon hoch oben stand, neigte er sich mit überaus wehmüthigen Blicken gegen den König herab, und flehte also:

Berwirkt' ich Wermster auch das Leben,
Und bin nun da, es hinzugeben,
So reut es mid) doch keinen Augenblick;
Genoffen hab' ich all sein höchstes Glück.
Doch eh' ich meinen Geist verhauche,
Sei gnädig mir, o König, und gewähre,
Daß ich, zu deines Namens Ehre,

Nur noch ein Pfeifchen Tabak schmauche!

Alles schwieg und wunderte sich höchlich über diesen feltsamen Wunsch des auf seinem leşten Wege begriffenen Verbrechers. Da man in jenem Lande, einem uralten Gefeß zu Folge, auch Missethätern eine lehte Bitte zu gewähren pflegte, so stand der König nicht an, bei aller seiner Rache, womit er das Todesurtheil vollzogen wissen wollte, ihm diese Gnade zu gestatten.

Miska zog sein Pfeifchen und seinen Tabaksbeutel aus der Tasche, stopfte Erstere, und begann mit selsamem Behagen zu schmauchen. Kaum aber hatte er den ersten Zug gethan, fo and sein eherner Kobold neben ihm auf der Leiter und fragte, was er befehle, ohne daß ihn sonst Jemand bemerkte. Miska befann sich schnell, und beschwor ihn bei allen Bundern seiner Zaubermacht, ihn zu retten. Der Eherne bejahte es, und verschwand. Aber in wenig Augenblicken sprengte ein ungeheures Heer cherz der Reiter aus dem nächsten Walde heran, und richtete ein so gewaltsames Gemehel unter der Menge an, daß der König sammt seinem Geschwader maufetodt auf dem Plaße blieb, und das Volk haufenweise auseinander lief. Und alsobald sah Miska fich nicht nur gerettet, sondern, rings von dem schüßenden chernen Heer umgeben, auf die Burg geleitet, wo er noch denselben Morgen zum Könige ausgerufen, und mit seiner geliebten Prinzessin vermählt wurde.

Nun ließ er durch Hilfe seines Kobolds, welcher ihm forts an stets getreu blieb, seine beiden Brüder herbei holen, und betheilte sie mit Würden und reichen Gütern. Durch sein Tae bakspfeifchen aber, das er immer bei sich trug, ward er in Kurzem so reich und mächtig, daß ihm alle benachbarten Könige und Fürsten zinsbar und unterwürfig wurden.

Waldhüter Mährchen.

In einem tiefen Gehölze wohnte einst ein Waldhüter mit seinem lieben Weibe, oblag der Jagd, und lebte zufrieden mit dem Ertrage, den sein nie erschlaffter Bogen ihm von Tag zu Tage gewinnen half. Auf diese Weise brachte er zwei Jahre in süßem Ehefrieden hin, aber ohne sich eines holden Kindersegens erfreuen zu können, nach welchem ihm doch gar sehr verlangte. Indessen tröstete ihn das Sprichwort: Geduld bringt Rosen, ja es bewährte sich endlich auch so offenbar an ihm, daß man meinen sollte, das Schicksal habe all seine Macht aufgeboten, dasselbe seinetwillen im Uebermaß zu bestätigen. Im dritten Jahre ward seine Gattin schwanger, und als sie das Herannahen ihrer Wehestunde immer mehr und mehr fühlte, da bedurfte sie einer Hebamme. Der Waldhüter, gleichwohl besorgt für das Heil seiner Ehehälfte, aber unbekümmert um die Dinge, die derlei Vorfälle zu begleiten pflegen, machte sich schleunig auf den Weg nach dem nächsten Dorfe, und brachte die ersehnte Wehemutter so schnell er konnte. Bald aber em pfahl er die beiden Weiber dem guten Glücke, nahm Pfeil und Bogen, und begab sich auf die Jagd in sein Gehölze.

Kaum hatte er seine Hütte verlassen, so rückte der entschei dende Augenblick heran, und das Weib gebar, ohne alle Ger fahr, nicht weniger als zwölf rüstige, gesunde Knäblein.

Die Wehemutter wusch jedes derselben aufs Reinlichste, und sehte sie alle zusammen in die Mitte der Stube in einen Kreis herum. Da schlugen die wackern Kleinen lebhaft um sich her, und erhuben ihre ersten Lebenslaute zu einem kraftvollen Tutti.

Während dieser Begebenheit war der Tag geschieden, und der Abend rückte mit seinen Schatten allmälich über Feld und Gebirge. Der sorglose Schüße dachte an sein Übendbrot, und kehrte, mit einigen Hasen beladen, zurück in seine Hütte.

Aber welch ein Unfall traf hier den Unbefangenen, wo der Segen des Himmels in so zahlreichen Gestalten seiner wartete Er kam, sah, und verlor gleich beim ersten Anblick seiner Bez scherung den Verstand, daß er alsobald rasend zur Thüre hinaus stürzte, geraden Wegs wieder ins Dunkel der Wälder eilte, und von der Stunde an nimmermehr zurück kam.

Das arme Weib blieb nun mit ihren zwölf Knäblein verLassen in ihrer Hütte, und wünschte, da sie außer dem Beis ftande der Wehemutter, welche gleichwohl nach Möglichkeit für fie sorgte, keine Hilfe zu hoffen hatte, nichts sehnlicher, als bald ihr Lager meiden, und Nahrung für ihre Kinder suchen ju können.

Als nun nach langem schmerzlichem Warten diese Zeit endlich gekommen war, verfertigte sie fich Pfeil und Bogen, durch strich Wälder und Gebirge, und brachte täglich so viel Wild nach Hause, als fie und die Ihrigen zum Unterhalt bedurften. Also verlebte fie fünfzehn Jahre; die Kleinen wuchsen voll Gesundheit und Kraft heran, und lernten bald auf dieselbe Art ihre Bedürfnisse befriedigen.

Ehe sie aber noch ihr sechzehntes Jahr erreicht hatten, gefiel es dem Himmel, die Mutter zu sich zu rufen, und so blieben die Knaben nun, ohne elterliche Pflege und Aufsicht, fich und ihrem Schicksale überlassen. Indessen lebten sie, wie bisher, von der Jagd, theilten den Ertrag brüderlich unter sich, und blieben beisammen in Eintracht und Frieden.

Der wahnsinnige Water hingegen irrte immer noch unauf haltsam in den Wäldern umher. Seine Kleider waren längst zerrissen, und seine Gestalt schreckte Jeden, der ihn erblickte. Obgleich andere Waldhüter ihm zuweilen begegneten, und seiz nen Söhnen Nachricht von seinem Schicksale brachten, so konnte seiner doch Niemand habhaft werden, da er Jedermanns Nähe vermied, und bei dem bloßen Anblick eines Menschen gleich einem scheuen Wilde sich in das tiefste Dunkel der Wildniß zu vers bergen eilte. Indessen ging aber das Schicksal des Unglücklichen den Herzen seiner Söhne mit jedem Tage näher. Einst traten fie zusammen, und beriethen sich sehr ernst und angelegentlich, ein Mittel zu erkunden, denselben in ihre Hände zu bekommen, um ihn sodann nach Möglichkeit zu pflegen und zu Verstand zu bringen.

Sie kamen überein, sich mit einer gebratenen Gans, einem Kruge Branntwein, und einem großen Stiefel in den Wald, und zwar zu einem daselbst befindlichen Brunnen zu begeben, bei welchem ihr Vater schon oftmals von den Waldhütern gesehen ward. Mit diesen Dingen machten sie sich eines Tags auf den Beg, und stellten, als sie an besagtem Orte angekommen waren, das Mitgebrachte vor den Brunnen hin, zogen sich sodann ins Gebüsch zurück, und lauerten verstohlen auf seine Ankunft.

Geraume Zeit hatten sie hier bereits gewartet, als sie plög lich ein Geräusch nahender Tritte hörten, und eine dunkle Geftalt erblickten, welche sich nach dem Brunnen hin bewegte. Mit gespannter Neugier guckten sie aus ihrem Hinterhalt hervor, und ersahen endlich mit Staunen und Entsehen den Nahenden, der mehr einem Gespenste, als einem Menschen ähnlich schien, mit der Beschreibung aber, welche ihnen die Waldhüter von ihrem Bater gemacht hatten, vollkommen übereinkam.

Kaum war er dem Brunnen genaht, seinen Durst zu löschen, als er beim Anblick der ungewöhnlichen Dinge, die sich vor dem selben befanden, stuhig zusammenfuhr, sogleich nach allen Seiten hinblickte, und sich dabei gat cilfertig anstellte, um bei der ersten Entdeckung einer Menschengestalt hinweg zu laufen. Da aber die Jünglinge sich sehr behutsam verborgen hielten, und auch sonst sich nirgends ein Laut vernehmen ließ, so legte sich seine Besorgniß nach und nach und er wagte es, aus dem Brunnen zu trinken.

Nachdem er sich erquickt hatte, schien der Gänsebraten, das Krüglein und der große Stiefel seine Aufmerksamkeit von Neuem auf sich zu ziehen, und er konnte es seiner Lüsternheit nicht versagen, fich dieser Dinge zu bemächtigen. Ganz gemächlich legte er sich am Brunnen hin, verzehrte mit sichtbarem Heißhunger die Gans, und leerte mit faunenhaften Zügen das Krüglein.

Der Trank schien bald zu wirken; denn kaum hatte er ihn ausgeschlürft, als er sein Behagen durch muthwillige Sprünge und allerlei poffierliche Geberden zu erkennen gab. Bald ergriff er auch den Stiefel, betrachtete ihn von allen Seiten, und nickte frohlockend mit dem Kopfe, als winkte er sich selbst Beifall, den Gebrauch desselben errathen zu haben.

Also in sich vergnügt, sezte er sich wieder auf die Erde, und versuchte den Stiefel über beide Füße zugleich anzuziehen. Ob schon diefer weit genug war, den Fuß eines Halbriefen zu bekleis den, so koftete es dem Verirrten doch ungemeine Unstrengung, seine Absicht zu erreichen. Von Mühe und dem Griste des genossenen Trankes überwältigt, sank er allgemach am Brunnen hin, und entschlief in behaglichem Taumel.

Als seine Söhne dies bemerkten, eilten fie zugleich mit aller Behutsamkeit aus dem Gebüsch hervor, huben den Schlaftrun: kenen von der Erde auf, und trugen ihn nach Hause. Aber noch waren sie nicht auf halbem Wege, als sie mit Entschen bemerkten, daß die Bürde, welche ihnen bei jedem Schritte schwerer geschienen hatte, eine Leiche war. War es Wirkung Ses zu hastig verschlungenen geistigen Getränkes, oder der zu

schnellen Sättigung eines langen Hungers, genug, der Vater lag todt in seiner Söhne Urmen.

Bestürzt umstanden nun die Unglücklichen den theuren Leichnam, und begruben ihn sodann unter Reuethränen und manchem Vorwurf, womit sie ihr thörichtes Unternehmen beschule digten, unfern ihrer Hütte unter einer Eiche.

Nach diesem Ereignisse blieben sie noch einige Zeit beisammen; endlich aber sehnten sie sich in die Fremde, beschlossen, ihr bisheriges Verhältniß aufzugeben, und auf verschiedenen Wegen ihr Glück zu suchen.

Nachdem sie einen Tag festgefeßt hatten, fich zu trennen, begaben sie sich nochmals mit einander auf die Jagd, um sich im Voraus so viel Wild zu verschaffen, als sie wenigstens für die ersten Tage ihrer Wanderung bedurften. Uls nun aber jes ner Tag gekommen war, gingen sie zur Eiche, die das Grab ihres Vaters beschattete, schworen sich ewige Bruderliebe, und gingen sodann mit herzlichem Abschiede auseinander.

Wie weit jeder dieser zwölf Brüder auf seiner Wanderung gekommen, wo und auf welchem Wege er seine Bestimmung gefunden, dies zu erzählen wäre eine um so weitläufigere Aufgabe, da das Schicksal des Leßtgebornen allein merkwürdig genug ist, um demselben unsre Aufmerksamkeit zuzuwenden. Dieser Junge hatte von Kindheit auf eine Abneigung vor jeder mühsamen Arbeit und Beschäftigung; daher verließ er sich in allen Nöthen auf die Gunst des Glücks, um so mehr, da er sich schon mehrmals überzeugt zu haben glaubte, daß dasselbe thm besonders gewogen sei. Während die Undern bei allem Ungemach der Zeit, der Witterung und der Wege einem Wilde zuweilen mit aller Mühe nachsehten, legte dieser_sich_mit_seinem Geschüße behaglich auf den nächsten grafigen Hügel hin, und ließ sich im Schatten der Bäume wohl geschehen. Und meistens geschah es, daß, während seine Brüder die Fährte eines Hafen im Schweiße ihres Angesichts verfolgten, ihm, wie gerufen, ein Rehbock oder wohl gar ein Hirsch so nahe vor Augen kam, daß er iha ohne Mühe erlegen konnte. Dafür hatte er aber auch gar manche Neckerei von seinen Brüdern zu erdulden; denn sein Glück weckte ihren Neid, und sie nannten ihn schlechtweg den Faulpelz.

Das Vertrauen auf die Huld der blinden Göttin geleitete ihn treulich auf seinen Wegen. Bei Tage erlegte er allerlei Wild, das ihm in großer Menge aufstieß, machte sich Feuer an, briet und verzehrte es; des Nachts bettete er sich auf weis chem Grase, und schlief getrost dem kommenden Morgen ente gegen.

Nachdem er seine Wanderung auf diese Weise sechs Tage fortgefeht hatte, gelangte er in eine ihm ganz unbekannte Refidenzstadt eines Königs. Hier sprach er im ersten besten Gasthofe ein, und bot dem Wirthe einen Hafen für einen Trunk Wein, um sich nach seinen Reisebeschwerden behaglich zu erquicken. Der Wirth kredenzte ihm mehr als er trinken und essen mochte, bot ihm auch ein Nachtlager, und beköstigte ihn aufs Bil ligste.

Kaum hatte er sich zu Tische geseht, als eine Menge Leute sich in der Gaststube versammelten, und mit großer Bedeutenheit von einem unerhörten Vorfalle, der sich so eben zugetragen hätte, einander Kunde gaben. Die Sache war auch in der That von nicht geringem Belang, denn sie betraf das Interesse des Königs. Dieser hatte neun und neunzig Sauhirten in seiz nem Dienste, welche sämmtlich in Verlust gerathen, und aller Wahrscheinlichkeit nach auf immer unsichtbar geworden waren. Der neun und neunzigste derselben wurde nun erst seit der legtverflossenen Nacht vermißt, und doch zweifelte man allgemein, daß der König je wieder einen finden würde, der den gefährlichen Dienst desselben auf sich zu nehmen wagte. Denn so die königliche Schweincheerde nur einen einzigen Tag zu hüten, reichlichen Lohn man auch Jedem versprach, der sich entschlösse, so meldete sich doch Niemand im ganzen Reiche, und der erhabne Eigenthümer lief Gefahr, seine Heerde zu verlieren.

derung an, fonnte sich aber die Schwierigkeit nicht denken, die Der junge Fremdling hörte diese Erzählung mit Verwunmit dem Sauhirtendienste verbunden wäre. Da der Wirth es sich schon seit geraumer Zeit angelegen sein lassen, Hirten für die Heerde des Königs zu werben, so fragte er seinen jungen Gast, ob er sich nicht herbeiließe, diesen Dienst anzutreten, indem er zugleich hinzuseste, der König bezahle für jeden einzelnen Tagsdienst ein ganzjähriges Dienstlohn. Warum nicht? antwortete Pista, (so hieß der junge Abenteurer,) und zeigte `fich ganz entschlossen, den Antrag einzugehen, da er durchaus nicht glauben wollte, daß zum Dienste eines Sauhüters mehr Kenntniß und Mühe nöthig sei, als er aufzubieten gewohnt war. Seine Zusage ward angenommen, und der Wirth führte ihn sogleich mit vieler Freude zum Könige, und rühmte in der ganzen Stadt die muthvolle Entschlossenheit seines Gastes.

Der Herrscher empfing Beide mit großer Huld, und bestätigte dem Jünglinge nicht nur die ihm schon durch den Wirth

gemachte Zusage, sondern auch ein Ehrengeschenk noch oben drein, wenn er seinem Dienste mit Eifer und Standhaftigkeit obläge. Er ließ ihm sogleich ein reichlich bestelltes Nachtmahl auftischen und beschied ihn auf morgen mit den huldvollsten Glückwünschen auf die Haide hinaus zu seiner Schweinheerde.

Ehe der Tag zu grauen begann, hatte Pista sich schon am bestimmten Orte eingefunden. Die Haide lag in einer an: muthigen Gegend, welche von der einen Seite Gebirge, von der andern ein dichter Wald begrenzten. Bet seiner Ankunft war Alles ruhig, und darum konnte er nicht begreifen, welche Gefahr hier zu befürchten wäre.

Unter mancher Erwartung verging ihm der Tag, und auch der Abend nahte eben so friedlich heran, wie der Abend geschieden war. Mond und Sterne erleuchteten die Gegend weit umher, und die wohlthätige Kühle der Luft lud den sorglosen Hirten zur Ruhe. Er legte sich getrost in die Nähe seiner Heerde hin, empfahl sich und seine Pfleglinge dem Glücke, und schlief in Frieden ein.

Noch hatte er aber kaum ein Stündchen geschlafen, als ihn die seltsamste aller Nachterscheinungen aus seinen Träumen weckte. Der oberälteste Eber seiner Heerde stand vor ihm und redete ihnTM also an: „Fürchte dich nicht, denn ich bin dir freundlich gewogen, und komme nun als wohlmeinender Rathgeber zu dir, um dich vor den Gefahren zu warnen, welche dir bevorstehen. Da ich dich einmal zu meinem Günstlinge ausersehen habe, so will ich dir meinen Beistand bestens angedeihen lassen. Wenn du uns morgen Abends heim treibst, so sorge sogleich, daß der König dir einen Laib Brot, und eine Flasche Wein für den nächsten Tag mitgebe. Diese zwei Dinge werden dich vor jedem Unglück schüßen. Ein großer Drache, der diesen Wald beherrscht, wird dich überwältigen und verschlingen wollen; gibst du ihm aber diese Geschenke, so wirst du ihm nicht nur widerstehen, sondern, wenn er den Wein wird getrunken haben, ihn auch ermorden können.“

Pista erstaunte nicht wenig über diese Erscheinung; er rieb sich die Augen, spiste die Ohren, und nahm alle seine Sinne zusammen, um sich zu überzeugen, ob er träumte oder wachte. Da er aber den Eber leibhaft vor sich sah, und jedes feiner Worte ganz deutlich vernahm, dankte er endlich demselfelben für die fo günstige Weisung, und versprach ihm, solche pünktlich zu befolgen.

Als der zweite Abend gekommen war, trieb er die Heerde heim. Der König sah ihm nicht ohne Verwunderung entgegen, ließ ihm alsobald den verheißenen ganzen Jahreslohn bezahlen, und erlaubte ihm noch obendrein, sich eine besondere Gnade auszubitten, Pista strich sein Geld frohlockend in die Tasche, und verlangte vor der Hand nichts weiter, als Brot und Wein für den nächsten Tag.

Kaum hatte noch der Hahn der ersten Frühstunde entges gengekräht, so war unser Hirt mit seiner Heerde schon wieder zum Thor der Stadt hinausgezogen. Er begab sich auf dieselbe Haide, wo er die vorige Nacht zugebracht, und jenes seltsame tête à tête mit dem Schweinbären gehalten hatte. Sobald er an Ort und Stelle ankam, trat sein borstiger Mentor wieder zu ihm und sprach:

Flink und ohne Zagen

Seße dich auf meinen Rücken,

Und in wenig Augenblicken

Siehst du dich an's Ziel getragen.

Der Junge bestieg den Eber, und im Nu sah er sich zu dem nahen Walde gebracht, und unter einer ungeheuern Eiche abgeseht. Hier wiederholte der Eber nochmals, was er seinem Günftlinge schon Tags zuvor an's Herz gelegt hatte, und eilte alsobald zurück zu seiner Heerde.

Pista hielt sich bereit, seinem Abenteuer zu begegnen, und ehe er sich noch genau nach dem Tummelplaße umgesehen, drang ihm mit einem Mal aus dem Innern des Waldes ein so ge= waltiges Geräusch zu Ohren, daß alle Bäume um ihn her, wie bei einem Sturme, rauschten. Dieses Getöse kam immer näher, und bald erblickte er einen ungeheuern Drachen, welcher gerade auf ihn heran eilte, in seinem Laufe eine Menge Bäume und Gesträuche erschütterte und manche auch sogar zu Boden rik, und ihn schon von ferne zu verschlingen drohte. Wohl eingedenk der Worte seines Mentors, faßte Pista fich ein Herz, bot dem Drachen Brot und Wein, und flehte um Schonung feines Lebens.

Diese liberale Begegnung überraschte das Ungeheuer mehr, als es der Widerstand einer ganzen Schaar Schweinehirten ver: mocht hätte. Ruhig empfing der Drache die Gaben des Jünglings, verzehrte sie mit großem Behagen, und taumelte, da der Trank seine Wirkung sehr bald begonnen hatte, schläfrig zu Boden hin. Pista säumte nicht, seinen Vortheil zu nuen. Bie er bemerkte, daß der Drache eingeschlafen war, 30g er sein Taschenmesser hervor, und schnitt dem trunkenen Ungeheuer

die Kehle ab; ehe er aber seine Operation noch ganz vollbrachte, sah er aus dem Rachen desselben einen kupfernen Schlüssel her: ausfallen; diesen hob er sogleich auf, und steckte ihn in seine Tasche.

Indessen hatte die Schweineheerde sich allgemach waldeinwärts gezogen, und zwar nach einer Gegend zu, die ziemlich weit von der Stelle entlegen schien, wo das Ungeheuer seinen Tod gefunden. Pista, besorgend seine Pfleglinge zu verlieren, beschloß sogleich, die Krümmung des Forstes abzuschneiden, und in gerader Richtung und zwar auf eben dem Wege, welchen der hervorstürzende Drache genommen hatte, denselben zu Hilfe zu eilen.

Kaum war er eine Strecke weit gekommen, als eine neue überraschende Erscheinung all seine Besorgniß zerstreute. Ein ungeheures, ganz von Kupfer gebautes Schloß stand vor ihm da, dessen Pracht die Residenz seines Königs bei Weitem übertraf, und das um so mehr Einladendes für ihn zu haben schien, da nirgends, so weit sein Auge spähte, ihm eine Wache den Zugang wehrte. Still und einsam war Ulles um ihn her, auch nicht eines Vogels Stimme unterbrach das Schweigen seiner Umgebung. Er eilte daher ohne Bedenken zur Burg hinan, fand aber alle Thore derselben fest verschlossen. Sogleich erinnerte er sich des Schlüssels in seiner Tasche; er zog denselben hervor, versuchte ihn am nächsten Schlosse, und sah mit froher Verwunderung, daß sich ihm alle Riegel und Thore aufthaten. Bald befand er sich in dem herrlichsten Palaste, den er je gesehen. Die Zahl der Prachtgemächer, die sich rings um ihn her öffneten, war so groß, daß er nicht gleich mit sich einig werden konnte, welches er zuerst betrete. Getrost ging er durch die erste Vorhalle, und kam von Gemach_zu Gemach, bis er endlich mit verblendetem Gesichte in einen Spiegelfaal gelangte, wo ihm allerlei goldenes und silbernes Geräthe entgegen glänzte. In der Mitte des Saals stand ein filberner Tisch, auf welchem eine goldene Gerte lag. Ohne eigentlich zu wissen warum, nahm er die Gerte, und machte einen Schlag auf die Tafel, worauf sogleich ein junger Drache vor ihm erschien, und mit unbeschreiblicher Höflichkeit fragte, was ihm zu Befehle stände.

Pista faßte sich, und äußerte den Wunsch, das ganze Innere des Palastes, sammt den dazu gehörigen Gärten in Augenschein zu nehmen, worauf der dienstbare Drache sich sehr bereitwillig erwies, und seinen Gast bat, ihm zu folgen. Er führte ihn durch alle Gemächer und Säle des Schlosses, deren jedes allein die Schäße eines ganzen Königreichs zu enthalten schien; sodann ging er in die Stallungen, wo herrliche Hengste goldenen Hafer aus filbernen Krippen speisten, und den Eintretenden voll Muth entgegen wicherten. Endlich aber kamen Beide in einen Garten, der voll wunderschöner Blumen und köstlicher Früchte prangte, und den Fremdling wie ein zweites Paradies mit allen Reizen der Natur umfing. Pista konnte sich nicht enthalten, eine Rose zu pflücken, und sie auf seinen Hut zu stecken.

Nachdem er Ulles besehen hatte, fragte er den Drachen nach dem Herrn dieses Palastes; dieser aber bückte sich mit tiefer Ehrerbietung vor dem Fremdlinge, und bat ihn, als den nunmehrigen Eigenthümer aller dieser Schäße, seine Huldigung in Gnaden anzunehmen, indem er ihm zugleich versprach, genau über Alles und Jedes wachen und dessen hohe Zufriedenheit aufs Würdigste verdienen zu wollen. Pista erstaunte nicht wenig über diese Begegnung; da er aber wohl merkte, daß alle die Erscheinungen, welche ihm seit Kurzem vorgekommen waren, nichts weniger als natürlich seien, ließ er sich die Huldigung des Drachen gefallen, und spielte seine Rolle so gut er konnte. Nachdem er Lehterm Beifall zugewinkt hatte, ging er mit stolzer Gravität aus dem Schlosse. Rasch donnerten hinter ihm von selbst die Thore zu, er aber versperrte Schlösser und Riegel mit seinem Schlüssel, und begab sich nun weiter in den Wald, um seine Schweine aufzusuchen.

Es währte nicht lange, so begegnete ihm die ganze Heerde in bester Ordnung. Schon war der Tag in Westen verglüht, und die Schatten der Berge breiteten sich allgemach über das Gefilde. Nun schien es ihm Zeit, seinen Rückweg anzutreten; er pfiff, seine Heerde seßte sich in Bewegung, und ehe noch der Abendstern am Himmel glänzte, war sie daheim in ihren Hürden.

Pista hatte nicht so bald seine Pfleglinge versorgt, als ihm die Töchter des Königs mit ungemeiner Freundlichkeit ents gegen eilten. Schon von ferne hatte die Jüngste derselben die schöne Rose auf seinem Hute bemerkt, und konnte dem Wunsche nicht widerstehen, sie zu besigen; schnell kam sie daher mit ihren Schwestern herbei gelaufen, und forderte die schöne Blume. Der Sauhirt überreichte sie der Prinzessin alsogleich, und fand sich sehr hochgeehrt, seine Gabe an dem Busen der liebenswürdig= sten Königstochter zu sehen.

Der König aber, der sich indessen über die eben so glück: liche als pünktliche Zurückkunft seines Hirten höchlich verwunderte, ließ denselben sogleich zu sich berufen, und fragte ihn

angelegentlich um Ulles, was ihm auf seiner Haide begegnet wäre. Allein Pista wich diesen Fragen sehr behutsam aus; er antwortete sehr kurz, und vermied jede Erklärung, die seine so seltsamen und glücklichen Abenteuer hätte verrathen können. ,,Diese Rose," sprach er,,, die ich schon abgepflückt auf einem Baumstrunke liegen gefunden, ist Alles, was mir unterweges vorgekommen; ich steckte sie auf meinen Hut, um sie nicht ganz ungenossen verwelken zu lassen."

Der König bewies ihm neuerdings seine hohe Zufriedenheit und Gnade, indem er ihm auch für die künftigen Tage densel ben reichlichen Lohn zusicherte, den er bis jest genossen. Der Hirt dankte seinem Gebieter und begab sich zu seinen Schweiz nen, um in der Nähe derselben die Nacht über auf seinem Strohlager auszuruhen.

Kaum war es Mitternacht, so weckte ihn der vertrauliche Eber so wie gestern, und sagte: Pista wolle sich auch für den kommenden Tag mit Brot und Wein verschen, da er es mit einem zweiten, noch größern Drachen, als der erste war, würde zu thun haben. Er rieth ihm, den Mundvorrath zu verdoppeln, fügte aber hinzu, daß er auch diesmal nichts zu befürch: ten hätte, wenn er dem Ungeheuer eben so muthig wie dem gestrigen begegnete.

Echon vor Tages Anbruch ließ Pista sich zwei Brote und zwei Flaschen Wein reichen, und begab sich mit seinen Schweiz nen abermals hinaus auf die Haide. Dort angelangt trat der Eber sogleich wieder zu ihm hin und sprach:

Pista, flink und ohne Sagen
Seße dich auf meinen Rücken;

Will dich heut noch weiter tragen,
Und noch Größer's soll dir glücken.

Der Jüngling that nach des Ebers Willen, und_rascher als auf eines Renners Rücken sah er sich zu einem Gehege getragen, das eine gute Strecke Weges von dem gestrigen entfernt war. Der Eber segte ihn auch hier unter einer Eiche ab, wie derholte ihm_nochmals was er ihm zum ersten Mal empfohlen hatte, und überließ ihn seinem Schicksale..

Pista wartete nicht lange; bald hörte er ein furchtbares Geräusch von den Wipfeln der Bäume herab; allgemach schien es dunkler um ihn her zu werden, und mit einemmal kam in der Luft ein ungeheurer Drache heran, der, noch weit größer als der erste, die ganze Gegend, wie eine finstere Gewitterwoike, mit seinen Flügeln überschattete, und mit gräßlicher Hast auf den Hirten hernieder zu stürzen drohte. Aber eben so schnell reichte Pista ihm die zwei Brote und Flaschen hin, und begűz tigte das Ungethüm so glücklich, daß es alsobald sich ruhig niez detstreckte, die Victualien mit vielem Behagen verzehrte, und sodann mit brausendem Geschnarche einschlief. Pista nahm auch diesmal den günstigen Augenblick wahr, und schnitt dem Drachen die Kehle ab, wobei demselben ein silberner Schlüssel aus dem Rachen fiel, den Jener sogleich in die Tasche schob. Nun ging er, so wie gestern, ins Innere des Waldes und erblickte bald ein Schloß, das, ganz von Silber gebaut, seinen Augen schon von fern mit blendendem Schimmer entgegen strahlte. as er in der kupfernen Burg gethan und gesehen hatte, dass felbe that und sah er auch hier, nur war die Pracht der innern Einrichtung hier noch weit größer, weßhalb er auch bei Betrach tung derselben länger als dort verweilte. Nachdem ihm auch hier ein dienstbarer Drache alle Schäße und Kostbarkeiten gezeigt, und ihn endlich in den Garten geleitet hatte, pflückte er sich eine filberne Rose, dergleichen unzählige an den Sträuchern prangs ten, und steckte sie auf seinen Hut. Hierauf verschloß er die Thore des schönen Schlosses mit seinem filbernen Schlüssel, be gab sich wieder zu seiner Heerde, und trieb fie, als der Tag sich zu neigen ansing, ruhig nach Hause.

Sobald er an Ort und Stelle war, sprangen die drei Königstöchter ihm wieder freundlich entgegen, und die Jüngste haschte ihm die filberne Rose vom Hute weg, und lief mit der selben frohlodend zu ihrem Vater. Der König ließ, wie gestern, den Hirten zu sich berufen, fragte ihn nach Allem, was ihm den Tag über begegnet wäre, und äußerte, da Jener ihm befriedi: gend geantwortet, seine volle Zufriedenheit.

Dieses Abenteuer wiederholte sich auch den dritten Tag, jedoch mit dem Unterschiede, daß der Hirte in einen goldenen Palast kam, und aus dem Garten desselben eine goldene Rose mit nach Hause brachte, welche die schöne Königstochter, so wie die vorigen, fich zueignete.

Zufälligerweise fiel gerade in diese Zeit die Feier eines Festes, das der König den Freiern seiner drei Töchter zu geben schon längst beschlossen hatte. Er ließ drei goldene Uepfel von gleicher Größe verfertigen, deren jeder mit dem Namen einer der Prinzessinnen bezeichnet, und im Vorhofe seiner Burg an gelenen Schnüren hangend, das Ziel eines Wettkampfs werden follte, wobei den Siegern die Hände der Königstöchter zum Lehn zuerkannt würden. Wer nämlich von den Kämpfern, zu

Pferde, im schnelüften Lauf einen dieser Uepfel mit seiner Lanze herab stieße, dem sollte mit der Goldfrucht auch die Prinzessin, deren Name darauf geschrieben stand, zu Theil werden. Da die drei Schwestern eben so ungemein schön als reich waren, so läßt sich leicht erachten, daß die Anzahl ihrer Freier nicht ge=" ring sein mochte. Eine zahllose Menge Prinzen aus nahen und fernen Ländern war um die Königsburg versammelt, und auch des Königs Bruder mit seinen neun Töchtern war zuge= gen. Das ganze Reich nahm Antheil an dieser Feier, und Jung und Ult freute sich auf ihren Anfang. Alles was königlicher Reichthum an Schäßen aufzubringen vermag, war hier beisammen zu sehen, und alle Reichen und Vornehmen_strömten herbei, durch Schimmer und Aufwand das schon längst erwar= tete Fest zu verherrlichen.

Da sich wohl vermuthen ließ, Pista werde einer so großen Feierlichkeit seine Gegenwart nicht versagen, so lud die jüngste Prinzessin, aus Dankbarkeit für die ihr gegebenen drei Rosen, den Jüngling zum Zuschauer, indem sie ihm rieth, ja nicht wegzubleiben, wenn er anders das Herrlichste, was ihres Waz ters Reich an Menschen, Pferden, Kleidern und Edelsteinen' befäße, zu sehen nicht verschmähte.

Aber zu nicht geringem Erstaunen der Prinzessin dankte der Hirt für ihre Einladung: er wolle lieber bei seines Gleichen bleiben, und sich, wie bisher, zu seiner Schweinheerde auf die Haide begeben.

Als der Morgen kam, und sich in und außer der Burg schon Alles regte und bewegte, die Straßen von zahllosem Volke wimmelten, ja selbst die mühseligsten Krüppel sich schaulustig herbei schleppten, trieb Pista ganz gleichgiltig seine Heerde aus, und ließ sich nicht den geringsten Anschein von Neube gierde merken.

Wer hätte aber vermuthet, was der verschmißte Junge ge heim bei sich beschlossen, und welch gewaltigen Streich er alle den fürstlichen Freiern zu spielen vorhatte? Kaum war er auf der Haide angelangt, so eilte er sogleich in jenen Wald, wo er ohnlängst sein erstes Abenteuer bestanden. Hier begab er sich gerade in den kupfernen Palast, trat in den Saal, und befahl durch einen Schlag mit der goldenen Gerte dem dienstbaren Drachen, ihm das kostbarste Prachtgewand, wie auch das herrlichste Reitpferd herbei zu schaffen. Der Drache bes folgte den Befehl seines Gebieters aufs Schleunigste; er kleis dete denselben so geschickt und flink, als es je ein Kammerdiener vermocht hätte, und führte ihm eben so bald ein prächtig ges zäumtes Roß herbei, das schon im Herannahen vor Kampfbe= gier Funken zu sprühen schien.

Kaum hatte Pista den Renner bestiegen, so donnerten von dessen Hufschlage die Hallen des Schlosses hinter ihm; er flog, wie auf Schwingen des Blizes getragen, über Haide und Straße, und erschien, ehe man sichs versah, in den Schranken der kőniglichen Kämpfer. Der Schimmer seines Gewandes, die Kraft und Schnelle seines Pferdes, und alle die kostbaren, Edelsteine, die ihn schmückten, verblendeten Uller Augen, und Niemand hätte fich beikommen lassen, den Schweinehirten in ihm zu suchen. Alles wich bei seiner Ankunft von der Stelle, und verneigte fich wie vor einem Gotte. Der König selbst hielt ihn wenigstens für seines Gleichen, und bot ihm vor allen Unwesenden sogleich die Ehre des Vortritts an. Allein Pista lehnte diese Auszeich= nung bescheiden ab, und bat vielmehr, der Leßte unter den Freiern sein zu dürfen.

Endlich ward das Zeichen gegeben. Alles drängte sich zu den Schranken, und der Wettlauf nahm seinen Anfang. Reiz ter und Pferde flogen mit heißer Kampfbegier nach dem Ziele, aber Keinem gelang es, auch nur einen der drei Aepfel mit der Lanze zu berühren.

Auf einmal aber sprengte der unbekannte Gast wie ein Pfeil über die Bahn dahin, und traf alsobald den Ersten der drei Lepfel so glücklich, daß derselbe sammt der goldnen Schnur, waran er befestigt war, an seiner Lanze hängen blieb. Aller Blicke starrten ihm verwundert nach, er aber flog mit seiner Siegesbeute unverwandt, und in gerader Richtung über alle Schranken hinweg, und entschwand endlich in der Ferne.

Dieser unerwartete Vorfall bewirkte allgemeine Verlegens heit unter den Freiern und bestimmte den König, die Fortseßung der Feier auf den kommenden Tag zu verschieben. Indessen schickte er sogleich einige seiner besten Reiter dem seltsamen Flüchts linge nach, um dessen Aufenthalt zu erkunden; aber ehe diese fich auf den Weg machten, war unser Ritter bereits unsichtbar geworden, und hatte sich in seiner Hirtentracht wieder bei seiner Heerde eingefunden.

Abends kam er, wie gewöhnlich, mit derselben nach Hause, und bestellte seine Geschäfte. Ehe er sich aber zur Ruhe begab, ersah ihn auch diesmal die Jüngste der Prinzessinnen, eilte zu ihm herbei, und erzählte ihm mit großer Bestürzung den unerwünschten Vorfall, wodurch ihr heute der ihr bestimmte Apfel, und mit ihm zugleich der Bräutigam entrissen worden. Der

Hirt 'tröstete sie mit vieler Theilnahme, indem er sagte, man könnte noch nicht wissen, ob der Unfall, der sie getroffen, ihr nicht noch zum Glücke gereichen werde.

Tags darauf, ehe die Feier des Festes von Neuem begonnen hatte, war Pista mit seiner Heerde wieder auf der Weide. Nun ging er aber in den silbernen Palast, kleidete sich in ein noch schöneres Prachtgewand als das gestrige war, und wählte sich auch ein noch weit herrlicheres Pferd, als das vorige. Schnell wie der Wind, und leuchtend wie Gold und Juwelen, sprengte er nun abermals auf den Kampfplay heran. Alles erstaunte über diese neue Erscheinung, Alles neigte, sich vor ihm, und Niemand erkannte ihn für denselben Gast, welcher sich gestern auf eine so seltsame Weise hervorgethan hatte.

Aber eben so, wie gestern, gab er, als aller Augen auf ihn gerichtet waren, seinem Rosse die Sporen, sprengte mit verhänge tem Bügel auf das Ziel los, und flog, wie ein Pfeil, mit dem zweiten goldenen Apfel hinaus über die Schranken, und gar bald auch weit aus dem Gesichtskreis der erstaunten Menge.

Der König und seine hohen Gäste geriethen nun schon in Besorgniß, es walte irgend ein übernatürliches Wesen über diesem Borfalle, und entschlossen sich beinahe, das Kampfspiel erst nach einem Jahre wieder erneuern zu wollen. Da nun aber schon zwei Goldäpfel verloren waren, so wollte man sich doch auch vom Schicksale des dritten und lehten überzeugen. Der König bestimmte daher die Beendigung des Festes auf den nächften Morgen, und suchte sich indessen zu beruhigen so gut er fonnte.

zurückliche, entwendet werden, unter seinem Sute, und behielt diesen, gleichwohl im Angesichte seines Gebieters, auf dem Kopfe. Der König bemerkte dieses gröbliche Benehmen seines Eauhirten_nicht ohne Befremden; da er ihm aber wegen seiner wichtigen Dienste überaus gewogen war, so fragte er ihn mit Nachsicht, was er verlangte. Pista hatte sich noch kaum gesammelt, seine Bitte vorzubringen, als die jüngste nun ohnehin mißlau nige Prinzessin hastig herbei eilte, und ihm, mit der Miene höch lich beleidigten Stolzes, den Hut vom Haupte riß. Sogleich fielen die drei Goldäpfel heraus, und rollten vor des Königs Füße hin.

Welches Staunen ergriff nicht den ganzen Hof! Die Köz nigstöchter erkannten_sogleich ihre Namen, und konnten kaum Worte finden, ihre Freude über ihre wiedergefundenen Nepfel auszudrücken. Der König drang aufs Huldvollste in den Jungling, um zu erfahren, wie er zu denselben gekommen wäre. Dieser aber erwiederte mit ungemeiner Freimüthigkeit, er selbst fei der Eroberer der kostbaren Beute, und glaube daher, auf Eine der drei schönen Bräute vollkommnes Recht zu haben. Da nun der König, wohl eingedenk jener beispiellosen Pracht und Herrlichkeit, wie auch des so seltsamen Siegesglücks, wodurch der Fremdling sich bei jedem Kampfspiele ausgezeichnet hatte, noch gar manchen erheblichen Vortheil hinter dem Dunkel dieses räthselhaften Ereignisses vermuthete, so willigte er ohne langes Bedenken in des Hirten Anspruch. Die Jüngste der Prinzessinnen fühlte sich mit einem Mal erheitert, und so lies. bevoll zu dem metamorphosirten Sauhirten hingezogen, daß fie, ungeachtet seines zweideutigen Geruchs, ihm um den Hals fiel. Der König aber bestimmte ihn sogleich zum Gatten seiner Toch= des ganzen Hofs auf der goldenen Waldburg, welche Pist a sich sogleich zur Residenz ersehen, aufs Glänzendste vollzogen.

Wie bisher, geschah es auch zum dritten Mal. Der Hirt war in aller Frühe auf die Haide gezogen, und erschien nun auf einem noch weit herrlichern Rosse, und in einem noch viel präch;_ter, und den nächsten Morgen ward die Hochzeit im Angesichte tigern Gewande als vormals in den Schranken. Er sprengte heran, erhaschte auch den dritten Goldapfel, und jagte zu Uller Erstaunen, schnell wie der Wind, ins Weite.

Das Fest war nun zu Ende; die Versammlung der Freier ging auseinander, und der König beklagte das Loos seiner lie: ben Töchter. Diese zerflossen beinahe in Thränen, und bejame merten ihr Schicksal als eine Fügung des Himmels, welcher zu folge Keiner von ihnen je cin Bräutigam zu Theil werden sollte. Da der König schon über den ersten dieser bedenklichen Vorfälle vergessen hatte, dem Hirten sein Taglohn auszuzahlen, und dieser nun schon dreitägigen Gehalt zu Gute hatte, so bediente Pista sich der Befugniß, sein Dienstlohn zu fordern, als einer schick: lichen Gelegenheit, zu erfahren, welche Wirkung bei Hofe seine drei Abenteuer hervorgebracht hätten. Noch denselben Abend, nach dem er seine Heerde nach Hause getrieben hatte, verfügte er sich zu dem Könige, verbarg aber seine drei goldnen Aepfel, aus Be forgniß, dieselben möchten ihm, wenn er sie im Schweinstalle

Nach geendigtem Mahle befahl der Bräutigam seinem dienste baren Drachen, welcher schon Tags vorher ein zahlreiches Dienerpersonal aus seinem geflügelten Geschlechte geworben hatte, unverzüglich seine eilf Brüder herbei zu holen, indem er demselben ihre Namen angab, und ihre Gestalten nach Möglichkeit bezeichnete.

Ehe die Sonne gesunken war, sahe man diese eilf Brüder im gestreckten Galopp zur Goldburg herein sprengen. Alle waren auf Unstalt des dienskbaren Zauberdrachen überaus herrlich ge= ziert, und fie freuten und verwunderten sich nicht wenig über die so unerwartete Verwandlung ihres Schicksals. Zwei von denselben heiratheten die Schwestern ihrer königlichen Schwägerin, die Andern aber die neun Töchter des andern Königs. Bald eroberten sie eben so viele Königreiche, und lebten alle zusammen glücklich bis an ihr Ende.

Hans Chriftoph Ernst Freiherr von Sagern.

Soden bei Frankfurt als Privatmann. Er ist Ritter des hessischen Löwenordens, des belgischen Civilverdienstordens u. a. . m.

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Von ihm erschien im Druck;

Ueber Religion: Deutschland, 1798.

Die Resultate der Sittengeschichte. Frankfurt a.
M., 1808-1822. 6 Thle.

Die Nationalgeschichte der Deutschen. Wien, 1813.
I. 2. A. Frankfurt 1823. II. 1826. Gr. 4.
Berichtigung einiger politischen Ideen. Am Rhein,

1813. 4.

Beiträge zur Zeitgeschichte. Um Rhein, 1814. 4. Ueber die Auswanderungen der Deutschen. Frankfurt 1817.

Dieser geistreiche Staatsmann, der sich nach vielfachen Richtungen hin auszeichnete, ward am 25. Januar 1766 zu Klein- Niedesheim in der Unterpfalz geboren, und begann, noch sehr jung, seine politische Laufbahn vor der französischen Dccupation, in fürstlich Nassau - Weilburgischen Diensten. Nach dem Frieden von Luneville ging er als Gesandter seines Hofes nach Paris, und verstand es, nicht allein mit sel tener Gewandtheit für denselben zu unterhandelu, sondern auch sich die besondere Hochachtung Talleyrands zu erwer ben. Durch ein Decret Napoleons genöthigt, seinen Posten niederzulegen, begab er sich nach Wien, und half durch kräftige Mitwirkung eine beffere Zeit für Deutschland vorbereiten. Dadurch sah er sich aber gezwungen, diese Stadt wieder zu verlassen, um den Verfolgungen der Frans zosen zu entgehen. Nachdem er eine Zeit lang im preußischrussischen Hauptquartier verweilt, schiffte er nach England über, kehrte jedoch 1814 bereits zurück, um die Verwal Bedeutendes vollbracht, ist uns hier nicht gestattet zu würs Was v. G. als Patriot und.Staatsmann Großes und tung der oranischen Fürstenthümer zu leiten, und nahm digen, da dieses Werk nur literarischen Leistungen gewidmet 1815 als Gesandter des Königs der Niederlande Antheil an ist. Als Schriftsteller zeichnet er sich durch tiefe und grunddem Wiener Congresse. Von dort begab er sich nach Paz liche Kenntnisse, seltenen Scharfsinn, Feinheit und Ges ris, und ward dann 1818 Königl. Niederländischer Gewandtheit, außerordentliche Kraft der Rede und einen eben fandter bei dem Bundestage und der freien Stadt Frank fandter bei dem Bundestage und der freien Stadt Frank so blühenden als gewandten Styl höchft rühmlich aus, und furt, 1820 aber Mitglied der Hessen-Darmstädtischen Stän kann namentlich Politikern als ein musterhaftes Vorbild deversammlung. In demselben Jahre von seinem Könige ehrenvoll pensionirt, lebt er seitdem auf seinem Gute

Ueber Deutschlands Zustand und Bundesvers fassung. Stuttgart, 1818.

Mein Antheil an der Politik. 4 Bde. Stuttgart, 1823-1883.

dienen.

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