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0. L. B. Wolff,

Professor an der Universität zu Jena.

Dritter Band.

G bis Hegner.

Leipzig,

Otto Wigand's Verlags - Expedition.

18 38.

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ward am 21. April 1783 in Preßburg geboren, erhielt eine gelehrte Bildung und studirte Philosophie und Juris prudenz zu Erlau, Presburg, Pesth und Wien. Nach vollendeter akademischer Laufbahn trat er in die Dienste des Fürsten Esterhazy in Eisenstadt, und wurde 1811 dessen Bibliothekar in Wien, wo er sich noch befindet.

Er gab heraus: Erflinge. Dresden, 1812.

Die nordischen Gäste. Gedicht in 12 Gesängen.

1819.

Theater der Magyaren. Brünn, 1820.
Polymnia. 4 Thle. Brünn, 1821.

Mährchen der Magyaren. Wien, 1822.
Gedichte. 2 A. Zerbst, 1825.
Sprüchwörterbuch in sechs Sprachen.

1830.

Sie aßen und tranken den ganzen Tag, und auch in später Nacht durften die vollen Krüge nicht fehlen. Je mehr sie tranken, desto fröhlicher waren sie, und desto lebhafter ward auch ihr Verlangen, sich immer noch mehr zu erheitern und zu erlustigen. Bei dieser frohen Stimmung machte einer der Gesellen den Vorschlag, ein Spiel zu beginnen, und alle Undern gaben ihm sogleich ihren Beifall zu erkennen. Indem sie dem Miska wacker zutranken, wurden die Karten vertheilt, und das Glück schien alsobald sich so günstig auf seine Seite zu neigen, daß er schon in Kurzem die ganze Beche seiner SchmauWien, segäste gewonnen zu haben wähnte. Über dieses Glück war eitle Täuschung. Die lustigen Kumpane verloren Anfangs nur in der Absicht, Miska's Spieleifer immer mehr und mehr zu b.feuern. Plöhlich aber wandte sich das Blatt; sein Gewinnst nahm zusehends ab: je mehr er wagte, desto mehr er auch vers lor; bald hatte er seinen legten Heller verspielt, und somit auch alle offnung, je wieder zu seinem Gelde zu gelangen. Dieser Gedanke fuhr ihm wie ein Blisstrahl durch die Seele; es kam zu 3änkereien, endlich zu Schlägereien, und Miska ward so derb durchgeprügelt, daß er voll Striemen und blauer Flekken unter dem Tische liegen blieb, während die Andern froh mit ihrem Gewinnste von dannen eilten.

Wien, Einzelne Gedichte u. s. w. in Almanachen, Zeit: schriften u. s. w. u. s. w.

Ein vorzügliches Talent, mit lebhafter Einbildungskraft, Scharfsinn und Wärme ausgestattet, das besonders glücklich in der poetischen Erzählung sich versuchte, und außer dem die deutsche Literatur mit vortrefflichen Uebertraguns gen aus dem Ungarischen bereicherte.

Das wunderbare Tabakspfeifchen.

Miska, der Jüngste von drei Söhnen eines armen Land: manns, hatte eine Zigeunerin zur Pathe, welche ihm noch in den Windeln prophezeihte, er werde durch sein Schicksal einst in tiefe Noth und Schande gerathen, aber auch wieder zu den höchsten Ehren gelangen, die je ein Mensch zu erreichen fähig wäre. Seine Weltern starben, noch ehe er das Jünglings: alter erreicht hatte, und bald nach ihnen ging auch seine Pathe zur ewigen Ruhe hin. In Kummer und Elend wuchsen nun die drei Waisen heran, und wußten endlich, da sie nichts rechtes gelernt hatten, sich nicht beffer zu helfen, als daß sie über ein kamen, ihr Glück bei dem Heere zu suchen.

Da eben Krieg war, so fand ihr Entschluß kein Hinders nik. Sie erhielten Handgeld, und wurden, wie sie es sich gleich bei ihrem Untrage ausbedungen, alle Drei einem Hauptmanne übergeben, der sie auch sämmtlich einem Zuge einverleibte. Das Glück schien sie in diesem Stande allerdings zu begünstigen, denn sie thaten Wunder von Tapferkeit, und erwarben fich in Kurzem die Auszeichnung, daß man sie allgemein die drei Heldenbrüder nannte.

Als aber der Krieg zu Ende war, zogen sie mit ihrem Seere wieder heim, und genossen, auf ihren Lorbern ruhend, die Früchte ihrer Thaten; Jeder derselben hatte so viel Geld er beutet, daß er davon geraume Zeit behaglich hätte leben können. Aber Miska, der an thatenloser Ruhe kein Gefallen fand, beschloß, das Heer und seine Brüder zu verlassen, und auf ans dern Wegen sein Glück zu suchen. Da man mit Zuversicht eis nem dauerhaften Frieden entgegen sah, erhielt er ohne Anstand seinen Abschied. Er kaufte sich ein Pferd und einen Säbel, sagte feinen Brüdern Lebewohl, und ritt gerade nach der nächsten Stadt, wo er vorher auf seinem Rückzuge gar manche Freude genossen hatte.

Als er daselbst in einem Gasthofe ankam, ließ er sich gleich die besten Weine und Speisen aufsegen, und bald gesellten sich mehrere lustige Brüder zu ihm, denn Miska war freigebig und ein Freund heiterer Gesellschaft.

Encycl. d. deutsch. National-Lit. IIL

Des Morgens kam der Wirth und forderte die Zeche. Miska, dem nichts als sein Pferd und fein Säbel geblieben war, sah sich genöthigt, Ersteres im Stich zu lassen, und ob er gleich schwer auf den Beinen stand, seinen Weg zu Fuße anzutreten.

Seine schmähliche Lage erlaubte ihm nicht, vor seinen Brüdern zu erscheinen; er beschloß daher, auf gut Glück in die weite Welt zu gehen, und sich blindlings dem Zufall zu überlassen.

Nachdem er, mühseligen Schrittes, eine lange Strecke gewandert war, gelangte er bei finstrer Nacht in einen tiefen Wald, wo nichts als schauriges Rauschen der Bäume und Geheul der Eulen seinen Ohren entgegenkreischte. Da ihn ein gewaltiger Hunger plagte, tappte er neben und über sich im Finstern hin, um einiges Waldobst zu erhaschen; aber leeres Laub und trockne Zweige waren Ulles was er griff, und er gerieth dabei einige Male so tief ins Dorngesträuch, daß er sich Hände und Füße blutig rihte und sich genöthigt fand, unbe weglich auf einem Flecke stehen zu bleiben.

Indem er in dieser kümmerlichen Lage ganz trostlos ins Dunkel der Bildniß hineinblickte, ersah er plößlich den matten Flimmer eines Lichtes in der Ferne. Diese Erscheinung war ihm willkommen. So schwer er sich auch aus dem Dickicht heraus arbeitete, so rang er doch zugleich mit aller Kraft nach der Gegend hin, wo das Licht sich zeigte, und gelangte auch glücklich, obgleich nicht ohne große Mühe, in dessen Nähe.

Dort angelangt, befand er sich vor einer niedern, schmugigen Hütte, aus der ihm ein über alle Maßen häßliches altes Weib voll Ingrimm, mit einem Lichte in der Hand, entgegen trat. Ihre Haare waren eisgrau und standen ihr wie Bor: sten zu Berge, und ihr Mund, der ihm eine vielfach unterbrochene Doppelreihe grüner Zähne enthüllte, war so groß, daß er ohne Mühe ein Milchschweinchen mit Haut und Haar hätte beherbergen können. Ihr Gesicht aber, das so voll tiefer Runzeln und Falten war, daß es mehr einem Wespenneste, als einem Menschenantlig ähnlich schien, schnob Zorn und Rache, die ihn schon beim ersten Anblick zu vernichten drohten. Sie fuhr ihn also an:

Was such'st bei Nacht und Graus
Du Unglückssohn vor meiner Hütte?
Entfleuch, entfleuch mit schnellem Schritte,
Sonst reiß ich dir bein Herz heraus!

Dieser unholde Empfang erschreckte unsern Wanderer nicht wenig aber sowohl sein heftiger Hunger, als auch der Gedanke, 1

daß er nichts mehr zu verlieren hätte, und dies häßliche Ungethüm mit seinem Säbel doch noch firre machen könnte, ließen ihn bald Muth fassen, um der Alten mit gleichem Troße zu begegnen; er zog vom Leder und sagte:

Ich bin ein Fremdling, bin verirrt,
Und alles Selds und Guts beraubt;
Bin matt von langer, schwerer Reise,
Und suche Obdach, Trank und Speise.
Versagst du, Hexe, mir's, so klirrt

Mein Sabel dir sogleich um's Haupt.

Einer so bündigen Antwort hatte die Alte sich keineswegs. versehen; daher ließ sie auch alsobald fanftere Töne vernehmen. ,,Nu, nu,“ sagte sie,,,so schlimm wirst du es doch nicht meis nen; komm denn, und folge mir. Was ich habe, sei dir geboten, denn ohne Zweifel bist du derselbe, auf dessen Ankunft ich schon dreihundert Jahre warte." Während sie diese Borte sprach, sah sie mit offenbarem Wohlgefallen auf seinen Säbel, nahm ihn am Arm, und führte ihn ins Innere ihrer Hütte.

Diese Alte war das Weib eines ehernen Königs, der sie einst, wegen begangener Untreue, verdammt hatte, in der häßlichsten Gestalt und voll des bittersten Lebensüberdrusses, in der schlechten Hütte zu leben, bis ein Fremdling, zum Danke für eine empfangene Wohlthat, ihr den Kopf abhauen würde. Der Unblick unsers Fremdlings schien ihr die Nähe ihrer Erlösung zu verkünden, da sie derselben schon so lange entgegen schmachtete, fand sie sich auch leicht geneigt, ihm Alles aufs Births lichste zu reichen, was er begehrte. Sie sehte ihm ein gebratenes Schwein, einen Laib Brot, welchen kaum ein Debreziner Backofen gefaßt haben würde, und einen ungcheuren Krug des trefflichsten Weines vor.

Miska ließ sich alles wohl schmecken, besonders mundete ihm der Wein so sehr, daß er bald einen zweiten Krug verlangte. So behaglich auch die Alte bisher die wackere Eß- und Trinkluft ihres Gastes bemerkt hatte, so ängstlich ward sie doch über dessen Forderung. Sie beschwor ihn feierlich, ja keinen Tropfen mehr zu trinken, bevor er nicht Eins vollbracht hätte, das ihn und sie zugleich auf immer glücklich machen. würde. Glücklich? dachte Miska bei sich, und zwar auf im mer? ei, das wäre wohl der Mühe werth, meinen Durst auf kurze Zeit zu bekämpfen. Die Alte drang um so nach drücklicher in ihn, da eben jene Stunde ihr die einzig günstige schien, ihre Rettung zu beschleunigen.

Indem sie ihm versicherte, es werde nach einer Stunde ihm mehr Wein zu Gebote stehen, als er je getrunken, führte fie ihn an einen unweit ihrer Hütte gelegenen Hügel, öffnete eine kleine Fallthüre, die den Eingang ins Innere desselben verschloß, und bat ihren Gast, getrost eine Treppe in diese unterirdische Wohnung hinab zu steigen, und ihr aus dem dritten Gemach, das er da finden würde, ein Stück Kerze, einen Tas baksbeutel und ein Tabakspfeifchen herauf zu holen. Sie ers mahnte ihn aber zugleich, ja nicht über eine Stunde zu verweilen, da sonst ihr eherner Gemahl, der in jener Tiefe haußte, und nun eben des Schlafes pflegte, ihn ohne Gnade ermorden würde. Schon war es spät nach Mitternacht, und da der königliche Schläfer täglich auf den ersten Ruf eines chernen Hahns, welcher auf dem Hügel saß, erwachte, so fürchtete sie, durch den verhaßten Wächter noch viel zu frühe verrathen zu werden. Miska kam ihrer Besorgniß sogleich dadurch entgegen, daß er seinen Säbel schwang, und dem ehernen Hahne den Kopf wegpußte. Nun aber trat er, ihrer Weisung gemäß, un verzüglich den geheimnißvollen Weg an, und begab sich hinab in jene unterirdischen Gemächer, deren Eingang er um so leichter fand, da ihm aus jedem derselben eine Lampe entgegen leuchtete, die alle Gegenstände um ihn her mit zauberhaftem Licht erhellte.

Bald befand er sich in einem prächtigen Gewölbe, wo ungeheure Haufen Kupfermünze, so blank, als wären fie erst ges prägt worden, um ihn her lagen. Miska faßte davon so viel in seine Taschen, als er zu tragen vermochte, und begab fich sodann in ein zweites Gewölbe, das an Pracht seiner Einrichtung das erste bei Weitem übertraf. Wie erstaunte er, als er hier eben so viel Silbermünze sah, wie er zuvor des Kupfer: geldes gefunden hatte. Schnell leerte er seine Taschen, und füllte sie mit diesem viel edleren Gelde an. Nun trat er aber in das dritte und lehte Gewölbe, dessen Schimmer ihn beinahe ganz verblendete. Rings um ihn her lag ein Haufe Goldes an dem andern, und sogar die Wände und die Meublen schienen ihm aus diesem Metalle zu bestehen. In einer Ecke des Gemachs ruhte der eherne König in hoher Majestät auf einem goldenen Bette, und schnarchte gewaltig. Neben ihm stand ein goldner Tisch, auf demselben aber lagen die drei Dinge, welche die häßliche Alte von Miska verlangt hatte, nämlich ein Stück Kerze, ein Tabaksbeutel und ein Tabakspfeifchen. Der Un

blick dieser prachtvollen Umgebung, vielleicht aber auch das Ge schnarche des Königs, sehte den Fremdling in Verlegenheit. Er starrte eine Weile vor sich hin, ohne zu wissen, was er zuerst verrichten sollte. Dem Schläfer mit seinem Säbel_den Kopf abzuschlagen, schien ihm gleich bei seinem Eintritt das Ersprießlichste; aber da erwog er auch bald, daß es weit schwes rer sei, einen König zu köpfen, als einen Hahn; deßhalb be: sann er sich schnell wieder eines Bessern; er leerte seine Taschen nochmals aus, und füllte sie vollauf mit Golde. So bald er aber dies vollbracht, nahm er die drei Stücke vom Tische, und begab sich über die Treppe hinauf, wo ihn bereits die Alte mit gespannter Sehnsucht erwartete. Schon an der Schwelle streckte sie ihm ihre dürren Arme begierig entgegen, um ihm jene drei Dinge abzunehmen. Miska aber schloß die Fallthüre ganz gelassen hinter sich, und that, als wäre er nie Willens gewesen, ihr Begehr zu erfüllen. Da sie jedoch hierüber so böse ward, daß sie ihm drohte, durch ihr Geschrei den ehernen Schläfer wecken zu wollen, und wirklich sich schon bückte, um nach dem unterirdischen Gewölbe hinab zu rufen, versah dieser sich sogleich seines Augenblicks, und hieb ihr mit eben so raschem als kräftigem Streiche den Kopf ab. Die Ulte blieb dahingestreckt in der Nähe des Hügels lies gen, Miska aber eilte mit seiner reichen Beute um so froher aus dem Walde, als ihm durch die erste Dämmerung des Las ges seine Umgebung schon deutlich genug wurde, um einen Ausweg zu finden, der ihn auf die offene Straße zuführte. ein Zigeuner auf einem herrlichen Pferde. Die goldne Last in Nachdem er einige Stunden gegangen war, begegnete ihm seinen Taschen hatte ihm sein Fortkommen immer mehr ers schwert; deßhalb fragte er den braunen Ritter sogleich, ob ihm das schöne Pferd nicht feil_wäre. Jenem war diese Begeg= nung eben so willkommen, da er das Thier erst kürzlich in der Stadt gestohlen hatte, und eben Willens war, dasselbe nach einem nahen Flecken zu Markte zu führen. Beide kamen leichtlich überein; Miska gab dem Zigeuner zwanzig Goldstücke, feste sich auf den Gaul, und ritt vergnügt nach der Stadt, deren Dächer ihm gar begehrlich entgegen winkten.

Wollte er sich je gütlich thun, so war es diesmal um so natürlicher, da er noch nie so viel Uebel erlitten, wie seit we nig Tagen, und auch nie so viel Geld in der Tasche hatte, wie jeho. Er kehrte in dem schönsten Gasthof der Stadt ein, befahl sein Pferd aufs Beste zu versorgen, und ließ sich eins der schönsten Simmer öffnen.

Der Schweinebraten, womit ihn jene Alte bewirthet hatte, war nun schon längst verdaut, und Hunger und Durst regten sich von Neuem. Der Wirth führte ihn in den Speisesaal, wo er Alles aufs Glänzendste bestellt, und eine Menge ansehnlicher Gäste an der Tafel fand. Er sehte sich und schmauste so be= haglich, daß Aller Augen, besonders jene des Birthes, mit ungemeiner Aufmerksamkeit auf ihm ruhten, da er nur die föstlichsten Speisen forderte, und manche derselben sich zwei und dreimal reichen ließ. Eben so wacker leerte er eine Flasche Weins nach der andern, und that im Ganzen so vornehm, als wäre er in der Abficht gekommen, die Zeche aller seiner Tischgenossen zu bezahlen. So vornehm ihm auch diese Gesellen Anfangs geschienen hatten, so zutraulich fand er fie in Kurzem. Allgemach rückte Einer nach dem Undern näher zu ihm heran, lobte bald die Farbe des Weins, bald den schmackhaften Geruch der Speisen, die er genoß, und ehe man sichs versah, waren ein Dußend Flaschen des köstlichsten und theuersten Res bensaftes auf Miska's Wohl und Rechnung ausgeleert. Auf einmal glänzte Frohsinn und muntere Laune aus Aller Augen; man sang und trank, und ward dadurch noch immer heiterer, und Ülles drängte sich voll Jubel um den liberalen Gast, der mit wahrer Glorie als König des Festes sich diese Huldigung gefallen ließ.

Bald aber regte sich auch hier eben so lebhaft, wie vormals im Kreise anderer Schmausegesellen unsers Abenteurers, der Spielgeist wieder, und bot demselben Gelegenheit, sich die viel zu schwere Bürde seines Goldes zu erleichtern. Das Spiel begann, und endete eben so wie vormals; nur machte diesmal der Umstand einigen Unterschied, daß Miska tausendmal mehr Geld verlor, als neulich, und nun nicht unter dem Tische lies gen blieb, fondern durch den Wirth selbst, so ehrerbietig auch dieser ihn Anfangs behandelt hatte, zum Hausthore hinaus ge= prügelt, bald nachher aber von Häschern ergriffen, und als Dieb, der das Pferd, so er dem Wirthe für die Zeche zurück ließ, aus dem Stalle eines Grafen gestohlen hätte, festgesezt wurde.

In dieser mißlichen Lage wußte Miska sich weder zu ra= then noch zu helfen. Er schwor und betheuerte, das Pferd von einem Zigeuner gekauft, und weder jenen Grafen, noch dessen Stall jemals gesehen zu haben. Aber dies Alles half_nichts; er saß drei Tage und drei Nächte in einem finstern Loche, und hatte keine andere Nahrung als Brot und Wasser, welches ihm

nur einmal des Tags, und obendrein sehr kärglich, gereicht wurde. Obschon er vor Kummer und Betrübniß immer matter ward, und auch durch Schlaf sich nicht zu erholen vermochte, da dieser durchaus nicht über seine Augen kommen wollte; so sehnte er sich doch gar sehr nach Licht, und bat den Wächter seines Gefängnisses, ihm solches zu geben. Aber vergebens. Endlich fiel ihm das Stück Kerze ein, welches er aus den unterirdischen Gemächern geholt, und immer noch in der Tasche hatte. Er jog Stahl, Feuerstein, Zunder hervor, welche er als Tabak: schmaucher stets bei sich trug, schlug sich Feuer, und drehte den glimmenden Schwamm in einer Hand voll Stroh, das er aus seinem Lager genommen, so lange im Kreise herum, bis dieses ju brennen anfing, und er seine Kerze anzünden könnte.

Aber welch ein Staunen ergriff ihn, als er in dem Augenblik, da die Flamme den Docht ergriff, den ehernen König, den er in dem unterirdischen Gewölbe schlafend gefunden hatte, vor fich erblickte. Demüthig beugte dieser sein Haupt vor M is ka, und sprach:,,Durch die Entwendung meiner drei Zauberschähe, der Kerze, des Tabaksbeutels und des Pfeifchens, welche du nun befisest, aller meiner Herrlichkeit beraubt, stehe ich nun als ein dienbarer Geist vor dir, und erwarte deine Befchle."

Miska, welchen diese Erscheinung viel zu sehr überraschte, als daß er gleich zu Besinnung hätte kommen können, starrte eine gute Weile vor sich_hin, bevor er im Stande war, ein Wort her ver zu bringen. Endlich aber, nachdem ihm der Kobold erklärt hatte, daß er, durch die Zaubermacht der Kerze hierher gebannt, ihm nun und jedesmal, wenn er dieselbe anzünden würde, in allen Dingen, die er von ihm verlangen wolle, behilflich sein müsse, faßte er sich dennoch, und that Bescheid auf den so gün: ftigen Antrag. Er schilderte dem ehernen Gaste seine Lage und forderte alsobald einen Satk Goldes, ein schönes Pferd, und siche: res Geleit aus seinem verhaßten Gefängnisse. Der Kobold ver: sprach alles dieses mit ehrerbietiger Verbeugung und verschwand. In wenig Minuten befand Miska sich wirklich vor den Theren der Stadt auf einem herrlichen Rappen, über dessen Rücken ein ungeheurer Sack Goldes befestigt war. Froh segnete er nun sein Glück, verwünschte die böse Stadt, wo ihm so großes Unheil widerfahren war, und machte sich getrost auf den Weg, um in eine Gegend zu gelangen, wo er sein Geld wenigstens mit heiler Haut verzehren könnte.

Nachdem er mehrere Tage geritten, und sich unterweges weidlich gepflegt hatte, kam er in ein Land, welches ihm bis nun nur dem Namen nach bekannt war.

Hier herrschte ein sehr geißiger und grausamer König, wel cher aber eine überaus schöne Tochter hatte, um deren Hand sich bereits eine Menge Prinzen fruchtlos beworben. Denn da keiner derselben so reich und mächtig war, wie es der Vater der Schö nen gewünscht hätte, so mußten sie Alle leer abziehen, und durften sich nie wieder mit ähnlichen Gesuchen bei Hofe blicken lassen. Der Gasthof, wo Miska einsprach, befand sich in der Nähe der Königsburg und war der größte und glänzendste, den er je gesehen hatte. Unser Glücksritter forderte fürstliche Bewirthung, und ließ sich eine prachtvolle Wohnung einräumen. Bald wim melten seine Vorzimmer von reichverbrämten Leibhusaren, Kutschern und Reitknechten, und in seinem Stalle wicherten die herrlichsten Pferde, die man nur wünschen könnte. Das faftigste Gulrasfleisch, die köstlichsten Specklöße mit Sauerkraut und zarten Schweinsschwärtchen wurden ihm, seinem Befehle zu folge, täglich in silbernen Geschirren zum Frühstück aufgefeßt, und auch seiner Dienerschaft durfte nichts fehlen, was sie be durfte.

Schon die ersten Tage nach seiner Unkunft schmolz all sein Gold dahin, denn er hatte nicht nur beträchtliche Unkäufe an Kedern, Wägen, Pferden und allerlei Kostbarkeiten gemacht, sondern auch jeden Tag für hundert und mehrere Gäste offene Tafel gegeben, und dieselben auf eine wahrhaft königliche Weise bewirthet. Da mußte dann die Zauberkerze bald wieder herhalten, und der eherne Kobold seine Künste ins Werk sehen. Dieser fehlte nie, sobald das Licht brannte, und legte jedesmal einen Sad Soldes zu seines Gebieters Füßen, welcher mit jedem Tage herrlicher lebte, und Lestern beinah jede Woche ein Paar Mal citirte.

Einst, nachdem er des Gastirens und Banketirens allges mach fatt geworden war, fühlte er eine gewisse Leere in seinem Lebenskreise, die ihn von Tag zu Tage immer kälter und gleich giltiger gegen all seine bisherigen Belustigungen und Liebhaber reien zu machen schien. Zugleich regte sich aber ein Bedürfniß in seinem Herzen, das er bisher nur selten, und leicht vorübergehend gefühlt hatte. Er sehnte sich nach Mitgefühl und Theil nahme eines empfindenden Wesens, so wenig er auch den Gegenstand seiner Wünsche zu nennen oder zu bezeichnen wußte. Da er von den Reizen der Königstochter viel Rühmens gehört hatte, mischte sich unwillkürlich der Gedanke in seine Absichten, fie zu sehen, und ihr seine Herzensnoth klagen zu können. Er

malte sich ihr Bild, so gut er konnte; im Geiste aus, und reihte an dasselbe zugleich eine Menge Folgen, die er kaum zu übersehen vermochte.,,Ei", sagte er einst zu sich selbst,,,wenn mir meine Kerze auch aus dieser Noth helfen könnte, wie herrlich wäre das!" Schnell zündete er sie an, und alsobald stand der eherne Mann ehrerbietig vor seinen Augen. ,,Könntest du wohl,“ begann Miska, „auch mein Herz so gut versorgen, wie du meine andern Bedürfnisse bisher befriedigt hast? Siehe, ich sehne mich nach Liebe, und dies mein Verlangen ist viel dringender, als es je meine Geldnoth werden kann. Kannst du mir verhilflich sein, unbeschadet die so hoch gepriesene Königstochter zu umarmen, so will ich dies sen Dienst dir weit höher anrechnen, als alle, die du mir bisher geleistet."

Der eherne Mann bejahte Miska's Frage in aller Demuth, indem er sagte, er wolle ihm die nächste Nacht die schöne Prinzessin in die Arme führen, nur habe er weder bei Tage, noch sonst, wenn sie nicht schliefe, Gewalt über sie; Mis ka wolle daher um Mitternacht getrost seine Kerze anzünden, und der Erfüllung seines Wunsches gewärtig sein. Dieser war außer sich vor Freude, und von nun an wuchs seine Begierde und Ungeduld immer mehr und mehr, so daß er die Stunde seines Glücks kaum erwarten zu können glaubte.

Endlich erscholl des Wächters Ruf vom Thurme der Königsburg, und Miska eilte über Hals und Kopf, seine Wunderkerze anzuzünden. Sogleich öffnete fich die Thür seines Gemachs ganz leise, und der Eherne brachte das schönste und liebenswürdigste Mädchen, das je der Mond beschienen, in tiefem Schlafe ruhend, auf den Armen. Nachdem er die Prinzessin sanft auf ein Ruhebett niedergelegt hatte, ermahnte er seinen Gebieter, das Kerzenlicht nicht über zwei Stunden brennen zu lassen, weil er die Schöne sodann wieder zurück in ihr Schlafgemach bringen müsse, und nicht über diese Frist verweilen dürfe.

Miska stand wie versteinert vor Verwunderung über den Ausbund aller nur erdenklichen Schönheit, der das ganze Wes sen der Schlafenden bezeichnete, und es währte lange, bis er sich von der Wahrheit dieser Erscheinung überzeugte. Entzückt stürzte er der Prinzessin zu Füßen und glaubte gleich bei dem ersten Kuß, den er auf den Saum ihres Nachtkleides drückte, in Wonne hinzuschmelzen. Sie erwachte wie aus tiefer Betäubung und erstaunte nicht allein über ihre Umgebung, sondern weit mehr über die Gestalt ihres Unbeters, denn dieser war, vermuthlich durch die zauberhafte Einwirkung des Kobolds, ihr erst vor wenig Stunden im Traume erschienen, und hatte einen so tiefen und vielvermögenden Eindruck in ihrem Herzen zurück gelassen, wie ihn nur die heftigste Gluth_der ersten Liebe irgend zu bewirken fähig wäre. Schüchtern und schweigend sahen sich Beide an, und nur ihre Herzen sprachen mit einander; aber mit einem Mal rötheten fich die Wangen der Prinzesfin, fanfte Gluth strahlte aus ihren himmelblauen Augen, und allgemach, wie eine Rose auf die Berührung eines liebevollen Zaubers sichtbar ihren Kelch erschließt, gaben ihm Blick und Lippen zu verstehen, daß er das Urbild ihrer Liebe sei.

Miska glaubte bei diesem Geständniß in Entzückung zu zerfließen, aber kaum wagte er seiner Empfindung Ausdruck zu geben, so stand der eherne Mann schon wieder an der Thüre, um die Schöne in ihr Schlafgemach zurück zu bringen, denn die zwei Stunden waren bereits vorüber, obgleich Miska erst so viele Sekunden verträumt zu haben wähnte. Der Kobold berührte ihre Stirne sanft mit seinem Zeigefinger, worauf sie sogleich wiez der einschlief, nahm fie ganz fachte auf seine Urme, und verz schwand, ehe Mis ka fich Zeit genommen hatte, Abschied von ihr zu nehmen.

Der Ueberglückliche löschte nun sein Licht aus, und warf sich in seliger Trunkenheit auf sein Lager hin, um die Folge seines Glückes im Traume fortzugenießen. Und wirklich gelang ihm dieses nicht nur im Schlafe, sondern auch Tags darauf so ganz, daß er auch bei offenen Augen nichts als ihre Stimme zu hören, ihr Antliß zu sehen, und am Strahle ihres holden Blickes dahin zu schmelzen wähnte,

Als die zwölfte Stunde der zweiten Nacht gekommen war, zündete er seine Kerze wieder an, und sogleich erschien der Ko= bold mit der schönen Schläferin wie Nachts vorher. Beide Liez benden umfing auch nun das süßeßte Glück mit seinen Wonnen, und ließ sie den allzuraschen Vorüberflug der Stunden nicht eher gewahr werden, als bis der dienstbare Kobold wieder kam, und seine holde Bürde von hinnen trug.

Indessen hatten aber die drei 3ofen der Prinzessin dem Könige hinterbracht, daß sie das Bett seiner Tochter leer fans den. Er eilte sogleich herbei, überzeugte sich von der Wahrheit ihrer Meldung, und ließ alle Drei, noch in derselben Stunde, vor den Fenstern seiner Tochter hängen. Kaum aber war das Urtheil vollzogen, so fand man die Prinzessin wieder so ruhig und süß in ihrem Bette schlafen, als hätte sie dasselbe noch

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