ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

herzustellen hat. Es ist klar, daß der Mathematiker eine solche Räumlichkeit nur in den kleinsten Dimensionen nöthig hat, um seine sämmtlichen Beweise zu demonstriren; es ist aber auch klar, daß gerade die Herstellung des mathematischen Raums für den Mathematiker die Klippe ist, an der die Vernunft pervers wird und den Mißbrauch begeht. Denn wenn wir die logisch gesicherte Endlichkeit der Welt (so gut es eben gehen mag) im Bilde zu erfassen uns bestreben und den Raum zu diesem Zwecke auseinander treten lassen, so veranlaßt sofort die perverse Vernunft den Raum, seine Dimensionen über die Grenzen der Welt hinaus zu erweitern. Dann wird die Klage laut: wir haben zwar eine endliche Welt, aber in einem Raume, den wir nie vollenden können, weil sich die Dimensionen immerfort verlängern (oder besser: wir haben zwar eine endliche Welt, aber im absoluten Nichts).

Hiergegen giebt es nur ein Mittel. Wir haben uns kräftig auf die logische Endlichkeit der Welt und auf die Erkenntniß zu stüßen, daß der zu einem grenzenlosen mathematischen Raume mit Zwang erweiterte Punkt-Raum ein Gedankending ist, in unserem Kopfe allein eristirt und keine Realität hat. Auf diese Weise sind wir wie gefeit und widerstehen mit kritischer Besonnenheit der Versuchung, einsame Wollust mit unserem Geiste zu treiben und die Wahrheit dabei zu verrathen.

29.

Ebenso kann uns nur kritische Besonnenheit vor anderen großen Gefahren behüten, die ich jezt darlegen will.

Wie es in der Natur des Punkt-Raumes liegt, daß er von Null in indefinitum nach drei Dimensionen auseinander tritt, so liegt es auch in seiner Natur, irgend eine beliebige reine (mathematische) Räumlichkeit immer kleiner werden zu lassen, bis er wieder PunktRaum, d. h. Null ist. Wie die Schnecke ihre Fühlhörner, so zieht er seine Dimensionen in sich zurück und wird wieder unthätige Verstandesform. Diese subjektive Fähigkeit, Raum genannt, kann gar nicht anders beschaffen gedacht werden, denn sie ist eine Bedingung der Möglichkeit der Erfahrung und für die Außenwelt allein veranlagt, ohne welche sie gar keine Bedeutung hat. Nun sieht aber selbst der Blödeste ein, daß eine Erkenntnißform, die einerseits den verschiedenartigsten Dingen (den größten und den kleinsten und bald

den größten, bald den kleinsten) als Objekten die Grenze sezen, andererseits auch helfen soll, die Totalität aller Dinge an sich, das Weltall, zu erfassen, im Fortschreiten sowohl als im Rückschreiten bis Null, unbeschränkt sein muß; denn hätte sie eine Grenze für das Auseinandertreten, so könnte sie eine reale Kraftsphäre jenseits dieser Grenze nicht gestalten; und hätte sie für das Zurücktreten eine Grenze vor Null, so würden alle diejenigen Kraftsphären für unsere Erkenntniß ausfallen, welche zwischen Null und dieser Grenze lägen.

Im legten Abschnitt haben wir gesehen, daß die Vernunft mit der Grenzenlosigkeit des Punkt-Raumes im Auseinandertreten Mißbrauch treiben und zu einem endlichen Weltall in einem unendlichen Raume gelangen könne. Jezt haben wir den Mißbrauch zu beleuchten, den die Vernunft mit der Schrankenlosigkeit des Raumes im Zurückschreiten bis Null treibt, oder mit anderen Worten: wir stehen vor der unendlichen Theilbarkeit des mathematischen Raumes.

Denken wir uns eine reine' Räumlichkeit, etwa einen Kubikzoll, so können wir diesen in indefinitum theilen, d. h. das Zurücktreten der Dimensionen in den Nullpunkt wird immer verhindert. Wir mögen theilen jahrelang, jahrhundertelang, jahrtausendelang immer würden wir vor einer Resträumlichkeit stehen, die nochmals getheilt werden kann u. s. w. in infinitum. Hierauf beruht die sogenannte unendliche Theilbarkeit des mathematischen Raumes, wie auf dem Auseinandertreten in infinitum des Punkt-Raumes die Unendlichkeit des mathematischen Raumes beruht.

Was thun wir aber, indem wir von einer bestimmten Räumlichkeit ausgehen und sie rastlos theilen? Wir spielen mit Feuer, wir sind große Kinder, denen jeder Besonnene auf die Finger schlagen soll. Oder ist etwa unser Verfahren nicht dem von Kindern zu vergleichen, welche in Abwesenheit der Eltern, eine geladene Pistole, die einen ganz bestimmten Zweck hat, zwecklos handhaben? Der Raum ist nur für die Erkenntniß der Außenwelt bestimmt; er soll jedes Ding an sich, es sei so groß wie der Montblanc, oder so klein wie ein Infusionsthierchen, begrenzen: das ist sein Zweck, wie der der geladenen Pistole, einen Einbrecher zu Boden zu strecken. Nun lösen wir aber den Raum von der Außenwelt ab und machen ihn

dadurch zu einem gefährlichen Spielzeug, oder wie ich schon oben, nach Pückler, sagte: wir treiben mit unserem Geiste einsame Wollust."

30.

Die Theilung in indefinitum einer gegebenen reinen Räumlichkeit hat übrigens insofern eine unschuldige Seite, als ein Gedankending, eine Räumlichkeit, welche nur im Kopfe des Theilenden liegt und keine Realität hat, getheilt wird. Ihre Gefährlichkeit wird aber verdoppelt, wenn die unendliche Theilbarkeit des mathematischen Raumes, geradezu frevelhaft, auf die Kraft, das Ding an sich, übertragen wird. Auch folgt dem unsinnigen Beginnen sofort die Strafe auf dem Fuße: der logische Widerspruch.

Jede chemische Kraft ist theilbar; hiergegen läßt sich nichts einwenden, denn so lehrt die Erfahrung. Aber sie besteht vor der Theilung nicht aus Theilen, ist kein Aggregat von Theilen, denn die Theile werden erst wirklich in der Theilung selbst. Die chemische Kraft ist eine homogene einfache Kraft von durchaus gleicher Inten= sität und hierauf beruht ihre Theilbarkeit, d. h. jeder abgelöste Theil ist, seinem Wesen nach, nicht im geringsten von dem Ganzen verschieden.

Sehen wir nun von der realen Theilung ab, welche sowohl die Natur nach ihren Gesezen, als auch der Mensch in planvoller Arbeit zu practischem Nugen bewerkstelligt, und deren Resultat immer bestimmte Kraftsphären sind, so verbleibt die müßige frivole Theilung.

Die perverse Vernunft nimmt irgend einen Theil einer chemischen Kraft, etwa einen Kubikzoll Eisen, und theilt ihn in Gedanken immerfort, immerfort in indefinitum, und gewinnt zuletzt die Ueberzeugung, daß sie niemals, möchte sie auch Billionen Jahre lang theilen, zu einem Ende käme. Zugleich aber sagt ihr die Logik, daß ein Kubikzoll Eisen, also eine endliche Kraftsphäre, unmöglich aus unendlich vielen Theilen zusammengesetzt sein könne, ja daß es überhaupt gänzlich unstatthaft sei, von unendlich vielen Theilen eines Objekts zu sprechen; denn lediglich in der ungehinderten Thätigkeit in indefinitum eines Erkentnißvermögens besteht die Unterlage für den Begriff Unendlichkeit,

hier also im ungehinderten Progressus der Theilung, nie, nie auf realem Gebiete.

In die Höhle hinein kann also die perverse Vernunft an der Hand der rastlosen Theilung, aber, einmal darin, muß sie auch immer vorwärts. Zurück zur endlichen Kraftsphäre, von der sie ausgegangen ist, kann sie nicht mehr. In dieser verzweifelten Lage reißt sie sich nun von ihrem Führer gewaltsam los und postulirt das Atom, d. h. eine Kraftsphäre, die nicht mehr theilbar sein soll. Natürlich kann sie jezt, durch Aneinanderfügung solcher Atome, zum Kubikzoll Eisen zurück, aber um welchen Preis: sie hat sich in Widerspruch mit sich selbst gesetzt!

Will der Denker redlich bleiben, so muß er besonnen sein. Die Besonnenheit ist die einzige Waffe gegen den Mißbrauch, den eine perverse Vernunft mit unserem Erkenntnißvermögen zu treiben aufgelegt ist. Im vorliegenden Fall wird also von uns auf realem Gebiete die Theilbarkeit der chemischen Kräfte gar nicht in Frage gestellt. Wohl aber sträuben wir uns aus aller Macht erstens gegen die unendliche Theilbarkeit der Kräfte, weil eine solche nur behauptet werden kann, wenn, auf die tollste Weise, auf das Ding an sich das (außerdem mißbrauchte) Wesen eines Erkenntnißvermögens übertragen wird; zweitens gegen die Zusammenseßung der Kraft aus Theilen. Wir verwerfen also die unendliche Theilbarkeit der Kraft und das Atom.

Wie ich oben sagte, muß ein Erkenntnißvermögen, das allen Kräften, die in einer Erfahrung vorkommen können, die Grenzen sehen soll, nothwendig so beschaffen sein, daß es unbeschränkt auseinander treten kann und auf dem Rückweg nach Null, keinerlei Grenze vorfindet. Wenden wir es jedoch einseitig an, d. h. abgelöst von der Erfahrung, für die es doch allein bestimmt ist, und machen Schlüsse, welche wir aus seiner Natur zogen, verbindlich für das Ding an sich, so gerathen wir in Widerspruch mit der reinen Vernunft: ein großes Uebel!

31.

Wir haben schließlich noch mit kritischem Geiste einer Gefahr zu entfliehen, die sich aus der Zeit erhebt.

Die Zeit ist, wie wir wissen, eine ideale Verbindung a posteriori, auf Grund der apriorischen Form Gegenwart gewonnen,

und ist Nichts ohne die Grundlage der realen Succession. Mit ihrer mächtigen Führung gelangten wir zum Anfang der Welt, an die Grenze einer untergegangenen vorweltlichen Eristenz, des transscendenten Gebietes. Hier wird sie ohnmächtig, hier mündet sie in eine vergangene Ewigkeit, welches Wort lediglich die subjektive Bezeichnung für den Mangel an aller und jeder realen Succession ist.

Die kritische Vernunft bescheidet sich; nicht so die perverse Vernunft. Diese ruft die Zeit wieder in's Leben zurück und stachelt sie an, in indefinitum weiterzueilen ohne reale Unterlage, ungeachtet der waltenden Ewigkeit.

Hier liegt nackter als irgendwo der Mißbrauch zu Tage, der mit einem Erkenntnißvermögen gemacht werden kann. Leere Momente werden unaufhörlich verbunden und eine Linie wird fortgesezt, welche bis zum transscendenten Gebiete wohl eine feste, sichere Grundlage, die reale Entwicklung, hatte, jezt aber in der Luft schwebt.

Wir haben hier nichts Anderes zu thun, als uns auf die reine Vernunft zu stüßen und das thörichte Treiben einfach zu verbieten.

Wenn nun auch a parte ante die reale Bewegung, deren subjektiver Maßstab die Zeit allein ist, einen Anfang hatte, so ist damit doch keineswegs gesagt, daß sie a parte post ein Ende haben müsse. Die Lösung dieses Problems hängt von der Antwort auf die Frage ab: sind die einfachen chemischen Kräfte unzerstörbar? Denn es ist klar, daß die reale Bewegung endlos sein muß, wenn die einfachen chemischen Kräfte unzerstörbar sind.

Hieraus folgt also:

1) daß die reale Bewegung einen Anfang genommen hat;
2) daß die reale Bewegung endlos ist. Lezteres Urtheil
fällen wir mit dem Vorbehalt einer Revision in der Physik
und Metaphysik.

32.

Diese Untersuchungen und die früheren unseres Erkenntnißvermögens begründen nach meiner Ueberzeugung den echten transscendentalen oder kritischen Idealismus, der nicht mit Worten allein, sondern wirklich den Dingen an sich ihre empirische Realität läßt, d. h. ihnen Ausdehnung und Bewegung, unabhängig vom Subjekt, von Raum und Zeit, zugesteht. Sein Schwer

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »