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gebracht (barmherzige Samariter, Pharisäer und Zöllner); von einer Vergleichung kann man hier nicht mehr reden. Durch diese Gleichnisse, Parabeln und Beispiele gewannen Jesu Zuhörer ein lebensvolles Verständnis der Persönlichkeit und Lehre Jesu; denn sie zeigten ihnen die Bewegung seines Herzens und seiner Gedanken, sie ließen sie tiefe Blicke in das Leben seiner Seele tun. Im vierten Evangelium sind Allegorien enthalten (Vom guten Hirten. Vom Weinstock und den Reben); es zeigt uns aber auch, wie ein frommer und gebildeter Mann aus dem Anfange des zweiten Jahrhunderts Jesus verstand und denselben seinen Zeitgenossen, vor allem den philosophisch gebildeten Hellenisten, näher zu bringen versuchte. Auch muß beachtet werden, daß die Gleichnisse in der uns vorliegenden Form das Werk mündlicher und schriftlicher Überlieferung sind; sie tragen die Spuren dieser Überlieferung und besonders des Einflusses, den der betreffende Evangelist auf ihre Form ausgeübt hat.

Jesu Lehre knüpfte an das jüdische Sittengesetz an; deshalb finden wir auch die jüdische Lehre von der Sündenschuld und der Vergeltung bei ihm. Er knüpft dabei an den Faden an, welchen die vorbabylonischen Propheten gesponnen hatten; aber er hat einen Einschlag, der teils von seiner Person, teils von seiner Zeit gegeben war. In der Hauptsache ist seine Lehre aus der Sonderentwicklung und eigenartigen Welt des jüdischen Volkes aufzufassen; aber diese Welt war in Galiläa, wo Jesus aufgewachsen war, von der hellenischen Kultur beeinflußt worden; in Jesu Begriffswelt macht sich dies bemerkbar. Die jüdische Sittlichkeit ist ein Volksgesetz, wie das für ein in der Fremde weilendes Volk selbstverständlich war; sein Gott ist ein starker und eifriger Gott usw. Der Inbegriff von Jesu Lehre war dagegen: „Ändert den Sinn, denn das Gottesreich ist nahe"; in das Gottesreich aber kommt nur, wer Gott liebt und seinen Nächsten wie sich selbst, denn Gott ist die Liebe usw. Das Interesse des Menschen soll sich auf sein inneres Leben beziehen, denn das Himmelreich ist nahe. Zum Dienste in demselben soll sich daher der Mensch vorbereiten; denn mit seinen Volksgenossen erwartete Jesus sicher das Kommen des Gottesreiches in der nächsten Zeit. Der asketische Rigorismus der Moral Jesu ist die unvermeidliche praktische Kehrseite und Folge seiner apokalypitschen Erwartung der nahen Katastrophe, des Endes der jetzigen und des Anbruchs der neuen Welt; nur durch die Beachtung der zeitgeschichtlichen Bedingtheit seiner moralischen Denkweise kann man Jesu charakteristische Individualität verstehen. Von hier aus erklärt sich die Geringschätzung irdischer Güter und das Fehlen der Weisungen über die sozialen Pflichten; sie haben bei dem nahen

Weltende keinen Wert für Jesus. Aber bei allem engen Anschluß an die Zukunftsbilder des damaligen Judentums ist Jesus doch in einem wichtigen Punkte von ihnen abgewichen; bei ihm handelt es sich nicht um den Sieg des jüdischen Volkes über die Heiden und die Rache an denselben, sondern um die Belehrung der Guten und die Bestrafung der Bösen. Bei dieser Vergeltung wird aber nicht die rechtliche, sondern die sittliche Beurteilung des Handelns entscheiden; die oberste Norm des Sittlichen aber ist die vollkommene Güte Gottes und das höchste Motiv die Liebe zu Gott und dem Nächsten. Die Bezeichnung Gottes als Vater findet sich bei Platon und Seneca; auch bei den Juden ist Gott der Vater. Aber während für die große Mehrheit des jüdischen Volkes Gott in erster Linie der himmlische König und strenger Richter war, war Gott für Jesus in erster Linie der liebende" Vater; mit diesem Gottesideal verbindet sich bei ihm denn auch das Menschheitsideal. Ins Himmelreich kommen nur diejenigen, die den Willen Gottes tun, aus innerem Trieb Gott lieben und den Nächsten wie sich selbst, das ist Gottes Wille. Auf die Gesinnung, auf die Beweggründe beim Tun, allein kommt es an; von diesen aus beurteilt Gott den Menschen. Das Böse im Menschen, das ihn an der Erreichung dieses Ideals hindert, sieht Jesus nicht wie die Juden im gesetzwidrigen Tun und nicht wie die Griechen in dem Leib, sondern in den sinnlichen und selbstischen Regungen des Herzens, das von der Macht des Teufels und der Dämonen beherrscht wird. Diese müssen nach Jesu Vorbild durch die Kraft des Gottvertrauens und der Menschenliebe besiegt werden; dadurch wird Vergebung der Sünden erlangt und das Kommen des Gottesreiches herbeigeführt. An die Stelle der Selbstliebe muß die Liebe zu Gott und den Menschen treten, man soll den Nächsten lieben wie sich selbst. Die Forderung der Gottesliebe findet sich auch im Pentateuch (V. Mose 6, 5; III. Mose 19, 18); der Rabbine Hillel erweitert sie zur allgemeinen Menschenliebe.

Aber Jesus macht mit dieser Forderung ernst; er stellt sie nicht neben unzählig viele andere, sondern über sie. Er hat den Bann der Gesetzmoral mit ihren unzähligen Ge- und Verboten gebrochen, indem er das Sittliche auf die Gesinnung zurückführte, die sich in der Gottes- und Menschenliebe frei betätigen muß; er hat damit den Knechtsdienst des äußeren Gesetzes überwunden und an seine Stelle die Freiheit der sittlichen Persönlichkeit gesetzt, die sich in kindlicher Liebe an den Willen Gottes gebunden fühlt. Der Katechismus Jesu enthält kein Hauptstück von Sakramenten, durch die wir Gott erst künstlich nahe gebracht werden müßten, keins vom,Glauben', der in Artikeln auszu

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legen wäre; er besteht aus zwei Sätzen: Handle immer so, daß man das seinem Vater ähnliche Kind Gottes in dir erkennt, und: Bist du des Vaters unwürdig geworden, oder in Sorge, du könntest es werden, so bete zu ihm, und er wird dir verzeihen oder dich aus der Gefahr erretten" (Jülicher). Religion und Sittlichkeit sind von Jesus eng miteinander verknüpft worden; wie alles Sittliche in der Gottesliebe wurzelt, so soll sich alle Gottesliebe in der Menschenliebe betätigen. Das gottesdienstliche Handeln ist daher nicht mehr wie in der antiken, orientalischen und jüdischen Welt ein Gott zu leistender, ein Verdienst und Gottes Huld erwerbender Dienst, sondern der Ausdruck der frommen Gesinnung; wo diese fehlt, da ist es wertlos. Mit dieser Auffassung des Sittlichen glaubte Jesus das Gesetz zu erfüllen und die seinen Sinn entstellenden Schulsatzungen zu bekämpfen; in der Tat hat er sich doch gegen das Gesetz selbst gewandt, wenn er auch dessen Befolgung forderte (Markus 2, 21, 28).

Wie Jesus von der Moral seiner Zeit in wichtigen Punkten abweicht und neue Forderungen an deren Stelle setzt, so müssen auch wir einzelne Forderungen aus Jesu Moral, die nicht mehr für unsere Verhältnisse passen, ausscheiden und durch neue ersetzen; die asketisch-rigoristischen Forderungen der Moral Jesu können für uns nicht mehr in ihrem ursprünglichen Wortsinn gültig sein, weil auf Grund der Geschichte die Erwartung des plötzlichen Eintrittes des Gottesreiches wegfällt. Der Kern der Lehre Jesu aber bleibt bestehen: Liebe Gott und deinen Nächsten! Die Erfüllung des Lebenszweckes eines jeden Menschen beruht nach dieser Lehre auf der selbstverleugnenden und rückhaltslosen Hingabe an die Verwirklichung des göttlichen Willens im Dienste des Gesamtwohls der Menschheit. In neuerer Zeit ist die Sittenlehre Jesu als völlig ungeeignet für unsere Zeit von Nietzsche u. a. bekämpft worden; andere, wie Tolstoi und Naumann, haben den Konflikt zwischen ihr und der Gegenwart scharf hervorgehoben. Wir müssen eben Jesus aus seiner Zeit heraus zu seinen Zeitgenossen reden hören; von vielen sittlich-sozialen Aufgaben unserer Zeit konnte er zu seiner Zeit noch nichts wissen. Von einer Nachfolge Christi im buchstäblichen Sinne des Wortes kann heute nicht mehr die Rede sein; wir folgen ihm aber nach, wenn wir gesinnt sind wie er und aus dieser Gesinnung heraus von unserer Stelle aus die Richtung auf das ewige Ziel suchen. Denn in Jesus ist ein Ideal der in Gott gegründeten und in der Kraft dieser inneren Gemeinschaft sittlich tätigen Persönlichkeit verwirklicht worden; darin hat er die Bestimmung seines Lebens gefunden. In ihm war die Sittlichkeit nicht nur Idee, sondern Leben; daher wirkt seine Lehre erziehend, denn persönlich muß

das Sittliche wirken, um sittliche Persönlichkeiten heranzubilden. Jesus hat sich unter schweren Kämpfen mit der sinnlichen Natur sittlich entwickelt bis zu der Stufe, wo er sich bewußt war, daß er Herr über sie war und seine Person für die sittliche Entwicklung der Menschheit von entscheidender Bedeutung war; deshalb ist die Vertiefung in sein Leben und in seine Lehre von so großem Einfluß auf die religiös-sittliche Entwicklung des Einzelmenschen und der Menschheit. Lehre und Leben stehen aber bei Jesus in der innigsten Verbindung miteinander; in seiner Persönlichkeit liegt das Wesen seiner Lehre eingeschlossen.

Die Religions- und Kirchengeschichte hat in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einen großen Aufschwung genommen; der Gedanke der Entwicklung und die historische Methode, wie sie in der politischen, in der Kultur- und Religionsgeschichte sich ausgebildet hatten, fanden auch bei ihr Beachtung. Man gab es aber auf, die Entwicklung im Hegelschen Sinne zu konstruieren, sondern baute sie auf kritischem Quellenstudium auf; man suchte in ihnen das Spiegelbild der wirklichen Welt und ihres Werdeganges wahrzunehmen. Von der Hegelschen Philosophie ausgehend, hatte F. Chr. Baur die Geschichte der Kirche dargestellt; unabhängig von der Zeitphilosophie dagegen hat Hase seine Kirchengeschichte (1895) geschrieben. Die Kirchengeschichte resp. Religionsgeschichte ist ein Teil der Kulturgeschichte und kann nur im Zusammenhange mit dieser richtig erfaßt werden; den beherrschenden Gesichtspunkt muß allerdings das Verständnis der religiösen Wahrheit und deren Bedeutung für die Gestaltung des inneren und äußeren Lebens in den verschiedenen Zeitaltern den beherrschenden Gesichtspunkt abgeben. „In der Kirchengeschichte Deutschlands" von Hauck ist der Blick für das Einzelne und Charakteristische in seltener Weise verbunden mit der Gabe, das Ringen der geistigen Mächte einer Zeit in ihrem Zusammenhange zu belauschen" (Professor Dr. Seeberg, Die Kirche Deutschlands im neunzehnten Jahrhundert). In enger Verbindung mit der Kirchengeschichte steht die Dogmengeschichte; man erfaßte in ihr das Dogma als ein Verständnis der christlichen Religion vom Standpunkte der griechischen Philosophie. Die Dogmengeschichte erscheint so als eine Entwicklungsgeschichte des christlichen Lehrbegriffs; sie zeigt, wie die einfachen religiösen Vorstellungen der christlichen Urzeit mit Hilfe der griechischen Philosophie zu einem System der Religionsphilosophie umgebildet wurden. Von diesem Gesichtspunkte aus hat Harnack sein „Lehrbuch der Dogmengeschichte" bearbeitet; „durch den Reichtum der historischen Anschauungen und die Vielseitigkeit der Gesichtspunkte, sowie die fesselnde Darstellung ist das Werk zu

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einer der wirksamsten und hervorragendsten Erscheinungen der neueren kirchengeschichtlichen Literatur geworden" (Seeberg a. a. O.). Der Lehrer muß auch die Mittel, welche die neuere Theologie in ihren geschichtlichen Untersuchungen zur besseren Einführung in das Verständnis ihm bietet, brauchen; man darf ihm aber die Forschungsergebnisse nicht fix und fertig bieten, sondern muß ihn zum Selbstfinden aus den Quellen anleiten.

In dem Jahrhundert, in dem das Christentum seine apostolische Jugendzeit durchlebte, breitete sich das römische Weltreich am weitesten aus; es verschlang auch das mazedonische Weltreich, indem griechisches, römisches und orientalisches Geistesleben zum Hellenismus verschmolzen waren. In den gebildeten Kreisen entwickelte sich ein philosophisch-religiöses Geistesleben, dem ein monotheistischer Zug und eine moralisierende Neigung eigen war; aber der alte Glaube war noch Staatsreligion und seine Bekämpfung ein Staatsverbrechen. Er konnte jedoch das Volk nicht mehr befriedigen; auch es sehnte sich nach einem neuen Glauben und fand ihn in den Mysterien, welche hier auf Erden ein neues Leben in der Gemeinschaft und im Schutze der Gottheit und im Jenseits die seelische Unsterblichkeit verhießen. In diese Welt trat das Christentum ein; seine Anhänger waren die kleinen Leute, Handwerker und Taglöhner, Ungelehrte und Ungeehrte. Es entstand die erste Christengemeinde und in ihr ein eigener Kult und Ritus mit Taufe und Abendmahl; die Einsetzung der letzteren führte man auf Jesus zurück, sie knüpfte aber tatsächlich an die Taufe des Johannes und das Passahfest an und ist auch von den Weihen der Mysterien beeinflußt worden. Die jerusalemitische Urgemeinde war beseelt von dem Gedanken der baldigen Wiederkunft Jesu; dieser Glaube wurde unterstützt durch die auf den Messias gedeuteten Stellen des Alten Testamentes. Aber zu einer neuen Religionsgemeinschaft ist die christliche Urgemeinde doch erst durch Paulus gemacht worden. Er war in Tarsus, der Hauptsitz der hellenistischen Bildung herangewachsen; er hatte hier wohl auch die Lehren, die von den Volksrednern (Philosophen) auf den Märkten und Straßen der Stadt verkündet wurden, vernommen. Hier war auch ein Sitz der von Persien ausgegangenen Mithrareligion; die Weihen zu derselben bedeuteten ein mystisches Sterben und Wiedergeboren werden, und zu den Sakramenten gehörte das heilige Mahl mit geweihtem Brot und Trank. Mit all diesen Bildungselementen wurde Paulus bekannt; seine jüdische Erziehung machte ihn mit dem herrschenden Volksglauben, mit Himmel und Hölle, Gott und Teufel, bekannt. Die Anfälle, welche ein schweres Nervenleiden bei ihm herbeiführten, die für ihn Scherer, Führer I

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