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Auf keinem Gebiete des Unterrichts geht der Inhalt der methodischen von dem der wissenschaftlichen Werke so auseinander, wie auf dem des Religionsunterrichts; die methodische Literatur folgt hier nur langsam, sehr langsam dem Inhalte nach den Ergebnissen der wissenschaftlichen Forschung. Deshalb kommt es hier noch gar oft vor, daß der Lehrer mit der letzteren durch die methodischen Lehrbücher gar nicht oder nur ganz unzureichend bekannt gemacht wird; hier ist es daher ganz besonders nötig, daß er von Zeit zu Zeit wenigstens ein wissenschaftliches Werk durcharbeitet, um sich mit den Fortschritten der Religionswissenschaft bekannt zu machen, selbst wenn er sie nicht im Unterrichte verwerten kann oder darf. Um sich aber bezüglich der Wahl eines hierzu geeigneten Buches orientieren zu können, muß der Lehrer mit den religiösen Strömungen der Gegenwart" und deren geschichtlichen Entwicklung in ihren wesentlichen Zügen wenigstens bekannt sein; wenn dies nicht der Fall ist, liegt die Gefahr nahe, daß er ein Werk zum Studium wählt, dessen Inhalt längst von der Wissenschaft überholt ist. Hauptsächlich wird er sich aber bei der Wahl eines religiösen Lehrbuches nach einem solchen umsehen, das ihm auch für den Unterricht verwertbaren Stoff liefern kann; denn in erster Linie muß er sich zum Religionslehrer ausbilden. Er muß aber, wenn er nicht hinter der Zeit und ihren Forderungen zurückbleiben will, dazu ein Lehrbuch wählen, das wenigstens in den wesentlichen Punkten dem Fortschritt der Religionswissenschaft, der Theologie, gefolgt ist; auch von dem wissenschaftlichen Lehrbuch, das er noch zur Ergänzung heranzieht, muß man dies sagen können. Für die zweite Prüfung, die Wiederholungs- oder Staatsprüfung, wird sich der junge Lehrer in erster Linie an die in dem betreffenden Seminar eingeführten Lehrbücher halten müssen; leider stehen die meisten von ihnen in wissenschaftlicher Hinsicht nicht auf der Höhe der Zeit, weshalb nur eine kleine Auswahl derselben in der Bücherei (II) erwähnt ist. Die höheren Prüfungen (Mittelschullehrer- und Rektoratsprüfungen, Prüfungen für Ober- und Seminarlehrer, Schulinspektoren usw.) setzen ein eingehenderes Studium voraus; in Preußen wird dies auch verlangt, wenn Religion als das Gebiet der besonderen Weiterbildung gewählt wird. Es ist ja selbstverständlich, daß der Lehrer bei seiner Weiterbildung oder Vorbereitung auf ein höheres Examen nicht alle in der „Bücherei" (II) angeführten Werke studieren kann; für die Weiterbildung bei der Wiederholungsprüfung wähle er sich neben den mit * bezeichneten Schriften zunächst ein oder das andere Werk von den mit ** bezeichneten Werken, und bei einem höheren Examen von den mit *** bezeichneten aus und zwar zuerst aus den drei

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Hauptgebieten Altes Testament, Neues Testament, Kirchengeschichte, je ein leicht verständliches, allgemein gehaltenes Werk, das er gründlich studieren muß. Die Literatur auf diesem Gebiete ist so reichhaltig, daß sie unmöglich hier, soweit sie zu empfehlen ist, unter II vollständig angeführt werden konnte; wer aber noch weitergehende Bedürfnisse hat, der findet in der von uns gegebenen Auswahl von Büchern noch einschlagende Werke in großer Zahl genannt. Wer kein höheres Examen ablegen will, dem steht natürlich jede Wahl frei; er wird aber in erster Linie die Schriften bevorzugen, die zu seinem Unterricht in Beziehung stehen. So wird er z. B., wie auch die erstgenannten Lehrer, sich mit den Propheten, den Psalmen, dem Leben Jesu resp. den Evangelien, den johanneischen oder paulinischen Briefen beschäftigen. (Die mit * und ** bezeichneten Schriften sind in erster Linie für die Privatbibliothek bestimmt; die mit *** bezeichneten Schriften dagegen werden meistens nur von Kreislehrerbibliotheken berücksichtigt werden können.) Erst wenn der Lehrerstand mit der Religionswissenschaft und ihrer Beziehung zur Wissenschaft und Philosophie, namentlich zur Ethik, bekannt ist, wird sich die Frage der Reform des Religionsunterrichts, die seit Jahren eine geradezu brennende geworden ist, beantworten lassen; ohne diese Bekanntschaft schweben alle Erörterungen darüber in der Luft oder geraten auf Ab- und Irrwege. Mit dieser Reform des Religionsunterrichts soll sich das zweite Heft des „Führers und Ratgebers" beschäftigen.

Die in der Einführung gegebenen Richtlinien für das Studium der Religionswissenschaft werden nicht allseitige Zustimmung finden; denn auf keinem Gebiete der Wissenschaft gehen die Ansichten so sehr auseinander wie auf dem der Theologie. Gerade bei der Religionswissenschaft übt die Welt- und Lebensanschauung des Darstellers, sein philosophischer Standpunkt, einen großen Einfluß aus; von ihm aus muß auch seine Darstellung beurteilt werden. Es ist selbstverständlich, daß der Verfasser die Richtlinien zur Orientierung auf dem Gebiete der Religionswissenschaft nur von dem Standpunkte aus gegeben hat und geben konnte, auf dem er selbst steht; es ist dies der Standpunkt der modernen oder liberalen Theologie. So sehr er davon für sich überzeugt ist, daß dieser Standpunkt der richtige ist, weil er mit dem Standpunkt der heutigen Wissenschaft und Philosophie zusammenfällt, so weit ist er davon entfernt, einem anderen Standpunkt, dem der alten und orthodoxen Theologie, die Berechtigung abzuerkennen; wer ihm auf Grund seiner Überzeugung huldigt, der wird in der vorliegenden Schrift die Befriedigung nicht finden. Es wäre ja sehr erwünscht, wenn auch von diesem

Standpunkt aus dem Lehrer ein Führer, ein Ratgeber, in die Hand gegeben würde; die Zukunft wird ja entscheiden, wo die Wahrheit zu finden ist. Das Suchen der Wahrheit, der heilige Drang nach derselben, muß die einzige Richtschnur bei einer solchen Arbeit sein; nie soll uns das Gefühl verlassen, daß wir, so gut wir es können und vermögen, in erster Linie der Wahrheit dienen sollen und wollen. Wer kein Bedürfnis nach wissenschaftlicher Begründung seines Glaubens hat, den wollen wir nicht stören; wir wenden uns lediglich an Leute, die der modernen Zeit angehören und ihren Glauben mit dem Wissen dieser Zeit in Einklang bringen wollen. Wir haben aber dennoch in die „Bücherei" eine Anzahl von Schriften aufgenommen, welche dem orthodoxen Standpunkte nahestehen oder ganz auf demselben stehen; wir wollen dem Lehrer auch Gelegenheit geben, eine andere Auffassung als die der modernen Theologie kennen zu lernen. Wir sind aber überzeugt, daß, wer unser deutsches Volk frömmer machen will, dem Protestantismus die Freiheit geben muß, in dem er geboren wurde und in dem er allein gedeihen kann; wir dürfen weder auf die Kirchenväter noch auf Luther schwören wie auf einen Papst. Denn auch sie haben ehrlich geforscht und gesucht, anerkannt und verworfen, gleichviel, ob es sich um einen Glaubensartikel oder um ein Sakrament handelte; sie waren aber Menschen und fehlten wie Menschen. Luther ist den Orthodoxen wie den Liberalen ein frommer Mann, obwohl er für uns den Papst entthronte, sich über die Konzilien stellte und fünf Sakramente verwarf; warum sollen wir nun auf die Kirchenväter (das Apostolikum) und auf Luther schwören? Warum will man vor allen Dingen den evangelischen Lehrern die Freiheit nicht zugestehen, die ihnen Luther als Gründer ihrer Kirche gegeben hat? Mögen sie auch einmal irren; wenn es im Eifer um die Wahrheit geschieht, so ist es besser, als wenn sie gleichgültig den religiösen Fragen gegenüberstehen. Hängt denn der Bestand der Religion, hängt denn der des Christentums von diesem oder jenem Dogma, vom Apostolikum oder einem anderen Bekenntnis ab? Sollte man nicht vielmehr auf das Festhalten an ihnen verzichten, wenn dadurch die Gebildeten unseres Volkes, vor allen Dingen die Lehrer, vom Christentum getrennt oder die Gleichgültigkeit gegen dasselbe großgezogen werden! Kann man nicht darauf das Wort Christi beziehen: „Ärgert dich dein rechtes Auge, so reiß es aus und wirf es von dir; ärgert dich deine rechte Hand, so haue sie ab und wirf sie von dir; es ist besser, daß eins deiner Glieder verderbe und nicht der ganze Leib in die Hölle geworfen werde.“ „O ihr Kleingläubigen!" Glaubt ihr dadurch das Christentum zu retten,

daß ihr Lehrern und Kindern ein im Laufe der Jahrtausende von Menschen geflochtenes Gedankennetz über den Kopf werft und verlangt, daß sie nach ihm als Muster mit denselben Maschen und Knoten weiterschürzen sollen? Die Denkschwachen sind mit dem überlieferten Netz zufrieden und leben behaglich wie die Spinnen in ihrem Netze; die Denkstarken aber zerren daran, suchen es zu verbessern, zusammenzuziehen oder zu erweitern, oder, wenn das alles nicht gelingt, zu verlassen. Darum ihr Mächtigen in der Kirche, die ihr euch im ererbten Besitz des wahren Glaubens wähnt, übt wenigstens Toleranz gegen eure Brüder, deren religiöse Ansichten auf innerer ehrlicher Überzeugung beruhen und sich durch sittliche Gediegenheit bewähren; habt wenigstens Achtung vor eurer eigenen Wissenschaft, der Theologie, deren Träger auch nach den Kirchenvätern und Luther ehrlich geforscht und nach der Wahrheit gesucht haben.

V

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In den „religiösen Strömungen der Gegenwart" machen sich im großen und ganzen fünf verschiedene, aber doch nicht scharf getrennte Richtungen geltend, die von der Reformation aus sich entwickelt haben und unter denen die eine oder andere zeitweise eine gewisse Vorherrschaft errungen hat. Die im 16. und 17. Jahrhundert herrschende Orthodoxie hält mehr oder weniger fest am Buchstaben der Bibel und der Kirchenlehre; sie herrscht heute noch mehr oder weniger in Kirche und Schule. Im Gegensatz zur alten Orthodoxie hatte sich im 17. Jahrhundert der Pietismus entwickelt; der Glaube war ihm nicht, wie es bei der Orthodoxie der Fall war, Verstandes- resp. Gedächtnis-, sondern Gemüts- und Lebenssache. Die Anhänger der modernen Evangelisations- und Gemeinschaftsbewegung sind ganz vom pietistischen Geiste beherrscht; zur wissenschaftlichen Theologie nimmt der Pietismus dieselbe ablehnende Stellung ein wie die Orthodoxie. Sein Gegensatz, der Rationalismus, der sich im 18. Jahrhundert entwickelte, ist der Vater der modernen Theologie in ihren verschiedenen Richtungen; er fing an, das Überlieferte kritisch zu prüfen und menschlich zu erfassen, Glauben und Wissen in Übereinstimmung zu bringen. In seiner weiteren Entwicklung hat er zahlreiche Wandlungen durchgemacht, denn er stand unter dem Einfluß der Entwicklung von Wissenschaft und Philosophie; in reinerer und höherer Form wird er wiedergeboren in der Welt- und Lebensanschauung unserer Klassiker. Die moderne Bibelkritik, die religionsgeschichtlichen und religionsphilosophischen Anschauungen der heutigen wissenschaftlichen Theologie sind aus seinem Geiste geboren; auch der aus dem Pietismus kommende und von der Romantik befruchtete Schleiermacher konnte seinem Einflusse nicht entrinnen. Ins Volk ist dieser Geist durch die Schriften unserer Klassiker gedrungen, die auch in beschränktem Maß in den Volksschullesebüchern ein bescheidenes Plätzchen gefunden haben. An Schleiermacher, den Kirchenvater des 19. Jahrhunderts, schloß sich einerseits die Vermittlungstheologie und anderseits die liberale Theologie an; sie berühren sich vielfach und gehen vielfach ineinander

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