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die Theilnahme am Táo noch in eminenter Weise durch eine geistige Verklärung, bei welcher der göttliche Hauch sich in ihm ausbreitet; ein solcher also wird noch in ganz anderm Sinne einen Antheil am Ewigen erlangt haben, indem er das Táo in seiner Totalität als Einheit umfängt. Dieses Besitzen des Táo oder des Ewigen hat aber ebenso wenig eine Aehnlichkeit mit der gewöhnlichen Unsterblichkeitslehre wie die Fortdauer des Ewigen im Kreislauf des Lebens. Der Antheil des Táo, der im Menschen ist, bleibt freilich nach dem Tode, aber dass dieser Mensch nicht bleiben könne, sondern im Tode vergehe, ist deutlich genug ausgesprochen. Es verhält sich diese Lehre von der Gewinnung des Ewigen ähnlich wie die esoterische Lehre des Johannis-Evangeliums zur gewöhnlichen Unsterblichkeitslehre, nur dass bei Johannes die philosophische und die vulgäre Auffassung kraus durcheinander laufen, was mir hier nicht der Fall zu sein scheint, obwohl der Uebersetzer alles aufbietet, um dem Lao-tse die gewöhnliche Unsterblichkeitslehre unterzuschieben.

Wenn wir in dem Bisherigen schon mehrere vom Uebersetzer nicht eingeräumte Abweichungen von der orthodoxen christlichen Lehre kennen gelernt haben, so will ich auch noch diejenigen Abweichungen anführen, welche derselbe anerkennt. Lao-tse kennt keinen Teufel und keinen Versucher, keine Angelologie und keine Dämonologie, keine Möglichkeit eines Wunders, keine äussere wunderbare Offenbarung, sondern nur eine innere durch geistige Erkenntniss, keinen Glaubenszwang, kein Streben, einem andern seine Ansichten aufdringen zu wollen, keinen Gottesdienst durch Worte und Gebet, sondern nur durch sittlichen Wandel, keine Drohungen durch diesseitige oder jenseitige Strafen (da der Tod den Chinesen nicht furchtbar ist, kann auch dieser nicht als Drohung verwendet werden). Der Gott des Laotse ist kein eifriger und zorniger Gott, der die einen erwählt und die andern verwirft, sondern er sorgt für alle Wesen gleichmässig, er kann nur beglücken und segnen, und Niemand schaden und verderben" (Cap. 81); nicht zu seinem Ruhm und Ehre hat er Himmel und Erde geschaffen, wie der orthodoxe Christengott, nein,,,er hat kein irdisches Verlangen" (wie Ehrgeiz und Ruhmsucht) und „,will nicht ihr Herr und Gebieter sein" (Cap. 34). „Wie aber, vereinigt sich nicht alles, was da lebt, in ihm und ist ihm unterthänig? Freilich wohl, aber dennoch will es (das Táo) nicht als ihr Gebieter angesehen sein. Daher wollen wir es erhaben über

alles nennen. So ist auch des Weisen Endzweck nicht, gross und erhaben zu erscheinen; weil er aber vollkommen ist und alles weise einrichtet, ist er erhaben" (Cap. 34).

Hat je ein Europäer den Gedanken so schön ausgesprochen, dass Gott es ablehnen muss, der Herr zu sein? Selbst der Begriff Vater hat dem Chinesen noch zu sehr den Nimbus der Autorität und Strenge, darum ist ihm Gott weder Herr noch Vater, sondern nur die für alle ihre Kinder sorgende Mutter, die alle wieder in ihren Schooss zurücknimmt.

Zwei andere Unterschiede vom Christenthum sind folgende: Lao-tse kennt keine Erbsünde und daher kein Erlösungsbedürfniss im christlichen Sinne. Seinem Gott läge es fern, alle Geschlechter der Menschheit mit dem Fluch unentrinnbarer Sündhaftigkeit zu behaften, weil ihr Urahn einmal gegen sein Gebot verstiess. Er kennt die Sünde nur als Schwachheit, Thorheit und Unverstand, als ein Verkennen der idealen Ziele und Güter des Menschen über den sinnlich-materiellen, als eine thörichte Ueberhebung der Selbstsucht. Aber jedem Menschen ist zu jeder Zeit die natürliche Möglichkeit gegeben, weiser und besser zu werden, und zwar das eine nicht ohne das andere, sondern beides in Wechselwirkung aus schwachen Anfängen erwachsend, auch nicht auf einmal, sondern nur langsam und allmählich, aber doch sicher zum Ziele führend.,,Meine Worte sind sehr leicht zu verstehen, und ebenso leicht ist es, ihnen gemäss zu handeln" (Cap. 70). „Es ist so wenig verlangt", dem Táo mit Aufrichtigkeit anzugehören (Cap. 32). Er verkennt nicht die Schwierigkeiten, welche die Indolenz und Ungebildetheit der Masse wie die Corruption der Regierung dem Fortschritt des Guten in den Weg legen, und weiss, dass die Besserung der Menschheit nur sehr langsam gehen, auch wohl niemals das Ideal (des Gottesreichs auf Erden), das ihm vorschwebt, erreichen wird, aber sein Glaube an den allmählichen Fortschritt des Guten auf natürlichem Wege steht unerschütterlich fest, und wie Jesus schöpft er Trost aus dem Gleichniss des starken schützenden Baums, der aus kleinem haardünnen Reiss emporgewachsen, oder aus dem Anblick des neun Etagen hohen Gebäudes, das Stein für Stein allmählich aufgebaut worden ist. Daher braucht er keine durch ein Wunder in's Werk gesetzte Erlösungsanstalt, sowenig er zwischen dem Individuum und dem Absoluten, zwischen dem Menschen und Gott einen Mittler brauchen kann.

Der Sünder in der Tiefe seiner Zerknirschung findet am Táo seinen Trost, er kann sich unmittelbar an demselben aufrichten. Gott ist nicht bloss droben im Himmel, er ist auch hier unten; man braucht nicht aus dem Fenster zu sehen, um ihn zu erschauen, „er spricht in ganz bestimmter und entschiedener Weise zu uns" (Cap. 45). Cap. 56: Wer das weiss und erkannt hat, der macht nicht viel schöne Worte darüber, wer viel davon spricht, der weiss es nicht, der ist sich nicht klar. Jene aber (die es wissen) suchen sich immer mehr zu befestigen in ihrem Glauben und verwahren diesen fest in ihrem Busen. Verborgen und geborgen im Herzensschrein ist das Reingeistige; nun lösen sich ihre Zweifel, ihre Wirren und Verwirrungen ganz, und sie sind durchdrungen von der Gewissheit, dass der ewige Lichtstrahl des Táo sich ihnen, dem Staube, assimilirt hat. Das heisst, sie sind wahrhaft Eins geworden mit dem Unerforschlichen; mit dem Unerfasslichen, der doch so nahe ihnen ist; dem Unbegreiflichen, der das All durchdringt; dem Unergründlichen, der doch alles beglückt und segnet; dem Unendlichen, der so gewaltig, so unerforschlich und doch so herrlich, unbegreiflich und doch allüberall ist."

Hegel hatte das Christenthum die absolute Religion genannt, weil ihr Dogma in der Menschwerdung Gottes, in der Einheit von Gott und Mensch besteht; dass diese Einswerdung nur einmal stattgefunden habe, das sei die abzustreifende und in den allgemeinen Begriff zu erhebende Form der Vorstellung. Was würde Hegel gesagt haben, wenn er erfahren hätte, dass sechs Jahrhunderte vor Entstehung des Christenthums ein chinesischer Religionslehrer und Philosoph die Einswerdung von Gott und Mensch als allgemeine Wahrheit in der Form des Begriffs gelehrt habe?

Wenden wir uns nunmehr zu der Betrachtung der Erkenntnissmethode des Lao-tse. Er kennt drei Wege. Der eine ist die Tradition, die bereits damals mit dem Nimbus einer heiligen Classicität bekleideten Ansichten der Alten, die er als reservirt, als mehrdeutig aus Vorsicht, als „kernig wie die Ureinfachheit selbst und doch tief wie ein Abgrund, und — unklar wie trübes Wasser" charakterisirt (Cap. 15). Er verachtet die geduldige Aufhellung dieser Dunkelheiten nicht, verspricht sich aber nicht viel davon und bewahrt sich seine volle Selbstständigkeit.

Der zweite Weg ist die Naturerkenntniss. Es giebt ein Táo,

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welches jedermann verständlich gezeigt werden kann"; dies ist die fort und fort erschaffende Kraft der Natur, die Natur selbst, die Mutter alles Seienden". „Das aber ist nicht das ewige Táo in seiner ganzen Vollkommenheit", das ewig Unnennbare, Namenlose, welches die Wurzel oder der Urgrund der Naturkraft ist. Das irdische Táo oder die Natur ist das Táo in seinem Anderssein, in seiner Entäusserung, wie Hegel sagen würde; daher führt die Naturerkenntniss nicht zur Erkenntniss des ewigen, himmlischen Táo in seinem Ansichsein; zu diesem führt nur der dritte Weg, die mystische Intuition oder intellectuelle Anschauung. Diese wird aber verhindert, wenn der Geist von Leidenschaften und Begierden getrübt und von Sünden befleckt ist; man muss daher zunächst sich von seinen Fehlern und Gebrechen zu befreien und moralisch gesund zu werden suchen, indem man das unlautere Begehren dem reinern und bessern Selbst unterwirft und sich zu einem harmonischen Ganzen ausbildet. Erst wenn die Seele von allen Schlacken geläutert und klar und rein geworden ist wie die eines neugeborenen Kindes, erst dann kann man Gott schauen und sein geistiges Wesen ergründen. Indem sich diese Reinheit des Herzens in einer, die ganze Menschheit umfassenden Liebe äussert, erscheint die Liebe als das, was zum Gottschauen und damit zur Theilnahme am Ewigen (Leben) führt und vor dem Tode bewahrt.

Hat man aber einmal das unmittelbare Schauen des Táo erreicht, dann empfängt man eben seine Erkenntniss unmittelbar vom Táo selbst und „blickt vollständig klar und deutlich nach allen Seiten

hin" (Cap. 10). Freilich geschieht auch dies nur in geweihten

Augenblicken, denn ,,das Erhabene ist eine Stimme, die nur selten vernommen wird, und nach deren Klang sich der Weise doch unendlich sehnt" (Cap. 41).

Was ist nun der Kern dessen, was diese Stimme lehrt? Das Táo ist die Negation des Sinnlich-Realen, es ist also für uns nach der psychologischen Entstehung seines Begriffs die höchste Abstraction, an sich aber das höchste Uebersinnliche. Die Negation des Realen, oder das Ideale (nach dem Johannes-Evangelium: das Licht), ist aber keineswegs eine Negation des Seienden; denn ,,da das All alles Seiende enthält, so wäre ein Nichtseiendes unmöglich ausreichend, damit das All zu umfassen" (Cap. 48). Diese Negativität gegen das Reale wird des weitern ausgemalt: es ist unsichtbar, unfassbar,

V. Hartmann, Stud. u. Aufs.

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überhaupt mit keinem Sinne wahrzunehmen; es hat kein vorn oder hinten, es ist formlos und gestaltlos, und unendlich. Es ist ewig, unerschaffen, nur von sich selbst stammend, allzeitlich und allgegenwärtig, durchaus kräftig, stark und allmächtig, allerfüllend, alldurchdringend, unvergänglich und unerschöpflich in seiner Kraft. Es ist durchaus vollkommen und höchst erhaben. Es ist so ganz unserer Vernunft entsprechend" (Cap. 45), ja es kann vielleicht am besten durch den Johanneischen „Logos" wiedergegeben werden. Es ist immateriell, aber das Materielle ist nur durch das Immaterielle, hat nur in ihm sein Bestehen. Cap. 21: „Die ganze geschaffene Natur und ihr Schaffen und Wirken ist nur eine Emanation des Táo ... Dies, obgleich an sich ein rein geistiges Wesen . . . umfasst doch alles Sichtbare, obgleich immateriell und geistig, schuf (?) es doch und sind in ihm alle Wesen. Unbegreiflich und unsichtbar wohnt aber in ihm ein erhabener Geist. Dieser Geist ist das höchste und vollkommenste Wesen, denn in ihm ist Wahrheit, Glaube, Zuversicht. Von Ewigkeit zu Ewigkeit wird sein unendlicher Ruhm nicht aufhören, denn in ihm vereinigt sich das Wahre, Gute und Schöne im höchsten Grade der Vollendung." Cap. 51: „Ja, durch das Táo entstehen wir, durch das Táo werden wir ernährt, durch das Táo wachsen wir auf, das Táo leitet uns zum Guten, es ver vollkommnet uns darin, es stärkt uns in der Tugend, es lässt uns darin fest werden, und schützt uns auf allen unseren Lebenswegen von jeglicher Gefahr."

Die Welt, in welche das Táo sich ergossen hat, ist ganz aus aus einem Guss; ,,es lässt sich nichts daran ändern noch bessern“, während doch der weiseste der Menschen nicht damit zu Stande kommen würde, eine solche Welt einzurichten (Cap. 29).

Man sieht, die Táolehre ist ein Monismus oder Pantheismus des Geistes, in welchem die Natur als die Entäusserung des Tảo in einen ihm in seiner Reinheit nicht zukommenden Zustand aufgefasst wird, während der Mensch das Táo in zweifacher Weise in sich haben kann, einerseits in seiner natürlichen, andererseits in seiner rein geistigen Gestalt. Das Táo ist die einzige und alleinige Substanz des Weltprocesses, der im Kreislauf des Lebens besteht; „der Process ist die Selbstbewegung des Táo" (Cap. 40).

Wir kommen nun zur eigentlichen Ethik des Lao-tse. Es steht ihm über allem Zweifel erhaben der Grundsatz, dass wahre Tugend

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