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die „Zeit“, das „Fahr“ und Anderes. Würde Jemand auftreten und unvermittelt erklären, die Brücke" ist der Regenbogen, der Ring" die Religion, der Vogel ist ein „Schiff“ u. s. w., so hieße es nothwendig: das ist Unterschiebung! Und dennoch: wie natürlich war es von der anderen Seite dem Dichter, den gegebenen Regenbogen eben mit einer Brücke, das Schiff mit einem Vogel und die Religion mit einem Ringe zu bezeichnen! Man ist also voll berechtigt zu behaupten: es ist ungleich plausibler, für einen gegebenen Begriff ein Sinnbild zu finden, als für ein Sinnbild den ursprünglich gemeinten Begriff. Wenn trotzdem ein Rathender das ursprünglich gemeinte Wesen entdeckt, so geschieht es, weil die Merkmale sich häufen, und weil der Räthseldichter eine ganze Anzahl von Vergleichspunkten bringt, und eben aus dem Zusammenklang derselben erst entsteht die Ueberzeugung, daß die richtige Lösung gefunden sei.

Nun denn: Im Goetheschen Werke sind diese Merkmale zerstreut, oft durch viele Scenen hindurch, und die aufmerkjame Lectüre wird dieselben zu Gunsten der gegebenen Lösungen später entdecken. Hier aber, in vorstehender Uebersicht, sind die Auflösungen nothgedrungen ganz unvermittelt gebracht worden, und daher muß jede Lösung ebensowohl als „untergeschoben" erscheinen, selbst wenn sie richtig ist, wie dann, wenn Jemand auf die Frage: Was bedeutet ein Vogel“, „eine Schlange"? antworten würde: Ein Vogel bedeutet ein Schiff, oder eine Schlange bedeutet - den Blizz! Und dennoch wären diese Lösungen bekanntlich die richtigen.

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Der Goethesche Faust ist eben ein Räthselwerk1 riesigster Art,

1 An dieser Stelle bereits ist erforderlich, den Leser vor einem gefährlichen Irrthum zu bewahren. Sphinx locuta est" ist der Titel dieser Arbeit. Man würde aber irren in der Vermuthung, als wäre unter der „Sphinx“ das Goethesche Räthselwerk „Faust" verstanden. Die „Sphinx" erscheint vielmehr als eine Figur im zweiten Theil der Dichtung; sie bezeichnet aber allda etwas gänzlich Anderes als das Goethesche Räthselwerk Faust“. Durch die im zweiten Theil S. 170 gedruckte Note wird nachgewiesen, daß der Titel des vorliegenden Werkes sich auf die Methode der Forschung bezieht und eben das Charakteristische aus

und um eine riesenhafte Aufgabe zu bewältigen, kann nicht das halbe Stündchen genügen, das bis hierher der Leser immerhin erst der Sache gewidmet hat. Daß aber die Lösungen, die hier gebracht werden, nicht das Product eines flüchtigen Meinens oder Vermuthens sind, wolle man aus dem Umstande folgern, daß fünf ganze Jahre Arbeit zu diesem Auflösungsprocesse erforderlich gewesen sind.

Jede längere Arbeit hat aber auch ihre Geschichte, das wird jeder bildende Künstler und jeder Verfasser bestätigen. Vorkommnisse zeigen sich während der Arbeit, die nicht erwartet waren; sind diese Erscheinungen auch zunächst nur für den Schaffenden von Interesse: ganz ausnahmsweise können dieselben auch beweisend werden für weitere Kreise. So mögen einzelne derselben ausnahmsweise hier eine Stelle finden. Nachweise folgen im Texte selbst.

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Durch die Lösungen im „Faust" allein erschien es gewiß, daß Leibniß einst eine Schrift veröffentlicht haben müsse, die sich gegen den Gebrauch des deutschen Alphabets richtete. (Man sehe II, Vers 2586.) Beim Nachsuchen in den Gesammelten Werken von Leibniz fand sich in der That diese uns unbekannte Arbeit vor.1 Ferner durch diese Forschung im „Faust" entstand die Erkenntniß, daß in den alten englischen Tragödien des Ben Jonson das Urbild des Mephistopheles enthalten sei, und daß Goethe die Figur daselbst irgendwo entlehnt habe. Die Schriften Ben Jonsons wurden daher durchstöbert und das Gesuchte fand sich unverkennbar in dem Werke: The Devil is an ass (j. II, Vers 2510). — In Kants „Kritik der reinen Vernunft" mußte nach den Ergebnissen dieser Faust-Forschung das „Unbewußte Seelenleben" betont sein,

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drückt, was in dieser Art der Forschung liegt. Jeder Anklang an das antike Roma locuta est" möge von dem Titel dieses Buches fern gehalten bleiben! 1 Vergleiche: „Geist des Herrn von Leibniz." Wittenberg und Zerbst, bei E. G. Zimmermann 1775. IV. Theil, S. 5, 6 und 7. —,,Gründe, warum man die Alphabete aller Sprachen in lateinischen Charakteren ausdrücken müßte." Erster Brief ad Ludolphum.

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während es sich nicht entdecken ließ. Da theilte auf Anfrage ein gründlicher Kenner 1 der Kantschen Schriften dem. Verfasser mit, daß er selbst neuerdings entdeckt habe, wie Kant in einer Ausgabe seiner Kritik die betreffende Stelle allerdings gehabt habe, und daß diese Stelle in späteren Ausgaben weggeblieben sei – und gerade diese Ausgabe, die erste, war diejenige, die Goethe allein kennen konnte!! (I, Vers 4213). Endlich, nachdem bereits II, S. 204 gedruckt war, ergab die Räthsellösung noch ein Resultat, welches besonders erwähnt zu werden verdient.

Im zweiten Theil S. 204 findet sich folgender Sat:

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Zu diesem Satz war bereits die nachstehende Bemerkung gedruckt, Seite 204:

Der Generalissimus ist der Recensent; er geht in den Krieg gegen die edlen Dichter, die hier „Reiher“ genannt sind, weil sie sich am „Wasser“ finden (s. Faustsprache). Der Recensent beraubt und tödtet den Dichter, um sich mit fremden Federn zu schmücken.

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Bei genauerer Betrachtung des Räthsels fielen die oben „ausgezeichneten" Worte auf, und es entstand in uns die Ueberzeugung, daß sogar der bürgerliche Name des Recensenten angedeutet sei. - Der Mann mußte Schütz" geheißen haben, seine kritische Zeitschrift mußte: die „allgemeine" genannt sein (s. „Generalissimus“) und diese Zeitung mußte

1 Herr Dr. Wernicke, Docent der Philosophie zu Braunschweig. An dieser Stelle sei demselben der verbindliche Dank des Verfassers für sein Interesse an der Forschung öffentlich dargebracht.

Sphinx locuta est. I.

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mit Pfeil und Bogen, ferner mit einem Helm und mit bildlichem Schmuck „erschienen“ (Vers 3040) sein. Alsdann aber war der „Weiher“ im Text vielleicht „Weimar“.

Diese Folgerungen bis auf den Eigennamen „Schütz" stellten wir schriftlich fest, theilten sie sofort mehreren Freunden mit und verfügten uns sodann in die öffentliche Bibliothek und erbaten Einsicht in eine

Literaturzeitung des vorigen Jahrhunderts, die die „allgemeine“ hieße, die herausgegeben sei von einem Schriftsteller „Schüß“, die auf ihrem Titelblatt einen Helm, Pfeil und Bogen tragen müsse u. s. w.

und siehe da, ohne Weiteres legte der freundliche Beamte uns vor:

Die allgemeine" Jenenser Literaturzeitung von 1808, herausgegeben von Chr. Gottfr. Schüß, die alle jene Merkmale auf wies, selbst die Bilder des Titelblattes eingeschlossen!! Und die ganze Existenz des Mannes wie der Zeitung war uns bis dahin vollständig unbekannt gewesen.

Vielleicht sind diese durch Zeugen verbürgten Erlebnisse geeignet, den Verdacht einer unwissentlichen „Unterschiebung“ zunächst in etwas zu erschüttern.

Aber noch ungleich wichtigere Ergebnisse traten während dieser Arbeit hervor. Sie werden in den folgenden Abschnitten dieser Einleitung ausführlicher zu behandeln sein, und es genüge hier daher die einfache Angabe derselben.

1) Es zeigte sich, daß die poetischen Bilder den Dichter (vielleicht unbewußt) gezwungen hatten, eine eigene Sprache (die "Faustsprache") im Werke zu benutzen. Der "Faust" war daher bisher unlöslich, weil es kein „Dictionair der Faustsprache" bis heute gab (s. Abschnitt: die Faustsprache).

2) Es ergab sich, daß der Plan des Faust sich wiederHerstellen ließ (s. Abschnitt „Faustplan"); aber dieser Plan war ein dreifacher: nämlich ein vollständiger poetischer, ein philosophischer und ein culturgeschichtlicher „Faust"! So lange dies aber nicht erkannt war, konnte das Riesenwerk in seinem Aufbau absolut nicht verstanden werden.

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3) Es wurde entdeckt, daß der Briefwechsel Goethes und Schillers die volle Bestätigung der hier gefundenen Lösung brachte (s. Abschnitt: Briefwechsel).

4) Es wurde unzweifelhaft nachgewiesen, daß in denjenigen Scenen, die später verfaßt wurden, sowohl im ersten wie im zweiten Theil, die damals neue Kantsche Philosophie und insbesondere die „Kritik der reinen Vernunft" von einem mächtigen Einfluß auf den „Faust" gewesen ist; ja daß alle Stücke" des Kantschen Werkes in der Schlußscene personificirt sind,,daß Kant selbst im zweiten Theil erscheint und daß die dunkelsten und oft bespöttelten Scenen des zweiten Theiles im Lichte der Kantschen Kritik klar und sicher verstanden werden können. Die Nachweise folgen, allgemein verständlich, im Texte selbst. - Von allen Ueberraschungen war diese die Einwirkung von Kant auf den Faust überraschendste!

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1. Die Faustsprache.

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die aller

Nicht gemeint ist damit die dichterische Diction; über diese zu reden, wäre das Ueberflüssigste; sie ist anerkannt und wird immerdar anerkannt werden. Es ist vielmehr die Bildersprache gemeint, also die Wahl der Allegorien, auf die noch hinzuweisen, weil in ihr ein neuer Beweis für die Richtigkeit des vorstehenden Schlüssels enthalten ist.

Es zeigt sich nämlich die überraschende Erscheinung, daß eine ganz fest bestimmte Terminologie durch beide Theile des Faust hindurch innegehalten ist. Der Dichter hat für dieselben Begriffe stets dasselbe Bild beibehalten, und dadurch eine Sprache geschaffen, die, sobald man sie einmal erfaßte, das Verständniß mehr und mehr erleichterte.

Kann eine Lösung noch irrthümlich sein, wenn sie eine eigene Sprache ergiebt, die sich consequent durch das ganze Werk hindurch fortzieht? 3st es möglich, daß ein Werk ohne Plan und Zusammenhang geschaffen sein kann, wie die Erklärer behaupten, wenn stets dasselbe Bild mit all seinen verwandten Begriffen

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