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Die Auflösung des Räthsels ergab, und zwar im Gegensak zu allen bisherigen Commentaren, die meistens auf den Narren gingen den „Wechsel", die „Abwechslung“.

Ein drittes Räthsel war enthalten im Liede von der Ratte, ein viertes im Liede vom Floh, ein anderes im „König von Thule“; eines in der Krone der Herenküche, eines in dem „Sieb“, u. s. w.

Als einmal eine größere Zahl ähnlicher Räthsel einzeln und ohne jeden Zusammenhang gelöst war, ergab sich bei diesem Verfahren bereits ein wichtiges Resultat:

Die Auflösungen dieser Räthsel waren allemal inhaltlich verwandt, wenn sie aus derselben Scene stammten; dagegen einander fremd, wenn sie aus verschiedenen Scenen hergeleitet waren.

So zeigten diese Auflösungen in einer Scene alle Gebrechen des Alters, in einer anderen die Mängel der Jugend; in einer dritten die Erscheinungen des Wahns, und die Uebereinstimmung des Inhaltes deckte sich mit dem Orte, wo sie im „Faust“ erschienen: die Herenküche war das Alter, und Auerbachs Keller die Jugend, der Blocksberg das Gebiet des Wahnes, u. s. w. Der "Faust" spielte auf psychologischem oder philosophischem Gebiet, und die Richtung, die einzuschlagen war, erschien durch die einzelnen festen Punkte bereits fest bestimmt.

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Die schwierigste Untersuchung erstreckte sich selbstredend auf den Faust selbst und auf sein Alter Ego - den Mephistopheles.

Für Beide waren indessen die Merkmale zu Tausenden in dem Werke angegeben, und es blieb kein Zweifel, daß unter dem Bilde des Faust eben nur jene Geisteskraft gemeint sein konnte, die stets mehr erkennen will, als sie ihrer Natur nach vermag; die daher dem Dichter als der Held einer Geistes

tragödie mit vollem Rechte erscheinen konnte; also jene Kraft, die die Grenzen der Erkenntniß nicht zu respectiren wünscht, die ihr gesezt sind, und die in ein ihr „fremdestes Gebiet“ hinübergreifen möchte, nämlich in das Gebiet der Vernunft; und der Faust wurde nothwendig damit zum speculirenden Verstande, während sein Begleiter Mephistopheles auch damit zugleich als der Egoismus des Verstandes, d. h. als die Negation erkannt wurde: das ist der Geist, der stets verneint. Der Raum verbietet es, hier bereits mehr als die allernothwendigsten Räthsellösungen mitzutheilen.

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Die einzelnen Figuren konnten allerdings auf diesem Wege der Räthsellösung in ihrer Bedeutung übersetzt werden — aber die zweite Aufgabe der inductiven Erforschung war damit noch nicht erfüllt. Wenn die gefundenen Lösungen die richtigen waren, so mußte sich mit logischer Nothwendigkeit ein Resultat ergeben, das entweder jene Lösungen siegreich bestätigte, oder dieselben erbarmungslos widerlegte. Was die Figuren auf der Bühne unter einander vollbrachten: ob sie sich liebten oder haßten, suchten oder flohen das mußte sich wiederholen mit den aufgelösten Begriffen; mit anderen Worten: alle Beziehungen, die sich offenbarten im Bilde auf der Bühne, hatten sich abzuspiegeln in den Auflösungen selbst, und es war diese an die Forschung gestellte Bedingung eine derart kolossale, daß jede falsche Lösung doch ganz unmöglich sie erfüllen konnte. Dieses Kriterium aber traf in vollem Maße zu: Der speculirende Verstand (Faust) verband sich mit der Negation (Mephisto); der speculirende Verstand blieb unthätig in der Jugend und trank Lethe (Vergeßlichkeit) im Alter; vom allgemeinen Wahn (in der Walpurgisnacht) wurde auch der Verstand mit fortgerissen: er glaubte zu schieben und wurde geschoben, u. s. w. Durch diese zweite Untersuchung ergab sich aber auch zugleich, was der Zweck jeder einzelnen Scene nur sein konnte, und endlich zeigte sich ebenso klar, daß in allen Scenen immer wieder der Faust = Verstand Verbindungen einging mit irgend einer anderen seelischen Erscheinung, bald mit der Illusion, bald mit

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dem Schein u. dgl. m. Es zeigte sich ferner, daß, mit Ausnahme einer einzigen und zwar der allerlegten, alle diese Verbindungen - Irrgänge des Verstandes waren, und daß erst die letzte Verbindung die rechte Lösung brachte: das ist die Verbindung des Denkens mit dem Wollen, in der Dichtung die That" genannt.

Waren somit alle jene Verbindungen als eine Kette von Irrgängen des Verstandes erkannt, so war auf diesem inductiven. Wege aber auch zugleich der Faden gefunden, der durch das ganze Werk hindurch leitet, und aus den einzelnen Scenen entwickelte sich damit alsdann mit Nothwendigkeit

Tragödie.

eine

Die Tragödie, im antiken Sinne, also im Gegensatz zür modernen Tragödie aber verlangt Folgendes:

Ein Orakel. Die Gottheit hat allemal gesprochen und bereits über das Schicksal des Helden bestimmt; dieser kennt den Orakelspruch, aber er mißversteht ihn, weil der Ausspruch dunkel ist. Er kämpft gegen das Orakel, aber freilich, um schließlich zu unterliegen; immerhin aber sind es seine großen Eigenschaften, die sich in diesem Kampfe zeigen und die ihm den Kampf möglich machen; und endlich: in diesem Kampf gegen das Orakel liegt eben auch seine tragische Schuld.

Wo, so fragt man, wo ist in unserer Dichtung das Orakel, welches dem Helden bekannt ist, wo sein Kampf, und wo seine Schuld?

Die Offenbarung (das Orakel) brennt im Neuen Testament; dunkel ist es, weil (I. Theil, Scene 1) unvollständig citirt; 3m Anfang war das Wort", es lautet vollständig:

Im Anfang war das Wort,

Und das Wort war bei Gott,

Und Gott war das Wort!

"

Da Faust in seinem dunkeln Drange sich des rechten. Weges wohl bewußt"

ist, so treibt ihn etwas, das „Wort“ nicht anders zu übersehen, als durch „die That“. Das Orakel erklingt ihm also nunmehr:

Im Anfang war die That,
Und die That war bei Gott,

Und Gott war die That.

Gelangt also der Verstand schließlich zur That, d. h. zum guten, liebevollen Wollen, statt zur Speculation, so gelangt er zu Gott, denn Gott ist die That", und Mephisto verliert sein Spiel.1

"

-

Worin aber liegt die tragische Schuld? Der Verstand als solcher kann nur einen Fehler begehen, er kann irren, nichts Anderes; ebenso wie die Höhe z. B. nur den einen Fehler haben kann, nicht hoch zu sein, und die Helligkeit den, nicht hell zu sein. Die Schuld des Verstandes ist allemal ein Irren. Indem der Verstand also vor unseren Augen seine Irrgänge. unternimmt, kämpft er damit auch zugleich gegen den göttlichen Willen, den Orakelspruch, und in seinen Irrgängen liegt auch seine tragische Schuld, eben weil er der Verstand ist.

Daß er schließlich nicht untergeht, und auch nicht unterliegen soll, liegt im Orakelspruch selbst; „in Ehren bleiben die Götter“, d. h. das Orakel, und alle Kriterien der Tragödie sind erfüllt.

Worin aber endlich bestehen die Irrgänge des Verstandes; dieser Kampf gegen das Orakel; die Irrgänge, die uns zugleich seine hohen Eigenschaften (seinen Charakter) zeigen sollen? — Einfach darin, daß er sich nicht sofort zur „That“ wendet, sondern sich auf dem Boden der Speculation bewegt. Er wendet sich, statt zur That, anderen Verbindungen zu, die seiner himmlischen Bestimmung fremd oder feindselig sind. „So buhlt er fort nach wechselnden Gestalten." Diese Irrgänge aber folgen einander in einer gewissen Reihe und ergeben allemal das bei jeder einzelnen Verbindung hier aufgeführte Resultat. Der Verstand sucht:

1) Verbindung mit dem Wissen, der Gelehrsamkeit. Resultat: diese kann den denkenden Verstand nicht befriedigen.

1 Im Verlauf dieser Darlegung wird nachgewiesen, daß mit der ,,That" eben der Wille gemeint ist. „Selig sind Diejenigen, die eines guten Willens sind.“

2) Verbindung mit dem Uebersinnlichen, dem rein Geistigen, also der Abstraction. Es ist oben nachgewiesen, weshalb jede nicht-sinnliche Erkenntniß dem Verstande versperrt sein muß. Resultat: der Erdgeist weist ihn zurück.

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sich

3) Verbindung mit der Jugend (Auerbachs Keller). Die Trivialität gestattet überhaupt keine Verbindung mit dem speculirenden Verstande, und das Resultat dieser Scene ist, daß der Held Faust (ein gewiß seltener Fall in einer Tragödie) während einer ganzen langen Scene auf der Bühne befindet, aber nicht das Geringste thut oder sagt. Jugend und speculirender Verstand bleiben einander gänzlich fremd; das ist das Resultat dieser versuchten Verbindung.

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4) Der Verstand zeigt sich ferner in Verbindung mit dem Alter. Die ganze Ausstattung der Hexenküche bringt alle Attribute des Alters, und die Here selbst ist der Wahn des Alters in seiner abschreckenden Gestalt. Und das Resultat dieser Verbindung? Der Verstand wird kindisch durch diese Verbindung mit dem Alter. Man schrecke nicht vor dem Worte zurück, der Dichter nennt das milder: um dreißig Jahre „verjüngen". Da jede Verbindung des Verstandes eine Allegorie im Buche für sich bestehend ist, so hat diese Einwirkung des Alters auf den Verstand keinerlei Einfluß im Folgenden.

5) Verbindung mit der Naivität (Gretchen). Verstand und Naivität sind unvereinbare Begriffe, und das Resultat dieses Experiments ist: die Naivität geht in entseglicher Weise zu Grunde. Da aber die Naivität in ihrer Reinheit" der irdischen Sphäre des Verstandes eigentlich nicht angehört, so wird sie gerettet" (Stimme von oben, I. Theil, lezte Scene) und sie erscheint daher am Schluß des Werkes in einer anderen. Region nochmals wieder, denn sie ist gerettet“.

6) Verbindung mit dem Wahn, d. H. dem „unholden“ Wahn (Walpurgisnacht). Resultat: der Verstand glaubt zu schieben, zu herrschen; wird aber von der Macht des allgemeinen Wahns mit fortgerissen, er „wird geschoben“.

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