ÀҾ˹éÒ˹ѧÊ×Í
PDF
ePub

strafe, wird wohl Niemand bestreiten, so daß der Vergleich mit dem Vater im Himmel im Schlußsatz die Parabel harmonisch abschließen konnte. Ein Meister auf allen Wissenschaftsgebieten war Jeschuah, kein geistesarmer Erbauungsphilister.

b) Der Meister der Dialektik.

Die phraseologische Sophistik, die sich heute auf den Kanzeln spreizt, die Kanzelphrase als Lehre hinzustellen wagt, in der Literatur,,Meditationen", Betrachtungen mit brüchiger Logik liefert, diese verschwommene, qualmige Lehrmethode, sie sucht auch den ,,Herrn Jesus" als das Oberhaupt ihrer Schule zu proklamieren. In seinen Göttern malt sich der Mensch!"

[ocr errors]
[ocr errors]

In Wahrheit war er ein Dialektiker, wie keiner, wie keiner je gelebt hat, ein Meister der Logik, in der Theorie ebenso radikal wie in der Praxis. Daher auch die Neigung zu extremen Beispielen, zu radikaler Deduktion aller Folgerungen, die implicite in einem Begriffe, einer Lehre enthalten sind. Es wird im Himmel mehr Freude sein über einen Sünder, der Buße tut als über 99 Gerechte, welche der Buße nicht bedürfen“ (Luc. 15, 7). Welche dialektisch scharfe und rücksichtslos konsequente Behandlung der Begriffe "Buße" und (geistliche) „Freude" in diesem berühmten Wort! Und das war wahrlich keine exzentrische Übertreibung, die nicht ganz ernst zu nehmen war, sondern heiliger Ernst im vollen Wortsinne ist die Buße Gegenstand der Freude, so ist diese Freude überhaupt incommensurabel mit der Freude, die an schon Bekehrten empfunden wird. Ob wohl das Kuratorium der Goßner-Mission auch mehr Freude über einen getauften Kol in Bengalen empfindet, als über 99 Mitglieder der Generalsynode, die in seinen Augen doch sicher dizator" sind? Da die Kols-Mission schon beinahe 100 000 gerettete" Heiden zählt, müßte die Goßner-Mission nach Jesu Lehre" über sie mehr Freude empfinden als über die ganze preußische Landeskirche, die kaum mehr als 10 Millionen erwachsene Glieder zählt! - Ach nein! Die blank geschliffenen Schwerter der Jesus-Worte werden

[ocr errors]
[ocr errors]

von den Pfaffen durch hörnerne Obstmesser ersetzt, da man sich doch sonst zu oft,,in die Finger schneiden würde".

,,Ich aber sage Euch, daß die Menschen von jedem leeren Wort (oñua doróv), welches sie sprechen, am großen Gerichtstage müssen Rechenschaft ablegen", sagt er in unerbittlicher Logik und dialektisch radikaler Behandlung des Begriffs der Wortsünde (Math. 12, 36). Ob wohl die kirchlichen Kanzelphraseologen, die durchschnittlich jeden Sonntag in etwa 3/4 Stunden etwa 2000 Worte, also jährlich etwa 100 000 Worte, während einer durchschnittlichen Amtszeit von 30 Jahren etwa drei Millionen (!) verantwortliche Predigt-Worte produzieren (von den Festpredigten, Seelsorgelitaneien, Ansprachen, Bibelstunden etc. ganz abgesehen), ob sie sich wohl bewußt sind, daß sie als vielfache Wort-Millionäre viel schwerere und zahlreichere Sünden zu büßen haben als die klugen und bescheidenen Laien, denen sie Jahrzehnte lang im Adhortativ-Stil Buße zu predigen wagten? Ja, Laie, das ist was anderes! Nur für uns gelten die scharf geschliffenen Schwerter, die Jesus uns,,verordneten Dienern am Wort" in die Hand gab, nicht gegen uns dürfen diese Waffen erhoben werden! Die Kanzelphrase ist privilegiert und eximiert - müssen wir Rechenschaft ablegen, weil von den drei Millionen Worten 2 900 000 unnütz waren, so ja SO ? ?

?

Wie in der Lehre, so war er auch in der Polemik ein Meister der Dialektik. Vielleicht das prägnanteste Beispiel seiner polemischen Dialektik ist die berühmte Provokation an die Pharisäer in Math. 22, 44. Ich beurteile diese Debatte unter einem ganz neuen Gesichtspunkt. Als Meister der Logik macht er die Pfaffen darauf aufmerksam, daß die Septuaginta, die er zitierte und die auch bei ihnen im Gebrauch war, einen groben Fehler enthielt. Das kritische: mein war nämlich nach meiner Erkenntnis nur durch falsche Punktation des Wortes adonaj in diesen Satz und dann auch in die Übersetzung hineingekommen. In Wahrheit war der Sinn des ersten Satzes des 110. Psalmes: der Herr sprach zum Herren! Der Messias wurde wohl vielfach schlechtweg als der erwartete hohe Herr charakterisiert. Aber in der Tat wäre es widersinnig, wenn

David etwa diesen seinen einstigen Deszendenten mit ,,mein Herr" bezeichnet haben würde; nicht, weil er sein Nachkomme war (ein abgedankter König kann z. B. sehr wohl seinen Sohn als: mein König bezeichnen, wie der „General Milan" dies in Serbien einige Jahre tat), sondern weil ja jedes Untertanenverhältnis fehlte zwischen David und dem Messias, der rund 3000 Jahre nach seinem Urahn David dem Großen regieren wird. Jeschuah wollte in Form einer dialektisch scharf zugespitzen Examensfrage die damaligen Pfaffen und Professoren auf ihre Dummheit und Oberflächlichkeit aufmerksam machen; aber sie verstanden ihn nicht. Hoffentlich lernen ihn ihre heutigen kirchlichen Kollegen verstehen. Die Voraussetzung dieses Verständnisses wird Selbsterkenntnis sein und das Bewußtsein, daß ihr Geist nicht der seinige war, daß er nicht ein in schwabbelig-qualmigen Phrasendunst plaudernder Kanzelfeuilletonist war, sondern ein mit schärfstem, exakt und absolut fehlerlos funktionierendem logischem Apparat arbeitender Meister der Dialektik.

c) Jeschuah's Stil.

[ocr errors]

.

[ocr errors]

Der Doktor Luther hat den Zusatz, mit dem der Evangelist Mathaeus seinen protokollarischen Auszug aus der Bergrede abschließt (7, 29) so übersetzt: denn er predigte gewaltig etc." Der Doktor Luther hat gefälscht. Der Doktor Luther hat die Heilige Schrift als Reklametafel benutzt, um überall für sich und seine Kollegen, die sehr geehrten,,Prehdiger“ Reklame zu machen, vom 1. Buch Moses 4, 26, wo er das hebräische: koroh: anrufen (den Namen des Herrn) mit ,,predigen“ übersetzt, bis zur Apokalypse 5, 2, wo er einen Engel, der verkündet (zŋoćõõɛ), „predigen“ läßt. Vielleicht am frechsten sind die Fälschungen in Jesaia 53, 1, wo das was wir vernommen haben": schmuoth (nämlich von Gott) umgekehrt in eine ,,Prehdigt" verwandelt wird, ebenso die azon des Paulus (Römer 10, 17), die in „Prehdigt" umgefälscht und als Missionsreklame benutzt wird. Für 46 (!) griechische Worte in den neubiblischen und 21 (!) hebräische Worte in den altbiblischen Schriften hat der Bibelfälscher von Wittenberg das

[ocr errors]

eine stereotype Reklame-Wort „prehdigen" eingeschmuggelt, wie er denn ja überhaupt durch seine Übersetzung den Wert der Bibel vielfach auf 5% bis 2% reduziert hat.,,Prehdigen“, ,,prehdigen", „prehdigen" das soll der rote Faden sein, der künstlich in das wundersam feine Gewebe der Heiligen Schriften eingefälscht werden mußte, auf daß das Volk allenthalben bei der Bibellektüre im Geiste ehrerbietig den Herrn „Prehdiger" und seine sehr geehrte Kanzel vor sich sehe! Aber auch das einzige von jenen 46 Worten, das dem schrecklichen deutschen ,,prehdigen" einigermaßen sinnverwandt ist: znovбor bedeutete ebensowenig eine Kanzelpredigt à la Steinmeyer, Superintendent Vorberg, oder Hofprediger Dryander, wie die relativ kurzen militärischen Trompeten-Signale der Leierkastenmusik eines Drehorgelspielers ähneln! Und Jeschuah? Er hat überhaupt nie gepredigt! Er konnte gar nicht predigen! Und der berühmte Professor Steinmeyer, der von seinen Schülern ,,als einer der größten Theologen aller Zeiten" gepriesen, von dem verstorbenen Superintendenten Kölling in Pleß einmal ein zweiter Athanasius (!) genannt und als ein leuchtendes Muster der,,homiletischen" Kunst (er war sogar Professor der Homiletik!) verehrt wurde, er würde, wenn er damals gelebt hätte, seinen Herren Jesus im homiletischen Examen konsequenterweise mit Glanz und Gasbeleuchtung haben durchfallen lassen müssen!

[ocr errors]

Nein! er war kein,,Prehdiger"! Von ,,Homiletik" verstand er nichts, wollte er nichts verstehen! Aber ein Meister war er der Rede! Ein Musterlehrer, ein Dozent ohne Gleichen! Ein Vortragskünstler, wie Keiner, wie Keiner! Ein Stilist, dessen markige, magische, machtvolle Wortkunst zugleich hinriß und doch klar belehrte und zur Erkenntnis leitete, erschütterte und doch erfreute, rührte und doch auch wieder beruhigte Sturm und weiches Windeswehen zugleich, Gewitter mit krachendem Donner und himmelbreitem Blitzeszucken und zugleich blauer Himmel und Sonnenschein, eisige Gletscher-Atmosphäre und im folgenden Satze balsamische Paradiesesluft!

Und den Kulminationspunkt seiner stilistischen Meisterschaft bezeichnet eben die Rede am Berge, deren Charakte

risierung durch den Evangelisten eben Luther gefälscht hat, in der Einleitung, wie am Schluß. „Und er öffnete seinen Mund [so beginnt feierlich der Evangelist] und hielt folgende Lehrrede: ¿didaonev avtovs, léyov" (Math. 5, 2). Und Mathäus schließt (7, 29) mit den Worten: v Sidάozov (von Hieronymus ganz richtig übersetzt: erat docens): seine Lehrart, seine Doziermethode war nichts von,,Prehdigt"! Und wie war sie? Wie eines, der ,,die Macht dazu hat und nicht wie die der Professoren." ,,Und dann, als Jeschuah diese Worte zu Ende geredet hatte, da war die Menge aufs tiefste hingerissen und erschüttert von seiner Lehre [Siday]. Denn er lehrte wie ein Lehrer von Gottes Gnaden und nicht wie die Professoren!"

[ocr errors]

Ein Jude, der diese Rede, die größte, die je ein Mensch gehalten, kennen lernen und grade als Stilprobe prüfen will, muß allerdings daran erinnert werden, daß ihr Gold zuerst von zwei Substanzen befreit werden muß, von der erdigen Beimischung des griechischen Grundtextes (daß der griechische Grundtext nicht reines Gold, sondern nur Golderz bietet, bieten kann, da Gott nur hebräisch spricht, werde ich in einer besonderen Studie über die Inspirationsfrage nachweisen); und zweitens von dem Grünspan der Luther-Übersetzung. Es muß daran erinnert werden, daß Jeschuah die Sprache seines Volkes sprach aramäisch, welches sich zum klassischen hebräisch etwa verhielt wie Schwizzerdütsch zum Hamburger Deutsch. In hebräischen Übersetzungen der Evangelien (die englischen Kirchengelehrten haben durch Herstellung von solchen ein unbestreitbares Verdienst sich erworben) kann man annähernd den Ton und den Stil ahnen, der dem mündlichen Urtext der beispiellosen Rede eignete. Klar wie Krystall

und stark wie Eisen sind die kaum 200 Sätze, in denen er in klassischer Kürze (die Juden sind das klassische Volk der Kürze, nicht die Lakonier!) sein ganzes ,,Programm" aufrollt. Aber welch ein,,Programm"! Welch eine Thronrede! Welch ein summarischer Lehrvortrag! Welch ein Prolog! Welch ein Grundriß zu seinen sämtlichen Werken"! Welch ein

« ¡è͹˹éÒ´Óà¹Ô¹¡ÒõèÍ
 »