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verletzt? Vor ein Kriegsgericht! Eine Binde vor die Augen! und eine Kugel durch die Brust!

Prophetischer Patriot war Jeschuah bis zum Kreuz! Und es bedarf nicht erst der wohlgemeinten Rechtfertigungsversuche eines Philippson (,,Haben die Juden Jesus gekreuzigt?"), um das Volk Jisraël zu entlasten. Das hat schon ein Größerer vor ihm getan! - Es ist eine der schwersten unter den schweren weltgeschichtlichen Lügen der Kirche, dieser Impostrix maxima, für die kleine, aber mächtige Partei, die den großen, ungekrönten König gewissermaßen standrechtlich hinrichten ließ, das ganze Volk verantwortlich zu machen. Das ist schon aus straf- und staatsrechtlichen Gründen absolut unzulässig, wie ich hier in Kürze nicht näher nachweisen kann (die ganze juristische Behandlung dieses gewaltigsten,,Strafprozesses" der Menschheitsgeschichte erfordert eine besondere Schrift). Aber wie dem auch sei auch diese kleine, aber mächtige Partei hat Begnadigung erhalten, und der Versuch, etwa nach dem Repräsentationsprinzip für diese Schuld das ganze Volk verantwortlich zu machen, muß schon deshalb in nichts zusammenfallen. Und diesen Entlastungsgrund hat die Kirche bisher hinter einem Phrasennebel verborgen und verhüllt! Wohlan, ich will ihn enthüllen und den Phrasennebel mit jüdisch scharfen Worten zerblasen. Ich frage Euch, Ihr Priester und Professoren der Kirche, nehmt Ihr alle Worte Jesu absolut ernst und haltet ihn frei von Neigung zu frommer Phraseologie?

Ja! Ich frage Euch: sind seine Worte begrifflich exakt und konsequent nach ihrem ganzen Inhalt und in ihrer ganzen Tragweite auszulegen und zu verstehen? Ja! Ich frage

Euch: sind die Gebete, die er gebetet hat, von seinem himmlischen Vater erfüllt worden? Ja! Ich frage Euch: kann es ein einziges Gebet geben, das er je gebetet hat und das unerfüllt geblieben ist! Nein! -- Wohlgeredet! So aber sprach Jeschuah am Kreuze „Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!" (Luc. 23, 34.) Durch dieses Gebet ist die Schuld Jisraël's getilgt, der ganze gewaltige Strafrechts fall erledigt! Es ist ein Begnadigungsgesuch von weltgeschichtlicher Bedeutung und bereits bevor Jeschuah

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verschied, war es gewährt und das Volk Jisraël, bezw. der kleine Teil, der schuldig war an diesem mysteriösesten aller Hinrichtungsakte, begnadigt! Die strafrechtliche Motivierung folgte im zweiten Teile des Gesuchs". „,Sie wissen nicht, was sie tun". Sie kennen mich nicht, konnten mich nicht kennen. Sie konnten meine rätselhafte Person nicht verstehen. Und ihre Ratlosigkeit, die meine dunklen, rätselhaften Worte in entschuldbarem Irrtum mit Gotteslästerung identifizierte, ist juristisch als Unzurechnungsfähigkeit zu qualifizieren — nicht die Unzurechnungsfähigkeit des Geisteskranken, sondern die des kurzsichtigen, noch völlig urteilslosen und daher noch nicht strafmündigen Kindes. So ist dieser gewaltige geistliche Strafprozeß wegen Justizverbrechen gegen Volk Jisraël bezw. einen Teil dieses Volkes im Himmel entschieden worden: wie einem strafunmündigen Kinde, einem infans ist dem Volke Jisraël verziehen worden. Die Pfaffenphraseologie, daß Volk Jisraël noch heute unter dem Fluche lebe, weil sie „,Jesum Christum" gekreuzigt haben, ist ein missionarisches Ammenmärchen, mit dem kein Judenkind im 20. Jahrhundert mehr geschreckt werden kann. Die Tempelzerstörung (40 Jahre nach der Kreuzigung!) war eine Strafe für ganz andere Sünden, die Entvölkerung des Landes, ganz abgesehen davon, daß sie erst 100 Jahre später begann, hatte ebenfalls ganz andere Gründe, teils strafrechtliche, teils staatsrechtliche und gottesreichsrechtliche, diese letzten vor Allem, da die Zerstreuung im Interesse der Völker nötig war. Das Mysterium des Goluth gedenke ich in einer besonderen Studie zu behandeln: nicht so wie Grätz jüdische Geschichte schrieb, sondern eher so wie der Verfasser des 106. Psalms oder der des Ebräer-Briefes. Eine Strafe für die „Kreuzigung Christi" ist die Diaspora so wenig wie etwa die Ausbreitung des englischen Kolonialreiches im 19. Jahrhundert eine Strafe für die Hinrichtung des Königs Karl! Sie kann eben schon deshalb keine Strafe sein, weil die Schuld vergeben war, noch bevor der Gekreuzigte verschied, er, der größte aller jüdischen Patrioten!

3. Der staatliche Indifferentist und Metapoliker.

Seitdem Konstantin der Schreckliche (er war schrecklicher als Iwan der Schreckliche) den Herren Jesus zum Schutzpatron des christlichen Staates ernannt hat, suchten alle christlichen Monarchen, Kultus- und Polizeiminister bis zu den Herren von Mühler, Puttkamer und Köller, durch jenes schon in der Einleitung erwähnte Projizierungsverfahren ihr Bild auf dem Hintergrunde Jeschuah's von Nazareth abzubilden. Er ist die ,,Wand" (der arme Herr Jesus! beinahe wie der Zettel im Sommernachtstraum!), die Reliefplatte, die sie benutzen, um ihre Porträts in enger Veschmelzung mit ,,Jesu Christo" der Welt präsentieren zu können nicht sie richten sich nach

Jeschuah, sondern er muß sich nach ihnen richten seinen Göttern malt sich der Mensch!"

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„Gebet dem Kaiser, was dem Kaiser gebührt, und Gott, was Gott gebührt" (Math. 22, 21), dieses geniale Diplomatenwort, für das der bornierte Tizian nicht das geringste künstlerische Verständnis hatte, enthält das ganze politische Programm des gewaltigen Mannes, der da sprach: „Mein Reich stammt nicht aus dieser Welt!" (Joh. 18, 36). Daß er vom Staats- und Verwaltungsrecht so viel verstand, wie der Professor Laband oder der Unterstaatssekretär Brauchitsch, von wissenschaftlicher Politik so viel wie Harden oder Aristoteles, das läßt sich aus seinen zahlreichen Reden, insbesondere denen mit juristisch-politischem Inhalt beweisen, ganz insbesondere den Parabeln und den großen Lehr- und Strafreden. Seine Neigung zu politischen aperçus, Analogien und Vergleichen scheint sogar eine stark ausgeprägte gewesen zu sein - ich verweise bezüglich innerer Politik nur auf die Parallelisierung mit dem Reiche, das an zerrissenen parteipolitischen Verhältnissen leidet (uɛquodeioa, Math. 12, 35) bezüglich der auswärtigen auf die Parallele mit dem König, der sehr sorgfältig seine Machtverhältnisse abwägt und je nachdem den Krieg wagt oder einlenkt und Friedensverhandlungen anknüpft (Luc. 14, 31, 32). Aber er wollte sich jeglicher Einmischung in die Politik und Gesetzgebung enthalten und sogar die drückende römische Steuergesetzgebung unterzog er weder in der Theorie

noch in der Praxis irgend einer Kritik. Wohl empfand er tiefen Knmmer über die ungerechte und grade für den Stolz des Nationaljuden drückende römische Steuerauflage, allein er erfüllte seine Steuerpflichten pünktlich. Als die Steuerexekutoren in Kapernaum, wo er zu jener Zeit sein Domizil aufschlug, den Petrus fragen, ob der merkwürdige Mann, über den so viel gemunkelt werde, freiwillig seine Steuern zahle (Math. 17, 24), da antwortet Petrus: Aber freilich! bedurfte nicht erst der Erinnerung durch Petrus. Denn als er heimkehrte, da kam ihm Jeschuah, der musterhaft Gewissenhafte, schon ,,zuvor“ (!) προέφθασε und nachdem er in einer feinen, ganz feinen kritischen Parallele seiner Unzufriedenheit mit der bestehenden Steuergesetzgebung Ausdruck gegeben, fährt er als gehorsamer „Staatsbürger" fort: „Damit wir aber keinen Anstoß geben [wir wollen keinen Skandal machen: oxavda2içɛodα, alle Steuerprozesse, Reklamationen etc. vermeiden], so gehe hin [dann die Mahnung zum wunderbaren Fischzug] und gib diesen Taler [soviel etwa betrug der otaτýg] für Dich und mich" nebenbei könnte die lederne Kirchenscholastik, die den Herrn Jesus als Bettelmönch maskieren möchte, der ohne Vermögen und Geld durchs Land zog, schon aus dieser Steuerzahlung ersehen (sie war relativ recht groß), daß er durchaus nicht zu den Armen gehörte.

Und grade diese schwierige steuerpolitische Frage, die die damaligen Juden etwa grade so aufregte, wie die Lohnfrage die heutige Arbeiterschaft (und ähnlich wie hier sowohl aus finanziellen wie aus sozialen Gründen), suchten nun die schlauen Pfaffen in der berühmten Zinsgroschen-Debatte zu benutzen, um ihn aus seiner metapolitischen, staatlich indifferenten Haltung heraus und in die politischen Kämpfe und Wirren hineinzuziehen um ihn als Parteigenossen zu gewinnen? Ach nein! nur um ihm eine unvorsichtige Äußerung zu entlocken, die ihn den Römern hätte verdächtig machen können, um Anklagematerial gegen ihn zu sammeln, das dann durch Klatsch und Verdrehung erweitert und geschickt verwertet werden könnte (Luc. 23, 5). Tizian hat auf seinem berühmten Bilde diese Szene darzustellen versucht, aber mit

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gänzlich untauglichen Mitteln er hat für den wahren historischen Hintergrund als echter italienischer Goj gar kein Verständnis, weder für den politischen, noch für den geistlichen, noch auch für den humoristischen. Die Pfaffen, um Jeschuah in seiner Rede zu fangen" (Math. 22, 15 fgg.; heute würden wir sagen: ihm ein Bein zu stellen), fragen ihn (etwa in der ironisch-diabolischen Stimmung und Tendenz Geßlers gegenüber Tell bei der Pfeilfrage): „Doktor, wir wissen, daß Du ein ehrlicher Mann bist, den Weg Gottes nach Deiner ehrlichen Überzeugung lehrst, ohne Dich an Jemanden zu scheren, oder um das äußere Ansehen der Menschen zu bekümmern. Darum, sag' mal, wie denkst Du eigentlich: darf man dem Kaiser die römische Klassensteuer entrichten oder nicht? Da aber Jeschuah ihre böse Absicht [лovηoía, viel mehr als: Schalkheit] durchschaute, sprach er: Wie heißt? Was soll diese Versuchung, Ihr Heuchler? Zeigt mir mal die Steuermünze; und sie zeigten ihm eine im Werte von einem Franc (dnvágiov); und er sprach zu ihnen: Wessen Bild und wessen Name ist das? Sie antworteten: des Kaisers! Darauf antwortete er ihnen: Dann gebet dem Kaiser, was dem Kaiser gebührt, und Gott, was Gott gebührt. Als sie das hörten, wurden sie verlegen, ließen ihn in Ruhe und gingen weg. Er hatte die Pfaffen gründlich blamiert und sicher die Lacher auf seiner Seite. Er gab ihnen eine wahrhaftige, korrekte, aber fein ausweichende, leicht ironische, göttlich schlaue Antwort von ganz unverbindlicher Allgemeinheit, etwa wie eine abstrakte Devise: Suum cuique! oder: Keiner Partei dienstbar! (Motto des Berliner,,Tag") o. ä. Und das war die Richtschnur seiner ganzen politischen bezw. metapolitischen Haltung

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er wollte keine Partei politik treiben und würde sicher Maximilian Harden lieber als Jünger aufgenommen haben, denn etwa den schwarzen Engel oder den grünen Müller vom Berliner Reichsboten". Und soweit irgend möglich wollte er überhaupt am politischen Leben sich gar nicht beteiligen, nicht direkt, sondern nur indirekt auf die politische Entwickelung einwirken durch den Geist seiner gerechten Lehre! Alle staatsrechtlichen Zwangsmittel verschmähte er; die,,Klinke der

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