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Schluss.

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Jeschuah der klassische jüdische Mann war auch in seiner äußeren Erscheinung ein Jude von klassischer Schönheit, Kraft und Herrlichkeit! - Allein wie die Kirchenlehre ihn auf geistigem Gebiete karikiert hat, so die Kirchenkunst auf künstlerischem. Vor Allem die Malerei, da die Plastik sich aus Gründen, die hier darzulegen mir Raummangel verbietet, sich sehr wenig mit ihm beschäftigte die jüdische Antike existiert für die Skulptur leider fast gar nicht. Sie alle, die europäischen Künstler, haben mehr oder weniger schwer gesündigt gegen den Einzigen, den Größten der Großen! Lionardo da Vinci nicht minder als die holländische Malerei früherer Jahrhunderte, Rubens, der Fleischspezialist, wie Paolo Veronese, der große Koulissen-Maler. Wenn man sich denken könnte, Jeschuah würde heute einen Gang durch die mitteleuropäischen Museen zwischen Paris und Wien machen und alle die Bilder sehen, die ich (auch ich 10 Jahre mit kirchlich getrübten Augen) gesehen, er würde sie fast ausnahmslos auf einen Haufen sammeln und verbrennen lassen. Und der Mann, der mit der Peitsche in der Hand die unzulässige Nebenbörse im Tempel in Jerusalem abschaffte, er würde wahrlich mit den Gemäldegallerien in Europa noch kürzeren Prozeß machen! Die deutsche Malerei der Neuzeit im besonderen hat lediglich das Werk des großen" Reformators, dieses echten De formators, dieses Reformators in pejus, fortgesetzt, sie hat seine Übersetzung vom Papier auf die Leinwand übertragen! Der klassische jüdische Mann wurde als deutscher Bürger und Bauer

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u. s. w. maskiert. Rubens malt ihn z. B. auf der „Auferweckung des Lazarus" als wohlgenährten niederdeutschen Landarzt, dem die gute Landluft rote Backen gemacht, der sich offenkundig einer gesicherten Praxis und völlig ungestörten Verdauung erfreut und sehr wenig Sorgen hat. Richter präsentiert uns Jeschuah als einen preußischen Militärpfarrer in korrekter Haltung, Plockhorst seinen Christus (vor Allem als Consolator) wie einen schönen pietistischen Superintendenten aus Westfalen; Gebhardt, einer der gefährlichsten Karikaturisten, als kleinstädtischen Bürgerpastor, der kleines Gehalt und große Familie hat und infolgedessen oft ein sorgenvolles Gesicht zeigt, ohne aber von faustischem Drang oder Ewigkeitsschmerzen allzusehr geplagt zu werden; Uhde, der gefährlichste von allen, dem ich als Ausstellungsrichter auf einer Ausstellung von Christus-Karikaturen eine goldene Kette, mit der er ein für alle Mal die Tür seines Ateliers zuzuschließen hätte, zuerkennen würde, als ausgemergelten Hungerleider, als Dutzendproletarier, ohne Geist, Kraft und Liebe, ohne alle tiefere Auffassung, deren Mangel durch geschickte Staffage und allerlei Freilicht-Hokuspokus dem nüchternen jüdischen Kritiker nicht verdeckt werden kann, als einen stellenlosen Fabrikarbeiter, der barfuß, ohne Hemd in einem alten Kittel einhergeht und offenbar in der Regel nur in Volksküchen ißt und jetzt schon seit mehreren Tagen keinen warmen Bissen mehr gegessen hat. Er, der stets in tadelloser Toilette wie ein Aristokrat einherging (noch am letzten Tage mit ungenähtem Rock), auf Diners und Soupers (nicht bloß auf der Hochzeit in Cana, deren Staffage Paolo Veronese ganz hübsch ins Italienische übersetzt hat) wie ein vollendeter Weltmann auftrat und sicher heute auf alle Fälle richtiger als Jesus in Frack, denn als Jesus im Kittel dargestellt werden müßte, der stets gut aß und trank, sich über die Pfaffen lustig machte, weil sie ihm seine gourmanderie vorwarfen, während sie umgekehrt den Täufer als wehleidigen Asketen bespötteln (Math. 11, 18, 19), der ungeniert bei reichen Bankiers und Dissidenten (Teλovoì zaì àμaoto20i) einkehrt, mit ihnen plaudert, Witze macht, von seinen Reisen und Reden erzählt, stets einen guten Tisch zu schätzen wußte und bei seinen

häufigen Selbsteinladungen (man vergegenwärtige sich nur das Abschiedssouper bei dem Geheimen Finanzrat Zachäus in Jericho vor der Abreise nach Jerusalem Luc. 19, 328) sicher oft stundenlang Tafel hielt, die Tischkarte sorgfältig studierte, sicherlich mit Lob und Tadel nicht zurückhielt (daß er von Kochkunst soviel verstand, wie nur die tüchtigste Köchin, lehren schon seine vielen, der Küche entnommenen Gleichnisse vom Sauerteig, Salz, Senfkorn etc.), der in ausgezeichneten Finanzverhältnissen lebte (s. oben I, 3b), von der Hofaristokratie reiche Beiträge für seine Schule und Schüler erhielt, er wird von Uhde und Genossen als Proletarier karikiert! Diesen Impressionisten, die ihren sehr geehrten Kopf für die Sonne halten, um die sich die Welt der historischen Tatsachen zu drehen habe, wünsche ich eine baldige totale Sonnenfinsternis! Die Christus-Aussteller von 1896 in Berlin (Alter Reichstag) haben die Karikaturfabrikation gleich en gros besorgt, jeder nach seiner Façon denn auch in der Kunst kann jeder nach seiner Façon unselig werden. Thoma stellte Jeschuah als Kirchenliederdichter dar, der besonders gern im Mondschein spazieren geht und sanft säuselnde geistliche Lyrik flötet; Stuck wieder umgekehrt als finsteren Fanatiker, der täglich einige Freidenker zum Frühstück verspeiste; Gabriel Max

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Ihren Höhepunkt hat die Christus-Karikatur bei der Darstellung der Kreuzigung, dieses ungeheuren Ereignisses, des Ereignisses aller Ereignisse in der religösen Geschichte der Menschheit erreicht, und hier wieder den höchsten das Panorama! Piglheim hat 1889 in Berlin eines ausgestellt, 1901 sah ich eines in Paris. Wer will es denn wagen, diese gewaltige, ohne Beispiel dastehende Todesstunde künstlerisch richtig wiederzugeben? Wer will das ,,Haupt voll Blut und Wunden", wer seine Haltung, wer seinen Gesichtsausdruck darstellen können? Michelangelo, als er,,Gottvater bei Erschaffung des Lichts an die Decke der Sixtinischen Kapelle malte, wollte. nur eine Allegorie malen, die Kreuzigungsmaler aber einen geschichtlichen Vorgang der gewaltige Buonarotti war auf auf alle Fälle ein ehrlicher Künstler, die Kreuzigungsmaler

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aber waren allesamt Pinsel-Komödianten! Und in der Tat! die Wirkung ist oft auch entsprechend! Dem unbefangenen, unempfindlichen, von aller religösen Prüderie freien und mit der nötigen Dosis göttlichen Humors ausgerüsteten Kunstkritiker muß grade die Darstellung des Gekreuzigten bisweilen starke komische Reize auslösen. Im Alten Museum in Berlin stieß ich (in der Abteilung für altdeutsche Malerei, Deutsche Schule 1480-1600), einmal auf ein Bild, von dem ich aus der Ferne zunächst vermutete: Karl der Große mit der Leiche Jesu im Arm? Als ich näher trat, sah ich als Unterschrift: Dreieinigkeit!! Unser Hergott wie ein alter Monarch auf einem Sessel sitzend, über ihm eine Taube (als Symbol des Heiligen Geistes) und im Arm der nackte magere Leichnam irgend eines Paralytikers mit einem Dornenkranz! Und das hat in der Kirche das erste Gebot gelernt! Und wenn möglich, wird diese Karikatur noch übergipfelt durch die Kruzifix-Karikatur in Häusern und Kirchen! Der Kirchennebel, der den Geist der gläubigen Gemeinde umdunkelt (es soll gerechterweise warm anerkannt werden, daß Calvin und die Reformierten keine Kruzifixe dulden!), hat ihren Mitgliedern die Erkenntnis verschlossen, daß sie ihren angebeteten Jesus fast in einen Fetisch verwandeln, wenn sie seinen zerrissenen Leib in Elfenbeinmasse oder Metall an die Wand hängen oder auf den Tisch stellen und andachtsvoll auf dieses Sohngottesbild hinschauen und das will ,,Heidenmission" treiben!

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In Keinem, in Keinem lebt so sein Bild wie er war! Wenn Murillo den Jesus-Knaben dem heiligen Antonius in den Arm legt, so hat er phantasiert. Wenn Raphael ihn als pausbäckiges Bauernbübchen von 20-22 Monaten malt, so hat er phantasiert, und der Weltruhm dieses viel zu viel gerühmten tüchtigen Malermeisters darf uns Juden nicht abhalten, ihm (wie überhaupt grade den Malern!) die Wahrheit zu sagen und als die enfants terribles der Kritik die Raphael-Schwärmer, die im Dresdener Zwinger, andächtig wie in einer Kapelle, vor der Raphael'schen Donna Maria sitzen, mit der chutzpe eines Heine (in dem bekannten Sonnenuntergang-Gedichtchen) daran zu erinnern: Meine Freunde, seid doch munter, das ist

ein schlechtes Stück, sie ist eine italienische Bäuerin, und das Bübchen ist rund und dick!

Nur einen kenne ich, der wenigstens ahnte, wie Jeschuah ausgesehen haben mag das ist der treffliche Hoffmann, dessen Bild (auch im Dresdener Zwinger, leider an einer ganz verborgenenen Stelle schlecht placiert): Jesus als Knabe im Tempel, von echter künstlerischer Intuition zeugt! So ähnlich mag der zwölfjährige Knabe Jeschuah (Luc. 2, 46-50; nicht zufällig von dem ,,Maler" Lucas berichtet!) ausgesehen haben! Und wie zeigt ihn uns Hoffmann? Als einen jüdischen Prinzen oder Edelknaben, mit klassischem jüdischem Kopf, mit aristokratischem jüdischem Gesichtsschnitt, mit großen dunklen Augen, feiner, vornehm geschnittener Nasenbildung, leicht von des Gedankens Blässe nicht: angekränkelt, aber angehaucht, mit einem tiefen, feinen, rührenden Schmerzenszug über dem ganzen, mystisch durchgeistigten Gesicht, aus dem ein dunkles geheimnisvolles Feuer, wie aus einer anderen Welt, herausstrahlt; in schöner, stolzer, fast schon männlicher Haltung und Statur, wie David ausgesehen haben mag, als er den Goliath erschlug, oder Salomo, wenn er als Kronprinz mit dem Propheten Nathan debattierte, oder Moses im Gespräch mit den egyptischen Weisen oder wie alle drei zusammen und doch noch viel herrlicher! - Und dieser treffliche „Heide" Hoffmann bietet uns auch den Schlüssel, der die Verirrungen der ganzen historischen Christus-Kunst erklärt. Es ist ihr Antisemitismus! Ihr bewußter oder unbewußter, grober oder feiner, offener oder Krypto-Antisemitismus! Sie alle, vom frühen Mittelalter bis Uhde haben, wie der Teufel dem Pentagramma, dem Pentateuch ausweichen wollen, dem Chumesch, der Thorah, die zu Jeschuah's Bild ungefähr gehört wie eine Generalstabskarte zu einem Moltke-Denkmal! Sie wollten ihn nicht historisch treu als jüdischen Rabbi, jüdischen Propheten, jüdischen Menschen darstellen. Ein mir befreundeter und im übrigen sehr sympathischer theosophischer Gelehrter riet einmal einem mir ebenfalls bekannten Tempel-Kunstmaler, er möge doch einmal versuchen, einen -,,germanischen Christus" zu malen! Ein,,germanischer Christus"! Da haben wir

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