Ach, wüßtest du, wie's Fischlein 1) ist Labt sich die liebe Sonne nicht, Lockt dich der tiefe Himmel nicht, Das feuchtverklärte Blau? Lockt dich dein eigen Angesicht Nicht her in ew'gen Thau? Das Wasser rauscht', das Wasser schwoll, Neßt ihm den nackten Fuß; Sein Herz wuchs ihm so sehnsuchtsvoll, Wie bei der Liebsten Gruß. Sie sprach zu ihm, sie sang zu ihm; Halb zog sie ihn, halb sank er hin, Der König in Chule.") Es war ein König in Thule, Es ging ihm nichts darüber, 1) Dativ. 2) Im September 1774 zum Fauft gedichtet. Die erste Fassung des Gedichtes, welche 1792 in Seckendorffs dritter Sammlung „Volks- und andre Lieder" mit der Ueberschrift: „Der König von Thule“ und der Zusay: „Aus Göthens D. Faust." erschien, enthält manche Abweichungen. So lautet die erste Strophe: Es war ein König in Tule, Ultima Tule hieß bei den Alten eine fabelhafte Insel, welche im nordwest= lichen Meer an der äußersten Grenze der bekannten Erde liegen sollte. 3) Früher: Den Becher hätt' er lieber, Trank draus bei jedem Schmaus. Und als er kam zu sterben, Dort stand 5) der alte Zecher, Er sah ihn stürzen 6), trinken Das Blümlein Wunderschön. Graf. Ich kenn' ein Blümlein Wunderschön Ich möcht' es gerne zu suchen gehn, Die Schmerzen sind mir nicht gering; Von diesem ringsum steilen Schloß Und wer mir's vor die Augen brächt', 1) Zählt' er sein' Städt' und Reich'. — 2) Am hohen. feinem. 5) Da saß. 6) sinken und 7) stürzen. 3) Im alten. - 8) Trank keinen. 9) Auf seiner dritten Schweizerreise 1797 las Goethe in Stäfa Aegidius Tschudi's „Schweizerische Chronik“, in welcher berichtet wird, daß der von den Zürichern Bürgern 1250-1352 gefangen gehaltene Graf Johann von Habsburg-Rapperswyl auf dem Thurme zu Wellersberg das Liedlein gemacht habe: „Ich weiß ein blawes Blümelein." Uhland (53, I, 108-110) theilt ein altes Volkslied mit, welches beginnt: Weiß mir ein blümli blawe Es stat in grüner awe, Es heißt Vergiß nit mein. Ich kunt es nirgent finden, Ob dies mit jenem identisch ist, läßt sich nicht ermitteln. Rose. Ich blühe schön und höre dies Du meinest mich, die Rose, gewiß, Du hast gar einen hohen Sinn, Graf. Dein Purpur ist aller Ehren werth Darob das Mädchen dein begehrt Dein Kranz erhöht das schönste Gesicht: Lilie. Das Röslein hat gar stolzen Brauch Doch wird ein liebes Liebchen auch Der Lilie Zierde loben Wem's Herze schlägt in treuer Brust Graf. Ich nenne mich zwar keusch und rein Und muß mich einsam quälen. Du bist mir zwar ein schönes Bild Von mancher Jungfrau, rein und mild: Doch weiß ich noch was Liebers. Nelke. Das mag wohl ich, die Nelke, sein, Hier in des Wächters Garten; Wie würde sonst der Alte mein Mit so viel Sorge warten? Jm schönen Kreis der Blätter Drang, Graf. Die Nelke soll man nicht verschmähn, Doch was den Grafen glücklich macht, Veilchen. Ich steh' verborgen und gebückt Doch will ich, weil sich's eben schickt, Mein tiefes Schweigen brechen. Wenn ich es bin, du guter Mann, Wie schmerzt mich's, daß ich hinauf nicht fann Dir alle Gerüche senden. Graf. Das gute Veilchen schäß' ich sehr: Es ist so gar bescheiden Und duftet so schön; doch brauch' ich mehr In meinem herben Leiden. Ich will es euch nur eingestehn: Auf diesen dürren Felsenhöhn Ist's Liebchen nicht zu finden. Doch wandelt unten an dem Bach Das treuste Weib der Erde und seufzet leise manches Ach, Bis ich erlöset werde. Wenn sie ein blaues Blümlein bricht Und immer sagt: Vergiß mein nicht! Ja, in der Ferne fühlt sich die Macht, Drum bin ich in des Kerkers Nacht Ritter Kurts Brautfahrt.') Und sie winkt ihn auf das Pläßchen: Habt ihr nichts an euer Schäßchen ? 1) „Taschenbuch auf das Jahr 1804." Dünger weist die Anregung zu dieser Ballade in einer Stelle aus des Marschalls von Bassompierre Mémoires nach, auf welche Goethe noch in einem Briefe an Knebel vom 23. Mai 1814 anspielt: „Ich habe beinah so viel Händel auf dem Halse, von guter und schlechter Sorte, als der Marschall von Bassompierre, welcher einer Tochter aus großem Hause ein Kind ge= macht hatte, eine sehr gefährliche Ehrensache ausbaden sollte und zugleich im Fall war, von seinen Creditoren in den Schuldthurm geführt zu werden. Dieses Alles hat er, wie er schreibt, durch die Gnade Gottes vergnüglich überstanden, und so, hoff' ich', soll es mir auch ergehn." Eine Erzählung ans jenen Mémoires hatte er schon 1795 in die „Unterhaltungen deutscher Ausgewanderter" aufgenommen. |