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Eben schlug die dumpfe Geisterstunde,
Und nun schien es ihr erst wohl zu sein.
Gierig schlürfte sie mit blassem Munde
Nun den dunkel blutgefärbten Wein;
Doch vom Weizenbrod,

Das er freundlich bot,

Nahm sie nicht den kleinsten Bissen ein. 1)

Und dem Jüngling reichte sie die Schale,
Der, wie sie, nun hastig lüstern trank. 2)
Liebe fordert er beim stillen Mahle;
Ach, sein armes Herz war liebekrank.
Doch sie widersteht,

Wie er immer fleht,

Bis er weinend auf das Bette sank.

Und sie kommt und wirft sich zu ihm nieder!
Ach, wie ungern seh' ich dich gequält!

Aber ach! berührst du meine Glieder,

Fühlst du schaudernd, was ich dir verhehlt.
Wie der Schnee so weiß,

Aber kalt wie Eis

Ist das Liebchen, das du dir erwählt.

Heftig faßt er sie mit starken Armen,
Von der Liebe Jugendkraft durchmannt:
Hoffe doch, bei mir noch zu erwarmen,
Wärst du selbst mir aus dem Grab gesandt!
Wechselhauch und Kuß!

Liebesüberfluß!3)

Brennst du nicht und fühlest mich entbrannt?

Liebe schließet fester sie zusammen,

Thränen mischen sich in ihre Lust;

1) Das Brod ist nur die Speise der Lebendigen.
2) Weil ihre Lippen sie vorher berührt hatten.

3) Es widerstreitet durchaus dem Gefühle der Situation, mit Dünßer der Ausrufungszeichen wegen anzunehmen, der Jüngling habe während der Umarmung diese Worte ausgerufen. Vielmehr gehören sie als Schilderung dem mitempfinden= den Dichter an.

Gierig saugt sie seines Mundes Flanımen,
Eins ist nur im Andern sich bewußt.
Seine Liebeswuth

Wärmt ihr starres Blut,

Doch es schlägt kein Herz in ihrer Brust. 1)

Unterdessen schleichet auf dem Gange
Häuslich spät die Mutter noch vorbei.
Horchet an der Thür und horchet lange,
Welch ein sonderbarer Ton es sei.
Klag- und Wonnelaut
Bräutigams und Braut, 2)

Und des Liebestammelns Raserei.

Unbeweglich bleibt sie an der Thüre,
Weil sie erst sich überzeugen muß,
Und sie hört die höchsten Liebesschwüre,
Lieb' und Schmeichelworte, mit Verdruß
Still! der Hahn erwacht!

Aber morgen Nacht

Bist du wieder da? und Kuß auf Kuß.

Länger hält die Mutter nicht das Zürnen,
Oeffnet das bekannte 3) Schloß geschwind:
Giebt es hier im Hause solche Dirnen,
Die dem Fremden gleich zu Willen sind ?
So zur Thür hinein;

Bei der Lampe Schein
Sieht sie

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Gott! sie sieht ihr eigen Kind.

Und der Jüngling will im ersten Schrecken
Mit des Mädchens eignem Schleierflor,
Mit dem Teppich 4) die Geliebte decken;

Doch sie windet gleich sich selbst hervor.

1) Er fühlt ihren Pulsschlag nicht; es ist kein wirkliches lebendiges Blut, das Sie erwärmt.

2) Wie von Bräutigam und Braut.

3) Dessen Mechanismus ihr bekannt ist.

4) Der über das Bett gebreitet ist.

Wie mit Geist's Gewalt,
Hebet die Gestalt

Lang und langsam sich im Bett empor.

Mutter! Mutter! spricht sie hohle Worte,
So mißgönnt ihr mir die schöne Nacht!
Ihr vertreibt mich von dem warmen Orte!
Bin ich zur Verzweiflung nur erwacht?
Jst's euch nicht genug,

Daß ins Leichentuch,

Daß ihr früh mich in das Grab gebracht?

Aber aus der schwerbedeckten Enge 1)
Treibet mich ein eigenes Gericht.
Eurer Priester summende Gesänge
Und ihr Segen haben kein Gewicht;
Salz und Wasser 2) kühlt

Nicht, wo Jugend fühlt;

Ach! die Erde kühlt die Liebe nicht.

Dieser Jüngling war mir erst versprochen,
Als noch Venus' heitrer Tempel stand.
Mutter, habt ihr doch das Wort gebrochen,
Weil ein fremd, ein falsch Gelübd euch band!
Doch kein Gott erhört,

Wenn die Mutter schwört,

Zu versagen ihrer Tochter Hand.

Aus dem Grabe werd' ich ausgetrieben,

Noch zu suchen das vermißte Gut,

Noch den schon verlornen Mann zu lieben

Und zu saugen seines Herzens Blut.

Ist's um den geschehn,

Muß nach Andern gehn,

Und das junge Volk erliegt der Wuth. 3)

1) Dem engen Sarge.

2) Das schon in der frühesten christlichen Kirche gebräuchliche Weihwasser ist mit geweihtem Salz gemischt. — 3) Nach einem alten, in den untern Donauländern noch jezt herrschenden Volksglauben über die Vampyre.

Schöner Jüngling! kannst nicht länger leben;
Du versiechest nun an diesem Ort.
Meine Kette hab' ich dir gegeben;
Deine Locke nehm' ich mit mir fort.
Sieh sie an genau!

Morgen bist du grau,

Und nur1) braun erscheinst du wieder dort.

Höre, Mutter, nun die leßte Bitte :

Einen Scheiterhaufen schichte du!
Oeffne meine bange kleine Hütte, 2)
Bring' in Flammen Liebende zur Ruh!
Wenn der Funke sprüht,

Wenn die Asche glüht,

Eilen wir den alten Göttern zu.

Der Gott und die Bajadere.3)
Indische Legende.

Mahadöh,4) der Herr der Erde,
Kommt herab zum sechstenmal,
Daß er unsers Gleichen werde,
Mitzufühlen Freud' und Qual. 5)

1) Nur gehört zu dort: in der Unterwelt.

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2) Den Sarg.

3) Vollendet 9. Juni 1797. Dünger hat als Quelle folgende Erzählung aus Sonnerats „Reise nach Ostindien und China" (1774-1781) nachgewiesen, deren 1783 erschienene deutsche Uebersehung Goethe sehr anzog: „Dewendren (König der Halbgötter) ging einst unter der Gestalt eines schönen Jünglings aus und suchte eine Tochter der Freude auf, um zu erfahren, ob sie ihm getreu sein würde. Er versprach ihr ein hübsches Geschenk, und sie machte ihm die ganze Nacht hindurch herrliche Freude. Am Morgen stellte sich. Dewendren an, als ob er todt wäre, und das Mädchen glaubte es so ernstlich, daß sie sich ohne Weiteres mit ihm wollte verbrennen lassen, obschon man ihr vorstellte, der Verstorbene sei ja nicht ihr Mann. Eben wie sie sich in die Flammen stürzen wollte, erwachte Dewendren wieder aus seinem Schlaf und gestand ihr seinen Betrug; aber zum Lohne ihrer Treue nahm er sie nun zum Weibe und führte sie mit sich in das Paradies.“

4) Mahadeva, Mahadeo heiß eigentlich großer Gott. Sonnerat, der Mahadeu schreibt, woraus Goethe Mahadöh machte, bemerkt, Siva (einer der drei höchsten Götter, welchen Goethe hier an die Stelle des Dewendren sezt, werde häufig unter diesem Beinamen angebetet. Dünßer.

5) Goethe überträgt die vielen Verwandlungen Vischnu's auf Siva und dichtet ganz frei, es sei dieser damals gerade in seiner sechsten Vermenschlichung auf die Erde gekommen, um die Menschen zu prüfen. Dünger.

Er bequemt sich, hier zu wohnen,
Läßt sich Alles selbst geschehn.

Soll er strafen oder schonen,

Muß er Menschen menschlich 1) sehn.

Und hat er die Stadt sich als Wandrer betrachtet,
Die Großen belauert, auf Kleine geachtet,
Verläßt er sie Abends, um weiter zu gehn.

Als er nun hinausgegangen,
Wo die lezten Häuser sind,

Sieht er mit gemalten Wangen

Ein verlornes schönes Kind.

Grüß' dich, Jungfrau! Dank der Ehre!

Wart', ich komme gleich hinaus !

Und wer bist du? Bajadere, 2)
Und dies ist der Liebe Haus.

Sie rührt sich, die Cymbeln zum Tanze zu schlagen,
Sie weiß sich so lieblich im Kreise zu tragen,

Sie neigt sich und biegt sich und reicht ihm den Strauß.

Schmeichelnd zieht sie ihn zur Schwelle,

Lebhaft ihn ins Haus hinein.

Schöner Fremdling, lampenhelle

Soll sogleich die Hütte sein.

Bist du müd', ich will dich laben,

Lindern deiner Füße Schmerz.

Was du willst, das sollst du haben,

Ruhe, Freuden oder Scherz.

Sie lindert geschäftig geheuchelte Leiden.

Der Göttliche lächelt; er siehet mit Freuden
Durch tiefes Verderben ein menschliches Herz.

Und er fordert Sklavendienste:
Immer heitrer wird sie nur,

1) Als Mensch.

2) Der Name stammt vom portugiesischen baladeira, Tänzerin. Nach Sonnerat weihen sich diese Mädchen ganz der Verehrung der Götter. Sie werden von ihren Eltern in die Pagode geschickt, noch ehe sie mannbar sind und bekommen dort Tanzmeister und Musiklehrer. Die Bramanen bilden ihr jugendliches Herz und pflücken die jungfräuliche Rosenknospe; am Ende werden sie öffentliche Dirnen.

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