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Einzelne.

Hebe selbst die Hindernisse,
Neige dich herab, Cypresse,
Daß ich deinen Gipfel küsse
Und das Leben dran vergesse!

Eure Gärtnerei zu lernen,
Könnte nimmermehr verlangen;
Mein Jasmin ist fortgegangen,
Meine Rose weilt im Fernen.

Luna, solcher hohen Stelle
Weiten Umblick neid' ich dir;
Sei auch der Entfernten helle,
Aber äugle nicht mit ihr!

Liebevoll und frank und frei
Riefst du mich heran;
Langsam geh' ich nun vorbei,
Siehst du mich denn an?

Ringlein kauft! geschwind, ihr Fraun!
Möcht' nicht weiter wandeln;
Gegen Aug' und Augenbrau'n
Wollt ich sie verhandeln.

Ach, Cypresse, hoch zu schauen,
Mögest du dich zu mir neigen!
Habe dir was zu vertrauen,

Und dann will ich ewig schweigen.

Harre lieblich im Kyanenkranze,

Blondes Mädchen! Bleib' er unverlegt,

Auch wenn Luna in Orions Glanze

Wechselscheinend sich ergeht!

Weiß ich doch, zu welchem Glück

Mädchen mir emporblüht,

Wenn der feurig schwarze Blick

Aus der Milch hervorsieht.

Von der Rose meines Herzens
Pflücktest Blätter nach Gefallen;
Sind vor Gluth des Scheideschmerzens
All die andern abgefallen.

Liebt' ich dich als Kleine, Kleine,
Jungfrau warst du mir versagt;
Wirst doch endlich noch die Meine,
Wenn der Freund die Wittwe fragt.

Das Sträußchen.')

Wehet ein Lüftchen
Aus fürstlichen Wäldern;
Da läufet das Mädchen,
Da läuft es zum Bach,
Schöpft in beschlagne
Eimer das Wasser.
Vorsichtig, bedächtig
Versteht sie zu schöpfen.
Am Flusse zum Mädchen
Schwimmet ein Sträußchen,
Ein duftiges Sträußchen
Von Veilchen und Rosen.
Wenn ich, du holdes
Blümchen, es wüßte,
Wer dich gepflanzet
In lockeren Boden,
Wahrlich! dem gäb' ich
Ein goldenes Ringlein.

Alt böhmisch.

Wenn ich, du holdes
Sträußchen, es wüßte,
Wer dich mit zartem
Baste gebunden,
Wahrlich! dem gäb' ich
Die Nadel vom Haare.
Wenn ich, du holdes
Blümchen, es wüßte,
Wer in den kühlen
Bach dich geworfen,
Wahrlich! dem gäb' ich
Mein Kränzlein vom Haupte.

Und so verfolgt sie
Das eilende Sträußchen,
Sie eilet vorauf ihm,
Versucht es zu fangen:
Da fällt, ach, da fällt sie
Jus kühlige Wasser.

Klaggesang. 2)

Jrisch

So finget laut den Pillalu

Zu mancher Thräne Sorg' und Noth!
Och orro orro ollalu,

weh, des Herren Kind ist todt!

1) „Kunst und Alterthum“ IV, 1, 1823.

2) 1817 aus dem englischen Roman „Glenarvon“ überseßt; zuerst in „Kunst und Alterthum" IV, 1, 1823.

Goethe. I.

35

Zu Morgen, als es tagen wollt,
Die Eule kam vorbeigeschwingt,
Rohrdommel Abends tönt im Rohr.
Ihr nun die Todtenklänge singt:
Och orro orro ollalu.

Und sterben du? Warum, warum
Verlassen deiner Eltern Lieb'?

Verwandten Stammes weiten Kreis?
Den Schrei des Volkes hörst du nicht:
Ochorro orro ollalu.

Und scheiden soll die Mutter, wie,
Von ihrem Liebchen schön und süß?
Warst du nicht ihres Herzens Herz,
Der Puls, der ihm das Leben gab?
Ochorro orro ollalu.

Den Knaben läßt sie weg von sich,
Der bleibt und wes't für sich allein;
Das Frohgesicht, sie sieht's nicht mehr,
Sie saugt nicht mehr den Jugendhauch.
Och orro orro ollalu.

Da sehet hin an Berg und Steg,
Den Uferkreis am reinen See,

Von Waldesecke, Saatenland

Bis nah heran zu Schloß und Wall! Ochorro orro ollalu.

Die Jammer Nachbarn dringen her Mit hohlem Blick und Athem schwer; Sie halten an und schlängeln fort Und singen Tod im Todtenwort: Ochorro orro ollalu.

So singet laut den Pillalu

Und weinet, was ihr weinen wollt!

Och orro orro ollalu,

Des Herren einz'ger Sohn ist fort.

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2) Zuerst im „Tiefurter Journal“ Nr. 9, 1781 unter der Ueberschrift: „An die Heuschrecke."

Noten.

Ueber die Ballade

vom vertriebenen und zurückkehrenden Grafen.

Die Ballade hat etwas Mysterioses, ohne mystisch zu sein; diese lezte Eigen= schaft eines Gedichts liegt im Stoff, jene in der Behandlung. Das Geheimnißvolle der Ballade entspringt aus der Vortragsweise. Der Sänger nämlich hat seinen prägnanten Gegenstand, seine Figuren, deren Thaten und Bewegung, so tief im Sinne, daß er nicht weiß, wie er ihn ans Tageslicht fördern will. Er bedient sich daher aller drei Grundarten der Poesie, um zunächst auszudrücken, was die Einbildungskraft erregen, den Geist beschäftigen soll; er kann lyrisch, episch, dramatisch beginnen, und, nach Belieben die Formen wechselnd, fortfahren, zum Ende hineilen, oder es weit hinausschieben. Der Refrain, das Wiederkehren ebendesselben Schlußklanges, giebt dieser Dichtart den entschiedenen lyrischen Charakter.

Hat man sich mit ihr vollkommen befreundet, wie es bei uns Deutschen wohl der Fall ist, so sind die Balladen aller Völker verständlich, weil die Geister in ge= wissen Zeitaltern, entweder contemporan oder successiv, bei gleichem Geschäft immer gleichartig verfahren. Uebrigens ließe sich an einer Auswahl solcher Gedichte die ganze Poetik gar wohl vortragen, weil hier die Elemente noch nicht getrennt, sondern, wie in einem lebendigen Ur-Ei, zusammen sind, das nur bebrütet werden darf, um, als herrlichstes Phänomen, auf Goldflügeln in die Lüfte zu steigen.

Zu solchen Betrachtungen gab mir die oben bezeichnete Ballade Gelegenheit; sie ist zwar keineswegs mysterios, allein ich konnte doch beim Vortrag öfters be= merken, daß selbst geistreich-gewandte Personen nicht gleich zum erstenmal ganz zur Anschauung der dargestellten Handlung gelangten. Da ich nun aber nichts daran ändern kann, um ihr mehr Klarheit zu geben, so gedenk' ich, ihr durch prosaische Darstellung zu Hülfe zu kommen.

V. 1. Zwei Knaben, in einem alten waldumgebenen Ritterschloß, ergreifen die Gelegenheit, da der Vater auf der Wolfsjago, die Mutter im Gebet begriffen ist, einen Sänger in die einsame Halle hereinzulassen.

V. 2. Der alte Baroe beginnt unmittelbar seinen geschichtlichen Gesang. Ein Graf, im Augenblick da Feinde sein Schloß einnehmen, entflieht, nachdem er seine Schäße vergraben, ein Töchterchen in den Mantel gewickelt mit forttragend. V. 3. Er geht in die Welt, unter der Form eines hülfsbedürftigen Sängers. Das Kind, eine schäßbare Bürde, wächst heran.

V. 4. Das Hinschwinden der Jahre wird durch Entfärben und Zerstieben des Mantels angedeutet; auch ist die Tochter schön und groß geworden, eines solchen Schirmes bedürfte sie nicht mehr.

V. 5. Ein fürstlicher Ritter kommt vorbei; anstatt der edelschönen Hand ein Almosen zu reichen, ergreift er sie werbend, der Vater gesteht die Tochter zu.

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