Einzelne. Hebe selbst die Hindernisse, Eure Gärtnerei zu lernen, Luna, solcher hohen Stelle Liebevoll und frank und frei Ringlein kauft! geschwind, ihr Fraun! Ach, Cypresse, hoch zu schauen, Und dann will ich ewig schweigen. Harre lieblich im Kyanenkranze, Blondes Mädchen! Bleib' er unverlegt, Auch wenn Luna in Orions Glanze Wechselscheinend sich ergeht! Weiß ich doch, zu welchem Glück Mädchen mir emporblüht, Wenn der feurig schwarze Blick Aus der Milch hervorsieht. Von der Rose meines Herzens Liebt' ich dich als Kleine, Kleine, Das Sträußchen.') Wehet ein Lüftchen Alt böhmisch. Wenn ich, du holdes Und so verfolgt sie Klaggesang. 2) Jrisch So finget laut den Pillalu Zu mancher Thräne Sorg' und Noth! weh, des Herren Kind ist todt! 1) „Kunst und Alterthum“ IV, 1, 1823. 2) 1817 aus dem englischen Roman „Glenarvon“ überseßt; zuerst in „Kunst und Alterthum" IV, 1, 1823. Goethe. I. 35 Zu Morgen, als es tagen wollt, Und sterben du? Warum, warum Verwandten Stammes weiten Kreis? Und scheiden soll die Mutter, wie, Den Knaben läßt sie weg von sich, Da sehet hin an Berg und Steg, Von Waldesecke, Saatenland Bis nah heran zu Schloß und Wall! Ochorro orro ollalu. Die Jammer Nachbarn dringen her Mit hohlem Blick und Athem schwer; Sie halten an und schlängeln fort Und singen Tod im Todtenwort: Ochorro orro ollalu. So singet laut den Pillalu Und weinet, was ihr weinen wollt! Och orro orro ollalu, Des Herren einz'ger Sohn ist fort. Noten. Ueber die Ballade vom vertriebenen und zurückkehrenden Grafen. Die Ballade hat etwas Mysterioses, ohne mystisch zu sein; diese lezte Eigen= schaft eines Gedichts liegt im Stoff, jene in der Behandlung. Das Geheimnißvolle der Ballade entspringt aus der Vortragsweise. Der Sänger nämlich hat seinen prägnanten Gegenstand, seine Figuren, deren Thaten und Bewegung, so tief im Sinne, daß er nicht weiß, wie er ihn ans Tageslicht fördern will. Er bedient sich daher aller drei Grundarten der Poesie, um zunächst auszudrücken, was die Einbildungskraft erregen, den Geist beschäftigen soll; er kann lyrisch, episch, dramatisch beginnen, und, nach Belieben die Formen wechselnd, fortfahren, zum Ende hineilen, oder es weit hinausschieben. Der Refrain, das Wiederkehren ebendesselben Schlußklanges, giebt dieser Dichtart den entschiedenen lyrischen Charakter. Hat man sich mit ihr vollkommen befreundet, wie es bei uns Deutschen wohl der Fall ist, so sind die Balladen aller Völker verständlich, weil die Geister in ge= wissen Zeitaltern, entweder contemporan oder successiv, bei gleichem Geschäft immer gleichartig verfahren. Uebrigens ließe sich an einer Auswahl solcher Gedichte die ganze Poetik gar wohl vortragen, weil hier die Elemente noch nicht getrennt, sondern, wie in einem lebendigen Ur-Ei, zusammen sind, das nur bebrütet werden darf, um, als herrlichstes Phänomen, auf Goldflügeln in die Lüfte zu steigen. Zu solchen Betrachtungen gab mir die oben bezeichnete Ballade Gelegenheit; sie ist zwar keineswegs mysterios, allein ich konnte doch beim Vortrag öfters be= merken, daß selbst geistreich-gewandte Personen nicht gleich zum erstenmal ganz zur Anschauung der dargestellten Handlung gelangten. Da ich nun aber nichts daran ändern kann, um ihr mehr Klarheit zu geben, so gedenk' ich, ihr durch prosaische Darstellung zu Hülfe zu kommen. V. 1. Zwei Knaben, in einem alten waldumgebenen Ritterschloß, ergreifen die Gelegenheit, da der Vater auf der Wolfsjago, die Mutter im Gebet begriffen ist, einen Sänger in die einsame Halle hereinzulassen. V. 2. Der alte Baroe beginnt unmittelbar seinen geschichtlichen Gesang. Ein Graf, im Augenblick da Feinde sein Schloß einnehmen, entflieht, nachdem er seine Schäße vergraben, ein Töchterchen in den Mantel gewickelt mit forttragend. V. 3. Er geht in die Welt, unter der Form eines hülfsbedürftigen Sängers. Das Kind, eine schäßbare Bürde, wächst heran. V. 4. Das Hinschwinden der Jahre wird durch Entfärben und Zerstieben des Mantels angedeutet; auch ist die Tochter schön und groß geworden, eines solchen Schirmes bedürfte sie nicht mehr. V. 5. Ein fürstlicher Ritter kommt vorbei; anstatt der edelschönen Hand ein Almosen zu reichen, ergreift er sie werbend, der Vater gesteht die Tochter zu. |