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ab. Viel richtiger hat er von ihm in jener Zeit des lebhaften Verkehrs selbst gesprochen: „Ich war so vergnügt, als ich sein kann, wieder einen Menschen zu finden, in dessen Umgang sich Gefühle entwickeln und Gedanken bestimmen.“

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Denn Herder hat, bevor

In Darmstadt lebten manche Frauen, die nicht ohne Einfluß auf Gothe blieben, Louise Ziegler, deren Andenken in Werthers Leiden“ lebendig wird, Caroline Flachsland, die Braut Herders. Auch mit Herder wurde der Verkehr fortgeseßt. Es herrschte in diesem Verkehr keine ungetrübte Stimmung. Die häßlichen Spottworte, die Herder gegen Goethe gebraucht, hatten diesen arg verleßt, die Autoritätsmiene, die dieser einmal angenommen und nicht wieder aufgeben wollte, mochte dem Jüngern troß aller verehrungsvollen Gesinnung auf die Dauer nicht behagen. Er rächte sich gegen solche Ueberhebung durch satirische Ausfälle. Und doch hätte er dem Critiker und Freunde dankbar sein müssen. Goethe's Name und Bestrebungen dem Publikum bekannt waren, von diesen in dem Aufsaße über Shakespeare folgendermaßen gesprochen: „Glücklich, daß ich noch im Ablaufe der Zeit lebte, wo ich Shakespeare begreifen konnte und wo du, mein Freund, der du dich bei diesem Lesen erkennst und fühlst und den ich vor seinem heiligen Bilde mehr als einmal umarmt, wo du noch den süßen und deiner würdigen Traum haben kannst, sein Denkmal aus unseren Ritterzeiten, in unserer Sprache unserm soweit abgearteten Volke herzustellen. Ich beneide dir den Traum und dein edles deutsches Wirken. Laß nicht nach, bis der Kranz dort oben hängt. Und solltest du alsdann auch später sehn, wie unter deinem Gebäude der Boden wankt und der Pöbel umher still steht und gafft oder höhnt und die dauernde Pyramide nicht den alten egyptischen Geist wieder aufzuwecken vermag dein Werk wird bleiben und ein treuer Nachkomme dein Grab suchen und mit andächtiger Hand dir schreiben, was das Leben fast aller Würdigen der Welt gewesen: voluit, quiescit.“

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Das Drama: „Göß von Berlichingen“ gehört in seiner ersten Gestalt, der Geschichte Gottfriedens von Berlichingen“ der Frankfurter vor-Weglarer Zeit an. Von den beiden Gestalten des Stücks, von den Tendenzen, die in ihnen und in den folgenden Bühnenbearbeitungen des Dramas zum Ausdruck kamen, von dem

Verhältnisse desselben zu seiner Quelle, von den ersten Aufführungen und deren Eindruck, von dem Urtheile der Critiker und des Lesepublikums ist in der Einleitung zu dem Abdrucke des Dramas genugsam die Rede Das eine Drama genügte, um Goethe berühmt zu machen. Als es eben erschienen war, konnte noch Matthias Claudius fragen: „Wer hat den Göz von Berlichingen geschrieben? Hier sagt man, ein Advocat aus Frankfurt“; wenige Monate später war Goethe's Name in Aller Munde. So bildet es Epoche im Leben des Dichters, aber es bildet auch Epoche in der Geschichte des deutschen Dramas. Es ist deutsch, historisch, ohne Beachtung der Regeln, freiheitlich, es gewährt ein großartiges Zeitbild einer vergangenen Epoche und ist voll von Anspielungen auf die Gegenwart, es führt einen bedeutsamen Charakter aus früherer Zeit vor und ist zugleich ein Stück Selbstbekenntniß und Beichte. Mit diesem Stücke beginnt Goethe's großartige Theaterthätigkeit. Bisher war er nur Bühnenenthusiast, jezt wird er Bühnendichter und versucht es nach und nach in jeder Thätigkeit, als Schauspieler, Dramencritiker und Theaterdirector.

Wie Goethe zu Muthe war, als er das Drama dichtete, geht am besten aus einem Briefe an Salzmann hervor (28. November 1771): „Sie kennen mich so gut und doch wett' ich, Sie rathen nicht, warum ich nicht schreibe. Es ist eine Leidenschaft, eine ganz unerwartete Leidenschaft, Sie wissen, wie mich dergleichen in ein Cirkelchen werfen kann, daß ich Sonne, Mond und die lieben Sterne darüber vergesse. Ich kann nicht ohne das sein, Sie wissens lang, und koste was es wolle, ich stürze mich drein. Diesmal sind keine Folgen zu befürchten. Mein ganzer Genius liegt auf einem Unternehmen, worüber Homer und Shakespeare und Alles vergessen werden. Ich dramatisire die Geschichte eines der edelsten Deutschen, rette das Andenken einen braven Mannes und die viele Arbeit, die michs kostet, macht mir einen wahren Zeitvertreib. In sich selbst gekehrt, ists wahr, fühlt sich meine Seele Essors, die in dem zerstreuten Straßburger Leben verlappten. Aber eben das wäre eine traurige Gesellschaft, wenn ich nicht alle Stärke, die ich in mir selbst fühle, auf ein Object würfe und das zu packen und zu tragen suchte, so viel mir möglich und was nicht geht, schlepp' ich. Wenns fertig ist, sollen Sie's haben und ich hoff Sie nicht wenig zu vergnügen, da ich Ihnen

einen edeln Vorfahr, (die wir leider nur von ihren Grabsteinen kennen), im Leben darstelle."

Die Gesinnung, von der Goethe beim Schreiben des Stückes erfüllt war, tritt klar genug in dem aus Hallers Roman Usong gewählten resignirten Motto hervor: „Das Herz des Volkes ist in den Koth getreten und keiner edeln Begierde mehr fähig.“ Noch flarer aber wird sein Sinn durch den Trinkspruch, in welchem sich Göz und die Seinen vereinen, da sie dem Tode ins Auge sehen: „Es lebe die Freiheit.“

Der junge Frankfurter Advocat, so sehr er auch von solch freiheitlichen Ideen erfüllt war, vermochte nicht ihnen zu leben. Er mußte im Mai 1772 nach Wezlar, um den Geschäftsgang des Reichskammergerichts zu studiren. Der Weylarer Aufenthalt jedoch (15. Mai bis 10. September) ist nicht blos wichtig dafür, daß Goethe Kenntniß nahm von der Einrichtung eines veralteten Gerichtswesens, sondern ist von hervorragender Bedeutung für sein Leben. Er lernte Lotte Buff kennen und liebte sie, obwohl sie die Braut eines Andern war. Er vermochte sich schwer von ihr loszureißen und trug sich mit selbstmörderischen Plänen. Er befreite sich von der Gefühlslast, die durch dieses Ereigniß und andere auf ihn gewälzt war, erst durch ein späteres Werk, „die Leiden des jungen Werthers", das im Jahre 1774 erschien. Der Selbstmord des jungen Jerusalem, Goethe's eigenes Verhältniß zu Mare und Peter Brentano in Frankfurt, der Tochter bez. dem Schwiegersohn der Sophie La Roche, gewährten die anderen thatsächlichen Momente zu diesem Werke. Aber vor Allem war der Roman ein Stimmungsbild, das den Zustand der damaligen Jugend getreulich wiedergab, das mächtige Sehnen freiheitlich gesinnter Jünglinge aus traurigen unentwirrbaren Zuständen, das Verzweifeln am Leben, das Flüchten in die Zaubergänge der Poesie und, wenn keine Rettung zu winken schien, die gewaltsame Herbeiführung einer wahnwißigen und frevelhaften Lösung, durch Selbstmord.

Doch bevor der genannte Roman erschien, war Manches gearbeitet und Vielerlei geplant worden.

Die äußeren Ereignisse jener Jahre sind sehr bald erzählt. Im Jahre 1772 unternahm Goethe in Mercks Begleitung eine Reise nach Ehrenbreitenstein zu Sophie La Roche, im Jahre 1774 eine Reise nach

Ems, mit Lavater und Basedow und eine Rheinreise theils in Begleitung der Genannten, theils im Verein mit F. H. Jacobi, der aus einem lebhaft bekämpften Gegner bald ein geliebter und lebhaft gepriesener Freund wurde; endlich 1775 eine Reise nach der Schweiz, auf der die Brüder Stolberg zuerst seine Reisegefährten und Lavater sein ersehntes Ziel war. Von diesen Reisen hat Goethe in der Selbstbiographie ausführlich gehandelt. Dort hat er auch die Begegnungen mit anderen außer den bei Gelegenheit der Reisen erwähnten, hervorragenden Zeitgenossen erzählt, z. B. mit dem berühmten Arzt Zimmermann, der auch als Verfasser politisch-philosophischer Schriften große Bedeutung erlangte; vor Allem mit Klopstock, dem hochgeehrten Meister. Ebenso ist daselbst auch von dem Leben in Frankfurt, von den männlichen und weiblichen Mitgliedern des geselligen Kreises, der sich um die Geschwister versammelte, genügend gesprochen. Auf Friedrike, Lotte und Maxe, die leßten Herzensköniginnen, folgten andere, die kürzer oder weniger nachhaltig ihr Regiment führten: Anna Elisabeth Münch und Lili Schönemann. Die erstere wollte Frau Rath als Schwiegertochter begrüßen; mit der leztern hat Goethe wirklich ein Verlöbniß geschlossen. Es führte nicht zur Heirath und gewährte auch während seiner Dauer den Verbundenen keine Befriedigung. Das vielumworbene, selbstbewußte, Huldigungen nicht unzugängliche, launische und etwas kühle Mädchen und der leidenschaftliche, eifersüchtige, sinnlich glühende Jüngling, der die Geliebte ganz allein für sich besigen wollte, konnten zu einander nicht passen. Nach vielen Kämpfen — auch die Schweizerreise bildet ein Moment in diesem Kampfe, in dem Versuche, sich zu befreien wurde das Verlöbniß gelöst.

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Aber wichtiger als alle diese und andere äußere Ereignisse find die schriftstellerischen Versuche, die diesen fruchtbaren Jahren angehören. Zunächst find theologische Arbeiten zu erwähnen. Die eine ist der Brief des Pastors zu ** an den Pastor zu ***" Der Brief eifert gegen die Streitigkeiten innerhalb der Kirche, gegen die Hierarchie, er empfiehlt die Hochhaltung der Bibel und ermahnt mit Ernst und Strenge zur Pflege der Liebe. Die zweite Schrift: „Zwo wichtige bisher unerörterte biblische Fragen, zum ersten Male gründlich beantwortet von einem Landgeistlichen in Schwaben“ scheint in theologische Kleinigkeitskrämerei auszuarten. Die erste Frage

nämlich: „Was stand auf den Tafeln des Bundes ?" wird beantwortet: nicht die zehn Gebote, sondern zehn Geseze des israelitischen Jehovabundes; und die zweite: „Was heißt mit Zungen reden?": vom Geist erfüllt, in der Sprache des Geistes des Geistes Geheimnisse verkünden. Aber die allgemeine freiheitliche Tendenz der Gesinnung ritt in den schönen Schlußworten hervor, die in Sprache und Gedanken an die Shakespearerede und Aehnliches anklingen. Goethe ist kein Theologe; die Theologen wollten von seinen Schriften nicht viel wissen; am richtigsten hat wohl Bahrdt in seinem „Kirchen- und Kezeralmanach" darüber geurtheilt mit den Worten: „Er geht auch in der Theologie wie die Genies alle seinen eignen Weg, ist zu klug, um die Religion der Gößen und Seiler zu verfechten und zu stolz, um sich an die Reformatoren anzuschließen; daher hat er mit Herdern und einigen Anderen eine eigene Mittelbahn betreten, hat rechts und links Orthodoxen und Kezern Ohrfeigen ausgetheilt und im Grunde mit dem lieben Publikum seinen Spaß gehabt."

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Das critische Bestreben äußerte sich aber nicht blos in diesen literarischen Plänkeleien. Es zeigte sich vielmehr in einer critischen, oder wie man damals sagte, gelehrten Zeitschrift. Grade die, an der Goethe hauptsächlichen Antheil nahm, die „Frankfurter gelehrten Anzeigen" vom Jahre 1772 denn ob Goethe und die Seinen an dem folgenden Jahrgange noch betheiligt gewesen, ist sehr bestritten verdient nun freilich ihr Beiwort sehr wenig, da sie das eigentlich Fachwissenschaftliche ausschloß und fast nur Aesthetisches, Literarisches, Kunst, Theologie und Geschichte berücksichtigte. Die Hauptmitarbeiter außer Goethe waren die schon genannten Merck und Schlosser, von Fremden vor allen Herder und der Gießener Jurist Höpfner, den Goethe gelegentlich eines Besuchs in Gießen kennen gelernt hatte. Höpfner (1743-1797) war Jurist, ein tüchtiger wissenschaftlich vielseitig thätiger Mann, mit den schöngeistigen Kreisen seiner Stadt bekannt, ein Feind literarischer Streitigkeiten, ein Gegner akademischen Lebens, der in die Stammbücher seiner jungen Freunde den refignirten Spruch einzuschreiben pflegte: Jenseits des Ufers ist ein besseres Land."

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Im Verein mit den genannten Männern arbeitete Goethe an der Frankfurter Zeitschrift. Seine Beiträge sind unstreitig die hervorragendsten derselben. Sie beziehen sich auf literarische, historische,

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