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„Die Briefe Goethe's an Charlotte von Stein", sagt Herm. Grimm, „bilden eines der schönsten und rührendsten Denkmale, welches die gesammte Literatur besißt. Man wird diese Briefe lesen und commentiren, so lange unsere heutige deutsche Sprache verstanden werden wird. Aus diesen Briefen nicht nur, sondern aus der ungemeinen Fülle von Material aller Art find wir über Frau von Steins Charakter, sowie über ihre und ihrer weitverzweigten Familie Verkehr mit Goethe unterrichtet. Auf alle diese Akten hin aber ist es meiner Ansicht nach nicht möglich, Goethe's und Frau von Steins Verhältniß anders zu charakterisiren, als daß wir es eine hingebendste Freundschaft edelster Art nennen. Ohne diese Annahme würde ein Quantum Lüge, Selbsttäuschung, Vergeßlichkeit, ja Frechheit bei dieser Frau und ein Quantum Kälte, Rohheit und abermals Frechheit bei Goethe angenommen werden müssen, zu dem ihre beiderseitige Naturanlage in gar keinem Verhältniß stände. Man müßte Frau von Stein wie Goethe, nur um die unnöthige Hypothese aufrecht zu erhalten, Frau von Stein sei seine Maitresse gewesen, diese Eigenschaften, für die ihr eigenes Leben gar keine Beläge liefert, willkürlich anhängen.“

Von diesen Briefen durch willkürlich herausgegriffene Proben einen Begriff zu geben, ist schwer, wenn nicht unmöglich. Der Auswählende kann eine unglückliche Hand haben, der Empfangende nicht das nöthige Gefühl, den richtigen Sinn besißen und so durch Ungeschicklichkeit der Wahl und durch Mangel an Empfänglichkeit der gewünschte Eindruck verfehlt werden. Möge statt alles Andern ein Reimspruch der Charlotte hier Plaz finden, den sie auf einen Brief Goethe's schrieb:

Ob's Unrecht ist, was ich empfinde

Und ob ich büßen muß die mir so liebe Sünde,

Will mein Gewissen mir nicht sagen

Vernicht' es, Himmel, du, wenn mich's könnt' je anklagen.

Wir aber wollen auch dieses Verhältniß mit den Worten Plato's beurtheilen, die Goethe gelegentlich der Freundin mittheilt: Est amor circulus a bono in bonum semper revolutus.

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Das Verhältniß Goethe's zu Frau von Stein war nicht unauflöslich wie eine Ehe. Die verheirathete Frau hatte die Freuden der Ehe genossen und fand in ihrem Hause und in ihren Kindern hohen

Genuß; der unverheirathete Mann mußte sich, je älter er wurde, nach den Freuden der Liebe und dem eignen Hause sehnen. So lange Goethe unmittelbar unter Charlottens Botmäßigkeit gestanden, unterdrückte er jedes Gelüsten; als er aus der Ungebundenheit des italienischen Lebens zurückkehrte, begehrte er Befriedigung seiner Sinne. Eine Nebenbuhlerin aber selbst untergeordneter Art konnte Charlotte nicht ertragen; ein Bruch war unvermeidlich. Charlotte fügte sich in das Unvermeidliche nicht mit der Hoheit und Würde, die ihr wohl angestanden hätten. Sie verfolgte die nunmehrige Geliebte des Freundes mit heftigen Reden und rächte sich an dem Treulosen durch ihr Trauerspiel „Dido“. Sie war zum Tode verwundet, aber bereit das Leben weiter zu ertragen: „Ich bin durch Goethe's Abschied für alle mir noch bevorstehenden Schmerzen geheilt worden, ich kann Alles dulden und Alles verzeihen.“ Sie lebte fast noch 40 Jahre, in Erinnerung an das Alte, in Verbindung mit neuen Menschen. Die Verbindung mit Goethe wurde später wieder aufgenommen, wenn auch nun an Stelle der Leidenschaft eine gewisse Kühle getreten war. Als Charlotte ihren Tod nahen fühlte, verordnete sie, daß ihr Sarg nicht an Goethe's Haus vorübergetragen würde; noch in den lezten Momenten gedachte sie des alten Freundes und wollte ihn schonen.

Charlotte war nicht die Einzige, die den jungen Weimarer Ankömmling mit offenen Armen aufnahm; bald war er der allgemeine Liebling des Hofes, der Gesellschaft, der Stadt. Selbst Wieland, der seiner Ankunft mit Bangen entgegengesehn, fühlte sich sofort zu ihm hingezogen. Er hat selbst die Wandlung, die sich in ihm vollzog, den gewaltigen Eindruck, den Goethe hervorrief, in den Bersen bezeichnet:

Auf einmal stand in unsrer Mitte ein Zauberer . .
Ein schöner Herenmeister es war

Mit einem schwarzen Augenpaar,

Zaubernden Augen voll Götterblicken,

Gleich mächtig zu tödten und zu entzücken.

So trat er unter uns herrlich und hehr

Ein echter Geisterkönig daher.

Und Niemand fragte: wer ist denn der?

Wir fühlten beim ersten Blick: das war er.

Wir fühlten's mit allen unsern Sinnen
Durch alle unsre Adern rinnen.

...

So hat sich nie in Gottes Welt
Ein Menschensohn uns dargestellt,
Der alle Güte und Gewalt

Der Menschheit so in sich vereinigt,
So feines Gold, ganz innerer Gehalt,
Von fremden Schlacken so ganz gereinigt,

Der unzerdrückt von ihrer Last

So mächtig alle Natur umfaßt,

So fest in jedes Wesen sich gräbt

Und doch so innig im Ganzen lebt.

Goethe selbst war bald gefesselt. Schon wenige Monate nach seinem Eintreffen schrieb er: „Ich werd auch wohl dableiben und meine Rolle sogut spielen als ich kann und so lang als mir's und dem Schicksal beliebt." Und nun begann ein lustiges, tolles Leben. Gar Manche schüttelten die Köpfe über dies Treiben, sie fürchteten, der Herzog und die Seinen möchten dadurch ihre Würde einbüßen, das Land würde seinen Glanz durch die übertriebene Munterfeit seiner Großen verlieren. Selbst solche, die fest an Goethe geglaubt, verloren oder schwächten ihren Glauben. Klopstock suchte Goethe vom Verderben, wie er meinte, zurückzuhalten, wurde aber mit aller Entschiedenheit, wenn auch ohne Grobheit, zurückgewiesen; auch Lavater begann zu zweifeln, bekehrte sich aber, da er noch früh genug einsah, daß sein Zweifel unberechtigt gewesen sei.

Freilich durch große schriftstellerische Thaten suchte Goethe nicht die Ungläubigen zum Glauben zurückzuführen. Ueberblickt man das, was in den zehn Jahren bis 1786 von Goethe gedruckt worden ist, so empfängt man keinen besonders günstigen Eindruck. Außer Wiederholung früherer Arbeiten z. B. des Werther, unberechtigten Zusammenstellungen und Nachdrucken einzelner Schriften findet man fast nur Gelegenheitsschriften mit einem gewissen amtlichen Charakter, Hofdichtungen, gelegentliche Beiträge zu dem von der HerzoginMutter herausgegebenen Tiefurter Journal" und Gedichte.

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Diese Gedichte waren zumeist der Gegenwart gewidmet. Sie feierten den Herzog und sein Haus, sie verherrlichten Tugend und Schönheit. Neben Charlotte von Stein erscheint wohl Corona Schröter, die schöne Sängerin und Componistin unter den Gefeierten; fie erhält in dem Gedichte „Auf Miedings (des Theatermeisters) Tod“, das viele Weimaraner, insbesondere die zum Theater gehörigen verherrlicht, nach Karl Augusts Ausdruck, „einen unverwelklichen

Kranz“. Aber neben der Gegenwart gedachte der Dichter der Vergangenheit. Wie Herder, Wieland, Bertuch, so blickte auch Goethe gern auf das 16. Jahrhundert hin und die damals lebenden Begründer der neudeutschen Sprach- und Geistesentwicklung. Hans Sachs' poetische Sendung“ ist eine solche dankbare Schilderung des alten Meisters und seiner Leistungen. Aber es ist zugleich die Lobpreisung der Dichtkunst und die begeisterte Darstellung der Liebe, die das wahre Wesen des Dichters ausmacht. Die vielgeschmähten Verse des Nürnberger Dichters wurden eine Zeit lang von Goethe absichtlich nachgeahmt.

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Einige Fest- und Gelegenheitsdramen gehören der ersten Weimarer Zeit an. Die Vögel“, „Lila“, „die Fischerin“, heitere Stücke, theilweise mit literarisch - satirischer Tendenz die politische Satire lag damals wie später Goethe fern wurden damals gedichtet und von den Genossen des Hofes aufgeführt. Zu den literarischen Satiren gehörte auch „Woldemars" Kreuzerhöhung, d. h. die in einer übermüthigen Stimmung vorgenommene Annagelung des so betitelten Jacobischen Romans an einen Baum, eine übermüthige Handlung, die nur noch energischer als „der Triumph der Empfindsamkeit“ bekunden sollte, daß der Dichter mit der empfindsamen Richtung vollkommen gebrochen habe und keinerlei Rückfall in dieselbe dulden wolle.

Indessen Goethe war nicht blos ein übermüthiger Spiel- und Lustgenosse, ein stets bereiter Hofdichter, der sich eine fast ebenbürtige Stellung zu den Spizen des Hofes verschaffen und bewahren konnte, sondern er war zugleich ein treuer, kenntnißreicher und umsichtiger Beamter.

C. Vogel, Goethe's letter Amtsgenosse, hat über Goethe's amtliche Thätigkeit gehandelt. Aus seiner Darstellung seien die folgenden Daten mitgetheilt. Am 11. Juni 1776 wurde Goethe geheimer Legationsrath, mit Siß und Stimme im geheimen Consilium. Sein Gehalt betrug 1200 Thaler, wurde dann auf 1800, seit 1816 auf 3000 Thaler erhöht. Nach der Entlassung Kalbs (im Jahre 1782) wurde Goethe zwar nicht eigentlich Kammerpräsident, aber hatte die Oberleitung in allen wichtigeren Dingen und den unmittelbaren Bericht an den Großherzog. 1788 wurde Goethe durch den Kaiser Joseph in den Adelstand erhoben. In demselben Jahre wurde er von der Verpflichtung, den Sessionen beizuwohnen, entbunden, behielt aber die Berechtigung dazu. 1791-1817 hatte er die Oberleitung

des Theaters. Von 1818 an führte er ausschließlich die Oberaufsicht der Großherzoglichen unmittelbaren Anstalten für Wissenschaft und Kunst. Diese Anstalten waren: die Bibliothek, das Münz-Cabinet, das Kunst-Cabinet, die freie Kunst-Schule, die Gemälde- und Kupferstich-Sammlung in Weimar; das lithographische Institut in Eisenach; die zoologischen, botanischen, mineralogischen, anatomischen, physikalisch-chemischen Cabinete, der botanische Garten, die Sternwarte, die Thierarzneischule und die akademische Bibliothek in Jena. Manche dieser Anstalten sind von Goethe begründet, viele von Grund aus verändert, alle bereichert, liebevoll gepflegt worden. Peinliche Ordnung in der Geschäftsführung wurde von ihm beobachtet und von Anderen verlangt, das Halten von Tagebüchern den Beamten zur Pflicht gemacht. Die Masse der von ihm verfaßten amtlichen Schriftstücke ist ungeheuer. Jedes bedeutendere Aktenstück wurde vorher sorgfältig schematisirt und concipirt. Goethe zeigte in amtlichen Verhältnissen eine große Festigkeit und Beharrlichkeit. Er gewährte und versagte sogleich, ohne Hinhalten und Verzögern. Er war frei von Eigennuz, dankbar und anerkennend. Freilich wurde er in seinem Alter ziemlich umständlich, statt der jugendlichen allzugroßen Kühnheit erfaßte ihn Bedächtigkeit und Unentschlossenheit. Er war gern bereit, wirklich Strebenden die Benußung dieser Anstalten zu ermöglichen; müssige Gaffer wies er ab, unberufene Eindringlinge wußte er amtlich wie persönlich von sich fern zu halten. Unter den Männern, mit denen Goethe Jahrzehnte lang zusammenarbeitete, ist besonders Chr. Gottl. v. Voigt (1743-1819) zu nennen Seit 1777 in Weimar, begann er 1783 bei der Verwaltung des Ilmenauer Bergwerks seine gemeinschaftliche Thätigkeit mit Goethe und ist seitdem mit ihm in ununterbrochenem geschäftlich - freundschaftlichen Verkehr, ihn fördernd und von ihm gefördert, geblieben.

In dem persönlichen und literarischen Leben Goethe's bis zur italienischen Reise sind mancherlei Momente hervorzuheben. Der mit dem Herzog unternommenen Schweizerreise (Herbst 1779) und ihres klar ausgesprochenen Zweckes, den Herzog durch das Anschauen der großen Natur zur Selbstbesinnung zu führen, durch Lavater für den Herzog und für sich reinigende beseligende Einwirkung zu empfangen, ist schon gedacht. Zwei literarische Früchte wurden durch diese Reise gezeitigt. Die eine ist die klare und anschauliche Be

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