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mir kein Mensch geben konnte. . Ich habe keine Worte, die stille wache Seligkeit auszudrücken, mit der ich nun die Kunstwerke zu betrachten anfange; mein Geist ist erweitert genug, um sie zu fassen und bildet sich immer mehr aus, um sie schäßen zu können.“ Moriz (1757-1793), ein tüchtiger Sprachkenner, feinsinniger Aesthetiker, war Goethe zur Befestigung seines eignen literarischen Urtheils, zur Vermehrung seiner prosodischen Kenntnisse sehr nußbringend. Er empfing durch Goethe's hingebende Pflege und Freundschaft weit mehr, als er zu geben vermochte. Er fühlte sich dadurch erst recht aufgenommen in die Reihe der Großen und vergalt Goethe seine wohlthätige Liebe durch enthusiastische Verehrung und Freundschaft. Er schrieb über ihn: „Es ist eine Wollust, einen großen Mann zu sehn. Wie warm empfinde ich das jezt; wie ein wohlthätiger Genius könnte mir Goethe nirgends erwünschter erscheinen als hier. O, warum kannst Du nicht auch Dich an seines Geistes milder Flamme wärmen! Ich fühle mich durch seinen Umgang veredelt; die schönsten Träume längst verflossener Jahre gehen in Erfüllung.“

Auch die wissenschaftlichen Studien ruhten in Italien nicht. Die Sammlungen wurden fortgeseßt, die Naturbetrachtung eifrig gefördert; nicht lange nach der Rückkehr aus Italien konnte, fast als Frucht jenes Aufenthalts, die „Metamorphose der Pflanzen" erscheinen. Die Entdeckung des Zwischenkieferknochens beim Menschen, die nur darum zufällig gemacht werden konnte, weil ihr eindringende Studien vorausgegangen waren, gehört dem Aufenthalte zu Venedig im Jahre 1790 an.

Die Folgen der italienischen Reise waren für Goethe von hoher Bedeutung. Zunächst leistete er durchaus Verzicht auf Ausübung der bildenden Kunst. Er sprach diese für ihn nicht angenehme Wirkung ganz unumwunden aus; auch seine etwas unklar klingenden Worte: Ich habe mich in dieser anderthalbjährigen Einsamkeit wiedergefunden, aber als was? als Künstler“ bedeuten nichts Anderes. Sodann hatte er die Befreiung von amtlichen Lasten erlangt. „Nehmen Sie mich als Gast auf“, so hatte er dem Herzog geschrieben, „lassen Sie mich an Ihrer Seite das ganze Maß meiner Existenz ausfüllen, so wird meine Kraft, wie eine neu geöffnete, gesammelte, gereinigte Quelle von einer Höhe, nach Ihrem Willen leicht dahin und dorthin zu leiten sein." Endlich hatte er eine Erhöhung seines innern Lebens erreicht. Er kannte sein Ziel und

die Wege, die zu demselben führten. Nun war er frei von den Betrachtungen über sein Ich „des unbefriedigten Geistes düstere Wege zu spähen.“ Er fühlte sich als ein Mann, der keine Leitung, selbst die der Geliebten, mehr ertragen wollte. Der zutrauliche Jüngling, der leidenschaftliche Freundschaft begehrte und spendete, bereitete sich vor, der unnahbare Geistesfürst zu werden.

Den aus Italien Rückkehrenden empfingen die gewohnten Verhältnisse der Heimath. Aber sie gewährten ihm nicht mehr den Reiz, den sie ihm ehedem verschafft hatten. Den, der die große Welt und die große Kunst geschaut und genossen hatte, konnte die kleine Stadt nicht mehr fesseln; das freie römische Leben ließ sich nicht leicht und schmerzlos vertauschen mit den engen und beschränkten Weimarischen Verhältnissen. Die Ansprüche, welche Frau von Stein auf ihn zu machen fortfuhr, konnte er nicht befriedigen; seine Natur, an Entsagung nicht mehr gewöhnt, verlangte Genuß.

Da traf er, Herbst 1788, bei einem Spaziergang im Park zu Weimar ein junges Mädchen, Christiane Vulpius, die ihm eine Bittschrift für ihren Bruder, den bekannten Romanschriftsteller und Vielschreiber überreichte. Christiane war Waise, sie verdiente sich ihren Lebensunterhalt als Arbeiterin in der Bertuchschen Blumenfabrik, sie war jung, arm, anmuthig, lebenslustig, was Wunder, daß sie eine Annäherung des schönen und hochgebietenden Herrn nicht zurückwies. Die Weimarer Moralisten schrieen Zeter, die Frauen, und gerade die edelsten und höchstgebildeten, Frau von Stein, Charlotte von Schiller wetteiferten, den weiblichen Eindringling als mit Untugenden aller Art behaftet hinzustellen; Goethe ließ sich nicht irren. Er hatte Christiane alsbald in sein Haus aufgenommen und betrachtete sie als seine Frau, wenn auch der Verbindung mit ihr der kirchliche Segen fehlte. Er verlangte keine öffentliche Anerkennung der Geliebten und keine Aufnahme derselben in die Gesellschaft, es war ihm genug, daß der Herzog das Verhältniß kannte und duldete, daß Herder, bei Goethe's gelegentlicher Abwesenheit, sich des Mädchens schüßend annahm, daß die Mutter sie als Tochter begrüßte. Ihr Sohn August geb. 1789, mehrere andere Kinder starben fast unmittelbar nach der Geburt wurde anstandslos von der Gesellschaft aufgenommen; selbst von der strengen Frau von Stein, die diesem Kinde der Liebe eine ähnliche Liebe entgegenbrachte, wie

Goethe sie viele Jahre hindurch ihrem Sohne Friß bewährt hatte. Erst 1806 wurde die Ehe kirchlich eingesegnet und damit Christiane völlig legitimirt. Nicht unter dem Donner der Kanonen", wie man wohl verleumderisch gesagt hat, sondern in einer ernsten trüben Zeit, in welcher der sorgsame Hausvater sich mehr als je verpflichtet fühlte, die Zukunft der Geliebten gegen alle Eventualitäten sicher zu stellen; in einem Momente, da er selbst die liebevolle Energie der Frau zu seinen Gunsten erfahren hatte.

Christiane war eine liebenswürdige, heitere, unermüdlich sorgende, energische, kluge Hausfrau. Sie umgab Goethe mit stets wacher, verehrender Liebe. Sie sprach beständig von ihm als von dem „Herrn Geheimrath." Sie begnügte sich bescheiden mit der Rolle, neben ihm zu gehn und für ihn' sorgen zu dürfen. Sie war nicht bedeutend, aber sie besaß Verständniß genug, um Dichtungen aufnehmen und wohl auch leichteren wissenschaftlichen Untersuchungen folgen zu können. Bedeutende Männer verfehlen nicht, in ihren Briefen an Goethe mit innigen Worten der Hausfreundin“ zu gedenken. Die Briefe, die von ihr erhalten sind, z. B. an Nikolaus Meyer in Bremen, zeigen nicht blos die Hausfrau, die für Küche und Keller zu sorgen versteht, nicht blos das Mädchen, das Jugendlust und Lebensfreudigkeit in allen Stürmen sich bewahrt, sondern auch das Weib, das warmes Interesse für Geistiges, für die Arbeiten ihres Mannes besigt.

Goethe hat für sie, wie wir wissen, das Gedicht „die Metamorphose der Pflanzen“ verfaßt. Die Freude über ihren Besiß, den Genuß, den er in ihrer Liebe fand, hat er vielfach ausgedrückt, vornehmlich in den Römischen Elegieen" und in den „Venetianischen Epigrammen." Jene sind, trog ihres Titels, nicht etwa in Rom, sondern in Weimar entstanden und stimmen mit echt antiker Freiheit das hohe Lied des im Genusse schwelgenden Liebhabers an. Diese in Venedig 1790, während einer kurzen gezwungenen Abwesenheit von der Geliebten gedichtet, feiern, troßdem sie auch italienische Verhältnisse berühren, Politik und Religion behandeln, in warmem Worte die Liebe und geben dem vollkommenen Glücksgefühl des Liebenden Ausdruck in den Versen:

Sage, wie lebst du? Ich lebe! und wären hundert und hundert

Jahre dem Menschen gegönnt, wünscht' ich mir morgen wie heut.

Jedoch nicht blos in den Zeiten des Rausches hat Goethe der Geliebten gedacht. Als er sie entdeckt, dichtete er in dem Liedchen „Gefunden" (Werke I., S. 15), eine poetische Entschuldigung seiner geseglosen Verbindung mit der Geliebten; 25 Jahre später, gleichsam zur Feier seiner silbernen Hochzeit, dichtete er das Lied um: „Im Vorübergehn“ (I., S. 354), als wollte er bekunden, daß die Gesinnungen, von denen er damals erfüllt war, unwandelbar geblieben seien. „Ich war so heiter, Wollt' immer weiter das war mein Sinn.“ Doch nach dem Entstehen dieser Verse waren den Vereinten nur noch drei Jahre des Zusammenlebens gegönnt. Am 6. Juni 1816 starb Christiane. In Goethe's Briefen aus jenen Tagen kann man den tiefen Eindruck verfolgen, den jenes schwere Ereigniß auf ihn machte; in seinen Gedichten finden sich unter der Aufschrift: „Der Gatte der Gattin" (6. Juni 1816) folgende prunklose Verse, die statt aller anderen Zeugnisse von der Innigkeit dieses Verhältnisses Kunde geben:

Du versuchst, o Sonne, vergebens
Durch düstre Wolken zu scheinen,
Der einz'ge Gewinn meines Lebens
Ist, ihren Verlust zu beweinen.

In dem Zusammenleben mit Christiane liegt etwas von der antiken Anschauung, die Goethe aus Italien heimgebracht hatte, von dem Troß gegen die bürgerlichen, engen Verhältnisse, von der Sehnsucht nach freiem Leben und freier Liebe. Diesem antiken Gefühl entspricht auch die Hinneigung zu antiken Stoffen und der Gebrauch antiker Metra. Jene, in Italien begonnen, mögen in Weimar weiter überdacht und, soweit sie überhaupt vollendet sind, ausgeführt sein; diese sind nicht blos in einzelnen der genannten Werke, den „Römischen Elegieen" und den „Venetianischen Epigrammen", benußt, sondern auch in einzelnen anderen späteren Werken. Die Uebung im Hexameter dauerte lange fort und wurde gerade zur Zeit und unter dem Einflusse der Verbindung mit Schiller lebhaft betrieben, z. B. im „Reineke Fuchs“ und in „Hermann und Dorothea", die freilich inhaltlich mit dem Alterthum geringe oder keine Beziehung aufweisen. Dagegen zeigt sich die Beschäftigung mit dem Alterthum in manchen Dichtwerken, die mittelbar oder unmittelbar eine Frucht des Studiums der antiken Tragiker und der homerischen Epen sind. Ist auch die

Iphigenie in Delphi" nicht wieder aufgenommen und blieb die „Nausikaa“ ein unaufgeklärtes, wenn auch reizvolles Fragment, so wurde dem homerischen Genius in der „Achilleïs“ ein würdiger Tribut gezollt (1797) und der von den alten Tragikern behandelte oder angedeutete Prometheusstoff, der Goethe von früher Jugend an in Herz und Sinn gelegen, erhielt in der „Pandora“ (1808) eine neue hochpoetische, Deutschland und dessen schwere Zeit symbolisch verklärende Behandlung.

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Die hauptsächliche Thätigkeit aber, der Goethe die ersten nachitalienischen Weimarer Jahre widmete, war die Vollendung der ersten Gesammtausgabe seiner Schriften. Von dieser auf 8 Bände berechneten Sammlung waren seit Anfang 1787 sechs Bände (Band 1—5, 8) erschienen, welche das Facit seines bisherigen literarischen Lebens zogen. Sie enthielten zumeist ältere Sachen, theilweise in einer Umarbeitung, die erst in Italien entstanden war; der 6. und 7., Tasso, Faust und einzelne Singspiele enthaltend, wurden erst im Laufe der nächsten Jahre vollendet. Diese erste echte Ausgabe der Goetheschen Werke denn die in den siebziger Jahren erschienene Himburgsche Sammlung war ein unberechtigter Nachdruck brachte die Schriften nicht in chronologischer Folge, sondern in systematischem Zusammenhang. Darum sollten die Operetten in einem Bande zusammengestellt werden; das Kunstartige war zu einem Ganzen verbunden worden; die „Gedichte" waren erst in den Schlußband aufgenommen. Den Anfang der Sammlung bildete die Zueignung", den Schluß die Geheimnisse", in der fragmentarischen Gestalt, in der sie dauernd verblieben. Einzelne Werke sind erst nach der Rückkehr aus Italien entstanden, z. B. „Künstlers Apotheose“; ein anderes, „Tasso“, erfuhr wenigstens eine völlige Umgestaltung, die gerade für die veränderte Anschauung des Dichters charakteristisch ist. Früher sollte das Drama wohl eine Verherrlichung des Dichters über den Weltmann werden; es sollte den Sieg der jugendlich-kühnen, freiheitlichen Anschauung des Poeten darstellen: nun wurde es zu einem Triumphe des klugen, welterfahrenen Hofmanns über den jugendlichen Brausekopf, der sich nicht zu regieren weiß und doch die Einwirkung Fremder hochmüthig ablehnt. Die Einwirkung Italiens war nicht blos in den italienischen Namen, in der Benußung der italienischen Quelle zu bemerken, sondern in der ganzen Gesinnung.

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