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Angelsachsen hob König Edmund die Verpflichtung der Magenschaft, zum Wergeld beizutragen, auf (Wilda, Strafr. d. Germ. p. 388). In Skandinavien stand dem Thäter (nach Allen) bis zur Zeit des Magnus Lagabaeter das Recht zu, von seinen Verwandten einen Theil der Busse, der entrichtet werden musste, einzufordern. Magnus Lagabaeter hob diese Verbindlichkeit auf und setzte fest, dass der Thäter aus seinem eigenen Vermögen die Schuld tilgen solle (rise and growth of the royal prerog. in Engl. p. 119). — Ostfriesisches Landrecht: Der Vater ist nicht schuldig, für seinen Sohn die Wunden und Schläge oder andere zu Geld gesetzte Strafen zu bezahlen, indem der Vater die Schuld des Sohnes und der Sohn die Schuld des Vaters in peinlichen Sachen nicht tragen darf (I, 73, hgg. v. Wicht).48

43 Vgl. Schwabensp. c. 148, § 33: Man soll den Sohn umb des Vatters Schulde nicht schlahen, noch den Vatter umb des Sohnes Schulde. Lex Wis. VI, 1. 8: Nec pater pro filio, nec filius pro patre, nec uxor pro marito, nec maritus pro uxore, nec frater pro fratre, nec vicinus pro vicino, nec propinquus pro propinquo ullam calumniam pertimescat. Leg. Wall. Hoëli boni V, 5, § 38: Si compensatio pro caede ab aliquo post mortem (des Mörders) exigatur, exigi non debet, quoniam filius loco patris stare non potest et filius de gente innocenti occidi non debet; et cum homicida mortuus fuerit in jus agi non potest, quoniam filius loco parentis stare non debet; ideoque nulla accusatio hic admittetur. § 39: Si filius ob facinus patris post ejus mortem lege petatur lex pronuntiat, illum insontem esse hujus facinoris et ad nihil obligari nisi ad solvenda debita paterna. Für die Westfriesen hob das Privilegium Sigismundi die Beisteuer der Verwandten zum Wergeld auf: volumus, ne quid ob delictum vel delicta singularis vel singularium personarum in generale damnum progenitorum, consanguineorum seu amicorum aut alterius cujuscunque innocentis hominis propter delinquentes cuiquam debeat extorqueri, sed quod illi vel illi soli, qui delictum vel delicta perpetrant judicentur pro delictis hujus modi secundum Frisonica jura consuetudinesque. Bei den Ostfriesen wurde diese Verbindlichkeit durch Edzardus abgeschafft (s. Wicht, Ostfr. Landr. III, 14). cf. Deut. XXIV, 16.

Also, das Wergeld ist jetzt sowohl Versöhnungsmittel als auch Strafmittel; das Friedensgeld ist blos Strafmittel: diese Thatsachen beweisen, dass die Gemeinde schon grosse Macht über den Einzelnen erlangt hat. Dies zeigt sich besonders auch an ihrer Stellung zur Blutrache: Die Gemeinde ist mächtig genug, dieselbe schlechthin zu verbieten, ihre Beilegung zu erzwingen. Statt der Rache hat nun immer die zweitheilige Geldzahlung einzutreten, deren einer Theil dem Verletzten zufällt: das Abkaufsgeld seiner Rache; der andere dem Staat: als Strafgeld für den gebrochenen Frieden. Anfangs, bemerkt Geib, ist die Verzichtleistung auf Rache ein blosses Recht, im Laufe der Zeit verwandelt sich dasselbe jedoch in eine Pflicht, sodass von nun an die Composition angenommen werden muss (Deutsch. Strafr.). Im Capitular III a. 805, cap. VII heisst es: Wenn Jemandem Rache droht, so ist zunächst auszumachen, wer von Beiden dem Frieden entgegen ist, und dann sollen sie zur Versöhnung veranlasst werden, auch wenn sie nicht wollen.44 Capitular a. 779, XXII: Wenn Jemand auf seine Rache nicht Verzicht leisten, kein Abkaufsgeld für sie annehmen will, so möge er zu uns geschickt werden wir wollen ihn hinsenden, wo er keinen Schaden anrichten kann.45

Da es einem zufällig Verletzten leichter fällt, der Rache zu entsagen, als einem absichtlich Beschädigten, so galt das staatliche Verbot der Rache zunächst bei zufälligen Schädigungen. Bei Verletzungen durch Thiere oder durch Menschenhand, jedoch aus Zufall, wurde die Fehde, bemerkt Gaupp,

44 Si faidosus quis sit, discutiatur tunc, quis e duobus contrarius sit, ut pacati sint; et distringantur ad pacem etiamsi noluerint.

45 Si quis pro faida pretium recipere non vult, tunc ad nos sit transmissus et nos eum dirigemus, ubi damnum minime possit facere.

nun unbedingt verboten. Hierher gehört Gesetz der Burgunder XVIII, 1: Wenn irgend ein Thier durch irgend welchen Zufall oder der Biss eines Hundes Jemandem den Tod gebracht hat, so soll unter den Burgundern die antiqua calumnia nicht eintreten, weil, was der Zufall thut, nicht zum Schaden oder zur Beunruhigung eines Menschen führen darf. Die Aufhebung der antiqua calumnia scheint nur ein Verbot der früher auch hier erlaubten Fehde zu sein; ferner alle die Stellen im Edictum Rotharis 75, 138, 331, 389: cessante faida oder faida non requiratur, weil er es absichtslos (nolendo) gethan hat oder weil eine muta res, nicht der Wille eines Menschen es veranlasst hat. Auch ist hieraus zu erklären lex Saxonum XII, 5: Wenn ein Schwerdt Jemandem aus der Hand geglitten ist und einen Menschen verwundet hat, so soll die Verwundung von dem, dessen Hand es entfallen ist, bezahlt werden, aber Fehde habe nicht Statt (Altes Recht d. Thür.). Ebenso Guta-Lagh XVII, 8: Wenn ein rechtes Unthier Jemanden tödtet, so soll man nicht rächen, sondern es mit Rechte ausmachen.

Alsdann aber wurde die Fehde bei allen Schädigungen, bei absichtslosen sowohl wie bei absichtlichen verboten. heisst es im ersten Capitular vom Jahre 802: Wir bestimmen nachdrücklich, dass die Verwandten des Getödteten unter keinen Umständen Feindseligkeiten wegen der Uebelthat beginnen, sondern die Composition annehmen und Frieden halten, der Thäter aber unverzüglich die Composition darbietet.46

Auch

46 Hoc firmiter bannimus, ut parentes interfecti nequaquam inimicitiam super commissum malum adagere audeant - sed compositionem recipere, et pacem perpetuam reddere, verum autem nullam moram compositionis facere.

nach dem späteren Angelsächsischen Recht (nach den Gesetzen Inas und Alfreds) war die Rache nicht mehr erlaubt, sobald eine Busse zugesichert wurde (Schmid, Ges. d. Ang.).

Kraft solcher Verbote wird die früher so rühmliche, so energisch und umfangreich geübte Rache fast ganz durch Geldzahlungen, welche der Verletzer giebt, der Beschädigte in Empfang nimmt, verdrängt. Die Racheäusserungen, welche noch statthaft sind, z. B. gegen den ertappten Ehebrecher, den nächtlichen Dieb, haben so viele staatliche Elemente in sich aufgenommen, sind vom Staate so zugeschnitten und kontrolirt, dass sie besser unter dem Gesichtspunkte einer Strafe des Staates, als unter dem der Rache des Verletzten betrachtet werden.

§ 19.

Die Strafe.

An die Stelle der Rache ist eine zweitheilige Geldzahlung getreten der eine Theil fällt dem Verletzten zu, der andere dem Staat.

Anfangs ist der Verletzte Hauptperson. Die Zahlung an ihn, Versöhnung repräsentirend, soll der Zahlung an den Staat vorgehen. Das Friedensgeld ist ein Anhang des Wergeldes.

Später ist der Staat Hauptperson. Auf die Zahlung an ihn, darauf, dass der Schädiger Leid zu erdulden habe, legt man nun mehr Gewicht, als auf die Versöhnung des Beschädigten.

Die Tendenz des Staates ist stets die nämliche geblieben. Zu Gunsten des Friedens trachtete er, den Verletzer mit dem Beschädigten zu versöhnen. Zu Gunsten des Friedens will

er später den Verletzer (den Räuber, den Mörder) mit einem Leid, einer Geldstrafe treffen.

Indessen ist die Geldstrafe selbst auf diesem Punkte der Entwickelung keine eigentliche Strafe. Wir bezeichneten sie bereits, mit Woringen, als Konventionalstrafe. Auch Jakob Grimm sagt von diesem Zeitalter: Die stets in Geld und Geldeswerth bestehende Busse hat mit Strafe nichts gemein. Schuld (culpa, debitum) ist Bussfälligkeit. Unter Strafe verstehe ich eine vom Volksgericht ausgesprochene Verurtheilung an Leib, Leben und Ehre des Verbrechers (R. A. p. 648, 649). Auf solche eigentliche Strafe drängt die geschilderte Entwickelung offenbar hin. Die Versöhnung bezweckende Geldzahlung an den Geschädigten wird immer bedeutungsloser; die an den Staat zu entrichtende Geldstrafe gewinnt immer grössere Bedeutung. Oder, was dasselbe besagt: die Maassregeln des Staates sind nicht mehr darauf berechnet zu warten, bis ein Raub, ein Mord vorgefallen ist, um dann versöhnend einzutreten; sie wollen, wenn möglich, verhindern, dass Handlungen wie Raub und Mord überhaupt vorkommen. Die Geldstrafe ist jedoch ein ungenügendes Verhinderungsmittel. Das musste bald fühlbar werden, und deshalb wurde dieselbe, sobald nur der Gemeinwille hinlängliche Macht über die Einzelwillen erlangt hatte, in ein Uebel an Leib, Leben oder Freiheit des Thäters verwandelt.

Dass die Strafe solchen Rücksichten ihr Dasein zu verdanken hat, lehrt der Entwickelungsgang, dessen Abschluss sie bildet. Ausdrücklich sagt es, zum Beispiel, das Ostfriesische Landrecht: Ob es nun wohl eine Gewohnheit ist, dass man seinen Hals mit Geld lösen solle oder möge, wenn man einen Menschen erschlagen hat, so tauget dennoch

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