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Menschen sind. Gesetzgeber, Religionsstifter haben solche Beschaffenheiten und Handlungen einst ihrer Schädlichkeit wegen gebrandmarkt, die Etiquette ,,tadelnswerth" ihnen angeheftet. Wenn man dies weiss, wenn man einsieht, dass uns der Mord blos darum,,an sich" tadelnswerth erscheint, weil wir den Grund nicht erfahren, weshalb er ursprünglich getadelt worden ist; dass er uns blos darum Leid als Vergeltung zu verdienen scheint, weil wir nicht erfahren, dass eigentlich Leid als Sicherheitsmaassregel über ihn verhängt wurde dann werden wir das Urtheil, er sei an sich tadelnswerth, strafwürdig, obgleich es unwillkürlich sich aufdrängt, streichen. Das Gewissen bleibt, gleich dem Held in der Fabel, nur so lange bei uns, als wir nicht fragen, woher es stammt; es verlässt uns, wenn wir diese Frage stellen. Grausamkeit und Mord sind nicht böse, sondern blos schädlich. 84

84 Ist das Resultat, zu dem wir gelangt sind, gefährlich? Vielleicht. Indessen fast jede wissenschaftliche Wahrheit ist mehr oder minder gefährlich. Denn am Irrthum er ist um vieles älter, als die Wahrheit ranken sich die Völker empor. Uebersinnliche Vorstellungen fundamentiren den kindlichen Staat, gestalten die Begriffswelt seiner Bürger. Die später kommende Wahrheit droht dann mit dem İrrthum auch seine Schöpfungen zu zerstören. Dieser Antagonismus zwischen dem alten nützlichen Irrthum und der jungen gefährlichen Wahrheit durchzieht die Geschichte aller Völker, bekannt unter dem Namen: Kampf zwischen Religion und Wissenschaft.

Auch die Zuckungen des modernen Europa kommen zum Theil daher, dass Europa Wahrheiten im Leibe hat, die es nicht verdauen kann.

Aber sollte die Wissenschaft nicht auf erspriessliche Irrthümer Rücksicht nehmen? die Wissenschaft vermag das nicht. Denn die harmloseste Untersuchung kann zu den gefährlichsten Resultaten führen. Was ist unverfänglicher, als über das Verhältniss von Ursache und Wirkung nachzudenken? Was unbedenklicher, als die Beobachtung, dass, wenn von mehreren Thieren die einen günstigere Lebensbedingungen

Werfen wir noch einen Blick auf die historische Herkunft des Urtheils, der Mensch sei böse. Es ist ja folgendermassen entstanden. Religionsstifter erklärten, dass der Mensch anders empfinden, anders denken sollte, wie er thatsächlich fühlt und denkt. Also erschien, verglichen mit dem Gebilde ihrer Phantasie, der wirkliche Mensch tadelnswerth, böse. „Durch das Gesetz ist die Sünde in die Welt gekommen."

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Angenommen, die Menschen wären so wie der Religionsstifter sie haben will, sie fühlten sich aber trotzdem unglücklich dann würde ihrer Beschaffenheit auf's neue eine sein sollende gegenüber gestellt werden; die wirkliche also wiederum ,,böse" sein.

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Gesetzt aber, der Mensch betrage sich von Natur so gegen Andere und gegen sich selbst, wie es am denkbar beglückendsten für ihn und für seine Mitmenschen ist dann würde niemals irgend eine Empfindung oder Handlung als böse, niemals eine als gut bezeichnet worden sein.

haben, als die anderen, die ersteren länger zu leben und mehr Nachkommen zu hinterlassen pflegen? Und doch hat die Untersuchung des Causalverhältnisses, wie sie von Hume begonnen, von Kant fortgesetzt wurde, den Sturz der Gottheit herbeigeführt; und als eine Konsequenz der natürlichen Zuchtwahl ergab sich die Abstammung des Menschen vom Affen.

Uebrigens ist unser Resultat nicht so verfänglich, wie es scheint. Denn einerseits kann man in die Empfindung übergegangene Urtheilsgewohnheiten nur schwer sich abgewöhnen; andererseits ist das Gewissen ja doch nicht fruchtbar an Handlungen. Aus Egoismus und aus der Neigung des Wohlwollens gehen fast alle Handlungen hervor, welche Anderen nützlich sind. Diese Motive werden fortfahren, zu wirken. Es bleibt somit Alles beim Alten.

§ 28.

Die Verwechselung des Begriffs sympathisch mit gut, des Begriffs antipathisch mit böse.

Man stelle sich vor, Hass und Liebe, Mitleid und Schadenfreude seien jeder Beurtheilung entkleidet; sie erschienen uns weder als gut noch als böse. In diesem Fall würde man doch als unbetheiligter Zuschauer einer grausamen Handlung von ihr sympathisch oder antipathisch berührt werden. Gewöhnlich sind uns die Handlungen Anderer sympathisch, wenn sie aus einer Gemüthsverfassung entspringen, welche der unsrigen ähnlich ist. Wohlwollend gelaunt, mit sich und der Welt zufrieden, sieht man gern einem Akt des Wohlwollens zu; man mag den leiden, welcher so handelt; man sympathisirt mit ihm. Antipathisch pflegen uns die Handlungen zu sein, welche eine von der unsrigen verschiedene Gemüthsbeschaffenheit offenbaren. So fühlen wir, wenn wir wohlwollend aufgelegt sind, gegen den grausam Handelnden Abneigung. Es giebt, wenn unser Gemüth mit dem seinigen sich berührt, einen disharmonischen Klang.

Dies Mögen oder nicht Mögen, indem man meistens sich Gleichem zugesellt, manchmal auch gerade von Entgegengesetztem angezogen wird, kann nie in sittliches Lob oder sittlichen Tadel umschlagen. Wohlwollend beanlagt, mag der Widerwille, den man gegen grausam Handelnde fühlt, extrem sein. Niemand jedoch erachtet die ihm antipathische Handlungsweise darum für eine strafwürdige, jedem Menschen verbotene. Das wäre eine μετάβασις εἰσ τὸ ἄλλο γένος. Das Missfallen aus Antipathie ist nicht graduell, sondern der Art

nach von dem Missfallen des sittlichen Bewusstseins verschieden.

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Lassen wir nun zu den Affekten sittliche Urtheile hinzutreten. Mitleid werde von dem unbetheiligten Zuschauer für tadelnswerth gehalten, Grausamkeit für löblich, Verbindungen, wie sie ja auf anderen Kulturstufen vorkommen. Dann würde er, wohlwollend gestimmt, insofern doch Antipathie gegen grausam Handelnde fühlen. Somit kann die Gemüthsbeschaffenheit zu eben der Handlung sagen: „,du missfällst mir", zu welcher die Urtheilsgewohnheit sagt: „,du gefällst mir". Man ist in Zwiespalt mit sich selbst. Dieser Fall dass Jemandem eine Handlung antipathisch ist und ihm gleichzeitig lobenswerth erscheint bildet ein Pendant zu dem oben (§ 27) erwähnten in dem Zeitalter, welchem Rache löblich ist, blickt derjenige, dessen Mitleid etwa nach vollbrachter Rache erwacht, mit gemischten Empfindungen auf das, was er gethan hat, zurück. Seinem jetzt dominirenden Affekt ist das Geschehene antipathisch, während sein Gewissen erklärt: du hast löblich gehandelt; du hast deine Pflicht gethan. Das eigene Ich verhält sich hier genau so zum früheren Ich, wie in dem anderen Falle zum fremden. Das Mitleid mag den Grausamen nicht leiden gleichviel ob man selbst oder ob ein anderer grausam gehandelt hat das Gewissen rühmt ihn.

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Ein Beispiel für den umgekehrten Fall dass die gemüthliche Anlage eines Menschen, zur Grausamkeit, zur Blutgier geneigt, mit solchen Handlungen sympathisirt, während seine Urtheilsgewohnheit eben die Handlungen verdammt entnehmen wir dem ,,Neuen Pitaval". Der Franzose Pieydagnelle war als Kind zu einem Metzger in die

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Lehre gegeben. Das Schlachten der Thiere, das Hervorströmen des warmen Blutes ,,das Süsseste ist, wenn man fühlt, wie das Thier unter dem Messer zittert; das fliehende Leben schlängelt sich der Klinge entlang in die Hand hinein, die das tödtliche Werkzeug hält" erfüllten ihn mit Entzücken, und bald entwickelte sich in ihm eine leidenschaftliche Freude am Blutvergiessen überhaupt, eine lebhafte Sympathie mit Mördern. Gleichzeitig aber lernte er, von frommen Eltern erzogen, einen Theil der ihm so theuer gewordenen Handlungen verurtheilen. Das Schlachten der Thiere zwar blieb vom Tadel verschont, aber Menschen zu ermorden, so gern er es auch mochte, so sympathisch es ihm war, bei Mordthaten zuzusehen, sein Gewissen hatte sie von jeher aus dem Gesichtspunkt des Tadels zu betrachten gelernt. Somit war ihm die Handlungsweise sympathisch, welche ihm gleichzeitig tadelnswerth erschien.

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Also: sympathisch ist eine Gemüthsbeschaffenheit mir dann, wenn sie, der meinigen ähnlich, harmonisch zu ihr stimmt; löblich erscheint sie mir, wenn meine Urtheilsgewohnheit den Begriff der Löblichkeit mit ihr verknüpft hat. Da somit Sympathie und Antipathie aus einer anderen Provinz unsers Innern sind, wie die sittlich lobenden und tadelnden Urtheile, so kann uns die nämliche Handlung sympathisch sein und doch tadelnswerth erscheinen.

Gewöhnlich sind dem Zögling der niederen Kulturstufe Handlungen wie Raub, Rache, Mord sympathisch und löblich.

Sympathisch: die Neigung, Blut zu vergiessen, Rachsucht, Grausamkeit werden auf den niederen Kulturstufen jeden Tag bethätigt. Durch Bethätigung werden sie stark. Sie prävaliren durchaus über die mildherzigen Regungen, und

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